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Industrieländer übergehen Bedürfnisse der armen Länder

Welthandelsregeln nicht gerecht

Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) fordert von der WTO-Ministerkonferenz in Cancún gerechte Welthandelsregeln, die der menschlichen Entwicklung in den armen Ländern des Südens dienen. Dazu gehörten insbesondere Zugeständnisse der Industrieländer im Agrarbereich und der Verzicht auf Verhandlungen für ein neues Investitionsabkommen. Der EED fordert die Industrieländer auf, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Bereits im Vorfeld der letzten WTO-Ministerkonferenz vor zwei Jahren in Doha hätten die Industrieländer versprochen, den Verhandlungsprozess für die Entwicklungsländer transparent und beteiligungsorientiert zu gestalten und die handelspolitischen Interessen und Bedürfnisse der armen Länder besonders zu berücksichtigen.

"Die WTO-Mitglieder sind in wesentlichen Fragen tief zerstritten, die Kluft zwischen den reichen Industrieländern und den Entwicklungsländern ist in letzter Zeit eher gewachsen", so Michael Frein der zusammen mit Rudolf Buntzel-Cano für den EED die WTO-Verhandlungen vor Ort begleiten wird.

Beispiel Investitionen: in Cancún soll darüber entschieden werden, ob im Rahmen der WTO Verhandlungen für ein neues Multilaterales Investitionsabkommen aufgenommen werden. Treibende Kraft dabei sei insbesondere die Europäische Union, die nach wie vor darauf beharre, dass ein solches Abkommen im Interesse der Entwicklungsländer sei.

Dabei hätten sich nach Recherchen von Nichtregierungsorganisationen mindestens 66 Entwicklungsländer gegen ein neues Investitionsabkommen ausgesprochen, unter anderem die karibischen Staaten, die Afrikanische Gruppe, Indonesien, Singapur, Malaysia, Pakistan und Indien.

Beispiel Landwirtschaft: während die Entwicklungsländer seit Jahren von den Industriestaaten eine Beendigung des Dumpings, den Abbau der Subventionen und einen verbesserten Marktzugang fordern, wollten sich die Industrieländer in ihren Vertragsentwürfen wieder neue Schlupflöcher gewähren, um allen Verpflichtungen weitestgehend zu entgehen. Gleichzeitig bestünden sie aber auf weiteren Liberalisierungsschritten der Entwicklungsländer. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung sei die Einigung zwischen Europäischer Union und USA zu den Landwirtschaftsverhandlungen Mitte August gewesen. "Der gemeinsame Vorschlag von EU und USA ist schon deshalb inakzeptabel, weil er die wesentlichen Forderungen der Entwicklungsländer nicht berücksichtigt", stellt EED-Agrarexperte Rudolf Buntzel-Cano fest.

Neben Landwirtschaft und Investitionen stehen in Cancún noch eine Reihe anderer Themen auf der Tagesordnung, wo Entwicklungsländer sich zu Wort gemeldet haben. So forderten etwa afrikanische Länder ein Moratorium im Bereich der weiteren Liberalisierung von Dienstleistungen und den expliziten Ausschluss von Patenten auf Leben im TRIPs-Vertrag. Inwieweit sich die Entwicklungsländer mit ihren Interessen gegen die mächtigen Industrieländer werden durchsetzen können, bleibe indes fraglich.

Der EED fordert daher die Industrieländer auf, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Ihrem Anspruch einer "Entwicklungsrunde" seien sie trotz der jüngsten Ergebnisse im Bereich Pharmapatente bislang nicht gerecht geworden. Von daher fordert der EED von der WTO-Ministerkonferenz Ergebnisse, die einer "Entwicklungsrunde" tatsächlich Substanz verleihen. Gradmesser hierfür werde sein, inwieweit sich die Entwicklungsländer in einem fairen und transparenten Verhandlungsprozess mit ihren Anliegen werden durchsetzen könnten. "Die Industrieländer sollten die Entwicklungsländer ernst nehmen. Von einer 'Entwicklungsrunde' nur zu reden, reicht nicht. Und 'Entwicklungsrunde' ist auch etwas anderes, als die Interessen mit Brachialgewalt gegen Entwicklungsländer durchzusetzen." fordern Frein und Buntzel-Cano. Das müsse sich in Cancún ändern.