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Mindestlohngesetz kommt nicht - Gewerkschaften drohen Bundesregierung wegen Sozialabbau

In den Gewerkschaften wächst der Unmut über den Kompromiss von Regierung und Opposition zu den geplanten "Reformen" im Sozialbereich. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, kündigte Widerstand an und drohte der Bundesregierung mit einem "heißen Winter". Er sei sicher, dass es zu weiteren Protesten komme, wenn die Menschen die Wirkungen der für 2004 angestrebten Reformen wie Praxisgebühren und Absenkung der Arbeitslosenhilfe zu spüren bekommen, sagte Bsirske der "Rheinischen Post". Die Demonstration mit 100 000 Teilnehmern am 1. November in Berlin sei ein ermutigender Anfang gewesen.

Bsirske lehnte den Vermittlungsvorschlag von Koalition und Opposition entschieden ab. "Ein an sich schlechtes Konzept ist noch schlechter geworden", sagte er. Als Beispiele nannte der Gewerkschaftschef den eingeschränkten Kündigungsschutz und die verschärften Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose. Er fügte hinzu: "Weil nun jede Arbeit zumutbar ist, gerät das Lohnniveau gewaltig unter Druck."

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bauen, Agrar und Umwelt, Klaus Wiesehügel, kritisierte vor allem die geplanten Änderungen beim Kündigungsschutz. Die Arbeitnehmer benötigten auch "Vertrauen in die Zukunft" und ein "angstfreies Leben", sagte Wiesehügel im Deutschlandfunk. "Aber das angstfreie Leben ist genau durch diesen Kompromiss zerstört worden." Wer künftig seinen Arbeitsplatz verliere, werde "innerhalb von zwölf Monaten" dann "direkt in der Armut" landen. Dies gelte vor allem für Betriebe im Handwerk und klein strukturierten Dienstleistern, so der IG-BAU-Chef. Von massiven Protesten riet er dennoch ab.

Unterdessen lehnte die Bundesregierung ein Mindestlohngesetz ab. Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin: "Die Bundesregierung wird jetzt kein Mindestlohngesetz auf den Weg bringen." Grünen-Abgeordnete hatten eine solche Regelung als Bedingung für ihre Zustimmung zu den Vermittlungsergebnissen am Freitag im Bundestag ins Gespräch gebracht. Darin solle verbindlich festgelegt werden, dass Langzeitarbeitslose nicht weit unter Tarifniveau arbeiten müssen.

Im Bundeswirtschaftsministerium wurde ein solcher Schritt jedoch als "überzogen" bezeichnet. Die heutigen Zumutbarkeitsgrenzen seien so niedrig, dass die meisten Arbeitgeber von sich aus einen anständigen Lohn zahlten. Letztlich hätten sie kein Interesse an Beschäftigten, die mit Dumping-Löhnen zur Arbeit in ihrem Unternehmen gezwungen würden, sagte ein Beamter.

Am 18-12-2003

Grünen-Vorschlag

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) steht dem von den Grünen vorgeschlagenen Mindestlohngesetz skeptisch gegenüber. DGB-Chef Michael Sommer sagte der "Frankfurter Rundschau", dies sei ein "klassisches Manöver, um das schlechte Gewissen zu beruhigen". SPD und Grüne müssten vielmehr dafür sorgen, dass die Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose zurückgenommen werden.

Sommer sagte, die Gewerkschaften würden der Politik "eine Debatte über anständige Löhne für anständige Arbeit" nicht ersparen. "Ob die gesetzlich geregelt werden müssen, bezweifle ich stark", sagte der DGB-Chef. Es seien keine staatlichen Mindestlöhne notwendig, wenn die Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose aufgehoben würden. Dabei dürfe nicht, wie bereits beschlossen, die Sittenwidrigkeit die Untergrenze bei den Einkommen sein, sondern ortsübliche und tarifliche Bezahlung.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer hatte die Gewerkschaften aufgefordert, ein Mindestlohngesetz zu unterstützen. Bislang befürwortet nur die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine solche Regelung. Aus Sicht der Grünen würde ein Mindestlohngesetz sicherstellen, "dass nicht Lohndumping zum neuen Sozialstandard wird". Die SPD hat sich noch nicht abschließend mit dem Thema befasst.

Am 07-04-2004

Noch 7 Millionen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat im vergangenen Jahr rund 350 000 Mitglieder verloren. Wie DGB-Chef Michael Sommer am Mittwoch in Berlin mitteilte, verringerte sich die Zahl der Mitglieder um 4,8 Prozent auf rund sieben Millionen. Die Mitgliedsbeiträge seien um drei Prozent zurückgegangen, sagte Sommer, der eine Initiative gegen den anhaltenden Mitgliederschwund ankündigte. IG-Metall-Vize Berthold Huber warnte vor einem "gnadenlosen Unterbietungswettlauf" bei den Löhnen aufgrund der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Er forderte einen neuen Vorstoß für die Festlegung von Mindestlöhnen.

Die Mitgliederentwicklung sei in diesem Jahr "Chefsache", betonte Sommer und fügte hinzu, der DGB wolle den rückläufigen Mitgliederzahlen mit einem besseren Beratungsangebot entgegenwirken. So habe der Gewerkschaftsbund den Aufbau einer IT-Plattform vereinbart, die jedem Mitglied Zugang zu individuellen Service- und Beratungsleistungen bieten soll.

Sommer räumte ein, dass auch strategische Fehler für die negative Entwicklung verantwortlich sein könnten. Der Gewerkschaftschef betonte: "Wir müssen uns auch fragen, ob wir gesellschaftspolitisch auf dem richtigen Weg waren oder ob wir eventuell Akzente anders setzen müssen." Die Gewerkschaften wollten daher die interne Abstimmung verbessern und Gemeinsamkeiten stärker hervorheben.

Mit Blick auf das Wahljahr 2006 wollen die Gewerkschaften eine Diskussion über eine neue Finanzarchitektur für den Sozialstaat anstoßen. "Die bisherigen Reformen waren nicht zielführend, um den Sozialstaat zukunftsfest zu machen", sagte Sommer. Ziel sei es, sich über Strukturen und Aufgaben des Sozialstaats und seine Finanzierung durch Steuern und Abgaben neu zu verständigen. Ferner wollen die Gewerkschaften ihre Forderungen einer Unternehmensmitbestimmung konkretisieren.

Huber drängt Gewerkschaften zu gemeinsamem Kampf für Mindestlöhne

IG-Metall-Vize Berthold Huber fordert die Gewerkschaften unterdessen zu einem neuen Anlauf bei der Durchsetzung von Mindestlöhnen auf. "Ich kann nur empfehlen, dass sich die Gewerkschaften zu einem gemeinsamen Konzept für Mindestentgelte durchringen", sagte Huber dem Düsseldorfer "Handelsblatt". Die Zeit dränge, man könne das Thema nicht ewig vor sich herschieben. Denn die von der EU-Kommission geplante Dienstleistungsrichtlinie gefährde massiv das Lohnniveau in Deutschland.

"Kommt diese Richtlinie wie vorgesehen, dann wird das bei Löhnen und Sozialstandards zu einem gnadenlosen Unterbietungswettlauf führen", warnte Huber. So dürfe dann zum Beispiel ein Arbeitnehmer aus den baltischen Staaten in Deutschland seine Dienstleistung zu den Arbeitsbedingungen seines Heimatlandes anbieten. "Ich plädiere nachdrücklich dafür, Mindestentgelte zu regeln", sagte Huber. Die IG Metall fordere, die untersten Tarifentgelte als Mindestniveau der jeweiligen Branche zu nehmen. In tariffreien Bereichen solle der Tarifvertrag für Leiharbeitnehmer zu Grunde gelegt werden.

Ende November waren Gespräche zwischen den Gewerkschaften und der SPD über die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne gescheitert, weil sich die Gewerkschaften nicht wie von SPD-Chef Franz Müntefering gefordert auf ein gemeinsames Modell verständigen konnten.

Am 26-01-2005

"Rentenkürzungsprogramm"

DGB-Chef Michael Sommer hat unmittelbar vor einem Antrittsbesuch der Gewerkschaften bei der Bundesregierung erneut die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes gefordert. "Der freie Fall der Arbeitseinkommen nach unten muss gestoppt werden", sagte Sommer am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk. Spitzenvertreter des DGB wurden am Abend im Kanzleramt zu einem Abendessen mit Regierungschefin Angela Merkel und Vizekanzler Franz Müntefering erwartet.

Zugleich forderte der DGB-Chef die Sozialdemokraten auf, mehr auf die Gewerkschaften zuzugehen. Ähnlich wie die CDU müsse auch die SPD zeigen, ob sie Themen aufgreift, "die uns nahe stehen oder nicht", sagte Sommer. In diesem Zusammenhang kritisierte er erneut die Rentenpläne von Sozialminister Müntefering. Die Rente ab 67 sei "unter den Bedingungen der heutigen Massenarbeitslosigkeit nicht anderes als ein Rentenkürzungsprogramm."

Am 23-02-2006

"Alibiveranstaltung"

Der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) fordert Union und SPD auf, sich rasch auf ein klares und einfach zu handhabendes Mindestlohngesetz zu verständigen. "Ich kann die Koalition aus gegebenem Anlass nur warnen, bei der Neufassung des Gesetzes von 1952 so hohe Hürden einzuziehen, dass dieses erneut - wie schon vor 55 Jahren - an der Praxis scheitert", sagte DGB-Chef Michael Sommer dem "Handelsblatt". So sollten die Tarifparteien einer Branche nach Vorstellung des DGB künftig ein verkürztes Verfahren nutzen können, um Mindestlöhne bei der Regierung zu beantragen.

Statt eines Tarifvertrages oder einer Empfehlung durch unabhängige Experten könnte dann ein Vorschlag aus der Branche ausreichen, damit dass Bundesarbeitsministerium per Rechtsverordnung einen Mindestlohn fixiert.

Das DGB-Konzept zielt auf die von Union und SPD geplante Neufassung des "Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen" aus dem Jahre 1952, die noch im Herbst beginnen soll. Sommer warnte, eine "Alibiveranstaltung" würden die Gewerkschaften nicht hinnehmen: "Ich erwarte jetzt, dass SPD und Union unsere Vorschläge nicht nur prüfen, sondern weitestgehend umsetzen", so Sommer.

Mit der geplanten Gesetzesänderung sollen Mindestlöhne möglicherweise auch für solche Branchen ermöglicht werden, in denen der Organisationsgrad von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden für eine tarifliche Lösung nach dem Entsendegesetz nicht ausreicht.

Am 02-11-2007

Gewerkschaft lehnt Nachverhandlungen zum Post-Mindestlohn ab

Private Konkurrenten wollen billigere Arbeitskräfte

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sieht keine Notwendigkeit, den Tarifvertrag zum Post-Mindestlohn erneut zu verhandeln. "Wir können uns das überhaupt nicht vorstellen", sagte Andrea Kocsis vom ver.di-Bundesvorstand am 12. November im ARD-"Morgenmagazin". Der Präsident der neuen Brief- und Zustellerdienste, Florian Gerster, hatte ver.di zuvor aufgefordert, über das Lohnniveau von bis zu 9,80 Euro pro Stunde mit den privaten Post-Konkurrenten nachzuverhandeln.

Kocsis entgegnete, mit dem Tarifvertrag solle sichergestellt werden, dass alle von dem Lohn leben könnten und nicht neben ihrer Arbeit auf Transferleistungen der Sozialkassen angewiesen seien.

Im übrigen sei es falsch zu behaupten, dass jeder unter den neuen Tarifvertrag falle, "der mal einen Brief in die Hand genommen hat". Hier gehe es nur um jene, die damit ihren Lebensunterhalt verdienten. Die Gewerkschafterin ging davon aus, dass diese "Interpretationsschwierigkeiten" nach dem Koalitionsausschuss aus dem Weg geräumt sind.

Gerster sagte, aus seiner Sicht seien bis zu 7,50 Euro pro Stunde konkurrenzfähig. Zunächst müsse es darum gehen, neue Strukturen aufzubauen und nicht über einen "Scheintarifvertrag" das Postmonopol zu verlängern. Auch müsse es um gleiche Bedingungen bei der Mehrwertsteuer gehen, die die Post nicht bezahlen müsse. Das sei für die Privaten ein "Preisnachteil von fast 20 Prozent".

Am 12-11-2007

"Durch nichts bewiesene Ideologie"

Ein flächendeckender Mindestlohn würde nach Überzeugung des DGB zu einem Wirtschaftsaufschwung führen. "Wenn jeder mindestens 7,50 Euro die Stunde verdient, kommt es zu einem Kaufkraft- und Konjunkturschub in Milliardenhöhe. Zugleich würde die Finanzgrundlage unsere Sozialsysteme über höhere Beiträge wieder gefestigt", sagte DGB-Chef Michael Sommer der "Bild am Sonntag".

Warnungen führender Wirtschaftswissenschaftler vor großen Jobverlusten wies Sommer scharf zurück. "Sie verbreiten unter dem Deckmantel der Wissenschaft eine durch nichts bewiesene Ideologie."

Der DGB-Vorsitzende zeigte sich trotz des Gerichtsurteils gegen den Post-Mindestlohn kämpferisch. "Wir kämpfen mit aller Kraft dafür, dass der Mindestlohn nicht schon wieder beerdigt wird, bevor er so richtig ins Laufen kommt."

"Ruinöser Wettbewerb"

Die Gewerkschaft Verdi fordert einen Mindestlohn für Pflegekräfte. Für Anfang Januar sei dafür ein Treffen mit den Arbeitgebern geplant, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke dem Berliner "Tagesspiegel".

Das Interesse für Mindestlöhne komme auch von den Wohlfahrtsverbänden, die sich zunehmend einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt sähen. So zahlten private Anbieter ambulant tätigen Pflegekräften in Mecklenburg-Vorpommern inzwischen Stundenlöhne von gerade mal vier Euro.

Am 06. Dez. 2007 unter: arbeit

Am 17-03-2008

Bayerische Verfassung

Der DGB will die CSU im Landtagswahlkampf mit dem Thema Mindestlohn unter Druck setzen. Bayerns DGB-Chef Fritz Schösser sagte dem "Donaukurier": "Wir prüfen derzeit, ob ein Volksbegehren für den Mindestlohn in Bayern möglich ist." Der Gewerkschaftsbund stützt sich dabei auf Artikel 169 der bayerischen Verfassung, wonach gesetzliche Lohnuntergrenzen ausdrücklich erlaubt sind.

Da der Mindestlohn in der schwarz-roten Bundesregierung nicht umsetzbar sei, solle nun Bayern vorangehen. "Wir sehen ja, wie sich der Niedriglohnsektor in den Arbeitsmarkt geradezu hineinfrisst", beklagte Schösser.

Am 25-04-2008

"Für die Betroffenen zynisch"

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Kritik von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am geplanten Mindestlohn-Volksbegehren in Bayern zurückgewiesen. DGB-Bundesvorstandsmitglied Claus Matecki sagte, die derzeitige "Blockadehaltung" der Union bei diesem Thema sei "für die Betroffenen zynisch". Glos nehme "billigend in Kauf, dass Millionen Menschen mit Löhnen abgespeist werden, von denen sie nicht leben können". Sie seien dann "als sogenannte Aufstocker auf staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen".

"Insofern ist das Vorhaben des DGB Bayern, über Volksbegehren Mindestlöhne einzuführen, ein mehr als berechtigtes Anliegen", meint Matecki. Im Übrigen lasse die bayerische Verfassung "ausdrücklich die Einführung von Mindestlöhnen für jeden Berufszweig zu".

Glos hatte am 28. April die Rechtmäßigkeit des Volksbegehrens in Frage gestellt. Der Bund besitze für arbeitsrechtliche Regelungen die Gesetzgebungskompetenz, so dass für Ländergesetze kein Raum bleibe. Der CSU-Politiker kritisierte zudem, gesetzliche Mindestlöhne gefährdeten Arbeitsplätze und zerstörten die Tarifautonomie.

Matecki entgegnete: "Wenn Herr Glos von Zerstörung der Tarifautonomie durch die Gewerkschaften redet, sollte er sich vorher mit der Forderung des DGB vertraut machen." Für den DGB stünden "natürlich tarifvertragliche Lösungen an erster Stelle". Der Gewerkschafter fügte hinzu: "Aber dort, wo sich die Arbeitgeber verweigern, muss der Staat Unterstützung leisten - zum Beispiel durch die Ausweitung des Entsendegesetzes."

Das DGB-Vorstandsmitglied mahnte, Glos sollte sich "an den Koalitionsbeschluss aus dem Sommer 2007 erinnern: Gerade um die Beschäftigten künftig vor Armutslöhnen zu schützen, sollten möglichst viele Branchen ins Entsendegesetz aufgenommen und für allgemeinverbindlich erklärt werden".

Am 29-04-2008

"Ermächtigung zu staatlicher Lohnfestsetzung"

Die Mindestlohnpläne der Bundesregierung stoßen bei Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften auf Ablehnung. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sieht die Tarifautonomie gefährdet. Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) befürchtet, dass eine Umsetzung der Gesetzesnovellen auch das Ende der gewerkschaftlichen Konkurrenz des DGB bedeutet. Baden-Württemberg kündigte am Donnerstag (17. Juli) sein Nein im Bundesrat an.

Der Wirtschaftsminister des Landes, Ernst Pfister (FDP), bezeichnete den Koalitionskompromiss als "Sündenfall erster Ordnung". Der Bundesarbeitsminister könne damit zukünftig in direkte Konkurrenz zu den Tarifvertragsparteien treten. Dies sei ein eindeutiger Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte negative Koalitionsfreiheit.

CGB-Bundesvorstandsmitglied Detlef Lutz sagte, dass nun dem Staat "die Regelung in bestimmten Tarifbereichen übertragen" werde, sei ein Verfassungsverstoß. Der CGB prüfe die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. Die Christlichen Gewerkschaften haben für Teile der Zeitarbeitsbranche einen Tarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband AMP ausgehandelt. Dieser konkurriert mit der Vereinbarung zwischen DGB und den Verbänden BZA und IGZ. Bei einer Aufnahme des Wirtschaftszweigs in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz drohen die von den kleineren Tarifpartnern ausgehandelten Arbeitsbedingungen ungültig zu werden.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte mit Blick auf den Kabinettsbeschluss, am Mittwoch seien zwei Gesetzentwürfe vorgestellt worden, die eine "Ermächtigung zu staatlicher Lohnfestsetzung" darstellten und keinen Tarifvorrang gewährleisteten. Er kündigte an, dass der BDA versuchen werde, im parlamentarischen Verfahren Änderungen zu erreichen.

Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU), versicherte derweil, dass Mindestlöhne nicht für die Zeitarbeitsbranche gelten sollen. "Das ist mit Kanzlerin Angela Merkel nicht verhandelbar", sagte er. Eine Koalitions-Arbeitsgruppe unter der Leitung von Scholz wird in den kommenden Monaten prüfen, welche Branchen die Voraussetzungen für allgemeinverbindliche Mindestlöhne erfüllen. Zu Entsende- und Mindestarbeitsbedingungengesetz sagte Fuchs: "Wir haben einen Kompromiss gefunden, mit dem man vielleicht leben kann." Er glaube auch nicht, dass der Kompromiss verfassungswidrig sei.

Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, Josef Schlarmann (CDU), sieht das anders: "Die Bundesregierung hat mit ihren Mindestlohn-Plänen den Rückfall in Planwirtschaft und Dirigismus beschlossen." Er sehe in den Regelungen "die Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung betroffen".

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach von Diskussionsbedarf in CDU/CSU. Es gehe darum, ob der Tarifvorrang noch besser abgesichert werden könne.

Am 17-07-2008

"Rein fiktive Behauptungen"

Trotz Kritik aus der Wirtschaft und Teilen der CDU beharrt Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) auf einer schnellen Umsetzung der Neuregelungen zum Mindestlohn. Er rechne damit, dass die Gesetze bis zum Jahresende beschlossen seien, sagte Scholz am Freitag (18. Juli) in München. Damit würden verbindliche Lohnuntergrenzen in weiteren Branchen möglich. Nach Baden-Württemberg hat derweil auch Nordrhein-Westfalen angekündigt, den Novellen im Bundesrat nicht zuzustimmen.

Scholz hob hervor, die Mehrheit der Bürger sei für die Regelung. Unter diesen Umständen im Bundesrat gegen die Einigung zu stimmen, halte er für sehr problematisch. "Das wird sich niemand zumuten", sagte der Minister. Wer das täte, "müsste den Zorn aller Bürger auf sich nehmen".

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch Novellen zum Mindestarbeitsbedingungengesetz und zum Arbeitnehmerentsendegesetz beschlossen. Die Einigung war bei Politikern aus CDU und FDP auf Kritik gestoßen. Wirtschaftsvertreter warnten, die Regelung gefährde Arbeitsplätze.

Scholz wies die Vorwürfe als "rein fiktive Behauptungen" zurück. Die Länder, in denen es bereits Mindestlöhne gebe, hätten durchweg gute Erfahrungen damit gemacht. Arbeitsplätze seien nirgends verloren gegangen.

Zugleich ging der Minister fest von einer Aufnahme der Zeitarbeitsbranche ins Entsendegesetz aus. Im Kabinettsbeschluss hätten sich Union und SPD auf die Voraussetzungen für einen solchen Schritt geeinigt. Diese lägen beim Wirtschaftszweig der Leiharbeit vor. Wenn die Vereinbarung eingehalten werde, müsse die Zeitarbeitsbranche also aufgenommen werden. "Und ich gehe davon aus, dass sich jeder an die Zusagen hält", sagte Scholz.

Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) rechnet sich ebenfalls gute Chancen auf allgemeinverbindliche Lohnuntergrenzen aus. "Es gibt jetzt keinen sachlichen Grund mehr, einen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche zu verhindern", sagte Hauptgeschäftsführer Ludger Hinsen. Mit dem Beschluss der Bundesregierung gebe es nun die Möglichkeit, trotz konkurrierender Tarifverträge in das Entsendegesetz aufgenommen zu werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Zeitarbeitsverbände BZA und IGZ haben einen Mindestlohn-Tarifvertrag ausgehandelt, den die Tarifpartner für allgemein verbindlich erklären lassen wollen. Der konkurrierende Arbeitgeberverband AMP und die Christlichen Gewerkschaften, die eine eigene Vereinbarung abgeschlossen haben, lehnen das ab. Auch die Union ist gegen die Aufnahme der Branche in das Entsendegesetz.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) macht sich indessen für eine Aufnahme der Pflegebranche in das Entsendegesetz stark. "Wir brauchen den Mindestlohn in der Altenpflege. Es muss zu einer anständigen Bezahlung der Beschäftigten in der Pflege kommen", sagte sie. Derzeit gelten Mindestlöhne über das Entsendegesetz für rund 1,8 Millionen Beschäftigte in der Baubranche, bei den Gebäudereinigern und den Briefdiensten.

Am 18-07-2008

Christliche Gewerkschaften unterbieten

Die SPD will in der Zeitarbeit einen Branchenmindestlohn einführen. "Das ist unser erklärtes Ziel, und das wollen wir in Verhandlungen mit der Union auch durchsetzen", sagte die stellvertretende SPD-Chefin und Arbeitsmarktexpertin Andrea Nahles der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Gerade die Zeitarbeit erfülle alle Voraussetzungen für den einheitlichen Mindestlohn, sagte Nahles. So liege ein gemeinsamer Antrag eines Branchenverbands und des DGB beim Bundesarbeitsminister vor.

Deren Mindestlohn werde von einem Konkurrenzverband und den Christlichen Gewerkschaften teilweise massiv unterboten. Es gebe für die Union daher keinen sachlichen Grund, das Vorhaben abzulehnen.

Nahles gehört einer Koalitions-Arbeitsgruppe an, die letzte Streitfragen um einen Mindestlohn in mehreren Branchen klären soll. Die Gespräche sollen dem Blatt zufolge Ende September beginnen.

Am 16-09-2008

Deutlich mehr Unterstützer als erforderlich

Da die Einführung eines bundesweiten Mindestlohns derzeit nicht vorankommt, will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Bayern ein Mindestlohngesetz nur für den Freistaat erreichen. Am Dienstag wurde der Antrag auf Zulassung eines entsprechenden Volksbegehrens beim Innenministerium in München eingereicht. Obwohl nur 25.000 Unterstützerunterschriften nötig gewesen wären, wurden laut DGB-Landeschef Fritz Schösser über 219.000 Unterschriften gesammelt. Der Gesetzentwurf des DGB enthält keinen konkreten Mindestlohn. Die Formulierung lautet, dass ein "existenzsicherndes Einkommen" bei einer Vollzeitbeschäftigung erreicht werden müsse. Derzeit sieht Schösser die Mindestgrenze dafür bei 8,14 Euro Lohn pro Stunde.

Der bayerische Arbeitgeberverband lehnt Mindestlöhne ab. Sie würden zu steigenden Preisen und mehr Schwarzarbeit führen, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt. Gerade "Jobs für Geringqualifizierte" würden gestrichen oder ins Ausland verlagert. Er rief die künftige bayerische Staatsregierung auf, alles zu unternehmen, um gesetzliche Mindestlöhne zu verhindern.

Das Innenministerium hat nun sechs Wochen Zeit, die rechtliche Zulässigkeit des Volksbegehrens zu prüfen. Als Knackpunkt sehen Schösser und Brossardt übereinstimmend die Frage, ob ein bayerisches Mindestlohngesetz wegen konkurrierender Gesetzgebung des Bundes unzulässig wäre. Schösser beruft sich auf ein Rechtsgutachten, wonach das nicht der Fall sei, da es auf Bundesebene gar keinen allgemeinen Mindestlohn gebe. Falls das Ministerium das anders sieht, muss der Bayerische Verfassungsgerichtshof binnen drei Monaten eine Entscheidung fällen.

Wird das Volksbegehren zugelassen, haben die Kommunen drei Monate Zeit, die Vorbereitungen zu treffen. Dann müssten binnen zwei Wochen zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten bei den Kommunen für das Volksbegehren unterschreiben. Wenn diese 920.000 Unterschriften zusammenkommen, wird der DGB-Gesetzentwurf bei einem Volksentscheid allen Wahlberechtigten zur Abstimmung vorgelegt.

Der Landtag kann den Bürgern einen konkurrierenden Gesetzentwurf als Alternative vorschlagen. Im Volksentscheid gewinnt der Entwurf, der die absolute Mehrheit erringt. Er bekommt dann Gesetzeskraft.

Schösser zeigte sich zuversichtlich, dass die Einführung eines Mindestlohns von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt würde. Sogar der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick habe für das Volksbegehren unterschrieben. Und auch über alle Parteien hinweg gebe es Befürworter einer solchen Regelung.

Die Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper sagte: "Wer arbeitet, soll von seinem Lohn auch leben können." Es sei höchste Zeit für einen Mindestlohn. Der bayerische DGB-Chef würde den Volksentscheid gern am Tag der Bundestagswahl, dem 27. September 2009, stattfinden lassen: "Dann wäre die Beteiligung schön hoch."

Am 23-09-2008

"Dumpinglöhne der christlichen Pseudo-Gewerkschaften"

Im Koalitionsstreit über Mindestlöhne bei der Zeitarbeit hat der linke SPD-Flügel Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Scheitern der Verhandlungen gewarnt. "Sollte Frau Merkel die Vereinbarungen zum Mindestlohn für Zeitarbeiter in der Union nicht durchsetzen können, gerät die große Koalition ernsthaft in Gefahr", sagte der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, dem "Tagesspiegel". Dagegen warnte der CDU-Mittelstandsexperte Michael Fuchs seine Partei vor Zugeständnissen an die SPD. "Wenn wir da einknicken, betreiben wir ein Druckbeatmungsprogramm für die FDP", sagte er.

DGB-Chef Michael Sommer verlangte, die künftige Lohnuntergrenze müsse sich an DGB-Tarifverträgen orientieren. Der Zeitung sagte Sommer: "Wir akzeptieren auch eine von der Koalition geplante untere Lohnlinie. Die muss sich dann aber ebenfalls an unseren repräsentativen Tarifverträgen orientieren und keinesfalls an den Dumpinglöhnen der christlichen Pseudo-Gewerkschaften."

Am 04-02-2009