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Kinderarmut Nachrichten

Armut macht krank - Jugendärzte fordern Massnahmen gegen Kinderarmut

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ)fordert stärkere Initiativen zur Bekämpfung von Armut unter Kindern. In Deutschland seien von Armut rund zwei Millionen Kinder betroffen, die durch die schlechte Lebensqualität allgemein auch krankheitsanfälliger seien, stellte der Verband anlässlich seines 5. Forums für Gesundheits- und Sozialpolitik am Mittwoch in Berlin fest.

Kinderarmut

"Armut und Gesundheit stehen eng zusammen", sagte BVKJ-Präsident Klaus Gritz. Für eine Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen reichten materielle Zuwendungen allein nicht aus. Der Verband fordere vielmehr kostenlose Kindergartenplätze mit gut geschultem Personal sowie Ganztagsschulen für Jugendliche. Zudem könne ein System der "aufsuchenden Fürsorge" durch den öffentlichen Gesundheitsdienst der Vernachlässigung von Kindern entgegenwirken.

Nach Angaben des BVKJ erleben die Kinder- und Jugendärzte im Praxisalltag viele Benachteiligungen sozial schwacher Familien. Diese machten sich oft schon im frühesten Kindesalter bemerkbar. Die Frühgeborenenrate etwa sei höher als bei anderen Familien. In rund 30 Prozent der Fälle führe dies bei den Kindern später zu Lern- und Verhaltensstörungen. Auffällig bei Jugendlichen aus unterprivilegierten Familien sei zudem die höhere Anfälligkeit für Asthma oder Übergewicht. Auch psychische Störungen wie Depressionen seien weitaus häufiger zu beobachten.

Am 20-03-2002

Forschungsprojekt

Die Armut von Kindern nimmt in Deutschland immer weiter zu. Dennoch spielen Kinder in der sozialwissenschaftlichen Forschung bislang nur eine untergeordnete Rolle. Ein Projekt der Fachhochschule Münster will das ändern. "Bislang wurde immer nur über Kinder gesprochen, nicht mit ihnen. Wir wollen aber gezielt die kindliche Perspektive zu dieser Problematik aufgreifen", sagt Professor Margherita Zander im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp.

Zusammen mit den Sozialwissenschaftlerinnen Barbara Imholz und Gisela Wuttke erforscht sie, ob Grundschulkinder in der Stadt und auf dem Land mit Armut jeweils unterschiedlich umgehen. Dazu werden Kinder aus Münster und aus einigen größeren und kleineren Städten des Westmünsterlandes befragt. "Dabei wollen wir auch untersuchen, ob sich die Lebensverhältnisse auf dem Land und in der Stadt immer weiter angleichen", erläutert Zander. Zu dieser Frage gebe es zwar Vermutungen, aber noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Dass auch Kinder von Armut betroffen sind, sei bisher vor allem aus der Perspektive von Erziehern oder Lehrern wahrgenommen worden. "Den Lehrern fällt auf, wenn ein Junge mit nassem Pullover im Unterricht sitzt, weil keine Wäsche zum Wechseln da ist, oder dass ein Mädchen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen kann, weil es keinen Badeanzug besitzt", erläutert Wuttke. Die Münsteraner Wissenschaftler wollen hier aber ganz gezielt erforschen, wie Kinder selbst die Armutssituation erleben und wie sie verarbeiten.

"Kinder reagieren sehr sensibel auf Armut", sagen die Wissenschaftlerinnen. Bei einer vorab durchgeführten Unterrichtsreihe in einer Grundschule habe sich gezeigt, dass schon für die sieben- bis zehnjährigen Arbeitslosigkeit und die damit verbundene soziale Ausgrenzung ein wichtiges Thema sei.

"Die Kinder bemerken soziale Unterschiede, sobald sie in den Kindergarten oder in die Schule kommen", sagt Wuttke. Schon im Grundschulalter schlügen dabei gesellschaftliche Normen durch. "Jedes Mädchen möchte hübsch aussehen und auch bei der Kleidung mit ihren Freundinnen mithalten können", betonen die Wissenschaftlerinnen: "Hierbei nicht mithalten zu können und ausgegrenzt zu werden, davor haben auch Kinder Angst und reagieren mit Scham."

Erste Zwischenergebnisse der Studie werden am Montag auf einer öffentlichen Tagung der Fachhochschule Münster bekannt gegeben. Das Projekt ist Teil des Forschungsverbundes "Duale Armutsforschung und Kindheit" in Nordrhein-Westfalen, an dem sich auch die Universität Köln und die Fachhochschule Düsseldorf beteiligen.

Am 21. Mai. 2001 unter: politik

Wohlfahrtsverband warnt

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, die in Armut leben müssen, wird in den nächsten zwei Jahren um 500.000 auf 1,5 Millionen ansteigen. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Eine Studie seines Verbandes belege, dass diese Steigerung mit der jetzt amtlich gewordenen Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) eintrete.

Durch die Leistungskürzungen bei der Zusammenlegung zum 1. Juli wächst laut Schneider die Zahl der Menschen, die Auszahlungen auf dem Niveau der Sozialhilfe beziehen, von derzeit 2,8 Millionen auf 4,5 Millionen. Das sei der höchste Stand seit Kriegsende. Besonders hart treffe es dabei die Kinder. So werde jedes zehnte Kind in Deutschland unter die Armutsgrenze fallen , sagte Schneider. Bisher sei es jedes 15. Kind. Allein in der Bundeshauptstadt Berlin fristeten jetzt schon fast 100.000 Kinder ihr Dasein in Armut.

In Deutschland gelte wissenschaftlich als arm, wer fünfzig Prozent unterhalb des unteren durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens liege. "Wir definieren Armut seit zwei Jahren anders. Wer unter dem gesellschaftlichen Mindestbedarf liegt, ist arm", sagte Schneider. Seit 1990 sei der Sozialhilfesatz nicht an den realen Lebenshaltungskosten angepasst worden. Inzwischen liege er sechs Prozent unter diesem gesellschaftlichen Mindestbedarf.

Am 05-01-2004

Armut

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind so arm, dass sie Sozialhilfe beziehen. Ihre Zahl stieg im letzten Jahr im Vergleich zu 2002 um 6,2 Prozent auf nunmehr 1.080.000 Personen. Damit erhält jedes 14. Kind in Deutschland Sozialhilfe (7,2 Prozent gegenüber 6,7 Prozent 2002 und 6,4 Prozent in 2001). Kinder sind in Deutschland mehr als doppelt so häufig von Armut betroffen als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger insgesamt erhöhte sich 2002 auf 3,4 Prozent.

2,81 Millionen Menschen in 1,41 Millionen Haushalten erhielten Ende 2003 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt zur Deckung ihres Grundbedarfs vor allem an Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Heizung, so am Montag veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Das sind 2 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, obwohl der Anteil der Senioren durch das zum 1. Januar 2003 in Kraft getretene "Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" erheblich gesunken ist. Über 65-Jährige sowie für dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen ab 18 Jahren erhalten danach eine eigenständige Leistung auf Sozialhilfeniveau. Vor allem dadurch sank die Zahl der älteren Sozialhilfebezieher ab 65 Jahren zum Jahresende 2003 auf rund 98.000 Personen (- 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Sozialhilfequote der älteren Menschen verringerte sich auf 0,7 Prozent (Vorjahr: 1,3 Prozent).

Frauen erhalten mit 3,7 Prozent häufiger Sozialhilfe als Männer (3,1 Prozent). Auch Ausländer sind mit 8,4 Prozent öfter von Armut betroffen als Deutsche (2,9 Prozent).

Praktisch angeglichen hat sich der Anteil der Sozialhilfeempfänger in West- (3,2 Prozent) und Ostdeutschland (3,1 Prozent). Die in diesen beiden Zahlen nicht berücksichtigte Hauptstadt treibt wie die anderen Stadtstaaten die Gesamtquote hoch: In Berlin stellen die Sozialhilfeempfänger 7,7 Prozent der Bevölkerung, in Bremen 9,2 Prozent und in Hamburg 6,9 Prozent. Unter den Flächenländern wiesen das Saarland sowie Schleswig-Holstein mit jeweils 4,1 Prozent die höchsten Quoten auf. Die niedrigsten Sozialhilfequoten verzeichneten Bayern (1,8 Prozent), Baden-Württemberg (2,1 Prozent) und Thüringen (2,3 Prozent).

Am 09-08-2004

Krasse Unterschiede

In den meisten reichen Nationen steigt nach Angaben der Kinderhilfsorganisation Unicef die Kinderarmut. Die Situation von Kindern in 17 von 24 untersuchten OECD-Staaten habe sich verschlechtert, sagte der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Reinhard Schlagintweit, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer neuen Studie. Der Unicef-Vergleich zeigt krasse Unterschiede zwischen den reichen Ländern auf. Am niedrigsten ist die Kinderarmut in Dänemark und Finnland (unter drei Prozent). Besonders hoch ist der Anteil armer Kinder in den USA (über 20 Prozent). Deutschland liegt im Mittelfeld auf Platz 12. In Deutschland sei die Kinderarmut dabei mit 2,7 Prozentpunkten seit 1990 stärker angestiegen als in den meisten anderen Industrienationen. In Ländern mit höheren Sozialausgaben ist die Kinderarmut nach der Studie niedriger.

"Die Regierungen haben es selbst in der Hand, ob Kinder in Armut aufwachsen müssen. Sie können ihre großen Probleme wie Arbeitslosigkeit nur in den Griff bekommen, wenn sie Kinder vor Ausgrenzung und Benachteiligung insbesondere bei der Ausbildung bewahren", sagte Peter Adamson, der Autor der internationalen Unicef-Studie.

Die UNICEF-Studie zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen der Höhe staatlicher Aufwendungen und der Kinderarmut. In Ländern wie den USA und Italien, die weniger als fünf Prozent ihres Bruttosozialprodukts in Sozialleistungen investieren, leben über 15 Prozent der Kinder in relativer Armut. Staaten, die wie Dänemark, Schweden, Finnland oder Belgien mehr als zehn Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Sozialleistungen ausgeben, schaffen es durchweg, Kinderarmut auf unter zehn Prozent zu drücken.

Doch die Höhe der Sozialausgaben allein entscheidet nach Angaben von Unicef nicht allein über das Ausmaß von Kinderarmut. So geben zehn OECD-Länder, darunter auch Deutschland, einen ungefähr gleich hohen Teil ihres Bruttosozialprodukts - zwischen sieben und zehn Prozent - für die soziale Absicherung von Familien aus. Trotzdem gibt es zwischen diesen Ländern beträchtliche Unterschiede bei der Armutsrate: Sie variiert von 3,4 Prozent in Norwegen über 10,2 Prozent in Deutschland bis zu über 15 Prozent in Neuseeland und Großbritannien. "Oft fließen Sozialausgaben aber vorwiegend in Altersvorsorge und das Gesundheitssystem."

Für die Reduzierung von Kinderarmut muss nach Auffassung von Unicef jede Regierung Ziele und Zeitvorgaben festsetzen: Eine ähnliche Ausgangslage wie in Deutschland gebe es in Schweden. "Mit seiner Sozialpolitik schafft es der Staat dort, Kinderarmut auf nur 3,4 Prozent zu senken, das ist ein Drittel der Rate in Deutschland."

Jedes zehnte Kind in der Bundesrepublik lebe in relativer Armut, sagte Schlagintweit. Dies seien mehr als 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Alarmierend sei die überdurchschnittliche Armut von Kindern Alleinerziehender und aus Zuwandererfamilien. 40 Prozent der Kinder Alleinerziehender sind arm. Unter Kindern aus Zuwandererfamilien verdreifachte sich in den neunziger Jahren die Armutsrate von fünf auf 15 Prozent. Dieser Zuwachs trägt maßgeblich zum Gesamtanstieg bei.

Am 01-03-2005

Bevölkerungspolitik

Zur Ankündigung der Bundesfamilienministerin, ein einjähriges Elterngeld einzuführen, erklärt die Bundesfrauenreferentin der PDS, Monika von der Lippe: "Die PDS hält ein einkommensabhängiges Elterngeld für sinnvoll, um Frauen nicht länger für ein Taschengeld aus dem Arbeitsmarkt heraus zu komplimentieren. Damit es wirken kann, muss jedoch eine Absicherung nach unten geschaffen werden!" Im Blick habe das Familienministerium in erster Linie Akademikerfamilien: Sie erlitten "massive Wohlstandsverluste" durch Erziehungskosten, dementsprechend sei hier die Geburtenrate am niedrigsten.

Ganz so einfach sei das Problem laut PDS nicht. Wohlhabendere Familien seien auch familienpolitisch keineswegs diskriminiert - von Steuererleichterungen und Kindergeld profitierten sie am meisten - während Arbeitslosen das Kindergeld bis zum letzten Cent angerechnet wird. Die Folge: Jedes fünfte Kind in der Bundesrepublik lebt in Armut, infolge der Hartz-Gesetze erwartet der Paritätische Wohlfahrtsverband einen weiteren dramatischen Anstieg.

Die PDS fordert daher ein existenzsicherndes Kindergeld, das alle Kinder gleichermaßen vor Armut schützt! Die niedrige Geburtenrate bei Akademikerinnen habe verschiedene Ursachen. Einen Ausweg wies kürzlich das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Im europäischen Vergleich wirke sich besonders die Gleichberechtigung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt positiv auf die Geburtenrate aus, schloss Monika von der Lippe.

Am 07-04-2005

Spirale aus Armut und Bildungsarmut

Die Arbeitsmarktreform "Hartz IV" wird nach Ansicht des Jenaer Erziehungswissenschaftlers Roland Merten einen dramatischen Anstieg der Kinderarmut zur Folge haben. Merten sagte der in Jena, durch die Angleichung von Arbeitslosenhilfe an das Niveau der Sozialhilfe werde die Einkommenssituation vieler Familien verschlechtert. So hätten im Jahr 2002 in Deutschland rund 800.000 Kinder in Familien gelebt, in denen die Eltern bislang Arbeitslosenhilfe über dem Sozialhilfesatz bezogen. Mertin sieht einen engen Zusammenhang zwischen Kinderarmut und Bildungserfolgen. Er verweist hierbei auf Dänemark, Finnland, Schweden und das Bundesland Bayern einerseits und auf die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Saarland und Bremen andererseits.

Merten zufolge wird mit "Hartz IV" die Zahl von Kindern, die auf dem Sozialhilfeniveau leben und damit von Armut betroffen sind, in den nächsten drei Jahren um 80 Prozent steigen. Sozialpolitische Lösungen und Hilfen für diese Zuspitzung der Lage gebe es kaum.

In der Bundesrepublik sei der prozentuale Anteil von Kindern in relativer Armut mit 10,2 Prozent deutlich höher als in Dänemark, Finnland oder Schweden, also Ländern, wo die Kinder in der PISA-Bildungsstudie deutlich besser abschnitten als die Deutschen. "Es gibt einen ganz engen Zusammenhang zur PISA-Studie, denn in Bundesländern wie Bayern mit den vergleichsweise besseren PISA-Ergebnissen, gibt es auch deutlich geringere Armuts- und Sozialhilfequoten als in Rheinland-Pfalz, dem Saarland oder gar Bremen", sagte Merten. Im Osten sei eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Klar sei, dass die Brennpunkte der sozialen Armut und der Bildungsarmut identisch sind.

Merten warnte vor einer Spirale aus Armut und Bildungsarmut. Gefährdet seien insbesondere die Kinder Alleinerziehender. Immerhin seien 28 Prozent der Haushalte Alleinerziehender von Armut betroffen, während es bei Familien mit Elternpaaren nur vier Prozent seien. Helfen könne hier zunächst ein besseres Angebot zur Kinderbetreuung. Langfristig müsse der Staat mit Zuschüssen und Steuervergünstigungen die Kosten für Familien mit Kindern senken.

Am 11-04-2005

"Quasi über Nacht"

Einer Untersuchung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zufolge lebt jedes siebte Kind in Deutschland in Armut. Der drastische Anstieg der Kinderarmut sei auf "Hartz IV" zurückzuführen. Durch Hartz IV habe die Kinderarmut in Deutschland "quasi über Nacht" eine neue historische Dimension erreicht, meint Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Arme Kinder seien vom Gemeinschaftsleben "faktisch ausgeschlossen". Schneider warnte vor unabsehbaren Folgen für Gesellschaft und Gemeinwesen. Langfristige Konzepte seien nicht ausreichend. Kinder, die heute in Armut leben, bräuchten die Lösungen jetzt.

Nach Berechnungen des Verbandes leben über 1,5 Millionen Kinder auf Sozialhilfeniveau - Ende 2004 seien es noch 965.000 Kinder gewesen. Auf weitere 200.000 schätzt der DPWV die Dunkelziffer der Kinder, die zwar ein Anrecht auf eine Sozialleistung hätten, diese jedoch nicht in Anspruch nehmen. Insgesamt leben 14,2 Prozent der Kinder in Armut - also jedes 7. Kind in Deutschland.

In Westdeutschland betrage die Kinderarmutsquote 12,4 Prozent, in Ostdeutschland 23,7 Prozent. In etlichen Städten werd sogar die 30-Prozent-Marke deutlich überschritten. Auch in Westdeutschland seien für einige Städte erschreckende Zahlen zu registrieren. Eklatante Beispiele aus Ost und West sind dem Bericht zufolge: Berlin (29,9 Prozent), Schwerin (34,3), Görlitz (35), Halle (34,6), Offenbach am Main (28,7) im bayerischen Hof (20 Prozent), Pirmasens (25,3), Bremerhaven (38,4), Kiel (29,6), Hamburg (20,4).

"Es ist verheerend für ein Gemeinwesen, wenn ein Drittel der Kinder vom normalen gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind", so Schneider. "Für Kinder, die von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe leben müssen, ist vieles Tabu, was für andere selbstverständlich ist: Musikunterricht, Turnen im Sportverein, Zoobesuch oder Computerkurs." Nicht einmal Nachhilfeunterricht sei bezahlbar.

"Wir können es uns nicht leisten, 1,7 Millionen Kinder auf einem Einkommensniveau zu belassen, das ihnen schlicht Zukunftschancen nimmt", meint Schneider. Der Paritätischen Wohlfahrtsverband fordert, dass beim Bezug von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld künftig wieder die Möglichkeit eingeräumt wird, einmalige Leistungen für Ausgaben wie beispielsweise die Einschulung zu gewähren. "Schulranzen, Schultüte, Turnbeutel, Turnkleidung, Federmappe und Schreibhefte addieren sich schnell zu 180 Euro. Wie soll dies bei einem Kinder-Regelsatz von 207 Euro im Monat bestritten werden?" fragte Schneider.

Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II und Sozialgeld müssten zudem um mindestens 19 Prozent erhöht werden, damit wenigstens annähernd von Bedarfsdeckung gesprochen werden könne. Deutschland brauche darüber hinaus ein Bildungs- und Erziehungssystem, das es schaffe, auch für Kinder aus bildungsfernen Familien Chancengerechtigkeit herzustellen.

Außerdem müsse die "völlig überzogene Pauschalisierung" bei der Bedarfsermittlung zurückgenommen werden. Leider zeige keine Partei in ihrem Wahlprogramm zufriedenstellende Lösungen.

Auch Kinderschutzbund-Geschäftsführerin Gabriele Wichert mahnte: "Das Einkommen von Kindern darf nicht abhängig sein von der Erwerbsbiografie ihrer Eltern." Sie forderte von der Regierung, "ein ganz klares Ziel zur Reduzierung der Kinderarmut festzulegen".

Am 25-08-2005

"Massenmarkt erschließen" - Bahn-Initiative kritisiert Verteuerung der BahnCard

Nach Ansicht der Initiative "Bürgerbahn statt Börsenbahn" (BsB) orientiert sich die Deutsche Bahn AG zu sehr an Gelegenheitsfahrern und verpasst so die Chancen für eine andere Verkehrskultur. Die Initiative weist am Freitag in diesem Zusammenhang vor allem auf die BahnCard hin. Ihre eigentliche Grundidee sei die einer "Mobilitätskarte" für den Massenmarkt. Durch die zu hohen Preise würde aber nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung erreicht. Stattdessen würde die Deutsche Bahn immer neue "Schnäppchenpreise" einführen, die zwar zu kurzfristiger Bahnnutzung motivieren könnten, aber keinen Anreiz böten, die Verkehrsmittel dauerhaft zu wechseln.

Das Schweizer Modell - Bürgerbahn -

Nach Angaben der Initiative haben in der Schweiz mehr als zwei Millionen Menschen ein "Halbtax-Ticket", dass der deutschen BahnCard-50 entspreche. Es koste dabei nur etwa die Hälfte der deutschen Variante und biete trotzdem mehr Leistungen.

Auf die deutsche Bevölkerung umgerechnet müssten 20 Millionen Menschen eine BahnCard-50 besitzen, um ebenso stark vertreten zu sein. Es gebe aber hierzulande nur 2 Millionen Käufer. Die Kritiker: "Die Deutsche Bahn AG erreicht gerade mal ein Zehntel des realen BahnCard-Marktes." Dies sei aber "kein Wunder". Sie sei zuletzt schon zu teuer gewesen, und werde nun ab Dezember erneut verteuert. Dabei sei die BahnCard-50 die entscheidende BahnCard-Variante, wenn es um den Gedanken einer veränderten Verkehrskultur gehe.

Die Geschichte der BahnCard-50

Die BahnCard-50 kostete bis Dezember 2002 140 Euro, skizziert die Initiative "Bürgerbahn statt Börsenbahn". Im Zuge einer Bahnpreisreform namens PEP sei sie dann abgeschafft worden. Wegen starker Proteste sei sie im Sommer 2003 zum Preis von 200 Euro wieder eingeführt worden. Ab Dezember 2005 solle sie nun 206 Euro kosten.

Deutsche Bahn: "Marktbeobachtungen"

Die Deutsche Bahn bestätigte diese Zahlen. Man "beobachte den Markt", heißt es bei dem Unternehmen, und sehe sich grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Es seien schon verschiedene Überlegungen angestellt worden, unter anderem die Halbierung des Preises für die BahnCard-50. Der Gedanke sei aber wieder verworfen worden.

Die Schnäppchenaktionen sollten dazu dienen, Neukunden zu gewinnen. Den Normalpreis zahle "sowieso fast niemand", sagte ein Pressesprecher der Bahn. 80 Prozent aller Fahrten würden über die verschiedenen Rabatt-Tarife in Anspruch genommen.

"Kultur des Bahnfahrens"

Die Initiative Bürgerbahn statt Börsenbahn fordert hingegen, die BahnCard für den Massenmarkt attraktiv zu machen, statt auf Schnäppchenaktionen zu setzen. "Richtig wäre es, sich auf eine Kultur des Bahnfahrens zu orientieren, die eine Mobilität auf der Schiene, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, per Rad und zu Fuß als grundsätzliche Alternative begreift."

Am 26-08-2005

Deutsche Bahn AG

Der Vorsitzende der Gewerkschaft TRANSNET, Norbert Hansen, hat bei einer möglichen Trennung von Netz und Transport bei der Bahn vor einer "Horrorbahn" gewarnt. "Sollte die Zerschlagung des DB-Konzerns, die Absplittung des Netzes, kommen, dann wird es künftig viele kleine privatisierte Netze geben", sagte der TRANSNET-Chef vor gut 1.000 Betriebsräten in Berlin. Folge würde sein, dass Abstimmungsprozesse nahezu unmöglich wären, Folge würde auch sein, "dass der Druck auf Tarif- und Sozialstandards steigt und Zehntausende von Arbeitsplätzen verloren gehen."

Einen Tag vor der für Donnerstag geplanten Verbände-Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestages warnte Hansen die Politik vor einem solchen Handeln. "Die Eisenbahner lassen sich nicht um die Ernte bringen, deren Saat sie mit ihren Leistungen selbst ausgebracht haben." Die Beschäftigten hätten die Bahnreform mit manchem Opfer begleitet. "Es muss zusammenbleiben, was zusammengehört", rief Hansen im Zusammenhang mit der Diskussion um eine Abspaltung des Netzes den Betriebsräten zu.

Der TRANSNET-Chef kündigte an, dass seine Gewerkschaft ihre Kampagne "Schütze deine Bahn" fortsetzen werde, bis der integrierte Konzern gesichert sei. Auch für die konkurrierenden Bahnen sei die Einheit von Netz und Transport der DB von Vorteil. Abstimmungsprozesse seien leicht. Und auch für die Kunden bringe eine Trennung keinen Vorteil. "Wettbewerb in Deutschland auf der Schiene funktioniert schon heute vorbildlich", meint Hansen.

Er verwies die Kundgebung der Gewerkschaft am Donnerstag in Berlin. Die Beschäftigten würden erstmals öffentlich deutlich machen, was sie von den "Zerschlagungsplänen" hielten. Zu der Kundgebung im Invalidenpark in Berlin-Mitte erwartet TRANSNET mehrere Tausend Teilnehmer.

Am 31-05-2006

Mehdorn in der Kritik

Der Chef der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn, wird wegen seiner Weigerung, eine Ausstellung über die Deportation jüdischer Kinder in Bahnhöfen zu zeigen, weiterhin kritisiert. "Wir lassen uns weder in irgendein Museen noch auf ein Abstellgleis schieben, sagte die Mitinitiatorin des Projekts, Beate Klarsfeld, der Chemnitzer "Freien Presse". Mehdorn habe eine Verantwortung und müsse das Ausstellungsverbot aufheben.

Es sei nicht zu akzeptieren, dass der Bahnchef sich seit zwei Jahren weigere, die Ausstellung über den Transport von jüdischen Kindern aus Frankreich durch die damalige Reichsbahn in das Vernichtungslager Auschwitz aus Sicherheits- und Kostengründen auf Bahnhöfen zu zeigen, sagte Klarsfeld. Gerade angesichts der jüngsten rechtsradikalen Vorfälle habe Mehdorn eine besondere Pflicht, sich der Geschichte seines Unternehmens zu stellen.

Er solle sich am früheren Chef der französischen Bahn, Louis Gallois, ein Beispiel nehmen, der Frankreich en von Beginn an unterstützt habe. In Frankreich sei die Ausstellung über drei Jahre auf Bahnhöfen und auch in der Nationalversammlung gezeigt worden. Bei der Deutschen Bahn habe es dagegen von Anfang an eine ablehnende Haltung gegeben. Klarsfeld kündigte an, die Öffentlichkeit verstärkt um Hilfe zu bitten, sollte Mehdorn seine Haltung nicht ändern.

Am 11-07-2006

Vor Privatisierung

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee will zu viel gezahlte Zuschüsse an die Deutsche Bahn AG nicht zurückfordern. Die Steuermittel seien in sinnvolle und notwendige Investitionen geflossen, sagte eine Ministeriumssprecherin dem Düsseldorfer "Handelsblatt". Bereits Anfang Juli hatte der Tiefensee der Zeitung zufolge dem Rechnungshof erklärt, dass der Bund der Bahn einen Verzicht auf eine Rückforderung und Verzinsung der Zuwendungen in Aussicht gestellt habe, wenn diese zusichere, bestimmte Grundstücke zu übertragen. Der verkehrspolitische Sprecher der FPD, Horst Friedrich, schätzt den Schaden beim Bund auf bis zu eine Milliarde Euro.

Nach Angaben des Blattes führt die Bahn-Holding seit Jahren Grundstücke in ihren Bilanzen, die sich eigentlich im Eigentum der Tochtergesellschaften Netz AG oder Station & Service AG befinden. Geld, das die Bahn durch den Verkauf oder die Verpachtung von Grundstücken oder Bahnhöfen erzielt, fließen dadurch nicht den Tochterunternehmen zu, sondern der Holding.

Im Ergebnis steht die Netz AG finanzschwächer da als sie eigentlich ist. Die "künstlich hohen Defizite im Schienenverkehr" gleicht der Bund aus. Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Praxis als einen gesetzlichen Verstoß gegen das zwischen Bund und Bahn getroffene Gründungsgesetz.

FDP-Haushälter Otto Fricke sieht in den Immobiliengeschäften der Bahn einen Verstoß gegen europäisches Recht. "Wenn sich die Bahn rechtswidrig bereichert, ist ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission nicht ausgeschlossen", sagte er.

Bahn zerstört offenbar einsatzbereite Interregio-Waggons

Im Juni war bekannt geworden, dass die Deutsche Bahn AG bei Chemnitz aus den Beständen der Zuggattung Interregio rund 150 Reisezugwagen, 8 Bistrowagen und 12 Fahrrad-Gepäckwagen "systematisch zerstört". Die Wagen "befinden oder befanden" sich offenbar in einem einsatzbereiten Zustand. Das Material habe einen geschätzten Wert von mehreren Hundert Millionen Euro. Die systematischen Zerstörung von wertvollen Reisezugwagen und Bistros der ehemaligen Zuggattung "InterRegio" ist für das Bündnis "Bahn für alle" beispielhaft für das Projekt "Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG".

Am 07-08-2006

Verstärkte Videoüberwachung

Die Deutsche Bahn AG will wegen der nach Darstellung von Sicherheitsbehörden in Regionalzügen in Koblenz und Dortmund entdeckten "Kofferbomben" ihre Kontrollen aus. Die Videoüberwachung werde verstärkt, zudem sollen erstmalig Gepäckstücke vereinzelt kontrolliert werden, sagte das zuständige Vorstandsmitglied der Bahn, Otto Wiesheu, am Freitag in Berlin. Das Unternehmen sei dabei, die Geräte für eine Ausweitung der Videoüberwachung zu beschaffen. Die Kontrollen der Gepäckstücke würden von Beamten der Bundespolizei vorgenommen. Sämtliches Personal sei zudem angewiesen worden, besonders wachsam zu sein.

Wiesheu sagte, das Sicherheitskonzept der Bahn habe sich bewährt. So lägen dank der Videoüberwachung nun von den mutmaßlichen Tätern Bilder vor, die zur Fahndung genutzt werden könnten.

Die Deutsche Bahn setzte nach Angaben Wiesheus 50.000 Euro zur Belohnung für Hinweise aus, die zur Ergreifung der Täter führen. Zur weiteren Unterstützung der Ermittlungsbehörden würden jetzt bundesweit in vielen Bahnhöfen Fahndungsaufrufe verteilt und Plakate aufgehängt.

Am 18-08-2006

Kritik des Bundesrechnungshofes

Anlässlich einer über die Medien bekannt gewordenen Kritik des Bundesrechnungshofes an der Deutsche Bahn AG, werfen die Grünen dem Unternehmen vor, es lasse das "Gleisnetz verrotten". Nach Auffassung des grünen Verkehrspolitikers Winfried Hermann belegt die Prüfung des Bundesrechnungshofes, "was wir schon lange vermutet haben. Bereits seit Jahren vernachlässigt die Deutsche Bahn AG bewusst die Instandhaltung des Netzes und unterlässt in großem Umfang notwendige Reparaturen." Allein im Zeitraum von 2001 bis 2005 seien rund 1,5 Milliarden Euro weniger in das Netz investiert worden "als erforderlich". Die Deutsche Bahn AG habe sich "offenbar Erhaltungsinvestitionen beziehungsweise Pflegekosten gespart, damit ihre Bilanzen für den geplanten Börsengang besser aussehen", kritisiert Hermann.

"Statt schwere Mängel zu beheben, von denen einige sogar sicherheitsrelevant sind, richtet die Deutsche Bahn Langsamfahrstellen ein und passt die Fahrpläne an die maroden Gleise an", so Hermmann. Aufwändige Reparaturarbeiten würden stattdessen so lange "verschleppt, bis die Anlagen derart verschlissen sind, dass der Bund in Form von Ersatzinvestitionen dafür aufkommen muss." Diese Fehlsteuerung zu Lasten des Netzes und des Eigentümers müsse dringend korrigiert werden.

"Dabei ist die Bahn für Instandhaltungen zuständig", meint der Politiker. Das Geld für die Erhaltung der Schienenwege zahlten die Nutzer – darunter auch private Eisenbahnen – in Form von Trassenpreisen, die sich pro Jahr auf rund zwei Milliarden Euro beliefen. "Statt diese Mittel für ihr Kerngeschäft bereitzustellen, kauft die DB sich lieber verschiedenste Unternehmen der internationalen Logistikbranche zusammen."

Hermann will offenbar späteren Börsengang der Bahn

Dieser Zustand sei für den Bund als 100 Prozentiger Eigentümer der Deutschen Bahn AG nicht hinnehmbar, meint Hermann. "So lange der schon 2004 vom Parlament geforderte qualifizierte Netzzustandsbericht der Deutschen Bahn nicht vorliegt, darf es keine Entscheidung über die Privatisierung der Deutschen Bahn AG geben. Erst wenn der Zustand des Netzes wirklich bekannt ist, wird deutlich, wie viel Investitionen in das Netz nötig sind. Und erst auf dieser Basis kann eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) geschlossen werden, die sich mindestens ein Jahr bewähren muss, bevor eine Entscheidung über eine Börsengang gefällt wird."

Nach dem Tiefensee-Modell solle die Deutschen Bahn AG das Netz auch nach einer Privatisierung bilanzieren und in einer wirtschaftlichen Einheit betreiben dürfen. "Angesichts des Renditedrucks durch private Anteilseigner würde das Schienennetz – so wie in den 1990er Jahren in Großbritannien – noch weiter verkommen", so Hermann. Die Folge wäre eine neue Welle von Streckenstilllegungen, "um das flächendeckende Schienennetz auf ein profitableres Kernnetz zu schrumpfen". Im Gespräch seien Streckenstilllegungen von bis zu 6000 Kilometer Gesamtlänge.

"Um dies zu verhindern, muss das Schienennetz dem Zugriff der Deutschen Bahn AG entzogen und in eine neu zu gründende Deutsche Schieneninfrastrukturgesellschaft überführt werden, die im 100 prozentigen Eigentum des Bundes und die in keiner Weise wirtschaftlich oder personell mit der Deutschen Bahn AG verflochten ist", fordert Hermann.

Am 22-02-2007

"Skandalöse Bahnpolitik"

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) spricht von einer "skandalösen Bahnpolitik" von Bahnchef Mehdorn: Der Nachrichtenagentur Reuters liegen offenbar Unterlagen des Bahn-Konzerns vor, wonach die die Deutsche Bahn bis 2015 die InterCity-Fernzüge (IC) komplett durch die Hochgeschwindigkeitszüge ICE ersetzen will. Laut VCD entfiele damit für Reisende die Möglichkeit, weit entfernte Regionen in Deutschland umsteigefrei und kostengünstig zu erreichen. Da der IC der einzige Zug sei, in dem auf Fernstrecken eine Fahrradmitnahme möglich sei, bedeute dessen Abschaffung auch das Aus für den Fahrradtourismus in Deutschland.

"Die nun öffentlich gewordenen Pläne der Deutschen Bahn sind ein handfester Skandal", meint der VCD-Vorsitzende Michael Gehrmann. "Nach dem Kabinettsbeschluss zur Kapitalprivatisierung kommt die DB AG jetzt aus der Deckung und will umsetzen, was schon lange zu befürchten war. In der Bahnpolitik Hartmut Mehdorns existieren nur noch gewinnträchtige Hochgeschwindigkeitsstrecken, alles andere überlässt er dem Nahverkehr - zu Lasten der Kunden und der Umwelt."

Da nicht alle IC-Strecken durch Oberleitungen elektrifiziert seien, könne der ICE bei weitem nicht alle IC-Verbindungen ersetzen, kritisiert der Verkehrsclub. Damit bestünde die Gefahr, dass ganze Regionen vom Fernverkehr abgehängt würden. Davon wären vor allem Urlaubsregionen wie das Allgäu oder die Nordseeküste betroffen. Fehlende Kapazitäten müssten dann vom Nahverkehr übernommen werden, womit die Deutsche Bahn ihre Verantwortung für ein flächendeckendes Bahnangebot auf die Länder abwälze.

Der Verkehrsclub befürchtet steigende Preise und umständlichere Anreisewege im Fernverkehr. Damit werde die Bahn an Attraktivität für ihre Kunden verlieren - für die Kritiker "eine verkehrs- und klimapolitisch fatale Entwicklung". Fahrgäste würden dann vermutlich wieder von der umweltfreundlicheren Bahn auf ihr eigenes Auto umsteigen. "Wir fordern deshalb Bahnchef Mehdorn auf, die Finger vom IC zu lassen."

Am 26-07-2007

Gewinnrekorde

Die Deutsche Bahn AG will die Preise für Züge im Fern- und Nahverkehr um rund 2,9 Prozent erhöhen. Die Preiserhöhung solle zum Jahresende wirksam werden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Unternehmenskreise. Begründet werde der Schritt mit den gestiegenen Stahl- und Energiepreisen. Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) kritisierte die angekündigte Fahrpreiserhöhung: "Während die Bahn immer neue Gewinnrekorde in allen Sparten vermeldet und hohe Finanzierungszusagen für unsinnige Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 oder den Transrapid macht, müssen die Kunden immer tiefer in die Tasche greifen, wenn sie umweltschonend unterwegs sein wollen. Das ist die falsche Preispolitik für das Massenverkehrsmittel Bahn."

VCD-Bundesvorsitzender Michael Gehrmann monierte, die Deutsche Bahn AG habe erst gestern ihre Finanzierungszusage "für den ökonomisch wie verkehrspolitisch unsinnigen Transrapid" in München freiwillig auf 235 Millionen Euro erhöht. "Da drängt sich der Eindruck auf, dass die Bahnkunden mit der erneuten Preiserhöhung Geschenke bezahlen sollen, die die Bahn den Bundesländer macht, um sie in der Diskussion um die Kapitalprivatisierung milde zu stimmen."

Bei der derzeitigen Ertragslage der Bahn AG sei es jedenfalls nicht nachvollziehbar, wenn die Preisanhebung mit Mehrkosten durch aktuelle Tarifabschlüsse und steigende Energiekosten begründet würden, meint der Verkehrsclub. Vielmehr verfestige sich der Eindruck, dass die gewünschte Privatisierung alle Entscheidungen bestimme. "Höhere Preise sollen die Bilanz des Unternehmens weiter verbessern und so dessen Kapitalmarktfähigkeit belegen", meint Gehrmann. Doch auf Dauer funktioniere die Bahn nur, wenn sie ihr Kerngeschäft nicht vernachlässige und Fahrgäste durch regelmäßig steigende Preise nicht vergraule.

Nach Auffassung des Verkehrsclubs vergrault die Bahn AG mit ihrer Preispolitik ganz gezielt viele Stammkunden. Es sei nicht vermittelbar, wenn sie auf der einen Seite immer mehr für Bahncards und reguläre Fahrscheine bezahlen sollten und gleichzeitig Sonderangebote dauerhaft etabliert werden würden.

Auch mit der aktuellen Diskussion um den Klimaschutz passe die Preispolitik nicht zusammen. Denn die Bahn müsse ihren Teil dazu beitragen, um gegenüber Auto und Flugzeug auch preislich wettbewerbsfähig zu sein.

Am 25-09-2007

Interessen der Deutschen Bahn

Im Zusammenhang mit der geplanten Teilprivatisierung der Bahn zeichnet sich ein offener Konflikt zwischen Bundesregierung und Bundesrat ab. Eine Mehrheit der Länder will am 23. Mai im Bundesrat für eine Gesetzesinitiative stimmen, die ihnen eine Mitsprache bei der Umsetzung der Teilprivatisierung sichern soll. Kernpunkt des Gesetzes ist eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) mit der Deutschen Bahn AG. Darin wird festgelegt, wieviel Geld zu sparen der Konzern erhält, welche Leistungen er dafür erbringen und wie er sie nachweisen muss. Die Vereinbarung ist das zentrale Steuerungselement, das unter anderem beschreibt, in welchem Umfang und Zustand das Schienennetz vorgehalten werden muss. Die Regierung plant, die LuFV über eine Ermächtigung im Haushaltsbegleitgesetz zu regeln. Ihr bisheriger Entwurf gilt unter Länderexperten als einseitig auf die Interessen der Deutschen Bahn zugeschnitten.

Erst im April hatte die Verkehrsministerkonferenz das Land Sachsen-Anhalt beauftragt, schnellstmöglich ein Gesetz "über Erhalt und Ausbau der Schienenwege und zur Sicherung des Fernverkehrs" in den Bundesrat einzubringen.

In den vergangenen Tagen sind die Länder jedoch nach Insiderangaben von Koalitionsmitgliedern aus Berlin massiv gedrängt worden, davon Abstand zu nehmen. Sachsen-Anhalt wird am 23. Mai dennoch die geforderte Gesetzesinitiative einbringen und erwägt, auch einen Antrag auf sofortige Entscheidung darüber zu stellen.

Auf Nachfrage teilten Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Hamburg und Berlin mit, dass sie sowohl das Gesetz als auch einen Antrag auf sofortige Entscheidung unterstützen würden.

Am 21-05-2008

Nach heftigen Protesten

Nach heftigen Protesten hat die Deutsche Bahn AG den geplanten Bedienzuschlag gekippt. Der Bahn-Konzern hatte geplant, eine spezielle "Service-Gebühr" für den Verkauf von Fernfahrkarten am Schalter oder per Telefon zu kassieren. Nun verzichtet das Unternehmen auf den Bedienzuschlag von 2,50 Euro. Verkehrsminister Wolfang Tiefensee (SPD) führte das auf Gespräche mit Bahnchef Hartmut Mehdorn zurück. Die Bahn sei zur Vernunft gekommen. Der Bahn-Konzern machte zu den Hintergründen der Entscheidung keine genaueren Angaben. In einem Brief der Bahn an ihre Mitarbeiter hieß es jedoch: "Die emotionale Diskussion dieses Themas in der Öffentlichkeit" zeige, "dass der geplante Bedienzuschlag auf grundsätzliche Ablehnung stößt". Der Unternehmensvorstand habe sich daher entschieden, den Zuschlag nicht einzuführen.

Tiefensee sagte, "ich freue mich, dass meine intensiven Gespräche in den letzten zwei Wochen mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB AG dazu geführt haben, dass der Bedienzuschlag nun endgültig vom Tisch ist."

Mehdorn hatte noch am Mittwoch den Bedienzuschlag verteidigt und zugleich weitere Ausnahmen für Besitzer von Senioren-BahnCards und Behinderte in Aussicht gestellt. Die Proteste hatten sich jedoch am Donnerstag erneut verschärft, nachdem das Unternehmen bekanntgegeben hatte, dass die Service-Gebühr pro Strecke erhoben werden sollte.

Die Gewerkschaft Transnet begrüßte den Verzicht auf den Bedienzuschlag. Vorstandsmitglied Karl-Heinz Zimmermann sagte, "der öffentliche Druck war zu groß, das Vorhaben umstritten. Wir verlangen dennoch eine Standortgarantie für die Reisezentren, deren Schalter, Öffnungszeiten und Personal, wie von DB-Chef Mehdorn zugesagt. Der personenbediente Verkauf ist Garant für einen komplexen Kundenservice im Vertrieb."

Am 12-09-2008

"Überteuerte Mieten" vor Börsengang

Die Deutsche Bahn AG hat vor ihrem Börsengang der Bundespolizei offenbar überteuerte Mieten in Millionenhöhe abgefordert. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages forderte am Freitag (26. September) das Bundesinnenministerium als Dienstherren der Bundespolizei auf, diese Mietzahlungen an die Bahn nur noch unter Vorbehalt zu leisten. Zudem dringt der Ausschuss nach Bundestagsangaben darauf, bei allen Kostenmietverträgen die Selbstkosten der Bahn zu überprüfen. Grundlage der Entscheidung war den Angaben zufolge ein Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH), wonach die Bundespolizei für ihre Diensträume an Bahnhöfen zu viel Geld bezahle und dies innerhalb von zehn Jahren zu vermeidbaren Mehrausgaben für den Bund von rund 20 Millionen Euro geführt habe.

Das Ministerium sei jedoch bisher der BRH-Aufforderung, alle Verträge und Vereinbarungen soweit möglich umgehend zu kündigen und bei den Kostenmietverträgen etwaige Überzahlungen zurückzufordern, nicht nachgekommen.

Am 26-09-2008

Arabischer Staatsfonds

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird am Donnerstag (30. Oktober) während seines Besuchs in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) mit dem Vorstand des Staatsfonds ADIA (Abu Dhabi Investment Authority) zusammentreffen. In Steinmeiers Gefolge ist unter anderem Bahnchef Hartmut Mehdorn, der Investoren für die Teilprivatisierung der Deutsche Bahn sucht. Die ADIA verfügte vor der Finanzkrise über ein geschätztes Vermögen von 875 Milliarden Dollar (685 Milliarden Euro) und galt als größter Staatsfonds weltweit. "Arabische Fonds gehören zu den wenigen Adressen, auf die wir in der gegenwärtigen Lage hoffen können", sagte ein Bahn-Insider, der namentlich nicht genannt werden wollte, mit Blick auf den Börsengang.

Mehdorn hoffe bei seiner Suche nach Investoren offenbar auf Steinmeier als Türöffner. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte auf Anfrage lediglich, Ziel des Steinmeier-Besuchs sei unter anderem ein Ausbau der bilateralen Beziehungen. Dazu gehöre auch ein Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen.

Bereits im Sommer dieses Jahres hatte die Deutsche Bahn versucht, Staatsfonds aus dem Nahen Osten, darunter auch die ADIA, als Investoren zu gewinnen. Damals wurden die Reaktionen als zurückhaltend beschrieben. Im Gegensatz zu anderen Fonds der Region hatte sich die ADIA damals nicht ablehnend geäußert, sondern auf jeglichen Kommentar verzichtet.

Von größeren Investitionen der AIDA in Deutschland ist bisher nichts bekannt. Im November 2007 kaufte sie für 7,5 Milliarden Dollar knapp fünf Prozent der Citigroup-Anteile.

Ursprünglich wollte die Deutsche Bahn bereits am 27. Oktober an die Börsen gehen. Der Börsengang war jedoch wegen der weltweiten Finanzmarktturbulenzen auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Am 30-10-2008

Internationales militärisches "Engagement"

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwartet von der neuen amerikanischen Regierung unter Präsident Barack Obama keine weiteren Militäreinsätze für Deutschland. Er könne nicht erkennen, dass eine Regierung Obama die Bundesrepublik "mit unerfüllbaren Forderungen überfallen" werde, sagte Steinmeier der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Die Frage, wo ein Präsident Obama von Deutschland künftig mehr Einsatz und wo weniger Einsatz fordern werde, bezeichnete Steinmeier als "kurzsichtig und ängstlich". "Wir haben gar keinen Grund, unser internationales Engagement kleinzureden. Wir brauchen uns wahrlich nicht zu verstecken", betonte der Außenminister und fügte hinzu: "Und mein Eindruck ist, dass Barack Obama das weiß."

Steinmeier sieht die Vereinigten Staaten trotz ihrer derzeitigen schweren Probleme auch künftig als Weltmacht. "Auch wenn das Gewicht neuer Mächte zunehmen wird: Die Vereinigten Staaten von Amerika werden eine Weltmacht bleiben", sagte er.

Am 06-11-2008

BND-Informationen vor Irak-Krieg

Vor seiner Vernehmung durch den BND-Untersuchungsausschuss erhöht die Opposition den Druck auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Hintergrund sind Aussagen des früheren US-Generals James Marks, wonach Informationen von BND-Agenten die USA zu einem früheren Beginn des Irak-Kriegs bewogen hätten. Auch nach Ansicht der Union muss Steinmeier jetzt "Farbe bekennen". Die SPD bezeichnete die Vorwürfe dagegen am Montag (15. Dezember) erneut als "alten Fusel in löchrigen Schläuchen". Der BND bestreitet, kriegsrelevante Informationen weitergegeben zu haben. Steinmeier wies Kritik wegen des Einsatzes bislang ebenfalls klar zurück. Der SPD-Kanzlerkandidat war zu Beginn des Irak-Krieges Kanzleramtschef und zuständig für die Geheimdienste. Am Donnerstag muss er gemeinsam mit dem früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) dem BND-Ausschuss erneut Rede und Antwort stehen.

Der FDP-Obmann Max Stadler sieht in den neuen Aussagen von Marks "eine neue Qualität". Wenn dies stimme, stehe fest: "Deutschland hat an diesem Krieg mitgewirkt. Die Aktivitäten der deutschen Agenten waren eine indirekte Beteiligung", sagte Stadler mit Blick auf das Nein der rot-grünen Bundesregierung zum Irak-Krieg. Die FDP wird laut Stadler beantragen, "dass US-Militärs wie General Marks gebeten werden, eine Aussage vor dem Ausschuss zu machen."

Auch Grünen-Obmann Christian Ströbele forderte, der Untersuchungsausschuss müsse "Himmel und Hölle in Bewegung" setzen, um Marks zu befragen. Von Lüge wollte er nicht sprechen. Zunächst müsse die Befragung von Steinmeier und Fischer abgewartet werden. Allerdings habe der damalige Kanzleramtschef für den BND Verantwortung getragen.

Linke-Obmann Norman Paech sagte, wenn sich die Aussagen bewahrheiteten, habe Steinmeier gelogen: "Ich vermute, dass er von allem gewusst hat."

Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer sagte, die rot-grüne Darstellung, Deutschland hätte mit dem Irak nichts zu tun gehabt, gehöre "ins Reich der Märchen". Das stehe schon jetzt eindeutig fest. Steinmeier müsse konkret und in vollem Umfang Stellung nehmen zu den Aussagen von Marks, wonach Informationen der BND-Mitarbeiter in Bagdad für das US-Militär im Irak-Krieg sogar wichtiger gewesen seien als Informationen der CIA. Steinmeier trage die entscheidende politische Verantwortung für den Einsatz der BND-Leute in Bagdad.

SPD-Obmann Michael Hartmann betonte dagegen, es gebe keine neuen Fakten. Nicht ein einziger Bomber sei aufgrund der Meldungen der zwei BND-Mitarbeiter gestartet. Damit breche der zentrale Vorwurf der Opposition in sich zusammen. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte, es bleibe das "historische Verdienst" von Rot-Grün, Deutschland aus dem Irak-Krieg herausgehalten zu haben.

Am 15-12-2008

Merkel und Steinmeier "Pro Reli"

Nach dem Erfolg des Berliner Volksbegehrens "Pro Reli" für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion wollen die Gegner verstärkt für den Erhalt des Pflichtfachs Ethik werben. Der Senat, die Regierungsparteien SPD und Linke sowie die Gewerkschaft GEW kündigten am Donnerstag (22. Januar) an, über die Vorteile des derzeitigen Modells aufzuklären. Dagegen haben die Initiatoren des Volksbegehrens prominente Unterstützung erhalten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) haben sich mit ihrer Unterschrift für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion eingesetzt.

Der Landesabstimmungsleiter hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass bei dem Volksbegehren bisher mehr als 181.000 gültige Unterschriften für ein Wahlpflichtfach gezählt wurden. Rund 170.000 wären notwendig gewesen. Damit ist der Weg für einen Volksentscheid frei. Bisher wird Religionsunterricht in Berlin nur freiwillig angeboten, während Ethik ein Pflichtfach ist. Die Initiatoren von "Pro Reli" wollen eine Änderung des Schulgesetzes erzwingen, mit der sich die Schüler künftig für eines von beidem entscheiden müssen.

"Wir sind überzeugt davon, dass es besser ist, ein Fach für alle anzubieten", sagte Senatssprecher Richard Meng am Donnerstag. Damit erreiche man auch die vielen Schüler, die nicht religiös seien. In welcher Form die Aufklärung laufen soll, ist aber noch nicht entschieden. Das werde konkretisiert, sobald das offizielle Endergebnis vorliege, sagte Meng. Damit wird voraussichtlich Mitte Februar gerechnet. Dann will der Senat auch den Termin für den Volksentscheid festlegen.

Die Initiatoren des Volksbegehrens freuten sich unterdessen über die Unterstützung durch Merkel und Steinmeier. Das sollten auch die Berliner Landespolitiker zur Kenntnis nehmen, sagte der Vorsitzende des Trägervereins, Christoph Lehmann. CDU und FDP forderten den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, den Bürgerwillen zu respektieren. Das Volksbegehren müsse auch aus Kostengründen parallel zur Europawahl am 7. Juni ausgerichtet werden. Die Befürworter von "Pro Reli" erhoffen sich davon eine höhere Beteiligung. Notwendig sind dann rund 600.000 Ja-Stimmen.

Am 22-01-2009

Verhandlungen mit dem Iran

Deutschland ist nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bereit, in Berlin eine internationale Abrüstungskonferenz abzuhalten. Nach den jüngsten Vorschlägen vonseiten der USA und Russland sei es möglich, "hier in Berlin zusammenkommen", sagte Steinmeier am Freitag (30. Januar) im Bundestag in Berlin. Die Bundesregierung sei bereit zu helfen, dass aus solchen Vorschlägen "praktische Politik" werde. Im Fokus sollte die nukleare Abrüstung stehen, sagte Steinmeier. Dabei sei das "Herzstück" der Nichtverbreitungsvertrag.

Ein "Neubeginn" ist nach Überzeugung von Steinmeier auch beim KSE-Vertrag nötig, der als Eckpfeiler der Sicherheit in Europa gilt. Russland war dem zwischen NATO und Warschauer Pakt ausgehandelten KSE-Vertrag 1999 beigetreten, der bislang aber nicht von der NATO ratifiziert wurde. Wegen anhaltender Streitigkeiten mit dem Bündnis hatte Russland den Vertrag Ende 2007 ausgesetzt.

Hinsichtlich einer nuklearen Abrüstung appellierte Steinmeier an die Regierung im Iran, das von US-Präsident Barack Obama unterbreitete Angebot zu Gesprächen ohne Vorbedingungen anzunehmen: "Seid vernünftig, geht auf das Angebot der USA ein."

Kritiker aus der Friedensbewegung sehen in dem Vorschlag der Verhandlungen mit dem Iran eine gezielte Strategie der Kriegsvorbereitung gegen den ölreichen Staat. Sie verweisen auf einen Strategie-Vorschlag für Obama, wonach der Iran mit Verhandlungen schrittweise in die Enge gedrängt werden soll, bis ein Krieg auch der Öffentlichkeit als unausweichlich erscheint.

Am 30-01-2009

"Bürger abschrecken"

Die Organisatoren des "Zuges der Erinnerung" beklagen massive Behinderungen durch die Deutsche Bahn am Münchner Hauptbahnhof. Das Unternehmen habe Gruppen von mit Gummiknüppeln bewaffneten Sicherheitskräften vor den Ausstellungswagen patrouillieren lassen, kritisierte Vereinsvorstand Hans-Rüdiger Minow am Dienstag in München. Dieser "martialische Auftritt" sei dazu geeignet, Bürger vom Besuch der Ausstellung abzuschrecken.

Die rollende Ausstellung erinnert an die Opfer der NS-Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn. Die Schau ist seit 2007 durch Deutschland unterwegs. Am Montag eröffnete Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) den Halt in der bayerischen Landeshauptstadt. Minow sagte, kurz nachdem Ude wieder weg gewesen sei, habe die Bahn im gesamten Bahnhofsbereich sämtliche Hinweistafeln auf den "Zug der Erinnerung" beschlagnahmt.

"Unter diesen Umständen ist ein würdiges Gedenken an die deportierten Kinder und Jugendlichen in München nicht möglich", heißt es in einer Stellungnahme des Vereins. Er appellierte an die Münchner Bürger, sich schützend vor das Projekt zu stellen. Notfalls werde der "Zug der Erinnerung" aus München abgezogen. "Eine weitere Beleidigung der Opfer aus München, aus ganz Deutschland und fast sämtlichen europäischen Staaten lassen wir nicht zu", hieß es. Zielort des Zuges ist die Holocaust-Gedenkstätte Auschwitz.

Am 28-04-2009

Neues Referendum in Irland geplant

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) haben die tschechische Zustimmung zum Lissabon-Vertrag begrüßt. Damit sei eine wichtige Hürde zur Durchsetzung des Vertrags genommen worden, sagte Merkel am Mittwoch (6. Mai) in Berlin. "Die Wirkung wird an keinem spurlos vorübergehen." Nach Ankündigung der Kanzlerin soll im Juni mit der irischen Regierung darüber gesprochen werden, wie dort ein erneutes Referendum stattfinden kann, um doch noch eine Zustimmung zum neuen EU-Vertrag zu erhalten.

Der Vertrag stärke die Rechte der Nationalstaaten und verbessere zugleich die Zusammenarbeit in Europa, betonte Merkel.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: "Vor den Europawahlen ist das eine gute Nachricht für Europa - und ein starkes Signal für das anstehende zweite Referendum in Irland." Das gemeinsame Ziel bleibe, den Vertrag bis spätestens zum Jahresende in Kraft zu setzen. "Diesem Ziel sind wir heute ein gutes Stück näher gekommen", betonte der Vizekanzler.

Der tschechische Senat hatte zuvor dem Lissabon -Vertrag der EU zugestimmt, der aber nur in Kraft treten kann, wenn er von allen 27 EU-Ländern ratifiziert wird. In Irland war der Vertrag in einer Volksabstimmung im Juni vergangenen Jahres durchgefallen. Die irische Regierung will aber erneut das Volk befragen. Die Bevölkerung Deutschlands durfte nicht über den neuen EU-Vertrag abstimmen.

Am 06-05-2009

"Steinmeier kann morgen Kanzler sein"

Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine erwartet nach der Bundestagswahl im September keinen Machtwechsel. Es "droht eine Fortsetzung der großen Koalition", sagte Lafontaine am Mittwoch im Interview mit "Spiegel Online". Die SPD-Führung sehe "genau darin ihr Heil und spielt jetzt nur Wahlkampftheater." Unter bestimmten Konditionen wäre Lafontaine aber zu einer Zusammenarbeit mit der SPD bereit.

Dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier bot er eine Zusammenarbeit an, falls die Sozialdemokraten einen Mindestlohn umsetzen, "Hartz IV" zurücknehmen, die Rentenformel wiederherstellen und die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen. "Wenn Herr Steinmeier diese Inhalte befürwortet, kann er morgen Kanzler sein", sagte Lafontaine.

Am 13-05-2009

Kriegsrelevante Informationen an US-Hauptquartier

FDP, Grüne und Linke erheben in ihrer Bilanz des BND-Untersuchungsausschusses Vorwürfe gegen die frühere rot-grüne Bundesregierung und den heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die "Frankfurter Rundschau" berichtete vorab unter Berufung auf den Abschlussbericht der FDP und die beiden Sondervoten von Grünen und Linken, nach Ansicht der Opposition sei es nach dem 11. September 2001 zu einem "verhängnisvollen Paradigmenwechsel" in der Innen- und Sicherheitspolitik von Sozialdemokraten und Grünen gekommen. Deutschland habe entgegen der Darstellung der damaligen rot-grünen Bundesregierung den Krieg der USA gegen den Irak 2003 unterstützt. Der Bundesnachrichtendienst (BND) habe militärisch kriegsrelevante Informationen aus Bagdad an das US-Hauptquartier in Katar übermittelt.

Nach Ansicht von Grünen-Obmann Hans-Christian Ströbele habe die rot-grüne Bundesregierung in einigen Fällen Parlament und Öffentlichkeit unvollständig, teils auch falsch informiert und sogar gelogen, schrieb die Zeitung. Die politische Verantwortung weise Ströbele ausschließlich dem damaligen Koalitionspartner SPD zu, zumeist dem damaligen Kanzleramtschef Steinmeier und Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD).

Die Regierungsmehrheit hatte vor gut einer Woche in ihrem Abschlussbericht die rot-grüne Bundesregierung von jeder Schuld freigesprochen. Der Ausschuss sollte unter anderem die Arbeit von BND-Agenten in Bagdad zur Zeit des Irak-Kriegs, mutmaßliche CIA-Gefangenenflüge über Deutschland, die Verschleppung deutscher Staatsbürger sowie die Vernehmungspraxis von Gefangenen im Ausland durch deutsche Beamte beleuchten.

Die Oppositionsparteien Grüne und FDP befürworten die Kriegsbeteiligung Deutschlands in Afghanistan stimmten in den vergangenen Jahren den Bundeswehr-Mandaten stets zu.

Am 05-06-2009

Antimilitaristin Hanna Poddig vor dem Oberlandesgericht Schleswig

Im Februar 2008 musste ein Transportzug der Bundeswehr seine Fahrt zu einem Übungsmanöver für mehrere Stunden unterbrechen, weil eine antimilitaristische Blockadeaktion die Weiterfahrt verhinderte. Eine Person hatte sich an die Gleise angekettet und weitere Antimilitarist_innen demonstrierten mit ihr gemeinsam gegen die deutsche Armee.

Nachdem die Antimilitaristin Hanna Poddig im März vom Oberlandesgericht Schleswig verurteilt worden war, Schadenersatz an die DB Netz AG zu zahlen, zieht die Aktivistin nun dagegen vor das Bundesverfassungsgericht.

In der Folge kam es zu verschiedenen Verfahren, so müssen sich die Aktivist_innen sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verantworten. Im Strafverfahren wurde eine Angeklagte zu 90 Tagessätzen wegen Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung verurteilt. Dagegen legte sie Rechtsmittel ein, das Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht Schleswig läuft noch. Weitere Strafverfahren gegen die beteiligten Unterstützer_innen sowie zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit der Nord-Ostseebahn bzw. Veolia als Mutterkonzern bzgl. der Kosten des Schienenersatzverkehrs kommen ebenfalls auf die vier Aktivist_innen zu.

Die DB Netz AG forderte von der damals angeketteten Aktivistin die Reparaturkosten des Gleises, die nach der Räumung der Aktion durch die Feuerwehr entstanden waren. Dagegen legte die heute 25jährige Hanna Poddig Rechtsmittel ein. „Weder das Landgericht in Flensburg, noch das Oberlandesgericht in Schleswig haben sich ernsthaft mit meiner Argumentation auseinandergesetzt. So bleibt mir nun nur noch der Gang vor das Verfassungsgericht“ kommentiert sie die juristische Auseinandersetzung. „Die damalige Aktion hätte als Versammlung behandelt und dementsprechend nach Versammlungsrecht aufgelöst werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, bestand für mich zu keinem Zeitpunkt die Pflicht, mich aus dem Gleisbereich zu entfernen.“ Zu diesem Ergebnis kommt auch ein juristisches Fachgutachten von Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano. Darin heißt es, die zivilrechtliche Forderung der DB Netz stelle einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit dar.

„Angesichts immer neuer Kriegseinsätze ist Antimilitarismus heute hochaktuell. Die Debatten um den Einsatz in Lybien und viele tausend Menschen auf den Ostermärschen zeigen, dass mit der Aktion 2008 ein gesellschaftliches Konfliktthema aufgegriffen wurde. Ich fordere weiterhin die sofortige Abschaffung der Bundeswehr und die Stärkung ziviler Institutionen.“ so Hanna Poddig.

Am 29-04-2011

Am 26-08-2005

Überforderte Eltern

Der Staat muss sich nach Ansicht von Familienministerin Ursula von der Leyen stärker um benachteiligte Kinder kümmern, die "auf der Schattenseite des Lebens" geboren wurden. "Dort müssen wir das Wächteramt des Staates früher ausüben", sagte die Ministerin dem "Tagesspiegel am Sonntag". Dies solle eine der drei zentralen Säulen ihrer Familienpolitik werden, kündigte die CDU-Politikerin an.

In Deutschland schaue man erst hin, wenn Kinder "durch hohe Aggressivität, hohes Störpotenzial oder Lernverweigerung zum Problemfall werden", sagte Leyen. Es gebe Familien, in denen Kinder wegen Armut, Gewalt oder Drogenabhängigkeit der Eltern seelisch und körperlich verwahrlosten.

"Kinder können ihren Halt auch bei anderen Menschen finden, wenn ihre Eltern völlig überfordert sind", betonte die Ministerin. Konkret regte sie etwa die Unterstützung durch Familienhelferinnen oder Erzieherinnen an. "Wir haben Hilfsangebote, aber die Hilfe muss früher zu den Kindern kommen", so Leyen.

Am 20-12-2005

14 Prozent aller Kinder

Die Kinderarmut in Deutschland nimmt trotz guter Konjunktur weiter zu. War 1965 nur jedes 75. Kind unter sieben Jahren auf Sozialhilfe angewiesen, ist es heute mehr als jedes Sechste, wie aus dem vom Deutschen Kinderhilfswerk am 15. November in Berlin veröffentlichten "Kinderreport 2007" hervorgeht. Mittlerweile gälten 14 Prozent aller Kinder offiziell als arm. Schätzungsweise 5,9 Millionen Kinder lebten in Haushalten mit einem Jahreseinkommen der Eltern von bis zu 15.300 Euro. Dies entspreche rund einem Drittel aller kindergeldberechtigten Kinder. Seit Einführung von "Hartz IV" habe sich die Kinderarmut verdoppelt, "und sie wächst trotz zurückgehender Arbeitslosigkeit", sagte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger.

Kinderarmut sei "ein strukturelles Problem", das kein Thema für Sonntagsreden sein dürfe, mahnte Krüger und forderte einen Ausbau des Kindergeldes hin zu einer Kindergrundsicherung. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass vor allem das steuer- und Sozialsystem an der schlechten wirtschaftlichen Lage von Familien schuld sei. Den Familien werde ein Übermaß an Abgaben abverlangt.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst, sagte, der Kinderreport sei eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung. "Während sich die Koalitionsspitzen wie die Kesselflicker streiten und keine Einigung über den Mindestlohn finden, steigt die Armutsquote unter Kindern in skandalöse Höhen." Der Ruf nach einer Kindergrundsicherung, wie er jetzt auch vom Kinderhilfswerk erhoben werde, müsse dabei ein Teil der Antwort sein.

"Langfristig ist das Problem der Kinderarmut aber nur zu beseitigen, wenn man bei den Ursachen ansetzt", so Ernst. "Arme Kinder haben fast immer auch arme Eltern. Die jetzt beschlossenen 200 Millionen Euro für den Ausbau des Kinderzuschlags zu einem Erwerbstätigenzuschuss sind aber nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein."

Die Chance zum Richtungswechsel sei vertan worden. "Ohne einen flächendeckenden Mindestlohn von wenigstens 8,44 pro Stunde, ohne ein Maßnahmepaket gegen Lohndumping und ohne eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes auf 435 Euro wird sich das Problem der Kinderarmut nicht wirklich lösen lassen", meint der Politiker.

Am 15-11-2007

Pressekonferenz mit den Buchautoren Bernd Siggelkow und Martin P. Danz

Bernd Siggelkow, Gründer des Kinder und Jugendhilfswerks „Die Arche“ wird bei seiner Arbeit täglich mit Kinderarmut und den daraus resultierenden Folgen konfrontiert. Er sieht: Der Staat ist an vielen Stellen längst überfordert. Gemeinsam mit Unternehmer Martin P. Danz hat er das Buch „Ausgeträumt – Die Lüge vom sozialen Staat“ geschrieben, das am 26. November 2013 im adeo Verlag erscheint. Die Autoren plädieren darin für eine stärkere Verzahnung von privatwirtschaftlichen Unternehmen mit sozialen Einrichtungen, die sich zum Ziel setzt, Kinder und Jugendliche in ihrem jeweiligen Umfeld gezielter und effizienter zu fördern.

Mietkosten in den Großstädten explodieren, die Lebenshaltung wird teurer. Ein Job allein reicht nicht mehr zum Leben. Jeder sechste Deutsche ist von Armut bedroht. Kinderarmut wächst von Jahr zu Jahr. Jedes fünfte Kind ist inzwischen betroffen. All dies hat Folgen. Der Staat ist an vielen Stellen längst überfordert, die entstehenden Probleme grundsätzlich und zukunftsweisend anzugehen. „Arche“-Gründer Bernd Siggelkow und Unternehmer Martin P. Danz sind überzeugt: Es braucht Menschen mit Herz, die vor Ort handeln. Es braucht Nähe zu den Kindern und Jugendlichen und keine Verwalter. Und es braucht Unternehmungen und Unternehmer, die sich für die Zukunft unseres Landes engagieren, weil sie wissen: Es ist auch ihre Zukunft.

Zum Erscheinen des Buches „Ausgeträumt“ findet am Dienstag, den 26. November 2013 um 11 Uhr eine Pressekonferenz im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz in Berlin statt (Schiffbauerdamm 40 Ecke Reinhardtstraße 55, 10117 Berlin). Daran teilnehmen werden die Autoren Bernd Siggelkow und Martin P. Danz sowie Arche-Pressesprecher Wolfgang Büscher und adeo Verlag-Programmleiter Stefan Wiesner.

Am 14-11-2013