Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Hartmut Mehdorn und die DB

Expertengruppe begrüßt "Nein" zum Börsengang

Die Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" begrüßt den einstimmigen Beschluss des Verkehrsausschusses des Bundestags gegen einen Bahn-Börsengang 2006. Erforderlich ist jetzt, daraus die Konsequenzen zu ziehen. Bei dem Beschluss des Verkehrsausschusses vom 5. Mai 2004 handelt es sich um ein Nein zum bisher anvisierten Zeitpunkt eines Börsengangs. Nach dem Willen von Bahnchef Mehdorn und Teilen der Bundesregierung soll die Deutsche Bahn AG im März 2006 an die Börse gebracht werden. Als einzige Bedingungen dafür wurden genannt: schwarze Zahlen 2005 und die Garantie des Gesetzgeber von einem Jahrzehnt staatlichen Zuschüsse in Milliardenhöhe an die private Bahn AG.

In dem Beschluss des Verkehrsausschusses heißt es nun, eine Entscheidung für einen Börsengang sei erst sinnvoll, "wenn der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg, insbesondere eine mehrjährige positive Gewinnentwicklung", feststehe. Gleichzeitig werden "langfristige Festlegungen für künftige Haushaltsgesetzgeber" abgelehnt. Da ein Schienenverkehr auf einem Verkehrsmarkt, der vom Auto und Flugzeug bestimmt wird, niemals gewinnbringend sein kann, müsste das in der Konsequenz heißen: Die Bahn bleibt prinzipiell Gemeineigentum. Ausnahmen ? Private in Nischen ? bestätigen die Regel.

Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Albert Schmidt, äußerte: Der Beschluss sei "ein Schuss vor den Bug von Mehdorn und eine Warnung an den Kanzler." Das ist ebenso richtig wie bezeichnend: Obgleich es offensichtlich im thematisch zuständigen Fachausschuss eine übergroße Mehrheit gegen einen Bahn-Börsengang gibt, entscheiden in der Verkehrspolitik nicht Sachverstand und Demokratie. Maßgeblich bei dem Projekt Bahn-Börsengang sind vielmehr Kabinett, Finanzminister, Kanzler und Fraktionsspitzen. Prompt ließ der Bahn-Vorstand erklären, es gebe zum Beschluss des Verkehrsausschusses "keinen Kommentar" ? doch das Ziel der "Kapitalmarktfähigkeit bis Frühjahr 2006" bleibe bestehen.

Es kommt nun darauf an, durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit deutlich zu mache, dass jeder Bahn-Börsengang, auch der von Teilen der Bahn, für Schiene und Umwelt schädlich sind - und aufzuzeigen, welche Potentiale in einer konsequenten Politik der Verkehrswende liegen.

Am 06-05-2004

DB

Anlässlich der Debatte im Verkehrsausschuss des Bundestags am Mittwoch zum Börsengang der Bahn zieht die Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" eine aktuelle Bilanz der unterschiedlichen Börsenpläne und warnt vor dem Führen von Scheindebatten. "Zuerst muss geklärt werden, über welches Projekt man überhaupt redet", forderte Winfried Wolf, Sprecher der Expertengruppe. Die im Verkehrsausschuss des Bundestags projektierte Debatte zum Plan des Investment-Hauses Morgan Stanley, im Frühjahr 2006 einen Börsengang der Deuschen Bahn AG durchzuführen, ist überfällig. In der aktuellen Debatte sieht "Bürgerbahn statt gnbahn" die Gefahr, dass zum Börsengang Scheindebatten geführt werden und am Ende ein Bahnbörsengang "durch die kalte Küche" erfolgt.

Der Plan verdeutlicht, wie negativ ein Bahn-Börsengang für die Mehrheit der Fahrgäste und für die Steuerzahler sein würde. Danach soll u.a. das Netz um weitere 4.000 km abgebaut, die Konzentration auf Hochgeschwindigkeit beschleunigt und den neuen privaten Bahneignern eine zehnjährige Garantie von jährlichen Subventionen in Milliarden-Höhe gegeben werden. Der Widerstand gegen diesen Börsenplan ist breit: Er wurde am 5. Mai im Verkehrsausschuss von allen Bundestagsparteien abgelehnt. Am 1. April verabschiedete die Transnet-Betriebsrätekonferenz eine Entschließung, in der es u.a. heißt: "Wir sagen uneingeschränkt Nein zu jeglicher Form des Börsengangs der Bahn... (Wir treten ein) für die Erhaltung einer einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn im Interesse der Beschäftigten, der Umwelt und der Kunden."

Tatsächlich gibt es drei Bahnprivatisierungsprojekte: Als erstes der zitierte Plan von Mehdorn/Morgan Stanley, wonach die DB AG samt Netz an die Börse soll. Damit werden die privaten Eigner auf doppelte Weise mit jährlich gut 10 Milliarden Euro subventioniert: über die Nahverkehrsgelder und über die Gelder für Netzerhalt und Ausbau. Die Öffentlichkeit verliert jede Kontrolle über Bahnbetrieb und Bahninfrastruktur.

Zweitens das Projekt, die Bahn ohne Netz zu privatisieren. Dies wird von den verkehrspolitischen Sprechern im Bundestag gefordert. So steht es auch in der Studie "Synetra", die vom Bundesforschungsministerium finanziert wurde. Diese Variante ist nur wenig besser als die erstgenannte. Sie läuft darauf hinaus, dass der für die Fahrggäste entscheidende Bahnbetrieb privatisiert und ebenfalls auf Hochgeschwindigkeit konzentriert wird. Eine vergleichbar hohe Subventionierung der privaten Eigner erfolgt teilweise direkt (Nahverkehrsgelder) und teilweise indirekt (Investitionen in das staatliche Netz, das den Privaten zu nicht kostendeckenden Trassenpreisen zur Verfügung steht).

Die dritte Variante ist der Privatisierungs-Alltag. So wie die ersten 1.000 Bahnhöfe an den Kapitalmarkt gingen. Dieser Tage, werde der Bahn-Güterverkehr inzwischen als Railion (Ex DB Cargo) firmiert und zunehmend ausgegliedert. Vor einer Woche schlug Mehdorn vor, die DB AG und die französische SNCF sollten ihren Hochgeschwindigkeitsverkehr und ihren Güterverkehr in zwei gemeinsamen neuen Gesellschaften konzentrieren. Der SNCF-Chef Gallois signalisierte dazu eine prinzipielle Zusage.

Alle diese Pläne mündeten in einem Abbau der Bahn als Bürgerbahn, als Bahn für alle. Alle diese Pläne würden den Anteil der Schiene im Verkehrsmarkt weiter reduzieren. Alle diese Pläne schlügen die Chance zu einer Verkehrswende aus, die der aktuell hohe Ölpreis, die Kriege um Öl und die drohende Klimaverschlechterung dringend gebieten.

Am 15-06-2004

Bahn für Bürger

Die Pläne des Bahn-Vorstands zu neuen Preiserhöhungen und Angebotsreduktionen ab Dezember 2004 führen nach Einschätzung der Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" zu neuen finanziellen und Fahrgastverlusten. Sie sind allein dem Ziel geschuldet, den Börsengang der Bahn 2006 zu erzwingen. Die zur Debatte stehenden Preiserhöhungen von durchschnittlich 3,5 Prozent ab 15. Dezember sind völlig überzogen. Zusammen mit den Erhöhungen vom Frühjahr 2004 (im Schnitt 3,4 Prozent) würden die Bahnfahrpreise dann 2004 insgesamt um gut 7 Prozent ansteigen - mehr als das Dreifache des allgemeinen Preisanstiegs.

Sie liegen damit auch deutlich über den Energiepreiserhöhungen, wenn diese anteilig am Bahnumsatz gerechnet werden. Die Bundesregierung trägt für die Misere der Bahn erhebliche Verantwortung: Die Bahn wird weiter mit der Mineralölsteuer und dem halben Satz der "Ökosteuer" belastet, während der Kerosin-Verbrauch im Flugverkehr steuerfrei blieb, die Lkw-Vignette entfiel und die Lkw-Maut ausfiel. Der Bund kürzte 2004 massiv die Schieneninvestitionen. In der Folge versucht die Bahn, die Verluste durch den Griff in die Taschen der Fahrgäste auszugleichen.

Fahrpreiserhöhungen führen in der aktuellen Situation jedoch zum Teufelskreis von neuen Fahrgastverlusten. Wie gehabt bei der Bahnpreisreform 2002, die ebenfalls eine Fahrpreiserhöhung darstellte und zu Fahrgast-Einbrüchen führte. Ähnlich verhält es sich bei den zur Debatte stehenden neuen Kürzungen im IC- und EC-Angebot. Damit sollen die Fahrgäste in die teureren ICE gezwungen werden. Erneut gilt: wie gehabt. Als 2001/2003 der Interregio abgeschafft wurde, um den Umstieg in die teureren IC/EC zu erzwingen, waren ebenfalls Fahrgastverluste die Folge.

Die Lage im Schienenverkehr ist tatsächlich dramatisch. Alle Bereiche im Schienenverkehr der DB AG schreiben rote Zahlen. Die Auslastung der Fernverkehrszüge ist auf 38 Prozent gesunken. Die Behauptung, der Nahverkehr mache "Gewinn", ist absurd: Der Nahverkehr ist über die Regionalisierungsgelder ein zu mehr als 70 Prozent subventionierter Verkehr.

Die neuen Maßnahmen, mit denen das Bahnmanagement unter Bahnchef Mehdorn nun reagieren will, kommen einer Politik der verbrannten Erde gleich. Der Kurs auf eine Schrumpfbahn wird beschleunigt. Es gibt nur eine Erklärung für diese Politik: Kurzfristig sollen schwarze Zahlen produziert werden, um noch vor der Bundestagswahl den Börsengang zu erzwingen.

Dieser Kurs ist falsch. Er muss gestoppt werden. Eine Wende hin zu mehr Verkehr auf der Schiene und zum Abbau der Bahnverluste müsste erste drei Maßnahmen haben: Die Trümmer der Bahnpreisreform müssen komplett beseitigt werden. Die Bahn muss zurück zu einem transparenten und im Niveau niedrigeren Bahnpreissystem kommen, in deren Zentrum eine preiswertere BahnCard 50 und eine preislich akzeptable NetzCard ("BahnCard 100") steht.

Notwendig sind deutliche Angebotsverbesserungen, vor allem in der Fläche und in den Regionen. Ein moderner Interregio ist wieder einzuführen. Bund und Länder müssen sich auf eine langfristige und verlässliche Politik für die Schiene verständigen. Auf absurde, unrentable Großprojekte wie Nürnberg- Erfurt ist zu verzichten. Die Schiene als Gesamtsystem zu fördern. Statt Börsenbahn fordern wir die Bürgerbahn.

Am 10-09-2004

Börsengang verschoben

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat die Politik aufgefordert, die Form des Börsengangs des größten deutschen Verkehrsunternehmens neu zu überdenken. Nach Auffassung des Fahrgastverbandes gibt es zahlreiche Organisationsmodelle für die Gestaltung eines neuen Unternehmens "Bahn". Dazu könne beispielsweise gehören, dass Grund und Boden des Eisenbahnnetzes im Eigentum des Bundes verbleiben und Verkehrsunternehmen unter Aufsicht die Schienen und Bahnhöfe verwalten. Solche Möglichkeiten seien bisher nicht ernsthaft diskutiert worden, so die Kritik. Bisher werde von DB-Chef Hartmut Mehdorn ein Börsengang nur unter Einschluss des Schienennetzes in Betracht gezogen.

"Die bisherige Diskussion für und gegen den Börsengang war einfallslos. Die Verschiebung gibt Gelegenheit, die Frage zu überdenken, ob und in welcher Form Schienenwege und Grund und Boden der Bahnhöfe privatisieren werden sollen", erklärt Pro Bahn-Pressesprecher Hartmut Buyken.

"Wer von "Zerschlagung der Bahn" spricht, handelt leichtfertig," so Buyken. Die DB selbst habe bereits zahlreiche Schienenstrecken verpachtet, ohne das jemand daran Anstoß genommen habe. So zum Beispiel die Linien von Karlsruhe nach Heilbronn und Freudenstadt, von Osnabrück nach Bielefeld. In der Regel würden die neuen Pächter diese Schienenstrecken erfolgreicher und preiswerter betreiben als die Deutsche Bahn AG. Wettbewerb auch bei der Unterhaltung des Schienennetzes würde Kosten sparen und mehr Verkehr auf die Schiene bringen.

"Die Privatisierung des Schienennetzes in Großbritannien ist bereits gescheitert, das sollte zu denken geben. Bahnhöfe und Bahnlinien sind Infrastruktur von öffentlichem Interesse wie Schulen und Rathäuser und dürfen nicht zum Spielball von Anlegerinteressen werden", so Buyken. Ohnehin dürfe die Bundesregierung nach dem Grundgesetz das Eigentum am Schienennetz nur zu höchstens 50 Prozent verkaufen. "Für das Schienennetz müssen aus Staatsmitteln jährlich mehr als 3 Milliarden Euro aufgewendet werden. Es muss sichergestellt werden, dass das Geld nicht an Anleger fließt."

Am 23-09-2004

"Privatisierung falsch"

Der Parteitags-Beschluss der britischen Labour-Party, in Großbritannien auch den Bahnbetrieb wieder unter staatliche Regie zu stellen, ist auf Zustimmung von Bahnexperten gestoßen. Die Bilanz der britischen Bahnprivatisierung sei negativ, so die Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn". Der Labour-Beschluss sei eine "logische Antwort auf die katastrophalen Folgen jeder Bahnprivatisierung". Deutsche Unternehmerverbände hatten dagegen vor einer Woche das britische Beispiel als Vorbild präsentiert.

Am Mittwoch vergangener Woche hatten der Bund der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) das britische Beispiel der Bahnprivatisierung als Alternative gegenüber dem von Bahnchef Mehdorn favorisierten Modell präsentiert. Zwar sei dort der Webfehler gemacht worden, die Trassen zu privatisieren. Richtig sei jedoch gewesen, den Bahnbetrieb an private Betreiber zu vergeben. In Deutschland soll nach dem Willen der Unternehmerverbände zwar das Netz beim Bund bleiben, der Betrieb jedoch ebenfalls privatisiert werden.

"Bürgerbahn statt Börsenbahn" verweist dagegen darauf, dass das britische Modell viele Probleme mit sich brachte. Den beschworenen "belebenden Wettbewerb" habe es nicht gegeben. Vielmehr hätten sich Gebietsmonopole der privaten Bahnbetreiber gebildet. Dabei spielten Bus- und Fluglinienbetreiber als neue Bahngesellschaften eine wichtige Rolle. Sie modelten den Bahnbetrieb nach ihren oft spezifischen Interessen um, so die Experten. Die Fahrgäste würden nicht von modernen Zügen profitieren, sondern es werde oft einfach mit dem umlackierten Fahrzeugpark der ehemaligen Staatsbahn gefahren.

Unbestreitbar negativ entwickelt haben sich Zuverlässigkeit und Sicherheit der britischen Eisenbahnen. Es gab eine Reihe schwerer Unfälle. Der Service der Bahnunternehmen gilt als katastrophal.

Nicht einmal Kosteneinsparungen gibt es zu verzeichnen, sondern die Subventionen für den Schienenbetrieb seien zwischen 1996 und 2001 mit umgerechnet 19 Milliarden Euro höher gewesen als je die an British Rail gezahlten Zuschüsse.

Die britische Eisenbahn war Mitte der 90er Jahre von der konservativen Regierung unter John Major privatisiert worden. Die für das Schienennetz verantwortliche Railtrack meldete Ende 2001 Konkurs an - kurz nachdem sie ihren Aktionären noch 138 Millionen Pfund Dividende versprochen hatte. Die Labour-Regierung gründete als Ersatz die gemeinnützige Gesellschaft Network Rail.

Die Railtrack-Pleite sei nicht zu trennen vom gesamten Schienenverkehr, meint "Bürgerbahn statt Börsenbahn". Bei der Privatisierung der Trasse hätten private Investoren Gewinne in Höhe von bis zu zehn Milliarden Pfund gemacht. Bei der Renationalisierung habe der Staat sechs Milliarden Pfund Schulden übernehmen müssen. Nach Angaben der britischen Regierung seien Investitionen in Höhe von umgerechnet bis zu 100 Milliarden Euro erforderlich, um das heruntergewirtschaftete Schienennetz wieder instand zu setzen.

In Deutschland hat der gewisse Wettbewerb aber durchaus zu Verbesserungen geführt. Viele dünn besiedelte Regionen haben nur durch private Anbieter überhaupt noch einen nennenswerten Bahnverkehr, die häufig mit erheblich verbessertem Service mehr Menschen in die Züge locken konnten, auch wenn die Deutsche Bahn AG die Strecke vorher einstellen wollte.

Am 30-09-2004

Verbrechensbekämpfung auf Bahnhöfen

Die neue "Bundespolizei", der ehemalige Bundesgrenzschutz, und die Deutsche Bahn AG wollen bei der Verbrechensbekämpfung auf Bahnhöfen stärker zusammenarbeiten. Dazu haben Innenminister Otto Schily und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am Montag ein gemeinsames "Sicherheitszentrum" in Berlin eröffnet, von dem aus Einsätze in allen deutschen Bahnhöfen koordiniert werden sollen.

Auftrag des Zentrums sei es, Informationen aus den verschiedenen Bahnhöfen zu sammeln, auszuwerten und entsprechende Anweisungen an die Sicherheitskräfte vor Ort zu übermitteln, erläuterte Mehdorn das Konzept. So könne beispielsweise besser gegen Randalierer vorgegangen werden, indem die Mitarbeiter die Informationen vom Ausgangsbahnhof an die Sicherheitskräfte im Zielbahnhof weitergäben.

Für Schily ist das Zentrum auch mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ein wichtiger Beitrag für die Sicherheit im Schienenverkehr. Durch die Informationen aus dem Sicherheitszentrum könnten Polizisten und Bahn-Mitarbeiter die großen Menschenmassen leichter lenken.

Am 22-08-2005

Geplanter Börsengang

Nach Darstellung der bahnkritischen Expertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" haben die Investitionen in die Schiene 2004 ein Rekordtief von 3,2 Milliarden Euro erreicht. 2002 und 2003 hätten die Investitionen noch bei 4,2 beziehungsweise 4,1 Milliarden Euro gelegen. Für den Investitionsrückgäng gibt es nach Auffassung des Bahnkritikers Winfried Wolf zwei Gründe: Die Bundesregierung habe im letzten Jahr systematisch die Mittel für die Schiene gekürzt. "Teilweise erfolgte dies im Rahmen der generellen Einsparungen. Teilweise wurde auf Investitionen in Straßen umgeschichtet", so Wolf. Hinzu käme, dass die Deutsche Bahn AG ihr zustehende Mittel nicht abgerufen habe. "2004 gilt dies beispielsweise für mindestens 286 Millionen Euro. Für das laufende Jahr hat die Deutsche Bahn AG sogar beschlossen, auf Mittel in Höhe von 450 Millionen Euro zu verzichten." Damit würden die Investitionen in die Schiene auf knapp 3 Milliarden Euro sinken. Das Top-Management der Deutschen Bahn AG verschenke daher 2004 und 2005 mit 736 Millionen fast eine dreiviertel Milliarde Euro. Hintergrund sei der geplante Börsengang des Bahn-Konzerns.

Das Schienennetz befinde sich in einem schlechten Zustand. Im Fachblatt "Der Fahrgast" hieße es: "Gewinn hoch – Netz kaputt". Otto Mayer, Geschäftsführer der Thüringer Nahverkehrsgesellschaft, habe in einem Schreiben an das Eisenbahnbundesamt festgestellt, dass "die Anzahl der Langsamfahrstellen und die daraus resultierenden Fahrzeitverlängerungen ein gravierendes Ausmaß" angenommen hätten. Allein auf der 200 Kilometer langen Trasse Halle (Saale) – Nordhausen – Kassel seien bis Ende 2005 18 Abschnitte von Geschwindigkeitsbeschränkungen betroffen.

"Es gibt einen schlüssigen Grund für die Interessensidentität bei Bund und Bahn, die Investitionen in die Schiene systematisch zurückzufahren", so Wolf, "wobei der Bund behauptet, es sei die Bahn, die Mittel nicht abrufe, und die Bahn jammert, sie erhalte nicht Investitionsmittel in ausreichender Höhe."

Beide wollten die Bahn möglichst bald an der Börse sehen. Selbst wenn die Investitionen des Bundes teilweise in der Bilanz der Deutschen Bahn AG nicht berücksichtigt würden, habe die Bahn bei anstehenden Investitionen einen Eigenanteil zu leisten. Diese Investitionen aber – und die folgenden Abschreibungen – belasteten die Bahnbilanz.

Umgekehrt gelte für Bahn-Chef Hartmut Mehdorn das fatale Einmaleins: "Je weniger investiert wird, desto schön gefärbter ist die Bilanz."

Das Gezetere, die Bahn erhalte zu wenige Mittel, ziele auf die Zeit nach dem Börsengang, vermutet Wolf. Dann solle der Bund hohe, möglicherweise wieder höhere Summen in die Schienen investieren, "wovon allerdings vor allem private Betreiber profitieren. Eine Kontrolle über die Steuermilliarden fehlt dann fast völlig."

"Die Bundesregierung unter Schröder/Eichel und das Bahnmanagement unter Hartmut Mehdorn arbeiteten auf fatale Weise einer Regierung unter Merkel/Kirchhof in die Hände. Diese werden nach der Wahl Kassensturz machen und behaupten, dass noch weniger Geld da sei als gedacht", prognostiziert Wolf. "Mit diesem Vorwand dürfte der Börsengang der Bahn beschleunigt werden." Damit werde ausgerechnet in Zeiten, in denen Hochwasser und Hurrikan erneut die Klimaveränderung dokumentieren, auf ein entscheidendes Mittel zur Umsetzung einer nachhaltigen Verkehrspolitik verzichtet.

Am 02-09-2005

Transporte nach Auschwitz

Der Zentralrat der Juden wirft Bahnchef Hartmut Mehdorn mangelnde Bereitschaft zur Aufarbeitung der Verbrechen Hitler-Deutschlands vor. Es sei nicht hinnehmbar, dass Mehdorn sich seit zwei Jahren weigere, eine Ausstellung über den Transport von 11.000 jüdischen Kindern durch die damalige Reichsbahn in das Todeslager Auschwitz auf Bahnhöfen zu zeigen, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, der Chemnitzer "Freien Presse". Die Bahn müsse ihrer geschichtlichen Verantwortung gerecht werden und für eine angemessene Erinnerungspolitik sorgen.

Stattdessen werde der Zentralrat mit fadenscheinigen Begründungen hingehalten, kritisierte Kramer. Es habe nicht einmal ein Gespräch mit dem Bahnchef über das Ausstellungsvorhaben gegeben. Mehdorn habe ihm ausrichten lassen, die Beteiligung des Unternehmens am Zwangsarbeiterfonds genüge.

Als nicht akzeptabel bezeichnete Kramer das Angebot, die Ausstellung im Nürnberger Eisenbahnmuseum zu zeigen. Die Fotos über die Massendeportation von jüdischen Kindern an einem Ort auszustellen, wo sie möglichst keiner sehe, komme für den Zentralrat nicht in Frage.

Am 03-04-2006

Vier Milliarden Euro

Die Entscheidung über eine Realisierung des milliardenschweren Bahnhofsprojektes "Stuttgart 21" soll im Herbst fallen. Das kündigten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am Freitag nach einem Treffen in Berlin an. Das Projekt "Stuttgart 21" hängt mit der ebenfalls geplanten neuen Schnellbahntrasse Stuttgart-Ulm zusammen. Die Kosten für beide Projekte belaufen sich auf zusammen weit über vier Milliarden Euro. Allein "Stuttgart 21" soll nach jüngsten Schätzungen 2,8 Milliarden Euro kosten - finanziert von Bahn, Bund, Land, Stadt und Region.

Das Projekt "Stuttgart 21" sieht als Hauptbestandteil den geplanten Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof vor. Der heutige Bahnhof ist ein Kopfbahnhof ohne Durchfahrtsmöglichkeit. Von dem neuen Bahnhof, dessen Realisierung von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen seit Jahren bekämpft wird, erhoffen sich Stadt und Land deutliche Fahrzeitverkürzungen. Auf den bislang oberirdischen Gleisflächen soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen.

Bei dem Treffen in Berlin wurde die Einsetzung von zwei Arbeitsgruppen beschlossen, denen Vertreter aller Finanzträger angehören. Diese sollen die anstehende Entscheidung vorbereiten. Für Ende September wurde ein weiteres Spitzentreffen vereinbart, bei dem dann ein endgültiger Beschluss fallen soll.

Am 16-06-2006

"Auf Kerngeschäft konzentrieren"

Der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer (SPD) forderte am Wochenende während einer Tagung des Bündnisses "Bahn für alle" die Ablösung von Bahnchef Hartmut Mehdorn. "Der Vorstandsvorsitzende der Schweizer Bahn würde den Job besser machen", sagte er auf dem Kongress "Die Bahn ist keine Ware". Mehdorn habe versagt, die Bahn erfülle nicht ihren gesetzlich definierten Auftrag. Statt sich als Global Player zu gebärden, müsse die Bahn sich wieder auf ihr Kerngeschäft, den Transport von Menschen und Gütern, konzentrieren. "Mehdorn hat die Bahn in einen miserablen Zustand versetzt, der zahlreiche Fahrgäste verprellt hat", meint Scheer. Der SPD-Politiker kritisierte auch scharf die Koalitionsspitze, die beabsichtige, die Bahnprivatisierung durchzupeitschen - gegen den Willen der Bevölkerung und der meisten Abgeordneten.

"Je mehr der geplante Ausverkauf der Bahn ein öffentliches Thema wird, desto weniger wird es möglich sein, dass Abgeordnete eine Privatisierung abnicken gegen ihre eigene Überzeugung", fürchtet Scheer.

"Wer sich für eine ökologisch und sozial orientierte Gesellschaft einsetzt, kann nicht für eine Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn eintreten", sagte der Vorstandssekretär der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Wolfgang Pieper, auf dem Kongress. Es gehe um die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger und "eine bezahlbare Mobilität". Das sei "mehr als eine unternehmenspolitische Entscheidung", meint Pieper.

Wenn die Bundesregierung wirklich Klimaschutz betreiben wolle, müsse sie sich aktiv dafür einsetzen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. "Das geht nur mit einer Bahn in öffentlicher Hand", meint der Gewerkschaftssekretär.

Der Railion-Betriebsrat Alfred Lange sagte, mit seiner privatisierungsfreundlichen Position stelle sich Transnet-Chef Norbert Hansen gegen die eigene Gewerkschaftsbasis. "Transnet, das sind mehr als 200.000 Eisenbahner. Ich habe mit der klaren Positionierung gegen die Privatisierung meine Betriebsratswahl gewonnen", so Lange. Die Stimmung sei gegen einen Börsengang. Dies werde auch Thema während des außerordentlichen Gewerkschaftstages am 11. Juli sein.

Am 20-03-2007

Scharfe Kritik an Bahn-Chef Mehdorn

Im Streit um den "Zug der Erinnerung" ist der Deutschen Bahn am 14. April Antisemitismus vorgeworfen worden. Hintergrund ist das Angebot der Bahn, die Streckengebühren für den Gedenkzug, mit dem an die Deportationen im Dritten Reich erinnert wird, mit einer Geldspende von 100.000 Euro an jüdische Einrichtungen auszugleichen. "Dieser Mehdorn-Deal trägt antisemitische Züge", sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke). Sie warf Bahn-Chef Hartmut Mehdorn vor: "Er zockt eine Gedenk-Initiative ab und versucht zugleich, jüdische Organisationen zu bestechen." Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich entrüstet und wies das Angebot zurück. Ein Sprecher der Bahn wollte die Vorwürfe zunächst nicht kommentieren.

Nach Angaben des Generalsekretärs des Zentralrates, Stephan Kramer, wollen weder jüdische Organisationen noch die Ausstellungsmacher das Geld annehmen. "Das sieht nach Ablasshandel aus", sagte Kramer. Schlimmer noch: Es lasse vermuten, dass man im Bahnvorstand glaube, "dass insbesondere die jüdischen Stimmen kaufbar wären mit 100.000 Euro". Damit bediene Mehdorn antisemitische Klischees, kritisierte Kramer. Der Bahnchef müsse sich fragen, ob das der richtige Weg sei, mit dem Thema umzugehen. "Wir wollen dieses Geld nicht, wir brauchen dieses Geld nicht, weder die jüdische Gemeinschaft noch die Ausstellung", sagte der Generalsekretär.

Der Sprecher der Initiative "Zug der Erinnerung", Hans-Rüdiger Minow, wollte sich dazu nicht äußern. Seinem Verein sei das Geld bisher nicht angeboten worden. Deshalb wolle er auch nichts dazu sagen, ob seine Initiative die Spende gegebenenfalls annehmen werde. Am 13. April hätten im Berliner Ostbahnhof rund 10.000 Menschen die Ausstellung besichtigt, für den 14. April rechnete er mit einer ähnlich hohen Zahl an Besuchern. "Bei uns steht das Gedenken im Vordergrund - und nicht die Auseinandersetzung mit der Deutschen Bahn", sagte Minow.

Die Bahn verlangt nach Angaben der Organisatoren für den "Zug der Erinnerung" hohe Streckengebühren. In den drei Waggons werden Fotos und Lebenszeugnisse von deportierten Kindern und Jugendlichen aus ganz Europa gezeigt. Am 14. April sollte die Dampflok den Ostbahnhof wieder verlassen, nächste Stationen sind die Berliner Bahnhöfe Lichtenberg, Schöneweide, Westhafen und Grunewald.

Einen Stopp am Berliner Hauptbahnhof hatte die Deutsche Bahn AG abgelehnt und als Begründung "verkehrstechnische Gründe" genannt. Der Zug startete am 8. November 2007 in Frankfurt am Main. Ziel ist die Gedenkstätte Auschwitz in Polen am 8. Mai.

Am 14-04-2008

Schreiben an Mehdorn

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Albert Schmidt, hat von der Deutschen Bahn AG heute Auskunft über eine "mögliche Überwachung" seiner Person gefordert. In einem persönlichen Schreiben an Bahnchef Hartmut Mehdorn, fragt Schmidt, ob er "als Mitglied des DB Aufsichtsrates (1999 bis 2002) oder als Mitglied des Bundestages (1994 bis 2005) zu irgendeinem Zeitpunkt im Auftrag der Deutschen Bahn AG" ausgespäht, telefonisch abgehört oder überwacht worden sei. Anlass zu dem Schreiben ist für den früheren Verkehrsexperten der Grünen "die aktuelle Berichterstattung über die langjährigen Geschäftsbeziehungen zwischen der Deutschen Bahn AG und der Network Deutschland GmbH". Diese Firma hat für die Deutsche Telekom Mitarbeiter ausgespäht.

Auch die Bahn hat nach eigenen Angaben zwischen 1998 und 2007 mit dem Unternehmen zusammengearbeitet. Dabei sei es um 43 Fälle von Korruption und Wirtschaftskriminalität gegangen, das Auftragsvolumen habe rund 800.000 Euro betragen.

Der Chef der Anti-Korruptionsabteilung der Deutschen Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, betonte am Dienstag in Berlin: "Es gibt keinen zweiten Fall Telekom". Ziel der Aktionen sei beispielsweise die Aufdeckung von Scheinfirmen und Kartellsachverhalten gewesen. Hier werde zuweilen "externer Sachverstand" benötigt, um präventiv tätig werden zu können. Aufträge zur Beschaffung von Informationen über Aufsichtsräte oder Journalisten seien nicht erteilt worden.

Albert Schmidt verlangt dennoch eine "zeitnahe und verbindliche Beantwortung" seiner Fragen. Der Nachrichtenagentur ddp sagte Schmidt, er halte inzwischen "nichts mehr für unmöglich".

Am 03-06-2008

"Bahn auf Rendite trimmen"

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bleibt trotz harscher Kritik der Opposition an seiner Bahnpolitik im Amt. Mit 414 Stimmen der Koalition lehnte der Bundestag am Donnerstag eine Entlassung des Ressortchefs ab. 156 Abgeordnete von FDP, Linken und Grünen votierten für den Rücktritt des Ministers, zwei Parlamentarier enthielten sich. Tiefensee war wegen Bonuszahlungen, die der Bahn-Vorstand für den inzwischen verschobenen Börsengang erhalten sollte, unter Druck geraten. Die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch warf dem Minister vor, die Boni verschwiegen zu haben. Sie kritisierte ferner, dass Tiefensee und Bahnchef Hartmut Mehdorn die Deutsche Bahn AG "auf Rendite trimmen" wollten. Die Bürger wollten aber eine Bürgerbahn.

Linke-Chef Oskar Lafontaine nannte die Bundesregierung unglaubwürdig, wenn sie die Managergehälter kürzen wolle, bei der Bahn "aber nicht für Ordnung" sorge.

Der FDP-Politiker Patrick Döring warf Tiefensee Führungsversagen bei der Bahnprivatisierung vor. Der Minister habe die Dimension des wichtigsten Verkehrsprojekts in dieser Legislaturperiode nicht verstanden und müsse daher gehen.

Auch der Grünen-Verkehrsexperte Anton Hofreiter sagte, Tiefensee sei "leider ungeeignet". Der Minister habe zwar gescheiterte Privatisierungsmodelle vorgelegt, sich aber nicht um die Bahn gekümmert, die wichtige Verbindungen streiche, die ICE-Züge auf Verschleiß fahre und gleichzeitig die Fahrpreise erhöhe.

SPD-Vize Claas Hübner, verteidigte Tiefensee, der zu seiner Verantwortung stehe. Er nannte die Rücktrittsforderungen der Opposition einen "Nebenkriegsschauplatz", der die Menschen nicht interessiere. Die Opposition habe es dabei mit getrennten Anträgen nicht einmal vermocht, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen.

Am 13-11-2008