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Wesentliche Kritikpunkte an der EU-Binnenmarktrichtlinie

Heide Rühle

ngo-online dokumentiert die "Zusammenfassung der wesentlichen Kritikpunkte" der Europa-Abgeordneten Heide Rühle an der EU-Binnenmarktrichtlinie im Wortlaut. Der Text ist dem "Hintergrundpapier zur Debatte um die Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt" vom 1. Februar 2005 entnommen.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass am Entwurf der Kommission tiefgreifende Änderungen notwendig sind. Die wesentlichen Kritikpunkte werden daher an dieser Stelle noch einmal kurz zusammengefasst:

  • Im Richtlinienentwurf wird nicht klar zwischen wirtschaftlichen Dienstleistungen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge unterschieden. Hier ist zunächst eine sprachliche Klärung im Text der Richtlinie notwendig, damit die von der Kommission (angeblich) verfolgte Ausnahme der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse tatsächlich sichergestellt wird. Das ist gerade deswegen von entscheidender Bedeutung, da es eine Rahmenrichtlinie zur Daseinsvorsorge bisher noch nicht gibt. Der Grün- und Weißbuch-Prozess zur Daseinsvorsorge darf durch die Dienstleistungsrichtlinie nicht überflüssig gemacht werden.
  • Leistungen der Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung unterliegen als Leistungen der Daseinsvorsorge spezifischen gesundheitlichen und ökologischen Kriterien. Diese Qualitätskriterien bestimmen den Charakter der Dienstleistung wesentlich. Hier braucht es ein jeweils sektorspezifisches eigenständiges Qualitätsregelwerk, das zu großen Teilen ja bereits besteht. Harmonisierung auf hohem Niveau statt Nivellierung durch eine unspezifische allgemeine Dienstleistungsrichtlinie wäre hier angesagt. Diese Dienste müssen aus der Dienstleistungsrichtlinie vollständig herausgenommen werden.
  • Es besteht zu Recht die Befürchtung, dass in der aktuellen Ausgestaltung des Herkunftslandprinzips eine ausreichende Kontrolle der Dienstleistungserbringer nicht gewährleistet werden kann und die Kontrollverfahren übermäßige Bürokratie verursachen. Es ist außerdem zu befürchten, dass das Herkunftslandprinzip zu einer Abwärtsspirale bei Sozial-, Umwelt- und Qualitätsstandards führt und zur Folge hat, dass Anbieter aus Ländern mit hohen Standards aufgrund der Konkurrenz aus dem Ausland weder in ihrem Land noch im Ausland erfolgreich Dienstleistungen anbieten können.
  • Darüber hinaus wird das Herkunftslandprinzip bereits im Kommissionsentwurf durch zahlreiche Ausnahmen durchlöchert. Dadurch wird weder für Dienstleister noch ihre Kunden die Rechts- und Verfahrenssicherheit im EU-Binnemarkt steigen, was dann dazu führen kann, dass das Regelungsziel der Richtlinie, die Förderung des freien Dienstleistungsverkehrs, verfehlt würde.