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Eva Köhler engagiert sich für vier Millionen "vergessene Kranke"

"Fehlender Markt"

Es ist Brauch, dass sich die Gattinnen von Bundespräsidenten karitativ betätigen. Sie übernehmen traditionell die Schirmherrschaft für das Kinderhilfswerk Unicef und das Müttergenesungswerk. Eva Luise Köhler engagiert sich darüber hinaus für ein eigenes Projekt - für die "Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen" (Achse). "Seltene Krankheiten sind alle Krankheiten, deren Namen wir nicht aussprechen können. Doch steckt hinter jeder ein Schicksal", sagte Eva Luise Köhler am Dienstag in Berlin. Insgesamt dürften von den "seltenen Krankheiten" vier Millionen Menschen in der Bundesrepublik betroffen sein.

So selten sind die "Seltenen" gar nicht. Zwar gilt eine Krankheit als seltene Erkrankung, wenn sie statistisch nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen betrifft. Doch gibt es geschätzt rund 5000 seltene Krankheiten - von Kleinwüchsigkeit, die etwa 100.000 Bundesbürger betrifft, über 800 verschiedene neuromuskuläre Erkrankungen bis hin zur so genannten Neurodegeneration mit Eisenspeicherung im Gehirn (NBIA), wo die Zahl der Betroffenen auf gerade mal 20 geschätzt wird.

"Mir ist bewusst, dass die Menschen mit chronischen seltenen Erkrankungen vernachlässigt werden", sagt Eva Luise Köhler mit Blick auf die oft nur geringen Fallzahlen. Und erinnert daran, dass sie im Vergleich zu anderen europäischen Ländern keine Lobby haben. Ihr Wunsch sei es daher, diesen Menschen "eine Stimme" und neue Hoffnung zu geben.

Was die Frau des Bundespräsidenten in der Berliner Charité nicht anspricht, sind ihre eigenen Erfahrungen mit seltenen Krankheiten. So leidet ihre Tochter wie rund 30.000 bis 40.000 andere Betroffene in Deutschland an der erblichen Augenkrankheit "Retinitis Pigmentosa", die nicht selten zur vollständigen Erblindung führt. Obwohl die Erkrankung schon Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieben wurde, gibt es bis heute keine Heilungsmöglichkeit.

"Kommerziell nur eingeschränkt interessant"

Einer der Gründe für mangelnde Therapien ist nach Einschätzung der Selbsthilfeorganisation "Achse" ein "fehlender Markt" für die aufwändige Forschung. Denn seltene Erkrankungen seien nun mal für kommerzielle Arzneimittel- und Therapieentwicklungen "nur sehr eingeschränkt oder nur unter bestimmten Bedingungen interessant". Zudem sei in Deutschland die öffentliche Förderung für diesen Bereich immer noch nicht ausreichend.

"Es ist kurzfristig zu denken, diese Forschung zu einer 'kleinen Krankheit' lohnt sich nicht", betont die Frau des Bundespräsidenten. Sie verspricht, Lobbyarbeit leisten zu wollen - nicht nur in Deutschland, sondern auch bei den gemeinsamen Reisen mit ihrem Mann ins Ausland. Ein Netzwerk von Informationen, von Forschungseinrichtungen und von Spezialisten sei das Ziel, das sie zusammen mit "Achse" erreichen wolle. Und einen Anstoß für weitere Forschungen.

Diese Schirmherrschaft über "Achse" sei ihr eigener Wunsch gewesen, so Köhler. Sie habe sich gefragt, wie die "vergessenen Kranken" am wirkungsvollsten unterstützt werden könnten. Genau da sei "Achse" ins Spiel gekommen.