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Abschaltung des Atomkraftwerks Obrigheim reicht Umweltschützern nicht

"Ein Stück Energiewende"

Das baden-württembergische Atomkraftwerk Obrigheim soll am Mittwoch nach 36 Jahren Laufzeit stillgelegt werden. Während Bundesumweltminister Jürgen Trittin die angekündigte Abschaltung als "ein weiteres Stück Energiewende" guthieß, nannte der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister die Stillegung eine "besonders krasse Form der Kapitalvernichtung". Die Grünen-Bundesvorsitzenden Reinhard Bütikofer und Claudia Roth sagten, die Abschaltung des AKW Obrigheim sei "ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu sozial und ökologisch verantwortbarer Energiegewinnung". Zukunftsfähige Energiepolitik könne nur auf erneuerbare Energien setzen. Nur so entstünden "Arbeitsplätze mit Zukunft". Rund 130.000 Menschen arbeiteten inzwischen im Bereich erneuerbarer Energien. Das seien mehr als im Bereich atomarer Energieerzeugung je gearbeitet hätten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nannte den Vorgang "einen längst überfälligen und viel zu kleinen Schritt in die richtige Richtung". Die Stilllegung dieses "Schrottreaktors" sei zwar eine gute Nachricht, sie bleibe jedoch nur ein symbolischer Beitrag beim "notwendigen Atomausstieg". Brigitte Dahlbender, stellvertretende Vorsitzende des BUND-Bundesverbandes, betonte: "Da 95 Prozent der atomaren Kapazität weiter am Netz hängen, sind wir von einem endgültigen Atomausstieg noch sehr weit entfernt."

Nach den Atomkraftwerken in Mülheim-Kärlich und Stade werde nun das dritte Kernkraftwerk in Deutschland endgültig stillgelegt, sagte Trittin am Dienstag in Berlin. "Von ursprünglich 49 geplanten und 20 genehmigten Atomkraftwerken laufen dann noch 17." Trittin sagte weiter, in Deutschland habe "ein neues Energiezeitalter begonnen". Die Zukunft gehöre den erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung. Atomkraftwerke seien "Auslaufmodelle der Energieverschwendung". Das AKW Obrigheim, das älteste Kernkraftwerk in Deutschland, besitze nach 36 Jahren Laufzeit eine "museumsreife Technologie". Forderungen nach einer Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke seien "ein industriepolitisches Armutszeugnis".

Der BUND wies darauf hin, dass sich die Menge des strahlenden Atommülls noch einmal verdoppeln würde, wenn wie geplant weitere 15 Jahre vergehen, bis der letzte Atommeiler abgeschaltet wird. Bis dahin sei Deutschland weiter "den enormen technischen und terroristischen Risiken ausgesetzt", die die Nutzung der Atomenergie mit sich bringe. Das höchste Terrorrisiko sei bei den AKWs Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1, Neckar 1 und Unterweser gegeben. Deshalb müssten diese zuerst abgeschaltet werden. Eine fortgesetzte Nutzung der Atomenergie bedeute zudem mindestens bis 2023 ein großes Hindernis beim Umstieg in eine nachhaltige und zukunftsweisende Energieversorgung. Der BUND forderte die Bundesregierung auf, nach Abschaltung der AKWs in Stade und Obrigheim umgehend weitere Atommeiler vom Netz zu nehmen. Da die Atomenergie lediglich 2,7 Prozent des weltweiten End-Energiebedarfs decke, könne sie auch keinen substantiellen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Brigitte Dahlbender vom BUND betonte: "Gegen die großen Risiken von Atomkraftwerken gibt es nur ein Mittel: den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie. Jeder abgeschaltete Reaktor ist ein sicheres Atomkraftwerk mehr." Ein Ersatz der Atommeiler durch CO2 ausstossende Öl- oder Kohlekraftwerke wäre aber der falsche Weg. In Zukunft müsse sparsam mit Energie umgegangen und auf erneuerbare Energien gesetzt werden. Allein durch Biomasse könne in Baden-Württemberg die dreifache Strommenge erzeugt werden, die das AKW Obrigheim liefert. Außerdem könne mit Hilfe der "effizienten" Kraft-Wärme-Kopplung rund ein Drittel des Wärmebedarfs gedeckt werden. Die Nutzung der Biomasse sei eine der zukunftsträchtigsten und klimafreundlichsten Energieformen. Bundesregierung, Länder und Kommunen müssten diese weitaus stärker fördern.