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Schleswig-Holstein will Rasterfahndung unbegrenzt fortführen

Datenschützer kritisiert

Die schleswig-holsteinische Landesregierung will die sogenannte Rasterfahndung unbegrenzt verlängern und trifft damit auf scharfe Kritik des Landesdatenschutz- beauftragten. Bei der Rasterfahndung wird eine Vielzahl von gespeicherten Daten öffentlicher und privater Stellen nach vermeintlichen Auffälligkeiten durchsucht, die auf Terroristen hindeuten könnten. Die schleswig-holsteinische Polizei erhielt entsprechende Befugnisse nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001, allerdings zum Jahresende auslaufend. Die Landesregierung hat Ende Oktober einen Gesetzentwurf beschlossen, nach dem diese Beschränkung aufgehoben werden soll. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert kritisierte die Planungen. Die Rasterfahndung sei bundesweit "ein gewaltiger Schlag ins Wasser" gewesen.

Zudem habe die vorgesehene ernsthafte Prüfung, welcher Nutzen und welcher Schaden von der Rasterfahndung ausgeht, "offensichtlich nicht stattgefunden". Tausende unschuldiger Menschen seien als potentielle Terroristen behandelt worden, was zur Gefährdung des Arbeitsplatzes und zu Diskriminierungen habe führen können. Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte dagegen, die Anschläge in diesem Sommer in London und in Sharm El-Sheik rechtfertigten die unbefristete Fortgeltung des Gesetzes.

"Wir können es uns in der unverändert angespannten Sicherheitslage nicht leisten, auf ein wichtiges und rechtsstaatlich erlaubtes Instrument der Gefahrenabwehr zu verzichten", sagte Stegner. Er wies die Kritik zurück, die präventive Rasterfahndung sei nicht erforderlich, weil in Schleswig-Holstein kein "Schläfer" gefunden wurde. "´Zig Tausende von polizeilichen Arbeitsstunden wurden in die ´zig Millionen Euro teure Aktion hineingesteckt", kritisierte Datenschützer Weichert. "An verwertbaren polizeilichen Ermittlungsergebnissen zur Aufklärung terroristischer Strukturen ist nichts herausgekommen." Tausende unbescholtener Bürger seien im Rahmen der Rasterfahndung als potenzielle terroristische "Schläfer" behandelt worden. Dadurch könne der Arbeitsplatz Unschuldiger gefährdet und könnten diese Diskriminierungen ausgesetzt werden.

Weichert zeigte sich verärgert, "dass dieses vorhersehbare katastrophale Resultat dadurch zu verschleiern versucht wurde", dass dem seiner Behörde die bundesweite Evaluation der Rasterfahndung nicht zur Kenntnis gegeben worden sei. Derzeit gehe das Landesverwaltungsgesetz davon aus, dass vor einer Verlängerung der nach Weicherts Ansicht übereilt eingeführten Regelung zur Rasterfahndung eine ernsthafte Prüfung erfolge, welcher Nutzen und welcher Schaden von dieser Maßnahme ausgegangen bzw. künftig zu erwarten sei. "Eine solche Prüfung hat offensichtlich nicht stattgefunden", sagte Weichert. "Allein der Umstand, dass die Entfristung der Rasterfahndung im Koalitionsvertrag steht, kann kein Grund sein, von diesem Vorgehen abzurücken." Dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz - der schleswig-holsteinischen Datenschutz-Behörde - lägen bisher keine Erkenntnisse vor, die eine Fortgeltung der "aus Datenschutzsicht als unverhältnismäßig zu bewertenden" Regelung zur Rasterfahndung rechtfertigen würden. Innenminister Stegner vertrat dagegen die Ansicht, solange die Polizei die rechtliche Möglichkeit habe, jederzeit mit Hilfe der Rasterfahndung nach Schläfern zu suchen, bleibe der Druck auf die Terrorszene hoch.