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Pflegeversicherung

2 Millionen Leistungsempfänger | Pflegeversicherung brachte 150.000 neue Jobs

Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung hat bislang zur Schaffung von rund 150.000 Arbeitsplätzen geführt. Auch in Zukunft sei angesichts der demographischen Entwicklung und der Zunahme von Single-Haushalten mit einem Anstieg von Erwerbstätigen in der Branche zu rechnen, berichtet die in Dresden erscheinende "Sächsische Zeitung" unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium.

Demnach erhalten zurzeit knapp zwei Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Etwa zwei Drittel von ihnen werden ambulant betreut, rund 600.000 leben in Alten- und Behindertenpflegeheimen. Derzeit haben etwa 12.900 ambulante Dienste und 8.600 stationäre Einrichtungen Verträge mit den Pflegekassen, schreibt das Blatt.

Am 13-08-2001

Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass auch Beamte einen Pflegeversicherungsvertrag abschließen müssen. Die Karlsruher Richter verwarfen in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde eines Beamten, der durch die gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrags die Grundsätze des Berufsbeamtentums verletzt sah. Er hatte die Auffassung vertreten, dass es zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn gehöre, Beamte beitragsfrei gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern.

Das Bundesverfassungsgericht führte zur Begründung aus, dass der Gesetzgeber zwar aufgrund des so genannten Alimentationsprinzips für den Unterhalt des Beamten und seiner Familie sorgen müsse. Es sei aber nicht ersichtlich, dass die vom Beamten zu tragenden Prämien für die Pflegeversicherung einen solchen Umfang erreichten, dass ein angemessener Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet wäre. Weder die Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch der Grundsatz, dass der Beamte in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei ist, würden durch diese Versicherungspflicht verletzt.

Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass der Gesetzgeber mit der Pflegeversicherung eine "im Grundsatz alle Bürger erfassende Volksversicherung" eingerichtet habe. Dies sei durch das Pflegeversicherungs-Urteil vom 3. April gebilligt worden.

Am 19-10-2001

Was zahlt die Pflegeversicherung?

Wenn Angehörige schwer erkrankt sind oder aufgrund eines Unfalls plötzlich zu einem Pflegefall werden, stehen die Betroffenen oft ratlos vor der Frage, wie es weitergehen soll. Nicht immer muss die Betreuung in einem Pflegeheim die erste Wahl sein, wenn die Pflegebedürftigen an Selbstständigkeit einbüßen und auf ständige Hilfe angewiesen sind. Doch bei der Frage, welche Ansprüche Pflegepersonen und Betroffene haben und wann und was die Pflegeversicherung zahlt, geht der Überblick schnell verloren. Umfassende Hilfe bietet der überarbeitete Ratgeber "Pflegefall - was tun?" der Verbraucherzentralen.

Auf knapp 300 Seiten informiert die Broschüre, wann ein Anspruch auf Hilfe besteht und welche Schritte auf dem Weg vom Leistungsantrag bis zur Gewährleistung einzelner Leistungen anfallen. Betroffene und Angehörige erfahren, wie sie die individuell passende Hilfe auswählen und wie sie im Papierkrieg mit Behören und Versicherern zu ihrem Recht kommen. Informationen zu Leistungsvoraussetzungen der sozialen und privaten Pflegeversicherung und die Zuordnung der Pflegestufen verschaffen einen Überblick, konkrete Beispiele machen komplizierte Bestimmungen verständlich. Zudem werden Pflegehilfsmittel erläutert und praktische Tipps zur Verbesserung und Anpassung des Wohnumfeldes geboten.

Zusätzlich enthält der Ratgeber die wichtigsten Adressen zur Thematik, vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit über die Pflegekassen bis hin zu einzelnen Verbänden.

Am 30-05-2003

Pläne aber teils begrüßt

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat davor gewarnt, die Leistungen der Pflegeversicherung für stationäre Pflege zu kürzen. Die im Eckpunktepapier des Ministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vorgesehene Absenkung der stationären Beiträge führe dazu, dass die stationär betreuten pflegebedürftigen Menschen wieder verstärkt auf Sozialhilfe angewiesen seien. "Damit wird das Ziel der Pflegeversicherung aufgegeben, die Menschen vor dem Gang zum Sozialamt zu bewahren", kritisierte Adolf Bauer, Präsident des SoVD, in Berlin.

Viele andere Vorhaben des Ministeriums zur Reform der Pflegeversicherung bewertete Bauer dagegen als äußerst positiv. So entspreche die Einführung eines persönlichen Budgets dem Wunsch vieler pflegebedürftiger Menschen, autonom zu leben und im Rahmen des so genannten Arbeitgebermodells ihre Pflege und Betreuung selbst zu organisieren. "Entscheidend ist, dass das persönliche Budget individuell und bedarfsgerecht ausgestaltet wird. Diese neue Leistungsart darf aber nicht als Anlass für Leistungskürzungen missbraucht werden", forderte Bauer.

Ausdrücklich begrüßte Bauer die Absicht des Ministeriums, die Leistungen von Kranken- und Pflegeversicherung besser aufeinander abzustimmen. Denn insbesondere im Hinblick auf rehabilitative Therapien funktioniere die Versorgung pflegebedürftiger Menschen wegen der Zuständigkeit verschiedener Kostenträger derzeit nur mangelhaft. Der Grundsatz "Prävention und Rehabilitation vor Pflege" werde zum Leidwesen der betroffenen Menschen in der Praxis kaum umgesetzt. Dabei könne mit der konsequenten Umsetzung dieses Grundsatzes auch "jede Menge Geld gespart werden", so Bauer.

Auch mit dem vorgesehenen pauschalen Zeitzuschlag von 30 Minuten Hilfebedarf für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz bei der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit sei ein erster wichtiger Schritt getan. "Das Ministerium hat erkannt, dass der gesetzlich fixierte Begriff der Pflegebedürftigkeit den Bedürfnissen geistig und psychisch kranker und behinderter Menschen nicht gerecht wird", sagte Bauer. Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise müsse jedoch der gesamte Zeitaufwand für Beaufsichtigung und Betreuung dieses Personenkreises bei der Feststellung von Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden.

Nach wie vor kritisiert der SoVD allerdings, dass Rentnerinnen und Rentner künftig den Beitrag zur Pflegeversicherung in voller Höhe tragen sollen.

Am 28-10-2003

Pflegeversicherung

Die Transportgewerkschaft TRANSNET wird mit Klagen gegen die Neuregelungen bei der Pflegeversicherung für Rentner vorgehen. Hintergrund: Ab 1. April müssen Rentner den vollen Betrag selbst zahlen. Die Gewerkschaft sieht damit deren Eigentumsrecht verletzt. Mit der Bahnversicherungsanstalt werden Musterverfahren durchgeführt.

TRANSNET wird mit Klagen gegen die Neuregelungen bei der Pflegeversicherung für Rentner vorgehen. Diese müssen ab 1. April dieses Jahres den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung selbst aufbringen. "Damit wird in das Eigentumsrecht der Rentner eingegriffen; deshalb werden unsere Mitglieder dagegen klagen", kündigte die stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende, Regina Rusch-Ziemba, an. Nach Auffassung von TRANSNET ist der Rentenversicherungsträger verpflichtet, wie bisher diese Beiträge zur Hälfte zu zahlen.

Ihren Mitgliedern empfiehlt die Gewerkschaft, binnen vier Wochen nach der Zustellung des Bescheids Widerspruch gegen diese zusätzliche Belastung zu erheben. TRANSNET hat dazu Musterwidersprüche erarbeitet, die u.a. auch im Internet abrufbar sind.

"Wir erwarten, dass die Widersprüche abgelehnt werden", erklärte Rusch-Ziemba. Deshalb müsse dann vor den Sozialgerichten geklagt werden. "Mit der Bahnversicherungsanstalt werden wir Musterverfahren durchführen", kündigte die Vize-Chefin der TRANSNET an. Die weiteren Widerspruchsverfahren könnten dann zum Ruhen gebracht werden.

Am 17-03-2004

Entlastung für Eltern

Bis Ende des Jahres muss die Bundesregierung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung umsetzen. Das Gericht hatte bemängelt, dass Eltern und Kinderlose den selben Beitrag in die Pflegekasse einzahlen müssen. Dieser beträgt derzeit 1,7 Prozent des Bruttolohns. Die Gesundheitspolitiker von Rot-Grün favorisieren eine Änderung dahingehend, Kinderlosen über 23 Jahre einen Zuschlag von 0,25 Prozentpunkten bei der Pflegeversicherung abzuverlangen. Gegenmodelle sehen direkte Zahlungen an diejenigen vor, die Kinder erziehen.

Bei dem Vorschlag von Rot-Grün werden Eltern wie vom Gericht vorgeschrieben relativ entlastet, indem Kinderlose stärker belastet werden. Mit den erwarteten Mehreinnahmen von rund 800 Millionen Euro könnten zudem die Finanzprobleme der Pflegeversicherung geschmälert werden. Die Defizite der Pflegekasse steigen jährlich und dürften in diesem Jahr Schätzungen zufolge zwischen 700 Millionen und knapp einer Milliarde Euro erreichen.

Die Grundkritik der Opposition gegen den rot-grünen Vorschlag richtet sich dagegen, dass die Entlastung nur durch eine Belastung einer anderen Gruppe eintritt. Zudem ist die Höhe der Entlastung unabhängig von der Zahl der Kinder. Auch werden die Finanzprobleme der Pflegeversicherung nicht dauerhaft gelöst.

Zudem birgt die Überlegung viele Detailprobleme bei der Abgrenzung, wer als kinderlos gilt. So muss etwa geklärt werden, wie man mit Eltern umgeht, die Kinder im Ausland haben oder mit getrennt lebenden Eltern, die keinen Unterhalt an ihre Kinder zahlen.

Eine unbürokratische Lösung wäre, als Unterscheidungsmerkmal für die Höhe des Pflegebeitrages den Bezug des Kindergeldes zu nehmen. Dann wären aber auch jene Eltern höher belastet, deren Kinder bereits aus dem Haus sind und die daher kein Kindergeld mehr erhalten. Dies lehnen Sozialpolitiker ab.

Die CDU betrachtet die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Entlastung Erziehender als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und schlägt deshalb eine Entlastung aus Steuermitteln von zehn Euro pro Kind und Monat vor. Die SPD hält dagegen, dass das Gericht eine Lösung innerhalb des Systems der Pflegekasse verlange.

Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) schlägt ebenfalls einen Kinderbonus vor, der bis zum zwölften Lebensjahr der Kinder gezahlt werden soll. Sie will diesen aber innerhalb des Systems finanzieren. Hierfür sollen alle, die noch keine Kinder erzogen haben, einen Zuschlag von vier Euro zahlen; Eltern, deren Kinder über zwölf Jahre alt sind, blieben verschont. Auch bei diesem Modell entstünden ähnliche Detailprobleme bei der Abgrenzung wie im rot-grünen Modell.

Am 06-07-2004

Steuerfinanzierung statt Lohn-Abzüge

Die defizitäre Pflegeversicherung muss nach Ansicht der Sozialverbände grundlegend reformiert werden. Mehrere Fachverbände brachten am Dienstag einen Systemwechsel von der beitragsfinanzierten zur steuerfinanzierten Leistung ins Spiel, was die Bundesregierung jedoch ablehnt. Die von der rot-grünen Koalition in Aussicht genommene Erhöhung des Pflegebeitrags für Kinderlose wird hingegen von den Verbänden auf breiter Front zurückgewiesen.

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband warnte, nach dem derzeitigen Stand seien die Pflegekassen 2012 leer, 2006 seien die Mindestreserven erreicht. Verbandsgeschäftsführer Werner Hesse sagte: "Wir sind der Auffassung, dass ein steuerfinanziertes System sinnvoller ist. Auf diese Weise wären alle Bürger an der Finanzierung beteiligt und nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber."

Auch aus Sicht des Bundes der Steuerzahler (BdSt) hat die Umlagefinanzierung in der Pflegeversicherung keine Zukunft. Vielmehr müsse der Übergang zu einer "kapitalgedeckten Absicherung der Pflegeleistungen" vollzogen werden, sagte Verbandspräsident Karl Heinz Däke. Nur über eine solche Neuausrichtung könnten die absehbaren demografischen Lasten geschultert werden.

Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Beitragsdifferenzierung zwischen Ehepaaren, die Kinder erziehen und Paaren ohne Kinder könnte nach Ansicht Däkes zunächst durch eine "aufkommensneutrale Regelung" herbeigeführt werden. Denkbar wäre eine Absenkung der Beiträge für kindererziehende Paare und eine Anhebung der Beiträge für die übrigen Versicherten.

Die Deutsche Hospiz Stiftung hält Beitragserhöhungen für unnötig. Statt erneut Geld in ein System zu stecken, das die Wünsche der Schwerstkranken und Sterbenden ignoriere, sei ein Systemwechsel gefordert. "Beitragserhöhungen und Reformen, die das jetzige System beibehalten, sind nach kurzer Zeit bereits wieder Makulatur. Sie stützen ein veraltetes System und verändern nichts Grundsätzliches", argumentierte Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung.

Schwerstkranke sollten vielmehr zwischen dem herkömmlichen Drei-Säulen-Modell (Krankenhaus, Pflegeheim, ambulante Versorgung) oder einem vernetzten System wählen können. In diesem System bekämen die Patienten ein Tagesbudget von 260 Euro. Damit könnten sie selbst bestimmen, wo und wie sie medizinisch und pflegerisch versorgt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) rügte, es gebe derzeit keinerlei Ansätze, die Strukturprobleme der Pflegeversicherung zu lösen. Verbandspräsident Ekkehard Bahlo sagte, ein Dauerproblem sei, dass Krankenkassen versuchten, die Kosten für Behandlungspflege, wie beispielsweise Insulinspritzen, an die Pflegekassen "abzudrücken".

Das Bundessozialministerium stellte unterdessen klar, dass die Pflegeversicherung nicht abgeschafft werde. Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, zwar werde es eine Reform der Pflegeversicherung geben. Eine "vollständige Privatisierung" oder ein "Umswitchen auf ein steuerfinanziertes System" seien jedoch "nicht finanzierbar". Vater fügte hinzu, die Pflegeversicherung habe sich grundsätzlich bewährt und erbringe "im Regelfall eine gute Pflegeleistung".

Am 06-07-2004

Bundesrat

Der Streit um die von Rot-Grün für Kinderlose vorgesehenen höheren Beiträge zur Pflegeversicherung geht weiter. Der Bundesrat legte am Freitag in Berlin Einspruch gegen das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz ein. Die rot-grüne Regierungskoalition kann den Einspruch der Unions-dominierten Länderkammer im Bundestag mit der Kanzlermehrheit zurückweisen. Der Vorlage zufolge soll zur Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum 1. Januar 2005 für Kinderlose der Pflegebeitrag um 0,25 Punkte auf 1,1 Prozent erhöht werden. Die Karlsruher Richter hatten eine stärkere Anerkennung der Erziehungsleistung von Eltern bei den Beiträgen angemahnt.

Wer 65 Jahre und älter ist, wird von der Zusatzabgabe befreit. Gleiches gilt für alle unter 23-Jährigen. Auch die rund drei Millionen künftigen Empfänger des Arbeitslosengeldes II sollen den Beitragszuschlag grundsätzlich nicht zahlen müssen. Nicht angetastet wird zudem der Arbeitgeberanteil von bislang ebenfalls 0,85 Prozent.

Bundesrat bremst Gesetz zu Zahnersatz-Finanzierung

Auch der Streit um die Neuregelung zur Finanzierung des Zahnersatzes geht in die nächste Runde. Der Bundesrat legte am Freitag in Berlin Einspruch gegen den entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages ein. Die rot-grüne Regierungskoalition kann den Einspruch der Unions-dominierten Länderkammer allerdings im Bundestag mit der so genannten Kanzlermehrheit zurückweisen. Der Vermittlungsausschuss hatte sich am Mittwoch nicht auf einen Kompromissvorschlag zu der umstrittenen Neuregelung verständigen können.

Danach sollen Arbeitnehmer vom 1. Juli 2005 an 0,4 Prozent vom Bruttogehalt für einen Zahnersatz-Zusatzbeitrag zahlen. Außerdem wird der für Anfang 2006 geplante Sonderbeitrag von 0,5 Prozent für das Krankengeld, den ausschließlich die Versicherten aufbringen müssen, auf Mitte 2005 vorgezogen. Im Gegenzug sollen die Kassen gesetzlich verpflichtet werden, die dadurch entstehende Zusatzbelastung von 0,9 Prozentpunkten in gleicher Höhe als Beitragssatzsenkung weiterzugeben.

Im Rahmen der Gesundheitsreform war zur Finanzierung der Zahnersatzversicherung mit der Union ursprünglich die Erhebung eines Pauschalbetrags vereinbart worden. Die Bundesregierung nahm von dem Vorhaben aber unter anderem wegen des zu hohen bürokratischen Aufwands Abstand.

Am 26-11-2004

Einkommensunabhängiges Prämiensystem

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, fordert ein neues Konzept für die Pflegeversicherung. Das gegenwärtige System solle in einem ersten Schritt "durch eine kapitalgedeckte Schicht zur Vorfinanzierung der steigenden Kosten" ergänzt werden, sagte Rürup am Mittwoch im Deutschlandfunk. Dies könne beispielsweise dadurch erreicht werden, dass man in einer ersten Stufe den Arbeitgeberanteil einfriere und dann den Arbeitnehmeranteil erhöhe. In einer zweiten Stufe könnte dann der Arbeitgeberanteil als Barlohn ausbezahlt werden und in einer dritten Stufe könnte es zu einem einkommensunabhängigen Prämiensystem kommen. Ärmere würden dann relativ gesehen höher belastet werden.

Rürup sprach sich für eine Dynamisierung der Pflegsätze aus. Demenzkranke sollten künftig hinreichend berücksichtigt werden.

Den Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, die Bürgerversicherung auch bei der Pflegeversicherung durchzusetzen, unterstützt Rürup nicht. Eine Ausweitung des Versichertenkreises ohne eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze oder eine Abkopplung vom Erwerbseinkommen werde das Problem nicht lösen, meint er.

Außerdem würde für eine Änderung der Pflegeversicherung eine Art große Koalition benötigt und es sei ausgeschlossen, dass die Opposition diesen Plänen zustimmen werde, sagte Rürup so, als wäre er für das Organisieren von politischen Mehrheiten zuständig.

Am 30-03-2005

Nach Bundestagswahl "angefasst"

Die Pflegeversicherung soll offenbar nach der Bundestagswahl 2006 "reformiert" werden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte am Freitag im rbb-Inforadio, die Pflegeversicherung könne nur gemeinsam durch Bundestag und Bundesrat reformiert werden, und sie sei "da im Wahljahr nur verhalten optimistisch". Voraussichtlich müsste diese Aufgabe "direkt nach der Bundestagswahl angefasst werden".

Eine von der Union ins Spiel gebrachte Abkoppelung der Pflegebeiträge vom Lohn lehnte die Ministerin ab. Das sei "irgendwann für die Menschen nicht mehr finanzierbar".

Am 01-04-2005

"Kapitalgesellschaften belastet"

Die Wirtschaftsverbände fordern eine konsequentere Reformpolitik der großen Koalition. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt mahnte am Donnerstag eine Reform der sozialen Pflegeversicherung an. Hier lägen "enorme Kostentreibsätze, die entschärft werden müssen". Handwerkspräsident Otto Kentzler warnte vor falschen Weichenstellungen bei der Unternehmenssteuerreform.

Hundt sagte, wenn die große Koalition die Beiträge zu den Sozialversicherungen dauerhaft unter die 40-Prozent-Marke drücken wolle, reiche eine isolierte Reform der gesetzlichen Krankenversicherung keineswegs aus.

Beim Handwerk wächst angeblich die Unzufriedenheit mit der großen Koalition. Kentzler sagte: "Unseren Betrieben stößt einiges sauer auf." So habe es zu Jahresbeginn "die wahnsinnige Bürokratie" rund um die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge gegeben.

"Das ging mit dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch die Dienstwagenbesteuerung für Selbstständige weiter", so Kentzler. Jetzt drohe "ein überzogenes Gleichstellungsgesetz, obwohl etwas anderes versprochen war". Zudem sei aus dem Bundesfinanzministerium "Widersprüchliches" über die geplante Unternehmenssteuerreform zu hören.

"Wenn Kapitalgesellschaften mit maximal 30 oder besser 25 Prozent belastet werden, dürfen auch die Rücklagen von Personenunternehmen keinem höheren Grenzsteuersatz unterworfen werden", meint der Handwerkspräsident. Insgesamt müsse es nun gelingen, das Wirtschaftswachstum auf den Binnenmarkt auszudehnen und zu stabilisieren. "Bisher bremst die Koalition nur: Mit einer drastischen Mehrwertsteuererhöhung etwa, die vor allem den Mittelstand hierzulande trifft."

Hundt: Milliardenschweres Finanzpolster bei Einführung der Pflegeversicherung

"Das milliardenschwere Finanzpolster, das bei Einführung der Pflegeversicherung gebildet wurde, hat leider viel zu lange die Sozialpolitiker abgehalten, die notwendigen Reformen anzugehen", so Hundt. "Und dies, obwohl die Pflegeversicherung in den vergangenen sieben Jahren ausnahmslos rote Zahlen geschrieben hat." Die freie Rücklage der Pflegekassen decke mittlerweile nur noch die Ausgaben für einen halben Monat und sei wahrscheinlich im nächsten Jahr aufgebraucht. Ohne sofortige, durchgreifende und nachhaltige Strukturreformen drohe daher 2008 ein höherer Beitragssatz.

Hundt forderte, in der Pflegeversicherung müsse ebenso wie in der Krankenversicherung die Finanzierung vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt werden. Das müsse der zentrale Reformschritt sein. Lohnorientierte Beiträge seien eine "Strafsteuer auf Arbeit und Beschäftigung". Der beste Weg seien einkommensunabhängige Prämien mit Auszahlung des Arbeitgeberanteils in den Bruttolohn und steuerfinanziertem Sozialausgleich für Einkommensschwache. Zusätzliche Steuermittel seien dabei nicht nötig.

Am 26-05-2006

"Pflegestützpunkte"

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Pflegereform auf den Weg gebracht. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hob die Stärkung der ambulanten Pflege, die Aufnahme von Demenzkranken in die Pflegeversicherung und die verbesserten Qualitätskontrollen in Pflegeheimen hervor. Auch die Einrichtung von Pflegestützpunkten und neue Pflegeberater sorgten für mehr Qualität. Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer nannte den Entwurf ein "fragwürdiges Flickwerk". Es fehle eine langfristig tragende Finanzierung. Die Grünen plädierten für eine dreimonatige Pflegezeit mit einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung von 1000 Euro. Für die Linke kritisierte der Pflegeexperte Ilja Seifert, die "soziale Diskriminierung Pflegebedürftiger" werde fortgesetzt. Die Bundesregierung verfolge bei der Reform vor allem das Ziel, die Ausgaben für Betreuung und Pflege niedrig zu halten. Zahlen sollten stattdessen die Familien.

Schmidt betonte, sie halte an ihrer Idee des bezahlten zehntägigen Pflegeurlaubs für Angestellte fest. Sie gehe davon aus, dass auch in der Gesellschaft diese Diskussion weiter geführt werde. Der Vorschlag Schmidts war am Widerstand der Union gescheitert.

Der Entwurf, der zum 1. Juli 2008 in Kraft treten soll, sieht nun einen Anspruch auf eine unbezahlte kurzzeitige Freistellung für bis zu zehn Arbeitstage vor, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren. Für die Dauer von bis zu sechs Monaten gibt es für die Pflege von Angehörigen einen Anspruch auf unbezahlte, sozialversicherte Freistellung von der Arbeit.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, die Finanzprobleme der Pflegeversicherung blieben ungelöst. Es würden weitere Leistungsverbesserungen beschlossen, ohne eine langfristige Finanzierung sicherzustellen. "Von den im Koalitionsvertrag verabredeten kapitalgedeckten Elementen und einer Demografiereserve findet sich im jetzigen Kabinettsentwurf nichts", kritisierte Hundt.

Der Sozialverband VdK kritisierte, dass die geplante Anhebung der Beitragssätze besonders die Rentner betreffe, da diese nicht von der Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte profitierten.

Die Beiträge zur Pflegeversicherung von derzeit 1,7 Prozent werden ab dem 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent erhöht. Bei Kinderlosen wird der derzeitige Beitrag von 1,95 Prozent auf 2,2 Prozent erhöht. Dies soll jährliche Mehreinnahmen von 2,5 Milliarden Euro bringen und den Bedarf bis Ende 2014/Anfang 2015 sicherstellen.

Nach Auffassung der Links-Abgeordneten Seifert ist von den im Koalitionsvertrag gemachten Zusagen im jetzt vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf so gut wie nichts übriggeblieben. "Die soziale Diskriminierung Pflegebedürftiger wird fortgesetzt. Weder kommt es zur Einbeziehung der privaten in die gesetzliche Pflegeversicherung, noch werden durch einen modernen Pflegebegriff der Teilhabeanspruch und die Assistenzfunktion neu geregelt."

Es werde "an allen Ecken und Enden gegeizt", meint Seifert. "Viele Pflegebedürftige sollen gerade einmal 10 Euro mehr im Monat erhalten. Bei den stationären Pflegestufen I und II sind überhaupt keine Erhöhungen vorgesehen. Die steigenden Kosten der Heimbetreuung werden damit weiter auf die Betroffenen, ihre Angehörigen oder die Sozialämter abgewälzt. Auch die Einbeziehung von Demenzkranken hat mit maximal 6,57 Euro Unterstützung pro Tag nur Almosencharakter."

Bestraft würden durch die Reform die ohnehin stark belasteten Pflegekräfte. "Für gutes und motiviertes Personal sollten endlich auch gute und motivierende Löhne gezahlt werden. Aus den nur marginal angehobenen Mitteln der Pflegeversicherung ist das aber nicht zu leisten."

Am 18-10-2007

Die Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung reicht nicht aus – Pflege kostet 37.000 Euro Eigenanteil

Jeder zahlt in Deutschland neben den Krankenversicherungsbeiträgen einen separaten Anteil in eine gesetzliche Pflegepflichtversicherung ein. Im Pflegefall bekommt der Versicherte Sach- oder Geldleistungen. Wie die Krankenkasse Barmer GEK mit ihrem Pflegereport 2012 jetzt offenbart, reichen diese Leistungen bei weitem nicht aus, dem Armutsrisiko im Pflegefall zu begegnen. Ganz im Gegenteil, denn für einen Betroffenen oder dessen Angehörigen kommen sehr schnell mehrere Hunderttausend Euro zustande, die nicht von der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung abgedeckt sind und somit aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Durchschnittlich muss der Betroffene ca. 37.000,-€. für die Pflege selbst aufbringen.

Frauen befinden sich in der Pflegefalle

Die Kosten für die Pflege sind allerdings unterschiedlich verteilt. So müssen Frauen durchschnittlich 45.000 Euro aus eigener Tasche für ihre Pflege tragen, während Männer einen durchschnittlichen Eigenanteil von „nur“ 21.000 Euro haben. Der Hintergrund für dieses Missverhältnis ist, dass Männer häufig von den (Ehe)-Frauen gepflegt werden. Frauen sind hingegen schneller auf professionelle Hilfe angewiesen, da sie die Männer überleben und von Ihnen somit nicht mehr gepflegt werden können.

Erst wird das Ersparte aufgezehrt – dann droht den Angehörigen die Pflegefalle

Wenn die pflegebedürftige Person weder mit einer Pflegeversicherung vorgesorgt hat, noch über finanziellen Reserven verfügt, werden die nahen Verwandten zur Verantwortung gezogen. Die nicht über die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckten Kosten werden auf die Angehörigen verteilt. Erst wenn auch dieser Personenkreis nachweisbar keinerlei finanzielle Reserven hat und über kein Einkommen verfügt, springt das Sozialamt ein. Dabei können sowohl die Immobilie als auch andere Wertgegenstände zur Deckung der Pflegekosten herangezogen werden. Ohne eigene Vorsorge greift das Armutsrisiko also auch auf die Familie über und wird von einem individuellen Risiko zu einem finanziellen Problem der gesamten Familie.

Pflege Bahr – Zuschuss zur Pflegeversicherung

Wer nicht genügend Kapital für die Pflege seiner Person hat und seine Kinder nicht ins finanzielle Unglück führen möchte, hat die Möglichkeit eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Mit dieser relativ günstigen Versicherung lässt sich das finanzielle Risiko, das der Pflegefall mit sich bringt erheblich minimieren. Kinder können diese Versicherung im Übrigen auch für ihre Eltern abschließen. Mit einem neuen Gesetz wird im nächsten Jahr eine derartige Vorsorge ähnlich der Riester-Altersvorsorge vom Staat zusätzlich finanziell gefördert.

Lars Person

Am 06-12-2012