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Untersuchungsausschuss zum Bankenskandal legt Abschlussbericht vor

Bankgesellschaft AG

Nach mehr als fünfjährigen Untersuchungen legte der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin zur Aufklärung der Vorgänge bei der Bankgesellschaft AG, der Landesbank Berlin und des Umgangs mit Parteispenden seinen Bericht vor. Als Ursache der Affäre, die 2001 fast zum Ruin der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft Berlin (BGB) führte, nennt der Untersuchungsausschuss das kollektive Versagen von Topmanagern, Politik, Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsgremien. Die Folge ist aus Sicht des Ausschusses ein Schaden von mindestens 3 Milliarden Euro, für den die Steuerzahler aufkommen sollen. Die Überschriften der 54-seitigen Zusammenfassung sprechen Bände, zum Beispiel: "Die IBG/ Bavaria: Fehlgesteuerter Wachstumsmotor der Bankgesellschaft" - "Das Fondsgeschäft: Ein ruinöses Schneeballsystem aus Erträgen und Risiken" - "Konzernsteuerung: Schwerste Mängel beim Controlling der Bankgesellschaft" - "Wirtschaftsprüfer tragen Mitverantwortung" - "Kumulatives Versagen der Aufsichts- und Kontrollorgane" - "Selbstbedienungsmentalität von Bankmanagern".

An dem Skandal, der durch eine CDU-Parteispendenaffäre ausgelöst wurde, zerbrach im Sommer 2001 die große Koalition. Er hat in Berlin einen erheblichen finanziellen Schaden angerichtet und ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft war vor allem wegen verlustreicher Immobiliengeschäfte an den Rand des Ruins getrieben worden. Gerettet werden konnte sie nur durch eine Kapitalspritze aus Steuergeldern von 1,7 Milliarden Euro und eine Landesbürgschaft über 21,6 Milliarden Euro zur Abschirmung von Altrisiken.

Nach Einschätzung des Untersuchungsausschusses ist die Affäre der "größte Bankenskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte".

Hauptgründe seien "nicht allein Irrtümer", sondern "krasses Missmanagement, politisches Versagen, Größenwahn, kriminelle Energie und ein System der Verschleierung", sagte Ausschussvorsitzender Frank Zimmermann am Freitag bei der Vorstellung des rund 900-seitigen Abschlussberichts.

Gravierende Fehlentscheidungen beim Kreditgeschäft und ungenügende Kontrolle hätten die Bankgesellschaft 2001 in eine existenzgefährdende Krise getrieben. Selbst als sich die dramatische Lage Mitte der 1990er Jahre abzeichnete, sei nicht umgesteuert worden. Allen Beteiligten habe es am "Bewusstsein für das zu schützende Vermögen" gefehlt, betonte Zimmermann. Zugleich bedauerte er, dass der Ausschuss "erhebliche Fragen", unter anderem "aus rechtlichen Gründen", nicht klären konnte.

Für die Schäden müssen die Steuerzahler aufkommen

Für die über Jahre wachsenden Risiken, insbesondere durch verlustreiche Immobilienfonds, müsse jetzt der Steuerzahler aufkommen, sagte Zimmermann. Der bisherige Schaden könne nicht genau beziffert werden. Er liege aber bei mindestens drei Milliarden Euro. Die finanziellen Belastungen des Landes Berlin in der Zukunft seien derzeit nicht abschätzbar, sagte Zimmermann. Eine Pleite des Konzerns konnte nur durch eine Finanzspitze von 1,75 Milliarden Euro und eine Landesbürgschaft von 21,6 Milliarden Euro abgewendet werden.

Der Bericht wurde einstimmig bei Enthaltung der CDU angenommen. Während sich die Parteien in der Analyse der Hintergründe weitgehend einig waren, gingen die Meinungen über die Rolle der Hauptverantwortlichen auseinander. Zimmermann wies dem früheren Vorstandschef der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp und Ex-CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky eine "tragende Rolle" für die Geschäftspolitik des Konzerns zu. Er habe maßgeblich über die Kreditvergabe mitentschieden. Dagegen betonten die Vertreter der Opposition von CDU, FDP und Grünen sowie des Koalitionspartners Linkspartei die Gesamtverantwortung der damaligen Regierungskoaliton von CDU und SPD.

"Wirtschaftsprüfer tragen Mitverantwortung"

Hart ging der Ausschuss mit den Wirtschaftsprüfern ins Gericht. In den Prüfberichten zu den Jahresabschlüssen der Bankgesellschaft für die Geschäftsjahre 1994 bis 1999 befänden sich keine Ausführungen beziehungsweise Feststellungen zu Risiken aus dem Immobilienfondsgeschäft der IBG, "obwohl es sich bei der IBG um ein konsolidiertes Tochterunternehmen der Bankgesellschaft handelte und die Bankgesellschaft seit 1999 mit 40 Prozent die größte Anteilseignerin der IBG war". Alle Prüfberichte bis 1999 "enthalten die Aussage, dass für erkennbare Risiken ausreichende Rückstellungen bestünden und dass die Prüfung zu Beanstandungen beziehungsweise wesentlichen Beanstandungen keinen Anlass gegeben habe". Erst für das Geschäftsjahr 2000 habe es eine "kritische Einschätzung zur Risikolage" seitens der Wirtschaftsprüfer gegeben.

Weiter heißt es: "Bezüglich der Prüfberichte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO zu den Jahresabschlüssen der IBG stellte der Ausschuss fest, dass die BDO zwar von Jahr zu Jahr steigende Rückstellungen konstatierte, in die Bestätigungsvermerke aber – trotz gesetzlicher Verpflichtung nach § 322 HGB – keine entsprechenden Hinweise aufnahm. Unbeanstandet blieb auch die von der IBG über Jahre geübte Praxis der Sofortvereinnahmung der Garantiegebühren, obwohl die Fides dies bereits Ende 1997 in der o. g. Sonderprüfung gerügt hatte." Die IBG habe zudem "mit Wissen und Unterstützung der BDO im Zeitraum 1994 bis 1998 in erheblichem Umfang nichtrealisierte Gewinne ausgewiesen".

Die C & L Deutsche Revision habe in ihrer im Auftrag der Bankgesellschaft erstellten "Risk opinion" vom 7.10.1998 zwar die Vermietung oder anderweitige Vermarktung einiger Fondsimmobilien (Plattenbauten) für "nicht unproblematisch" gehalten, aber zugleich die zum 31.12.1997 vorhandene Mietgarantierückstellung als "derzeit ausreichend" bezeichnet.

"Auch das Gutachten 'Risikomanagement' von der Unternehmensberatung McKinsey vom 20.7.1999 beziffert zwar das Risikopotenzial im Immobilienbereich, empfiehlt aber keine grundlegende Änderung der Geschäftspolitik, sondern schlägt lediglich einige organisatorische Maßnahmen zur Risikobetreuung vor", heißt es im Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses weiter. "Dieses Gutachten enthält sogar die ausdrückliche Feststellung, dass die IBG in der Vergangenheit stets 'attraktive Erträge' erwirtschaftet habe und empfiehlt, dass das Fondsgeschäft mit 'Anpassungen in Produktdesign' 'konsequent fortgeführt' werden sollte."

Selbstbedienungsmentalität von Bankmanagern

Bei der Untersuchung der persönlichen Verhältnisse von Bankmanagern hat der Ausschuss eine erhebliche "Selbstbedienungsmentalität" festgestellt. Bei der Entwicklung der Vorstandsgehälter in der Bankgesellschaft sei insbesondere zwischen 1998 und 1999 bei gleichbleibender Mitgliederzahl des Vorstands ein Gehaltssprung von knapp 1,5 Millionen Euro zu verzeichnen, was eine Steigerung von 67,5 Prozent bedeute, heißt es in dem Bericht.

Bei den Exklusiv-Fonds hätten viele der verantwortlichen Manager ihre Stellung in der Bank ebenfalls zum eigenen Vorteil ausgenutzt. "So haben sie sich die Möglichkeit verschafft, diese nur einem begrenzten Zeichnerkreis zugänglichen Fonds selbst zu zeichnen, von denen sie wegen der hohen steuerlichen Abschreibungen in besonderem Maße profitiert haben. Bei der Rückabwicklung des GEHAG-Fonds kam diese Entscheidung des Vorstands der LBB auch den Vorstandsmitgliedern Decken und Zeelen zugute, die diesen Fonds gezeichnet hatten."

"Die in diesem Zusammenhang zu verzeichnende mangelnde Sensibilität bei der Trennung zwischen Aufgaben des Managements und der persönlichen Stellung lässt sich auch bei dem ehem. Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Bankgesellschaft, Prof. Dr. Feddersen, feststellen. Er hatte sich bei der Beauftragung seiner Kanzlei mit der Rechtsberatung der Bankgesellschaft durch den Aufsichtsrat zwar der Stimme enthalten, die Beauftragung seiner Kanzlei aber selbst angeregt und diese – gesondert vergütete – Tätigkeit erst nach einer kritischen Stellungnahme des Rechnungshofes beendet."

Bei der Nutzung der Dienstvillen stellte der Ausschuss fest, dass Bankimmobilien zunächst erheblich unter Marktpreisniveau an Vorstandsmitglieder der Bankgesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften vermietet worden seien. "Zwar wurden die Mieten für solche Immobilien nach Kritik in der Öffentlichkeit auf Marktpreisniveau angehoben; im Gegenzug erhielten die betroffenen Banker aber eine Aufstockung ihrer Bezüge in Höhe der Differenz zwischen bisheriger und neuer Miete. Im Ergebnis wurden die Mieterhöhungen dadurch wieder aufgehoben."