Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Hürdenlauf des "Antidiskriminierungsgesetzes"

"Redaktionelle Ungenauigkeiten"

Das "Antidiskriminierungsgesetz" - jetzt "Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz" - zum Schutz vor Diskriminierungen steht vor einer neuen Hürde. Nachdem das Gesetz wegen der fehlenden Unterschrift von Bundespräsident Horst Köhler nicht wie geplant am 1. August in Kraft trat, fanden sich jetzt neue Hemmnisse: In das Gesetz seien "kleinere redaktionelle Ungenauigkeiten" gelangt, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums am Mittwoch in Berlin. Die "notwendigen Änderungen" sollen nun nach der Sommerpause vorgenommen werden.

Der Bundesrepublik drohten möglicherweise EU-Strafen, sollte sich die Einführung des Gesetzes weiter verzögern. Deutschland hinke bereits seit Jahren mit der Umsetzung der EU-Vorgaben hinterher. Das Justizministerium rechnet der Sprecherin zufolge dennoch damit, dass das Gesetz spätestens im September in Kraft ist, wenn sich die EU-Kommission erneut damit befasst.

Mit dem früher unter der Bezeichnung Antidiskriminierungsgesetz stehenden Vorhaben sollen vier EU-Richtlinien umgesetzt werden. 2005 scheiterte die rot-grüne Bundesregierung mit ihrem Entwurf, der über die Mindestvorgaben der EU hinausging. Die Union wollte nur eine 1:1-Umsetzung, also den Mindestschutz vor Diskriminierung, akzeptieren. Die große Koalition beschloss dann dennoch einen etwas erweiterten Entwurf. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll beim CDU-Wirtschaftsrat Anfang Juni zur Begründung gesagt haben, sie habe "nicht die Kraft gehabt", sich den Forderungen von Behindertenverbänden und Senioren zu widersetzen.

Aus der Wirtschaft und Union wurde der Entwurf scharf attackiert. Schließlich wurden die Klagerechte von Betriebsräten und Gewerkschaften nochmals eingeschränkt. Am 7. Juli schließlich war mit der Bundesratsentscheidung das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Danach mussten fünf Ministerien unterschreiben. Erst vergangene Woche ging das Gesetz an Bundespräsident Köhler zur Prüfung und Unterschrift.

Die Liberalen, die das Gesetz ablehnen, warfen der Koalition vor, durch eine gezielte Verzögerungstaktik eine eingehende Prüfung des Antidiskriminierungsgesetzes zu unterbinden. FDP-Justizexpertin Mechthild Dyckmans nannte es eine "Ungeheuerlichkeit", dass das Gesetz Köhler erst in der vergangenen Woche zur Prüfung vorgelegt worden sei: "Das Vorgehen des Bundespräsidenten ist daher zu begrüßen." Das Gleichbehandlungsgesetz sei eine Fehlleistung, "die zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten mit sich bringen wird".

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck, der das Gesetz befürwortet, kritisierte: "Bei der großen Koalition ist es immer das Gleiche: Schlamperei und Murks". Die "Trödelei" bei der Ausfertigung des Gesetzes sei unverständlich, da Deutschland bereits einmal wegen Vertragsverletzung verurteilt worden sei.

Beck betonte: "Der Bundespräsident sollte nun unterschreiben. Das Gesetz ist zweifelsfrei verfassungskonform, wenn auch schlampig gemacht." Mehr Aufwand bei der Überprüfung solle Köhler dagegen auf das Steueränderungsgesetz 2007 verwenden. "Dort bestehen Zweifel, ob es ordnungsgemäß zustande kam", sagte Beck. Zu dem Gesetz gehören die Einführung der Reichensteuer und die grundsätzliche Abschaffung der Pendlerpauschale.

Bundesratssitzung

Die unionsgeführte Mehrheit im Bundesrat hat am Freitag das Antidiskriminierungsgesetz an den Vermittlungsausschuss zurückverwiesen. Dieser Beschluss in der letzten Bundesratssitzung vor der Sommerpause hat zu Widerspruch bei Sozialverbänden wie dem VdK und dem Lesben- und Schwulenverband geführt.

Der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes, Philipp Braun, kritisierte, dass die Entscheidung des Bundesrates in der Praxis bedeute, dass Lesben, Schwule, Behinderte und andere Minderheiten weiterhin sanktionslos diskriminiert werden dürften. Der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass mit dem vorläufigen Stopp des Antidiskriminierungsgesetzes "ein zentrales Instrument zum Schutz von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen vor Benachteiligung" fehlen würde.

Am 08. Jul. 2005