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G8 diskutiert über die Sicherung der Rohstoffversorgung

"Industrie braucht verlässliche Rohstoffversorgung"

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Medien insbesondere den Klimaschutz und die Entwicklungshilfe als Top-Thema des G8-Gipfels inszenieren - die Rede ist vielfach von "Verantwortung", "Gerechtigkeit" und "Partnerschaft", geraten andere Themen des Gipfels leicht aus dem Blickfeld. So steht beispielsweise auch der "Zugang zu Rohstoffen" auf der Tagesordnung des anstehenden G8-Gipfels in Heiligendamm. EU-Vizepräsident Günter Verheugen erklärte am 5. Juni, dass die europäische Industrie vor immer größeren Schwierigkeiten stehe, ihren Bedarf an dringend benötigten Rohstoffen zu decken. Es geht insbesondere um Metallerze wie beispielsweise Eisenerz, Kupfer, Bauxit (Aluminium), Nickel und Zink. Die wachsende Nachfrage auf dem Weltmarkt habe die Preise für zahlreiche Metalle auf Rekordniveau steigen lassen, Europa selbst könne diese Rohstoffe aber nur in begrenztem Maße bereitstellen, so Industriekommissar Verheugen. Die führenden Industriestaaten wollen offenbar dafür sorgen, dass in Ländern wie Guinea, Kasachstan, Gabun, Südafrika, Chile, Mexiko und Peru "gleiche Wettbewerbsbedingungen" für den Zugang der eigenen Industrie zu den Rohstoffen geschaffen werden.

Die europäische Industrie braucht nach Auffassung von Verheugen "eine verlässliche Rohstoffversorgung und stabile Preise, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Wir sind entschlossen, die Bedingungen für die Deckung des Rohstoffbedarfs zu verbessern, sei dies nun in Europa selbst oder durch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen bei der Beschaffung von Rohstoffen aus Drittländern."

Lediglich die Versorgung mit Baumineralen wie Feldspat, Kaolin, Magnesit, Gips und Pottasche gilt als unproblematisch. Hier sei die EU weiterhin entweder der weltweit größte oder zweitgrößte Produzent.

Viele Metallerze sind in Europa jedoch geologisch entweder gar nicht oder - gemessen an der Weltproduktion - lediglich in geringen Mengen verfügbar. 2004 wurden laut Komission 177 Millionen Tonnen metallischer Minerale in einem Gesamtwert von 10,4 Milliarden Euro in die EU importiert, wohingegen die EU-eigene Produktion nur etwa 30 Millionen Tonnen ausmachte.

In ihrem am 5. Juni veröffentlichten Arbeitspapier ist von einer "unvorhergesehen starken Nachfrage nach Mineralen" die Rede. Der Hauptfaktor für diese Entwicklung sei "die rapide Industrialisierung aufstrebender Volkswirtschaften wie Brasilien, China und Indien", schreibt die Kommission.

In dem Arbeitspapier, das sich im wesentlichen auf Informationen der Industrie stützt, heißt es, dass die geologische Verteilung nichtenergetischer Ressourcen auf der Erde äußerst unterschiedlich ist. Die Konkurrenzsituation zwischen den Industrie- und Schwellenländern ist offenbar massiv: "In Europa herrscht genauso wie in Japan, den Vereinigten Staaten und China ein Mangel an bestimmten Rohstoffen, insbesondere an Eisenerz, so dass es auf den Weltmärkten darum kämpfen muss." Zum 11. Juni will die EU nun politische Empfehlungen vorlegen.

Rückblick: "Global 2000"

Wirtschaft und Politik wurden schon sehr frühzeitig auf eine mögliche Verknappung von Energierohstoffen wie auch von Nicht-Energierohstoffen wie Eisenerz oder Kupfer hingewiesen. Im Jahr 1980 warnte der US-Bericht "Global 2000" nicht nur den damaligen US-Präsidenten vor einer Verknappung von Metallen und Energieträgern. Der Bericht wurde beispielsweise auch ins Deutsche übersetzt und fand in Deutschland große Beachtung.

Im Laufe der 1980er und 1990er Jahre wurde das Rohstoffproblem unter anderem von Ölkonzernen und Medien zum Tabuthema erklärt, weil eine Reihe neuer Lagerstätten gefunden wurde. Wer dennoch behauptete, Rohstoffe seien relativ knapp und könnten schon bald zu außenpolitischen sowie kriegerischen Verwicklungen führen, wurde als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt.

Jetzt, 27 Jahre nach Veröffentlichung von "Global 2000", wird das Thema in den Konzernen und Regierungen wieder intensiv diskutiert und es werden "mit Nachdruck" schnelle Maßnahmen gefordert.

Die Bundesregierung hat im Oktober 2006 ein neues "Weißbuch" für die Bundeswehr beschlossen. Darin wird betont, dass Deutschlands Wohlstand vom "Zugang zu Rohstoffen" abhänge. Es gebe demnach ein "elementares Interesse" an einem "offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen". Das Weißbuch definiert die Aufgaben der Bundeswehr.

Umwelt-Staatssekretär Müller warnte vor Ressourcen-Weltkrieg

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD) warnte unlängst vor einem Ressourcen-Weltkrieg. Die Unterbrechung der Ölpipeline von Russland nach Deutschland sei ein erneutes Warnsignal für die Verwundbarkeit der modernen Industrie. Nahezu jedes Land sei von Energie- und Rohstoffimporten abhängig, bei Energie gelte dies für unser Land zu mehr als 70 Prozent. Dies gelte darüber hinaus aber auch für eine Vielzahl von Nicht-Energie-Rohstoffen wie etwa Zinn, Platin oder Titan, die wichtige Grundlagen für Produkte der Hochtechnologie seien.

Deshalb seien wir "hochgradig verwundbar". "Angesichts der Knappheiten und Preissprünge werden Ressourcenkriege zur größten Gefahr des 21. Jahrhunderts", heißt es in einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums vom 9. Januar 2007.

Die Entwicklung der Golfstaaten zeige, dass diese Gefahr ernst zu nehmen sei. "Wenn es einen dritten Weltkrieg gibt, dann wird er um Energie und Rohstoffe gehen", zitiert das deutsche Ministerium den früheren US-Verteidigungs- und Energieminister James Schlesinger. "Der Kampf um Ressourcen ist eine Schlüsselfrage der Zukunft", habe auch Henry Kissinger festgestellt. Und in einer Bewertung des amerikanischen Pentagon heiße es: "Die Welt ist bei Titan, Niob, Zinn, Beryllium, Germanium oder Platin ebenso verwundbar wie bei Öl".