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Atomwaffen - Atombomben Rückblende III

Demonstration für atomwaffenfreie Zukunft - In Büchel liegen vermutlich die letzten Atombomben in Deutschland

Der vermutlich letzte Atomwaffenstandort in Deutschland liegt in Büchel (Kreis Cochem-Zell) in der Eifel. Es ist der Fliegerhorst des 33. Jagdbombergeschwaders der Bundeswehr. Im Ernstfall sollen dort deutsche "Tornado"-Piloten im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe US-amerikanische Atombomben an Bord nehmen, die unter Kontrolle der US-Streitkräfte auf dem Fliegerhorst gelagert werden. Kritiker fordern schon seit Jahren den Abzug der Atomwaffen. In einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto "Unsere Zukunft - atomwaffenfrei" haben nun rund 50 Organisationen für die Zeit vom 24. bis 30. August zu Aktionstagen und Demonstrationen am Fliegerhorst aufgerufen.

Für die Lagerung von Atombomben gibt es offiziell weder von deutscher noch amerikanischer Seite eine Bestätigung. Nach Kenntnis des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BItS) ist Büchel jedoch der letzte Nuklearwaffenstandort in Deutschland. "Dort gibt es elf Lagerstätten, zehn für Waffensysteme und wohl eine zum Training", sagt BItS-Chef Ottfried Nassauer. Eine Lagerstätte könne jeweils vier Atombomben fassen.

Nassauer vermutet auf dem Bundeswehrstandort bis zu 20 Atombomben des Typs B61 und beruft sich dabei auf Aussagen von Experten der Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler (FAS). Die Bomben würden von rund 140 US-Soldaten einer Spezialeinheit der 702. Munition Support Squadron bewacht und gewartet. Jede Bombe habe ein Vielfaches der Zerstörungskraft der Hiroshima-Bombe.

Der Einsatz der Waffen muss durch den amerikanischen Präsidenten freigegeben werden. Spezialisten müssten sie anschließend per Code freischalten und dann an die deutschen Piloten übergeben. An dem System der Nuklearen Teilnahme beteiligen sich laut BItS neben Deutschland noch Belgien, die Niederlande, Italien und die Türkei.

Thomas Bauer, Verteidigungsexperte beim Münchener Centrum für Angewandte Politikforschung, sieht die Nukleare Teilhabe als "notwendiges Übel", von dem man sich aber auch nach dem Ende des Kalten Krieges nicht ohne weiteres lösen könne. Denn dieses Prinzip stelle für Deutschland ein Mitspracherecht und eine "gewisse Form von Kontrollfunktion" zumindest hinsichtlich des Gebrauchs atomarer Waffen dar, wenn auch nicht über die Technik selbst.

Die Friedensaktivisten unter Federführung der "Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen" (GAAA) hingegen glauben nicht an die Möglichkeit einer solchen Kontrolle und fordern den Abzug der Bomben, wie auch den Verzicht auf die Nukleare Teilhabe. Der Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag verpflichte die Atommächte zur Abrüstung und Nichtatomwaffenstaaten wie Deutschland dazu, diese Waffen weder mittelbar noch unmittelbar von Dritten anzunehmen, sagte die Koordinatorin der geplanten Proteste, Marion Kuepker.

Zugleich sei Deutschland aber als Mitglied der NATO mitverantwortlich für deren nukleare Doktrin, die sich die Option zum atomaren Erstschlag offen halte sogar darüber diskutiere, Atombombeneinsätze im "Krieg gegen den Terror" zuzulassen, kritisiert Kuepker. Das sei nicht hinnehmbar.

Der Fliegerhorst in der Eifel ist bereits seit mehr als zehn Jahren Ziel von Protesten der Atomwaffengegner. Mehrmals waren dabei Demonstranten auch in das Bundeswehrgelände eingedrungen. In bisher 44 Fällen kam es der GAAA zufolge bisher zu rechtskräftigen Verurteilungen wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung.

Am 21-08-2008

Atombomben

Vor dem Fliegerhorst des 33. Jagdbombergeschwaders der Bundeswehr in Büchel (Kreis Cochem-Zell) haben am Sonntag (24. August) rund 50 Friedensaktivisten gegen die vermutete Lagerung von 20 US-amerikanischen Atombomben protestiert. Sie forderten zum Auftakt der bundesweiten Kampagne "Unsere Zukunft - atomwaffenfrei" den Abzug der Bomben und den Verzicht Deutschlands auf die sogenannte nukleare Teilhabe, wonach deutsche "Tornado"-Piloten im Ernstfall amerikanische Atomwaffen an Bord nehmen und abwerfen.

Die Demonstranten wollen in unterschiedlicher Besetzung bis einschließlich Samstag jeden Tag den Fliegerhorst auf einer Strecke von 15 Kilometern in einem Protestmarsch umrunden. Zu einer Abschlusskundgebung am 30. August erwarten die Veranstalter mehr als 1000 Teilnehmer aus ganz Deutschland, darunter auch Sängerin Nina Hagen, die bei einem Benefizkonzert auftreten wird.

Am 25-08-2008

"Präventive" Angriffe mit Atomwaffen

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon unterstützt die von drei Friedensorganisationen initiierte Idee einer Atomwaffenkonvention. Hierbei geht es zum einen um Schritte zur Abrüstung bei den derzeitigen Atommächten und zum anderen darum, die Weiterverbreitung von Atomwaffen in andere Länder zu verhindern. Als weitere Initiative zum Thema Atomwaffen hat der australische Premierminister Kevin Rudd gemeinsam mit der japanischen Regierung im Juni 2008 eine "Internationale Kommission für die Nichtverbreitung und Abrüstung von Atomwaffen" ins Leben gerufen. Die Zielrichtung dieser Kommission bleibt unklar. Auf der einen Seite wurde der australische Arzt der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) vom Vorsitzenden der Kommision, Ex-Außenminister Gareth Evans, zum offiziellen Berater ernannt. Auf der anderen Seite ist der deutsche General Klaus Naumann, ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses, Mitglied der so genannten "Rudd"-Kommission. Naumann hat 2007 mit anderen ehemaligen Militärs eine Studie verfasst, die "präventive" Angriffe mit Atomwaffen befürwortet. Jetzt bemüht sich die deutsche IPPNW um ein Gespräch mit Naumann, um mit ihm über die vorgeschlagene Atomwaffenkonvention zu diskutieren.

Ban Ki-Moon brachte seine Unterstützung für den Vorschlag einer Atomwaffenkonvention am 24. Oktober im Rahmen einer Rede bei einer Veranstaltung des "East-West-Institute" zum Ausdruck. Er skizzierte fünf mögliche Schritte zur Abrüstung und teilte mit, dass er den Entwurf für eine Atomwaffenkonvention allen UN-Mitgliedsstaaten zugeschickt habe. Es handele sich um einen guten Ansatz.

Ki-Moon forderte die Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrages, also insbesondere die Atomwaffenstaaten, auf, ihre Vertragsverpflichtungen zu erfüllen und Verhandlungen mit dem Ziel der nuklearen Abrüstung aufzunehmen. Für die nukleare Abrüstung könnten entweder sich wechselseitig verstärkende, bisher separate Instrumente zusammengefasst oder eine Atomwaffenkonvention mit einem starkem Verifikationssystem ausgehandelt werden.

Der Modellentwurf für eine Atomwaffenkonvention wurde erstmals 1997 von drei Friedensorganisationen herausgegeben und von Costa Rica bei den Vereinten Nationen eingereicht. Die zweite Auflage erschien 2007 unter dem Titel "Securing Our Survival (SOS)". Der UN-Generalsekretär ist einer von vielen prominenten Politikern, die eine solche Atomwaffenkonvention befürworten.

Am 1. Juli wurde eine Erklärung von Europa-Abgeordneten veröffentlicht, in der sie ebenfalls die Atomwaffenkonvention befürworten. Die Erklärung wurde bislang von mehr als 100 Europaabgeordneten unterzeichnet. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges unterstützen die Schaffung einer Atomwaffenkonvention seit Jahren mit ihrer so genannten "ICAN"-Kampagne.

Am 31-10-2008

"Die USA und Russland müssen den Anfang machen"

Alt-Kanzler Helmut Schmidt (SPD), Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU), der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) sowie der SPD-Politiker Egon Bahr fordern die Atommächte zu Gesprächen über Abrüstung auf. In einem gemeinsamen Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mahnen die vier Staatsmänner: "Das Schlüsselwort unseres Jahrhunderts heißt Zusammenarbeit." Die USA und Russland müssten den Anfang machen, da sie über die meisten Atomsprengköpfe verfügten.

Aber nur über eine enge Zusammenarbeit mit Europa und China könne erreicht werden, auch Staaten einzubeziehen, die nach Atomwaffen strebten oder zumindest die Fähigkeit zu deren Erwerb hätten.

Das Angebot des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew für eine neue gemeinsame europäische Sicherheitsstruktur solle unbedingt ernsthaft geprüft werden, fordern die Staatsmänner. Nicht hilfreich sei die Absicht der Amerikaner, in Polen und der Tschechischen Republik Raketen und Radaranlagen zu stationieren.

Deutschland, das auf Massenvernichtungswaffen verzichtet habe, sei in einer guten Position, die Atomwaffenstaaten zu verpflichten, diese Waffen nicht gegen solche Länder einzusetzen, die nicht nuklear bewaffnet seien. Die Amerikaner sollten deshalb alle Atomwaffen aus der Bundesrepublik abziehen. Wenn der nördliche Teil des Globus stabilisiert werden könne, schaffe dies die Bedingungen für eine nuklearwaffenfreie Welt, betonten Schmidt, Weizsäcker, Genscher und Bahr.

Am 08-01-2009

"Nicht auf Stand"

Der Sprecher der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) Jens-Peter Steffen kritisierte die Debatte des Deutschen Bundestages am Freitag (24. April) zur Abrüstung der Atomwaffen als nicht "auf Stand". „Der existierende Entwurf einer Atomwaffenkonvention, ein UNO-Dokument, wurde mit keinem Wort erwähnt“, so Jens-Peter Steffen.

Steffen verweist darauf, dass sich laut Artikel VI des Nichtverbreitungsvertrages sich die Unterzeichnerstaaten verpflichteten, "in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle".

Die Vorlage einer Nuklearwaffenkonvention oder Atomwaffenkonvention als ein völkerrechtlicher Vertrag zur vollständigen weltweiten Abrüstung von Kernwaffen und dem Verbot von Entwicklung, Test, Herstellung, Lagerung, Weitergabe, Einsatz und Androhen des Einsatzes gibt es laut Steffen seit 1996. Wissenschaftler und Abrüstungsexperten unter der Leitung von IALANA und INESAP erstellten den Angaben zufolge diesen Modellentwurf, den Costa Rica 1997 als offizielles UNO-Dokument (A/C.1/52/7) einreichte.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon griff die Initiative positiv auf: Am 24. Oktober 2008 sprach er sich in einer Rede für das Verhandeln einer Atomwaffenkonvention aus, so Steffen.

Am 24-04-2009

Das Geschäft mit der Massenvernichtung

Die Deutsche Bank ist in Deutschland Nummer Eins bei der Finanzierung von Atomwaffenherstellern. Das geht aus der heute veröffentlichten Studie „Don´t Bank On The Bomb“ der Anti-Atomwaffenkampagne ICAN und IKV pax christi hervor. Die Studie nennt insgesamt 298 Finanzdienstleister aus 30 Ländern, die in Unternehmen investieren, die Atomsprengköpfe sowie Atomwaffen-Trägersysteme entwickeln, produzieren oder warten. Dazu gehören u.a. Raketen, Bomber und U-Boote. Weltweit investieren Finanzinstitute in einer Größenordnung von 235 Mrd. Euro ($314 Mrd.) in 27 Hersteller dieser nuklearen Massenvernichtungstechnik.

Das Geschäft mit der Massenvernichtung

Auch acht deutsche Finanzinstitute sind mit insgesamt knapp 7,6 Mrd. in die Finanzierung von Atomwaffenherstellern verstrickt. Platz 2 nach der Deutschen Bank mit 3,6 Milliarden Euro belegt die Commerzbank, die über Beziehungen zu neun Atomwaffenherstellern im Umfang von ca. 1,8 Milliarden Euro verfügt. Der Allianz-Versicherungskonzern, auf Platz 3, verwaltet selbst bzw. treuhänderisch Vermögenswerte an 12 Atomwaffenherstellern im Umfang von 1,1 Mrd. Euro. Ähnlich hoch ist die Verstrickung der Unicredit-Group, zu der auch die HypoVereinsbank zählt. Sie unterhält Geschäftsbeziehungen zu sechs Atomwaffenherstellern im Umfang von gut 1 Mrd. Euro. Einige öffentliche (Landes-)Banken wie die BayernLB, Helaba und die KfW gehören ebenfalls zu den Finanziers dieser Waffenhersteller. Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland nach den USA, Großbritannien und Frankreich Platz 4 ein.

"Wie bei anderen verbotenen Waffensystemen wie Landminen und Streubomben, sollten Finanzinstitute nicht in Atomwaffen investieren. Auf internationaler Ebene fehlt uns noch ein Verbotsvertrag. Es besteht jedoch bereits ein gesellschaftlicher Konsens, dass Atomwaffen wegen ihren katastrophalen humanitären Folgen niemals eingesetzt werden dürfen", erklärt die IPPNW-Abrüstungsexpertin Xanthe Hall, die zudem Sprecherin der ICAN-Partnerkampagne atomwaffenfrei.jetzt ist. Die IPPNW gehört zu den Gründungsmitgliedern von ICAN Deutschland.

Auch sind der Studie zufolge deutsche Unternehmen an der Herstellung von Atomwaffensystemen beteiligt. Neben Raketenproduzent EADS, an dem die deutsche Regierung mit 10,2 % beteiligt ist, gilt ThyssenKrupp (ThyssenKrupp Marine Systems / TKMS) als Hersteller von atomwaffenfähigen U-Booten. So hat die deutsche Bundesregierung Israel bereits vier U-Boote von ThyssenKrupp geliefert, die auch mit atomwaffenfähigen Marschflugkörpern ausgestattet werden können. Zwei weitere U-Boote sollen folgen. Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert einen Stopp dieser Lieferungen.

Am 10-10-2013

Friedensnobelpreisträger IPPNW gratuliert OPCW

Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), und Friedensnobelpreisträger von 1985 begrüßt die Entscheidung des Nobelpreiskomitees, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) auszuzeichnen „Das Verbot von Chemiewaffen ist eine Errungenschaft der internationalen Zivilgesellschaft und der Diplomatie, ebenso wie das Verbot biologischer Waffen. Jetzt ist es an der Zeit, dass Atomwaffen aufgrund ihrer katastrophalen humanitären Folgen ebenfalls verboten und vernichtet werden,“ erklärt Xanthe Hall, Abrüstungssprecherin der IPPNW.

Wer B- und C-Waffen verbietet, kann auch A-Waffen ächten

Die Eliminierung von C- und B-Waffen sei eine sehr schwierige Aufgabe. Die Überprüfung der Chemiewaffenkonvention verlange eine langjährige intensive Arbeit, hartnäckige Kontrollen durch die OPCW, andererseits aber auch Vertrauen. Trotz dieser Schwierigkeiten seien für B- und C-Waffen Verbotsverträge zustande gekommen. "Die Verifizierung einer Atomwaffenkonvention wäre im Vergleich zu den B- und C-Waffenkonventionen einfacher“, sagt Hall, „es fehlt nur der politische Wille der Atomwaffenstaaten und ihrer Bündnispartner, um nicht nur B und C zu sagen, sondern auch A."

Die Auszeichnung für die OPCW steht sicher auch im Zusammenhang mit den tragischen Opfern des Giftgasangriffes bei Ghuata nahe Damaskus. Aus diesem Anlass erinnert die IPPNW auch an frühere Giftgasopfer zum Beispiel im Iran, wo Überlebende noch heute unter den gesundheitlichen Folgen leiden. Die gegen den Iran verhängten Finanzsanktionen führen jetzt dazu, dass Medikamente zur Behandlung der Opfer fehlen. Um ein politisches Zeichen gegen die Inhumanität dieser Sanktionen zu setzen, haben die deutsche und die schwedische Sektion der IPPNW mit Hilfe des Medikamentenhilfswerks „action medeor“ dringend benötigte Medikamente für die an schweren Lungenerkrankungen leidenden Menschen gespendet. Sie sind am 7. Oktober 2013 in Teheran eingetroffen.

Irakische Truppen setzten das Giftgas im Krieg gegen Iran zwischen 1983 und 1988 ein. Herstellerin eines wichtigen Teils der Produktionsanlagen war damals die im hessischen Dreieich ansässige Firma Karl Kolb. Schätzungsweise 1 Million Menschen wurden den toxischen Substanzen ausgesetzt. Das Giftgas tötete etwa 20.000 Soldaten, rund 100.000 mussten deshalb behandelt werden.

Theoretisch sind Medikamente zwar ausgenommen von den westlichen Sanktionen, in der Praxis ist es für medizinische Einrichtungen in Iran und pharmazeutische Unternehmen aber extrem schwierig, Zahlungen und Versand zu organisieren.

Am 11-10-2013

Aufruf zur Musikblockade am Atomwaffenlager Büchel

Heute haben bei der Staatsanwaltschaft Koblenz 28 Personen Selbstanzeige eingereicht, weil sie den Aufruf zur Musikblockade und Happening am Atomwaffenlager Büchel am 11. und 12. August 2013 „Abrüstungsinstrumente. Rhythm beats bombs“ unterzeichnet haben. Weitere 7 Personen schickten ihre Anzeige persönlich an die Staatsanwaltschaft. Damit protestieren sie gegen das Verfahren gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen, der eine Strafe von 600 Euro (30 Tagessätze zu 20 Euro) wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (Nötigung) zahlen soll und solidarisieren sich mit ihm.

„Wir erwarten mit der Abgabe der Anzeigen auch eine juristische Auseinandersetzung mit der Lagerung von Atomwaffen in Deutschland,“ so Roland Blach, Landesgeschäftsführer der DFG-VK Baden-Württemberg und Koordinator der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“. „Unsere Solidarisierung zielt auf die Einstellung des Verfahrens gegen Hermann Theisen,“ erklärt Blach, der sich selbst genauso angezeigt hat wie z.B. Ärzte, Theologen und eine Bundestagsabgeordnete.

Aufruf zur Musikblockade am Atomwaffenlager Büchel:

„Wir haben die Abgabe bewusst auf den heutigen Tag gelegt. Denn heute vor 30 Jahren, am 22. Oktober 1983, gingen Hunderttausende gegen die Stationierung von Atomwaffen u.a. bei der Demo im Bonner Hofgarten und bei der Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm auf die Straße“ so Blach „Leider ist das Thema noch immer sehr aktuell. Von der Abschaffung aller Atomwaffen sind wir noch immer ein weites Stück entfernt, obwohl sich eine überwältigende Mehrheit für ein Verbot dieser Waffen ausspricht und einsetzt, “ sagt er.

Etwa 750 Friedensaktivisten aus Deutschland, mehreren europäischen Ländern und den USA blockierten Mitte August musikalisch und sehr eindrucksvoll 24 Stunden lang sämtliche Tore des Atomwaffenlagers in Büchel. In Büchel lagern trotz eines einmütigen Bundestagsbeschluss vom März 2010 bis zu 20 US-Atomwaffen, deren Bombentyp für bis 10 Milliarden Dollar modernisiert werden soll. Deutsche Piloten üben mit deutschen Tornado-Kampfflugzeugen den Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen. Fast 400 Personen und Organisationen hatten im Vorfeld öffentlich zu der Musikblockade aufgerufen, bei der niemand festgenommen wurde, um Druck auf die deutsche Politik auszuüben.

Hermann Theisen aus Heidelberg hatte ein eigenes Flugblatt mit einem Aufruf zur Blockade verfasst, der leicht vom Blockadeaufruf der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“ abweicht. Exemplare davon hat er zwei Mal vor dem Fliegerhorst Büchel (am 24. April und 22. Mai) sowie ein Mal vor dem Hauptbahnhof Koblenz (am 24. Mai) verteilt. Gegen den vom Amtsgericht Koblenz am 1. August ausgestellten Strafbefehl hat Theisen Einspruch eingelegt.

Im März 2013 forderten bei einer von der norwegischen Regierung eingerichteten Konferenz 132 Staaten energisch nukleare Abrüstung ein, da die katastrophalen humanitären Folgen eines Atomwaffeneinsatzes nicht tragbar seien. Vor diesem Hintergrund ist es brisant, „dass die deutsche Regierung sich auch aktuell weigert, einer internationalen Erklärung beizutreten, die besagt, dass "Atomwaffen nie wieder und unter keinen Umständen eingesetzt werden" dürfen,“ so Martin Hinrichs, ICAN Deutschland (International Campaign to Abolish Nuclear weapons). In einer gerade veröffentlichten Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Grünen heißt es dazu, die Formulierung "unter keinen Umständen" stände im Widerspruch zur Abschreckung der NATO. Dagegen richtete sich am Vormittag der Protest von Atomwaffengegnern vor dem Auswärtigen Amt.

Am 22-10-2013

Ohne russische Zustimmung kein Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland?

CDU, CSU und SPD schieben den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland auf die lange Bank. „Die Formulierung im Koalitionsvertrag ist eine Farce und ein Formelkompromiss. Deutschland versteckt sich hinter Russland und den USA. Ein selbstbewusstes Vertreten von deutschen Interessen ist hier nicht mehr zu erkennen“, erklärt Xanthe Hall, IPPNW-Abrüstungsreferentin und Sprecherin der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“. Wie man es richtig macht, zeigte in dieser Woche das Parlament in den Niederlanden. Es beschloss am 19. November 2013 de facto, die „nukleare Teilhabe“ auslaufen zu lassen.

Die AG Auswärtiges, Verteidigung, Entwicklungspolitik und Menschenrechte hat sich diese Woche im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auf eine Formulierung in puncto Atomwaffen geeinigt, die weit hinter den Beschlüssen der schwarz-gelben Regierung zurückbleibt. Erst müssten die lang ersehnten Abrüstungsgespräche mit Russland erfolgreich enden, bevor Deutschland atomwaffenfrei werden könne.

Im Entwurf des Koalitionsvertrages heißt es: "Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass zwischen den USA und Russland Verhandlungen zur verifizierbaren, vollständigen Abrüstung im substrategischen Bereich beginnen, und entsprechende Schritte beider Partner engagiert unterstützen. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Atomwaffen."

Das niederländische Parlament hat dagegen einen Beschluss gefasst, der die nukleare Teilhabe in Holland bis 2023 beenden könnte. Der Abgeordnete Van Dijk brachte einen Antrag ein, der für das Nachfolgeflugzeug der F-16 eine Atombewaffnung untersagt. Die letzte F-16 wird voraussichtlich 2023 außer Dienst gestellt und durch neue F35 (Joint Strike Fighter) ersetzt.

„Obwohl die Tornado-Flugzeuge in Deutschland durch Eurofighter ersetzt werden, die nicht atomwaffenfähig sind, lässt die Bundeswehr die alten Tornados anscheinend so lange fliegen, bis die Schrauben rausfallen, damit sie weiterhin Atomwaffen einsetzen können,“ sagte Roland Blach, Koordinator der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“. „Wir fordern alle SPD-Mitglieder auf, sich noch einmal gegenüber den Unterhändlern stark zu machen für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland.“

Der US-Botschafter bei der NATO, Ivo Daalder, hatte in einer Rede am 12. November 2013 vor dem Atlantikrat der Logik widersprochen, dass erst erfolgreiche Abrüstungsgespräche mit Russland die Voraussetzung für den Abzug der Atomwaffen aus Europa schaffen würden. Es sei möglich, die europäische Abhängigkeit von den US-Atomwaffen nicht nur zu reduzieren, sondern sie ganz und gar zu eliminieren. In der NATO-Strategie gebe es keine Passagen, die gegen diese Möglichkeit sprechen würden.

Am 21-11-2013

Darf das Atomwaffenlager Büchel blockiert werden?

Das Verwaltungsgericht Koblenz verhandelt am Donnerstag, 27.02.2014, 09:45 Uhr (Deinhardpassage, 1, Sitzungssaal A021), über eine Klage des Heidelberger Atomwaffengegners Hermann Theisen, der auch Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen ist (DFG-VK).

Theisen hatte für Mai 2013 eine Kundgebung vor dem Hauptbahnhof Koblenz angemeldet und dabei angekündigt, einen Blockadeaufruf zu verteilen. Mit dem Aufruf wollte er für die im Sommer 2013 geplanten Sitzblockaden vor dem Atomwaffenlager Büchel mobilisieren und zugleich an die rechtswidrige Verurteilungspraxis von gewaltfreien Sitzblockierern in den 1980er Jahren erinnern.

Dies wurde von der Stadtverwaltung Koblenz untersagt, weil der Aufruf strafbar sei und er den Straftatbestand der Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) erfülle, so die Auffassung der Staatsanwaltschaft Koblenz, der sich die Stadt Koblenz angeschlossen hat. Vor dem Verwaltungsgericht Koblenz geht es um die Frage, ob das Verbot rechtmäßig war. Bei der Verteilaktion wurde der Aufruf durch einen anwesenden Staatsanwalt beschlagnahmt, worauf vom Amtsgericht Koblenz ein Strafbefehl wegen Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten erlassen worden ist. Für einen nahezu identischen Aufruf wurde Theisen vor 25 Jahren zunächst verurteilt, dann in Erzwingungshaft genommen und später freigesprochen, nachdem zuvor von Amts wegen ein Gnadenverfahren eingeleitet worden war, weil das Bundesverfassungsgericht 1995 entschieden hatte, dass gewaltfreie Sitzblockaden bzw. Aufrufe zu Sitzblockaden nicht strafbar sind. Nun sollen Sitzblockaden wegen der sog. Zweite-Reihe-Rechtsprechung aber doch wieder strafbar sein.

Für Theisen ist dies völlig unverständlich, denn entgegen den politischen Bekundungen im Deutschen Bundestag sowie im rheinland-pfälzischen Landtag, die einen Abzug der in Büchel gelagerten Atomwaffen fordern, sollen diese nun nicht abgezogen sondern stattdessen modernisiert werden: "Es ist mit gesundem Menschenverstand schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar, in Deutschland an einer Atomwaffenlogik aus Zeiten des Kalten Krieges festzuhalten, um damit die weltweiten Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt zu konterkarieren", so Theisen.

Roland Blach (Bundessprecher der DFG-VK, Koordinator der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“) erklärt hierzu: „Der Rat der Kampagne "atomwaffenfrei.jetzt" widerspricht entschieden der Auffassung der Staatsanwaltschaft Koblenz, denn gewaltfreie Sitzblockaden aus Protest gegen die Lagerung und Bereithaltung von Atomwaffen sind nach unserer Überzeugung rechtmäßig und geboten.“ Blach ist beschämt, dass sich die Bundesregierung immer noch an die Logik des Kalten Krieges haftet. „145 Staaten haben sich letzte Woche auf der 2. Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen in Mexiko für ein völkerrechtlich verbindliches Verbot dieser Massenvernichtungswaffen ausgesprochen. Deutschland hat sich dagegen gesperrt“ so Blach enttäuscht.

Rechtsanwalt Martin Heiming (Bundesvorsitzender des Republikanischen Anwältevereins und Mitherausgeber des Grundrechtereports) wird Theisen verteidigen.

Am 24-02-2014