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Gabriel warnt in Atomstreit vor Verletzung des Koalitionsvertrages

"Moderator"

Im Streit um den Atomausstieg werden die Töne in der großen Koalition schärfer. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte am Freitag (26. September) in Berlin das Bundeswirtschaftsministerium vor einer Verletzung des schwarz-roten Koalitionsvertrages. Er reagierte damit auf einen Bericht der "Financial Times Deutschland", wonach Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) einen Moderator aus der Industrie einsetzen will, um einen neuen Konsens mit den vier großen Stromkonzernen auszuhandeln.

Der Moderator soll dem Blatt zufolge unter anderem ausloten, ob es eine Möglichkeit gibt, die vier deutschen Stromnetze der Unternehmen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall zu einer Netzgesellschaft zusammenzulegen.

Die Aufgaben des Beauftragten seien aber "nicht begrenzt auf die Frage der Netz AG", zitierte die Zeitung das Wirtschaftsministerium. Er solle offenbar auch ein Abkommen über die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke und Gegenleistungen der Betreiber aushandeln, heißt es in dem Bericht weiter.

Gabriel erklärte dazu, er erwarte, dass sich die Aktivitäten des Bundeswirtschaftsministeriums in der Energiepolitik "auf dem Boden der Koalitionsvereinbarung und des geltenden Rechts bewegen". Dies gelte auch für die mögliche Aufgabenbeschreibung eines Moderators in Sachen Stromnetze. "Eine Verknüpfung der Frage des Stromnetzes mit der Debatte um Laufzeitverlängerungen wäre ein klarer Verstoß gegen die Koalitionsvereinbarung, den die SPD auf keinen Fall hinnehmen wird", betonte der Ressortchef.

Wer diese beiden Fragen miteinander verknüpfe, baue unnötige Blockaden auf und sorge dafür, dass "drängende Themen wie die Zukunft der Stromnetze nicht vernünftig angegangen werden können", fügte Gabriel hinzu.

Am 26-09-2008

"Yes, we do"

Die hessische SPD hat trotz des Störfeuers von Parteivize Jürgen Walter mit großer Mehrheit den Weg für eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung freigemacht. Der Sonderparteitag in Fulda stimmte am Samstag (1. November) mit 95,3 Prozent für den Koalitionsvertrag. Nur acht Delegierte stimmten gegen die Vereinbarung, acht weitere enthielten sich. Der Parteitag beauftragte damit SPD-Chefin Andrea Ypsilanti , sich am kommenden Dienstag (4. November) im Wiesbadener Landtag als Ministerpräsidentin zur Wahl zu stellen.

Walter, der den Koalitionsvertrag wochenlang mit ausgehandelt und im Landesvorstand der SPD beschlossen hat, kündigte in seiner seiner Rede an, auf dem Parteitag gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen, ließ aber offen, ob er am Dienstag Ypsilanti seine Stimme gibt. Er erntete mit diesem Verhalten unter den Delegierten viel Kopfschütteln und bekam kaum Applaus. Bei der entscheidenden Abstimmung war Walter dann nicht im Saal.

Ypsilanti braucht für ihre Wahl alle 56 Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei, nachdem die Darmstädter Abgeordnete Dagmar Metzger am Samstag erneut ihre Ablehnung einer Zusammenarbeit mit den Linken bekräftigte. Sie werde am Dienstag mit Nein stimmen, kündigte Metzger an.

Ypsilanti betonte, Walter habe ihr "in einem Vier-Augen-Gespräch bestätigt, dass er mich wählt". Zudem habe auch Walter im Landesvorstand zugestimmt, dass die Entscheidung des Parteitags die geltende Richtschnur sei.

Mit der Zustimmung der Delegierten zeigte sich die hessische SPD-Chefin zufrieden und dankte für "das überwältigende Vertrauen". Sie freue sich auf die nächste Woche, sagte die 51-Jährige. Zuvor hatte Ypsilanti den Koalitionsvertrag als "gute und solide Grundlage" für eine künftige rot-grüne Minderheitsregierung bezeichnet: "Dieses Regierungsprogramm ist geeignet, Hessen zu einem Land der wirtschaftlichen und ökologischen Erneuerung zu machen." Ganz ähnlich bewerteten die meisten Redner des Parteitages das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen.

Ypsilanti sagte, der Vertrag sei kein "Wunschkonzert", er mute der SPD aber auch "keine schmerzlichen Abstriche" zu. Die SPD habe jetzt die Chance, die Ära von CDU-Ministerpräsident Roland Koch zu beenden und Hessen wieder zu einem sozialen, wirtschaftsstarken und ökologischen Land zu machen. Der Ausbau des Frankfurter Flughafens werde maximal um acht Monate verzögert, der von Kassel-Calden habe ebenfalls eine Chance. Die "Heilslehren des Neoliberalismus", wie ihn die CDU vertrete, schadeten der Volkswirtschaft, weil ihnen die soziale Balance und die soziale Verantwortung fehlten.

"Lasst uns an diese stolze Tradition von Hessen anknüpfen", erinnerte Ypsilanti an 49 Jahre SPD-Regierung in Hessen. Am 4. November, dem Tag der US-Wahl, würden dann "die amerikanischen Wähler sagen können, 'Yes, we can', und die hessischen Abgeordneten, 'Yes, we do'", fügte Ypsilanti in Anspielung auf den Wahlslogan des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama hinzu.

Am 03-11-2008

Die Minister

In Hessen wird es eine schwarz-gelbe Landesregierung geben. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn unterzeichneten am Mittwoch (4. Februar) in Wiesbaden den Koalitionsvertrag. Kurz zuvor hatte Koch die sieben CDU-Minister seines schwarz-gelben Kabinetts vorgestellt. Am Donnerstag soll die neue Regierung in der konstituierenden Sitzung des Landtags vereidigt werden.

Im neuen Kabinett nicht mehr vertreten sind die drei bisherigen CDU-Minister Volker Hoff, Alois Rhiel und Wilhelm Dietzel. Neben Hoff und Rhiel, die schon vergangene Woche ihren Rückzug erklärt hatten, scheidet mit Dietzel auch der bisherige Minister für Umwelt, Energie und ländlichen Raum aus der Regierung aus.

Die bisherige Sozialministerin Silke Lautenschläger übernimmt das Ressort, das fortan die Bereiche Umwelt, Energie Landwirtschaft und Verbraucherschutz abdeckt. Das Sozialministerium, das künftig als Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit firmiert, wird vom bisherigen Kultus- und Justizminister Jürgen Banzer übernommen. Die beiden Ressorts Banzers waren an die Liberalen gefallen.

Banzer, dessen Zukunft in der Regierung auf der Kippe stand, sagte, er freue sich sehr auf die neue Herausforderung. Einziges "Problemfeld" im neuen Ressortzuschnitt sei der Bereich der Gesundheit, erläuterte der Minister. "Weil ich jetzt wahrscheinlich abnehmen muss." Koch wollte sich nicht zu den Wechseln äußern. Er habe die Ministerien so zugeschnitten und verteilt, "weil ich die Aufstellung so für gut halte", sagte der CDU-Chef. Er werde "keine Diskussion über einzelne Personalbestandteile führen".

Ministerin für Wissenschaft und Kunst wird die nordhessische Landtagsabgeordnete Eva Kühne-Hörmann. Der bisherige Generalsekretär der hessischen CDU, Michael Boddenberg, rückt als Minister für Bundesangelegenheiten ins Kabinett.

Die Forderung des Bundes der Steuerzahler nach einer Verkleinerung des Kabinetts wies Koch zurück. So sei es etwa im Fall von Boddenberg so, dass er zwar die Europazuständigkeit an FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn abgetreten habe. "Ein Land von der Größe und dem Gewicht Hessens rechtfertigen es nicht nur, sondern machen es notwendig", in Berlin mit einem Vertreter im Rang eines Minister präsent zu sein, sagte Koch. Ein Staatssekretär sei außerdem nicht günstiger: "Das ist keine Geld-, sondern eine Statusfrage."

Keine Veränderungen gibt es unterdessen im Finanzministerium (Karlheinz Weimar), im Innenministerium (Volker Bouffier) und in der Leitung der Staatskanzlei (Stefan Grüttner).

Die FDP hatte ihre drei Minister bereits am vergangenen Freitag benannt. Neben Hahn, der als stellvertretender Ministerpräsident das Justiz-, Europa- und Integrationsressort bekleidet, gehören Dieter Posch dem Kabinett als Wirtschafts- und Verkehrsminister und Dorothea Henzler als Kultusministerin an.

Am 04-02-2009

Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland

Ein skeptisches Fazit zu den flüchtlingspolitischen Vereinbarungen der möglichen Großen Koalition hat Pater Frido Pflüger SJ, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes Deutschland, gezogen. „Dieser Koalitionsvertrag ist ein Dokument des Misstrauens gegenüber Flüchtlingen“, sagte Pflüger heute in Berlin. Er enthalte nebeneinander positive Bekenntnisse zur nötigen Willkommenskultur und Drohungen von Ausweisung und Abschottung.

Pflüger begrüßte, dass sich Union und SPD grundsätzlich auf eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für Menschen geeinigt haben, die lange Zeit von den Ausländerbehörden nur geduldet wurden. „Das betrifft bis zu 86.000 Menschen, oft Familien, deren Kinder schon in Deutschland geboren sind. Ihnen müssen wir eine Lebensperspektive bieten“, sagte Pflüger, der als Mitglied der Berliner Härtefallkommission täglich mit den humanitären Defiziten der bisherigen Regelung konfrontiert ist. Auch die geplanten Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und die Lockerungen der sogenannten „Residenzpflicht“, die es Geduldeten und Asylsuchenden verbietet, ihre Stadt oder ihren Landkreis zu verlassen, begrüßte Pflüger.

Zum Flüchtlingsschutz in Europa beschwöre der Entwurf zwar die Solidarität der EU-Staaten untereinander und die Einhaltung menschenrechtlicher Standards. „Aber im Mittelmeer ertrinken Flüchtlinge, in Syrien sind wir mit der größten humanitären Katastrophe der letzten Jahrzehnte konfrontiert. Deutschland müsste jetzt konkrete Initiativen ergreifen, damit sichere und legale Fluchtwege nach Europa geöffnet und die Zuständigkeitsregeln für Asylverfahren innerhalb der EU vernünftig reformiert werden. Statt dessen beschränkt sich der Vertrag auf Allgemeinplätze.“

Der Jesuit lobte die Absicht von Union und SPD, das so genannte Resettlement auszubauen, also mehr Flüchtlinge direkt aus Krisenregionen aufzunehmen. „Hier kann Deutschland noch deutlich mehr anbieten“, so Pflüger.

Zur Absicht der Koalitionäre, Asylverfahren für Flüchtlinge aus Balkanstaaten wie Serbien und Mazedonien abzukürzen, sagte Pflüger: „Das ist armselig. Aus diesen Ländern fliehen Angehörige der Roma-Minderheit vor erwiesener und schwerster Diskriminierung, Rassismus und Elend. Aber statt uns damit auseinanderzusetzen, schieben wir sie so schnell wie möglich wieder dorthin ab.“ Stärker als der Flüchtlingsschutz werden letztlich die Ausweisung und Abschiebung akzentuiert. Das erfülle ihn mit Sorge, so Pflüger.

Der Jesuit Refugee Service (Jesuiten-Flüchtlingsdienst, JRS) wurde 1980 angesichts der Not vietnamesischer Boat People gegründet und ist heute als internationale Hilfsorganisation in mehr als 50 Ländern tätig. In Deutschland setzt sich der Jesuiten-Flüchtlingsdienst für Abschiebungsgefangene ein, für geduldete Flüchtlinge und für Menschen ohne Aufenthaltsstatus („Papierlose“). Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Seelsorge, Rechtshilfe und politische Fürsprache.

Am 27-11-2013

IPPNW-Kommentar zum Koalitionsvertrag

Rot-Schwarz will die Energiewende ausbremsen, die Bundeswehr als Interventionsarmee etablieren, Beschlüsse in der Abrüstungspolitik zunichte machen und weiter auf Abschreckung gegenüber Flüchtlingen setzen. „Mit Sorge stellen wir fest, dass wichtige Vereinbarungen zwischen CDU/CSU und SPD einen Rückschritt im Vergleich zum Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Koalition darstellen“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst.

Im Bereich der Energiewende sieht der Koalitionsvertrag die gesetzliche Festlegung eines drastisch reduzierten Ausbautempos der Erneuerbaren Energien vor. Der energiewirtschaftlich wichtige Zubau der preiswerten Windenergie an Land soll weitgehend unterbunden werden, während die energiewirtschaftlich bedeutungslose Offshore-Windkraft der Konzerne weiterhin großzügig vergütet werden soll. Für neue Solaranlagen soll die Möglichkeit der Netzeinspeisung zu wirtschaftlichen Bedingungen in wenigen Jahren beendet werden.

Die Forderung nach dem Abzug der NATO Atomwaffen aus Deutschland ist im Gegensatz zu 2009 nicht mehr enthalten. Stattdessen werden erfolgreiche Abrüstungsgespräche zwischen den USA und Russland zur Vorraussetzung für den Abzug gemacht. Diese Formulierung fällt weit hinter den Bundestagsbeschluss von 2010 zurück, in dem die Fraktionen CDU, SPD, Grüne und FDP gemeinsam von der Bundesregierung gefordert haben, sich in der NATO und gegenüber den amerikanischen Verbündete mit Nachdruck für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen.

In der Sicherheits- und Außenpolitik kündigt der Koalitionsvertrag ansonsten Alt-Bekanntes an. In den kommenden vier Jahren werden von Deutschland aus weder fundamentale Abrüstungsinitiativen noch andere außenpolitische Überraschungen ausgehen. Vielmehr drohen erhebliche Rückschritte auf dem Weg in eine friedlichere Welt. Inwieweit das transatlantische NATO-Bündnis und die EU-Politik dem Frieden dienen, wird nicht thematisiert

In der Flüchtlingspolitik setzt die Koalition weiterhin auf europäische Abschreckungspolitik und baut die Abwehrmaßnahmen an Europas Grenzen aus. Die Grenztruppe Frontex soll vergrößert und mit weiteren Kompetenzen ausgestattet werden. Einige Fortschritte gibt es beim Thema Bleiberecht. Statt humanitäre Antworten auf das Massensterben im Mittelmeer zu formulieren, setzt der Koalitionsvertrag auf Abschottung mithilfe von Drittstaaten.

Am 28-11-2013