Gesetzliche Krankenversicherung: Wer Einkommensnachweise nicht vorlegt, zahlt Höchstbeitrag
Verbraucherzentrale: ‚Strafeinstufung‘ unsozial
- Gesetz sieht Höchstbetrag vor, wenn Einkommensnachweise fehlen
- Belastung unverhältnismäßig für Versicherte mit geringem Einkommen
- Verbraucherzentrale fordert Nachbesserung der gesetzlichen Regelung
Auch bei Personen, die nicht sozialversicherungspflichtig angestellt sind, richtet sich der Beitrag für die gesetzliche Krankenkasse nach den Einkünften. Sie sind verpflichtet, Einkommensnachweise auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen und Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, sieht der Gesetzgeber eine Zwangseinstufung in die höchste Beitragsklasse vor. Für Versicherte, die regulär nur den Mindestbeitrag zahlen müssten, bedeutet dies eine rund vierfache Belastung.
Fallbeispiel: Herr P. aus Hannover zahlt seit Jahren den Mindestbeitrag der gesetzlichen Krankenkasse. Durch eine Krebserkrankung ist er gesundheitlich stark beeinträchtigt. Im Herbst 2015 kümmert er sich nicht mehr um seine Angelegenheiten, reagiert nicht auf Post. Mehrere Aufforderungen seiner Krankenkasse, Einkommensauskünfte vorzulegen, bleiben unbeantwortet. Die Folge: Ab 1. Oktober 2015 berechnet die Krankenkasse den Höchstsatz. Dieser liegt mehr als viermal so hoch wie der eigentlich zu zahlende Beitrag. Nach Besserung seines Zustandes legt Herr P. die geforderten Nachweise vor und zahlt ab März 2016 wieder den Mindestbeitrag. Seiner Bitte, rückwirkend den Beitragssatz zu reduzieren, kommt die Krankenkasse nicht nach. Herrn P. ist damit eine Mehrbelastung in Höhe von rund 2.818 Euro entstanden (3.654 statt 837 Euro).
„Die Krankenkasse hat rechtskonform gehandelt. Die gesetzliche Regelung sieht die Höchsteinstufung vor, sofern Versicherte Einkommensnachweise nicht oder verspätet vorlegen“, erklärt Kai Kirchner, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen.
„Unserer Ansicht nach hat der Gesetzgeber jedoch übersehen, dass diese ‚Strafeinstufung‘ Versicherte mit sehr niedrigen Einkünften besonders hart trifft“, so Kirchner. Mit steigendem Einkommen wird der Unterschied zwischen errechnetem Beitrag und Höchstsatz immer geringer – die Höchsteinstufung wird für den Versicherten damit weniger belastend. „Das Versäumnis ist in allen Fällen gleich zu bewerten. Menschen mit geringen Einkünften werden jedoch unverhältnismäßig stark sanktioniert. Hier sollte der Gesetzgeber nachbessern“, sagt Kirchner.
Eine gerechtere Lösung wäre etwa ein Strafzuschlag von 20 Prozent auf den regulären Beitrag. Zudem sollte die Berechnung auch rückwirkend nach den tatsächlichen Einkünften erfolgen, sofern Versicherte die notwendigen Unterlagen nachreichen.