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Kombilohn für über 50-Jährige

Zuschuss für Arbeitgeber

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering will für über 50-Jährige einen Kombilohn einzuführen. Der Lohnzuschuss solle diese Personengruppe "motivieren, auch einen Job anzunehmen, der geringer bezahlt wird als ihr bisheriger", sagte Müntefering. Laut Müntefering würden Arbeitgeber nach diesen Plänen einen staatlichen Zuschuss in einer Größenordnung "irgendwo zwischen 20 und 40 Prozent des Lohnes" erhalten. Die Arbeitgeber sollen den Zuschuss erhalten, wenn sie einen älteren Arbeitslosen "für mindestens ein Jahr" beschäftigen. Die Initiative 50plus soll aber eigentlich erst am Mittwoch vorstellt werden.

Müntefering fügte hinzu, er gehe davon aus, dass durch die vorgesehenen Maßnahmen insgesamt 100 000 Menschen eine Chance auf einen "Arbeitsplatz" bekämen.

Zudem sollen die Maßnahmen zur Qualifizierung älterer Arbeitnehmer nach dem Willen Münteferings über das Jahresende hinaus verlängert werden. Außerdem wolle er dafür werben, dass auch Betriebe bis 200 oder 250 Beschäftigten in diese Begünstigung einbezogen werden.

Der Vizekanzler erhofft sich von seiner Initiative für ältere Arbeitslose auch einen "Bewusstseinswandel". In einer älter werdenden Gesellschaft müssten die über 50-Jährigen wieder mehr "Chancen im Erwerbsleben" bekommen, sagte er. In Deutschland müsse man sich wieder bewusst werden, dass die über 50-Jährigen noch etwas könnten und sie nicht so früh aus der Arbeitswelt herausgedrängt werden dürften, "wie das leider in den letzten 20 Jahren der Fall gewesen ist".

Die Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer kritisierte, dass die Regierung zeitgleich die Frühpensionierung von 15.000 Beamten bei Post, Postbank und Telekom fördern wolle. Stoiber bezeichnete das Vorhaben hingegen als "sehr interessant". Er könne dem Vorstoß Münteferings "viel Sympathie" abgewinnen. Brauksiepe sagte, der Vorstoß gehe "in die Richtung, in die wir auch denken". Brandner betonte, die gezielte Unterstützung älterer Arbeitnehmer erhöhe deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Am 17-07-2006

Niedrig- und Spitzenlöhne

Nach Darstellung einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie gibt es in Deutschland inzwischen eine gewaltige Schere zwischen extrem niedrigen und extrem hohen Löhnen. Deutschland sei in dieser Hinsicht vergleichbar mit Großbritannien und sogar mit den USA. Während der 1990er Jahre habe der Abstand von niedrigen zu mittleren und hohen Löhnen in Deutschland sehr stark zugenommen. Mittlerweile sei die so genannte "Lohnspreizung" größer als in vielen anderen nord- und westeuropäischen Ländern, so das Ergebnis des Wuppertaler Professors für Volkswirtschaftslehre, Ronald Schettkat. Gleichzeitig sei die Arbeitslosigkeit unter Personen ohne Berufsabschluss in Deutschland erheblich gestiegen. "Die Entwicklung steht im Widerspruch zur verbreiteten These, dass gering Qualifizierte bessere Beschäftigungschancen haben, wenn ihre Löhne vergleichsweise niedrig sind." Dieser Widerspruch sei kein Einzelfall. Auch in anderen europäischen Ländern oder in den USA lasse sich "kein Beleg dafür finden, dass eine geringe Lohnspreizung Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich vernichtet - wohl aber zahlreiche Indizien, die diesem Zusammenhang widersprechen".

In der Untersuchung analysiert Schettkat den aktuellen Stand empirischer Forschung zum Zusammenhang von Lohnspreizung und Beschäftigung. Dabei zeige sich: Schon die Behauptung, Tarifsystem und staatliche Transfers führten in Deutschland zu einer besonders "komprimierten" Struktur der Löhne, die wiederum die Arbeitsmarktchancen von gering Qualifizierten schmälere, sei längst überholt: "Die Diagnose einer relativ engen, stabilen deutschen Lohnstruktur beruht offenbar auf einer Begrenzung der Analysezeitraumes bis Mitte der 1990er Jahre einerseits und auf einer Eingrenzung des analysierten Personenkreises auf vollzeiterwerbstätige Männer andererseits", schreibt Schettkat.

Tatsächlich aber arbeiteten in Deutschland überproportional viele Frauen und Teilzeitkräfte für Niedriglöhne. "Wer diese Gruppen ausklammert, kann den Niedriglohnsektor in Deutschland nicht richtig erfassen."

Ein nach Schettkats Analyse realistisches Bild liefere die europäische Statistikbehörde Eurostat. Die Statistiker der EU untersuchten 2005 die Lohnstrukturen in den Mitgliedstaaten. Dabei verglichen sie die zehn Prozent der niedrigsten Arbeitseinkommen mit jenen, die auf der Lohnskala im oberen Zehntel rangieren. Deutschland sei demnach gleichauf mit Großbritannien gelegen, dem Land, das, so Schettkat "bisher als Spitzenreiter hinsichtlich der Lohnspreizung in Westeuropa galt." Setze man die untersten zehn Prozent mit den mittleren Einkommen ins Verhältnis, weise Deutschland sogar die größte Spreizung in Westeuropa auf.

Deutschland im Vergleich mit den USA

Auch im Vergleich zu den Vereinigten Staaten erscheine die deutsche Lohnstruktur nicht "gestaucht". In den USA gebe es zwar insgesamt betrachtet eine größere Lohnspreizung. Doch diese beruhe auch auf einer großen Spanne innerhalb der Spitzeneinkommen. "Der Lohnabstand zwischen ungelernten Arbeitnehmern und ihren Kollegen mit Berufsausbildung ist in Deutschland deutlich größer als in Amerika", so Schettkats Analyse. Im unteren Lohnbereich lägen sowohl der gesetzliche US-Mindestlohn "als auch das als faktischer Mindestlohn geltende Arbeitslosengeld II in Deutschland" ungefähr gleich hoch - bei einem Drittel des Durchschnittslohns.

Amerikanische Untersuchungen fänden zudem keinerlei Belege dafür, dass zu hohe Löhne einfache Beschäftigung verhinderten. So sei in den 1980er Jahren die realen US-Mindestlöhne gesunken, der Anteil gering Qualifizierter an den Beschäftigten aber dennoch nicht angestiegen. "Wenn sich der US-Mindestlohn hingegen erhöhte, ging das nicht mit Beschäftigungsverlusten einher." Stattdessen sei die Lohnverteilung zusammengerückt. "Die höhere Dichte nach Anhebung der Mindestlöhne ist ein Indiz dafür, dass Jobs mit Löhnen unterhalb des neuen Mindestlohns nicht einfach wegfallen, sondern vielmehr auf den Mindestlohn angehoben werden", so Schettkat.

Die Ergebnisse legen nach Auffassung von Schettkat nahe, dass nicht die deutsche Lohnstruktur die überproportionale Arbeitslosigkeit unter gering Qualifizierten verursache. Entscheidend sei vielmehr ein anderer Faktor. Der technische Fortschritt erfordere immer mehr qualifizierte Arbeit. Deshalb würden in allen hoch industrialisierten Volkswirtschaften weniger Menschen mit geringerer Ausbildung beschäftigt.

Am 14-11-2006

Arbeitgeber drohen

Die Rufe aus der SPD nach höheren Löhnen stoßen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Skepsis. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte am Montag vor einer Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. SPD-Chef Kurt Beck bekräftigte dagegen seine Forderung nach "angemessenen" Lohnerhöhungen. Er kündigte zugleich ein baldiges Gespräch mit Merkel über Investivlöhne an. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, die Politik solle sich mit Empfehlungen zu Lohnsteigerungen zurückhalten.

Zwar müsse man darüber nach Ansicht der Kanzlerin bei gesunden Betrieben und Branchen, "die einen richtigen Boom erleben", nachdenken. Bei allen Lösungen müsse aber Rücksicht auf Betriebe und Branchen genommen werden, "die bestimmte Lohnerhöhungen zum Beispiel nicht so gut verkraften".

Hundt sagte, der Wirtschaftsaufschwung dürfe nicht durch "überzogene Tarifabschlüsse" gefährdet werden. Ziel müsse es vielmehr sein, Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Auch in der kommenden Tarifrunde könne nur verteilt werden, "was vorher erwirtschaftet wurde". IG-Metall-Chef Jürgen Peters kritisierte, bislang hätten die Arbeitgeber den Arbeitnehmern ihren Anteil am Erwirtschafteten verwehrt.

Beck warb nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin für "angemessene" Lohnerhöhungen. Diese seien sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit als auch zur Belebung der Binnenkonjunktur sinnvoll.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte: "Es ist Tatsache, dass im Moment die Wirtschaft wirklich anfängt zu brummen." Es müsse "eine gerechte Teilhabe" der Arbeitnehmer "auch am Erarbeiteten geben". Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte ebenfalls, der wirtschaftliche Aufschwung müsse sich in einer "verbesserten Lohnstruktur" niederschlagen.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, der wirtschaftliche Aufschwung sollte sich zwar auch "in den Löhnen abzeichnen". Die Sozialdemokraten müssten sich aber "überlegen, was sie für einen Unsinn mit der Mehrwertsteuererhöhung beschlossen haben". Dieser Schritt werde den Aufschwung bremsen - "und vor allem ist deutlich weniger in den Geldbeuteln der Menschen".

Der Vorsitzende der Links-Fraktion, Oskar Lafontaine, nannte das Verhalten von Beck unglaubwürdig. Der SPD-Chef fordere Lohnerhöhungen und rede "im gleichen Atemzug einem Investivlohn das Wort, der den Beschäftigten weniger Geld in der Tasche lässt". "Wenn Kurt Beck meint, der Investivlohn könne ein Prozent zusätzliche Lohnsteigerung bringen, wenn es bei zwei Prozent mehr Geld auf dem Lohnzettel bleibt, betreibt er das Werk der Unternehmerverbände, den Investivlohn zur Lohndrückerei zu nutzen. Während die IG Metall eine angesichts der Unternehmensgewinne vollkommen angemessene Lohnforderung von fünf bis sieben Prozent plant, fällt ausgerechnet der SPD-Vorsitzende mit seinem 2+1-Investivlohn den Gewerkschaften in den Rücken."

Die Sozialdemokraten wollen bis zum "frühen Frühjahr" einen Vorschlag zum Investivlohn vorlegen. Beck sagte, das SPD-Präsidium habe die von ihm eingeleitete Initiative "in vollem Umfang" begrüßt. Dies gelte auch für Vizekanzler Franz Müntefering (SPD), der sich in dieser Frage bislang zurückhaltend geäußert hatte. Eine Arbeitsgruppe solle nun konkrete Lösungen ausarbeiten.

Beck betonte, beim Investivlohn sollten "selbstverständlich tarifliche und betriebliche Lösungen im Vordergrund stehen". Notwendig seien differenzierte Regelungen auf freiwilliger Basis für kleine Betriebe und Großunternehmen.

Am 04-12-2006

Konsum als Säule

Bei den 2007 anstehenden Tarifverhandlungen besteht nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ein durchschnittlicher Erhöhungsspielraum von drei Prozent. Das sei als Schnitt vertretbar, aber nicht unbedingt in jedem Bereich, sagte DIW-Chefvolkswirt Alfred Steinherr am Mittwoch in Berlin. Die Lohnforderungen der Gewerkschaften müssten jedoch unterhalb der Summe aus Produktivitäts- und Lohnzuwachs bleiben, meint der Wirtschaftsforscher.

Eine durchschnittliche Tariferhöhung von drei Prozent würde bei einer Kerninflation von etwas unter 1,5 Prozent und einem Produktivitätszuwachs von 1,5 Prozent "die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht schwächen", so der Wirtschaftswissenschaftler. Die abhängig Beschäftigten in der Bundesrepublik hätten viele Jahre lang eine ausgeprägte Zurückhaltung bei ihren Lohnsteigerungen geübt. "In den meisten Bereichen ist die Ertragslage der Unternehmen deutlich verbessert", hob der DIW-Chefökonom hervor. Irgendwann müsse auch der Konsum in Deutschland wieder zur tragenden Säule werden.

Das DIW hatte am Mittwoch in seiner jüngsten Konjunkturprognose eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland mit Wachstumsraten von 1,7 Prozent in diesem und 2,5 Prozent im nächsten Jahr vorhergesagt. Die am 1. Januar erfolgte Mehrwertsteuererhöhung werde zwar Spuren zu Jahresbeginn hinterlassen, das insgesamt positive Gesamtbild aber nicht stören.

Am 03-01-2007

Franz gegen garantierten Billiglohn

Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn spaltet angeblich die "Wirtschaftsweisen". Der Leiter des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsförderung (ZEW), Wolfgang Franz, hält den neuen Mindestlohn-Vorschlag von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) für überflüssig. Dagegen befürwortet der Würzburger Ökonom Peter Bofinger einen "Mindeststundenlohn" von vorläufig 4,50 Euro. Die beiden hochbezahlten "Experten" gehören dem Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an.

"Eine gesetzliche Neuregelung brauchen wir wirklich nicht", sagte Franz dem "Mannheimer Morgen". Unverhältnismäßig niedrige Löhne seien bereits heute sittenwidrig. Entsprechende Regelungen stünden im Gesetz über Arbeitsbedingungen aus dem Jahr 1952 sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Franz erinnerte an Berliner Hotels, die ihre Bettwäsche in Polen waschen ließen: "Arbeiten, die sich hier nicht mehr lohnen, werden eben anderswo ausgeführt." Auch in speziellen Branchen wie dem Friseurgewerbe seien Mindestlöhne kontraproduktiv. Den Betroffenen werde nicht geholfen, "wenn ihre Kunden sich zu Hause oder schwarz die Haare schneiden lassen", warnte Franz.

Der Wirtschaftsexperte Bofinger unterstützt dagegen die Mindestlohn-Pläne Münteferings. Er schlägt vor, "bei einem Mindestlohn von 4,50 Euro pro Stunde einzusteigen und dann den Spielraum nach oben auszuloten", wie er der "Rheinischen Post" sagte. Diese Aufgabe solle eine politikunabhängige, so genannte "Expertenkommission" übernehmen.

"Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass auf diese Weise in Deutschland ein Mindestlohn von sieben Euro pro Stunde erreicht werden kann, ohne dass es zu negativen Beschäftigungseffekten kommt", so Bofinger.

Darüber hinaus plädiert der Würzburger Ökonom für das angelsächsische Modell der negativen Einkommensteuer. So solle ein staatlicher Zuschuss sicherstellen, dass der Mindestlohn zur Existenzsicherung ausreiche. "In fast allen anderen europäischen Ländern gibt es eine Lohngrenze nach unten. In keinem Land führt das bei Geringqualifizierten zu erhöhter Arbeitslosigkeit", so Bofinger.

Am 27-03-2007

Zustimmung im Bundesrat

Die rund 850.000 Gebäudereiniger in Deutschland sind künftig offenbar besser vor Lohndumping geschützt. Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf die Branche zu. Der Bundestag hatte die Ausweitung bereits vor drei Wochen beschlossen. Mit dem bislang auf den Bau beschränkten Gesetz können Tariflöhne per Rechtsverordnung für allgemein verbindlich in dieser Branche erklärt werden. Im Gebäudereiniger-Handwerk gilt derzeit ein tariflicher Mindestlohn von 7,87 Euro pro Stunde im Westen und 6,36 Euro im Osten.

Auf die Einbeziehung der Branche in das Gesetz hatten sich Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag verständigt. In der Debatte betonte Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SDP) mit Blick auf die Diskussion über allgemeine Mindestlöhne, um zu vermeiden, dass immer mehr Löhne indirekt aus der öffentlichen Kasse gezahlt werden, brauche man Instrumente wie eine "Entgeltsicherungsschranke".

In Deutschland gebe es 500.000 Arbeitnehmer, die voll arbeiteten und dafür so wenig Geld bekämen, dass sie ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen müssten. Mit dieser Frage will sich der Minister noch in den nächsten Monaten "auseinandersetzen". Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) begrüßte die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf das Gebäudereiniger-Handwerk als wichtigen Schritt gegen Lohndumping in dieser Branche. "Gute Arbeit benötigt faire Löhne", sagte der CDU-Politiker - bezogen auf die Branche der Gebäudereiniger.

Am 30-03-2007

"Arbeitsgruppe Niedriglohn"

Der vermeintliche "Koalitionsstreit" um Mindeslöhne ist nach Auffassung des Parlamentarischen Geschäftsführers der Linksfraktion, Ulrich Maurer, eher eine Abstimmung über "Armutslöhne". Maurer griff Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) scharf an. Dieser sei nur "vordergründig wortradikal". Bei genauem Studium seiner Äußerungen sei "erkennbar, dass Müntefering bereits den Rückzug der SPD von ihren markig per Unterschriftenaktion formulierten Mindestlohnforderungen" vorbereite. Nicht anders ist seine Forderung nach einem "Auffangmindestlohn", der über "Hartz IV" liegen müsse, zu deuten. "Offenkundig" sei Müntefering auch schon mit einem Bruttolohn zwischen 700 und 800 Euro als "Auffangmindestlohn" einverstanden. Damit liege Münteferings "Auffangmindestlohn" irgendwo zwischen 4 und 5 Euro pro Stunde. Die Regierungskoalition scheint sich inzwischen weitgehend einig zu sein. Wenige Tage vor dem geplanten Abschlussbericht der "Arbeitsgruppe Niedriglohn" signalisierte die Union am Freitag "Kompromissbereitschaft" - und verlangte zugleich weitere Einschnitte beim Kündigungsschutz.

Der Arbeitsminister will in der kommenden Woche den Bericht zum Niedriglohnsektor fertig stellen. Am Mittwoch trifft sich dazu die zuständige Koalitionsarbeitsgruppe. Zuvor kommen die Koalitionsspitzen am Dienstagabend zu Beratungen über Mindestlöhne im Kanzleramt zusammen. An dem Treffen sollen neben Müntefering auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Kanzleramtschef Thomas de Maiziere (CDU) teilnehmen. Am Montag berät eine Koalitionsarbeitsgruppe über Regelungen zum Zuverdienst.

Unions-Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe (CDU) sprach sich gegen einen generellen Mindestlohn aus. "Die Forderung nach tariflichen Mindestlöhnen sollte man nicht dadurch belasten, dass man gesetzliche Mindestlöhne noch oben drauf sattelt", sagte er. "Eine Präzisierung und Kodifizierung der Sittenwidrigkeit zusammen mit einer Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes wäre eine durchaus denkbare Lösung."

Vorschläge für Paketlösung mit weiteren Einschränkungen beim Kündigungsschutz

Die "Leipziger Volkszeitung" berichtete derweil unter Berufung auf eine Positionsbestimmung der zuständigen Experten von CDU und CSU für die abschließenden Koalitionsberatungen von "Bedingungen der Union" für ein "Entgegenkommen". Ein hochrangiges Verhandlungsmitglied sagte demnach, sollte es zu einer Öffnung des Entsendegesetzes für alle Branchen kommen, wäre das eine Veränderung der Auftragslage, wie sie sich aus dem Koalitionsvertrag ergibt. Wenn die SPD hier eine Veränderung des Koalitionsvertrages wolle, dann müsse sie beispielsweise beim Kündigungsschutz "nachgeben".

Auch der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Fraktion, Michael Fuchs (CDU), forderte, dass der gesetzliche Kündigungsschutz erst für Unternehmen ab 20 vollbeschäftigten Arbeitnehmern gelten solle. Zudem müsse der Mindestlohn Sache der Tarifparteien bleiben.

Müntefering strebt einen generellen "Mindestlohn" bei gleichzeitiger Aufnahme weiterer Branchen in das Entsendegesetz an. Als Alternative nannte er die Verknüpfung tariflicher Mindestlöhne mit einem "Auffang-Mindestlohn". Dieser solle dort zum Tragen kommen, wo es keine Tarifvereinbarungen gebe.

Für Maurer ist das eine Mogelpackung: "Mit den Forderungen im SPD-Aufruf für Mindestlöhne und den von den Gewerkschaften geforderten Stundenlöhnen hat das nicht mehr das Geringste zu tun."

Am 20-04-2007

Niedriglohnsektor

In der SPD-Fraktion sind laut "Spiegel" seit Jahren Zeitarbeitskräfte zu Löhnen unterhalb des vergleichbaren DGB-Tarifs beschäftigt. So arbeiten nach Informationen der Zeitschrift in der sozialdemokratischen Parlamentsvertretung vier Sekretärinnen eines Berliner Personaldienstleisters für 6,70 Euro pro Stunde. In der Probezeit erhielten sie sogar nur 6,50 Euro. Der vergleichbare Zeitarbeitstarif des DGB liegt nach Auskunft der Gewerkschaftszentrale bei 7,03 Euro. Das von der SPD beauftragte Zeitarbeitsunternehmen macht mit der Fraktion offenbar ein gutes Geschäft.

Wie das Magazin weiter berichtet, wendet die beauftragte Zeitarbeitsfirma einen Tarifvertrag des Christlichen Gewerkschaftsbundes an, den SPD-Politiker gemeinhin als "nicht satisfaktionsfähig" bezeichnen. Derzeit treten die Sozialdemokraten innerhalb der großen Koalition für einen gesetzlichen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche von 7,15 Euro (West) und 6,22 Euro (Ost) ein.

Hire and Fire - Kurzzeitige Beschäftigung von zwei Wochen bis zu drei Monaten

Die zuständige Berliner SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Ute Kumpf teilte mit, dass von Seiten der Fraktion seit Anfang 2007 mit der Zeitarbeitsfirma verhandelt werde, um höhere Löhne zu erreichen. Diese Gespräche würden - ihrer Einschätzung nach - zu einer Lohnerhöhung von 7,50 Euro führen. Bereits die derzeit gezahlte Entlohnung liege über dem von der SPD für den Bereich geforderten Mindestlohn von 6,22 Euro, da die beauftragte Zeitarbeitsfirma ihren Sitz im Osten Berlins habe.

Auch würden Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma nur in Ausnahmefällen, etwa bei Krankheit oder Mutterschutz, beschäftigt. Derzeit seien es vier. In der Regel handele es sich um kurzzeitige Beschäftigung von zwei Wochen bis zu drei Monaten.

Die Gewinnspanne für das Zeitarbeitsunternehmen ist offenbar beträchtlich. Den Angaben nach zahlt die Fraktion dem Unternehmen einen Stundensatz von 17,33 Euro.

Am 25-05-2007

"SPD abseits des Mehrheitswillens"

Die Linke hat die SPD zu einem grundlegenden Kurswechsel aufgefordert. "Die entscheidende Frage ist, dass sich Positionen der SPD ändern", sagte Linke-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch am Montag in Berlin. Dazu zähle ein flächendeckender Mindestlohn genauso wie ein Abschied von der Rente mit 67 oder ein Ausstieg aus dem Afghanistan-Militäreinsatz.

"Die Achse der Politik muss sich nach links verschieben", meint Bartsch. Dann könne über Koalitionen nicht nur in den neuen Bundesländern geredet werden. Jedoch schloss er wie führende SPD-Strategen eine Koalition auf Bundesebene derzeit aus. Dafür verfolge die Spitze der Sozialdemokraten zu sehr einen Weg "abseits des Mehrheitswillens" in Deutschland.

Zugleich zeigte sich Bartsch überzeugt, dass ein Wechsel der SPD-Positionen nur eine Frage der Zeit sei. Ursprünglich habe sich die SPD auch gegen einen gesetzlichen Mindestlohn gesträubt. Mittlerweile sei hier ein Kurswechsel erfolgt, gleiches werde auch beim Auslandseinsatz der Bundeswehr folgen. Andernfalls, so sagte der Beauftragte für den Westaufbau der Linken, Ulrich Maurer voraus, werde es größere Parteiübertritte von SPD-Mitgliedern geben.

Am Montag hatte der sächsische SPD-Fraktionsgeschäftsführer Leo Stefan Schmitt sein Parteibuch nach fast 36 Jahren zurückgegeben, um zur Linken zu wechseln.

Am 09-07-2007

Briefträger

Der geplante Mindestlohn im Postsektor hat eine wichtige Hürde genommen. Das Bundeskabinett gab am 19. September grünes Licht für die Aufnahme der Briefdienstleistungen in das Entsendegesetz. Die Deutsche Post und die Gewerkschaft ver.di begrüßten den Beschluss. Den zwischen beiden geschlossenen Tarifvertrag zum Mindestlohn halten die Konkurrenten aber für unvereinbar mit dem Entsendegesetz. Im Kabinett gab es nach Angaben von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) keine Gegenstimmen. Zuvor war der Gesetzentwurf noch geändert worden. Paket- und Kurierdienste sowie Zeitungszusteller werden nicht mehr erfasst.

Müntefering verwies jedoch darauf, dass sich der Antrag der Tarifparteien zur Allgemeinverbindlichkeit des Mindestlohnes ohnehin nur auf die Briefdienste bezogen habe. Brief-Dienstleistungen sei das Einsammeln, Sortieren und Austragen von Briefen.

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Mit der Einschränkung sind laut Müntefering auch Bedenken vom Tisch, der Tarifvertrag könnte dem Entsendegesetz nicht entsprechen, weil er weniger als 50 Prozent der betreffenden Beschäftigten umfasst. Bei den Briefdiensten sei diese Grenze weit übererfüllt. Einbezogen in den Mindestlohn werden laut Müntefering aber auch Paket- oder Zeitungszusteller, die nur ab und zu Briefe austragen. "Alle, die Briefe tragen, sind Briefträger", sagte der Vizekanzler.

Der zentrale Arbeitgeberverband BDA, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Arbeitgeberverband der Neuen Brief- und Zustelldienste sowie der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste sehen im Gegensatz zu Müntefering das 50-Prozent-Quorum nicht erreicht. Nach ihrer Rechnung beschäftigen die im Arbeitgeberverband Postdienste organisierten Unternehmen 119.000 Arbeitnehmer. Diesen stünden mindestens 270.000 Beschäftigte bei Wettbewerbern gegenüber, die nicht in diesem Verband organisiert seien.

Der Personalvorstand der Deutschen Post, Walter Scheurle, und ver.di-Vorstand Andrea Andrea Kocsis lobten den Kabinettsbeschluss und gingen davon aus, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Müntefering dazu stehen, dass der Mindestlohn zum 1. Januar kommt. Kocsis kritisierte zugleich die "Verzögerungsspielchen" der Union.

Müntefering bedauerte, dass die Unions-Fraktion nicht bereit gewesen sei, mit der SPD gemeinsam die Erweiterung des Entsendegesetzes in den Bundestag einzubringen, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen. Der Zeitplan, den Mindestlohn für den Briefsektor zum 1. Januar einzuführen, sei aber noch einzuhalten. Die Erweiterung des Entsendegesetzes müsse aber nun "mit hohem Druck" in Bundestag und Bundesrat verhandelt werden. Nach dem Gesetz will Müntefering im November eine Verordnung in Gang setzen, um den Mindestlohn für allgemeinverbindlich zu erklären.

Nach Auffassung des Bundeskabinetts soll es auch nach dem Wegfall des Briefmonopols Anfang 2008 bei der Mehrwertsteuerbefreiung für Briefe der Deutschen Post bleiben. Müntefering betonte, wenn andere Unternehmen ebenfalls einen flächendeckenden Universaldienst anbieten, könnten sie mit den gleichen Vergünstigungen rechnen.

Die Entscheidung, nur die Briefdienstleister in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen, ist nach Auffassung des Linksabgeordneten Werner Dreibus "keine optimale Lösung". Besser wäre es gewesen, Paket- und Kurierdienste sowie Zeitungszusteller explizit in den Mindestlohn für die Postbranche einzubeziehen.

Damit Lohn-Dumping in der Postbranche zumindest ansatzweise verhindert werden könne, sei jetzt Eile geboten, so Dreibus. Der Beschluss müsse noch vor der Öffnung des Briefmarktes im Januar unter Dach und Fach. Insgesamt habe der Kabinettsbeschluss erneut gezeigt, dass branchenspezifische Lohnuntergrenzen nur eine Notlösung sein könnten. An einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn Die Linke fordere, führe auf Dauer kein Weg vorbei.

Scharfe Töne schlug der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Alexander Ulrich, resümierend an: "Ich fasse das demokratische und ordnungspolitische Leitbild der Bundesregierung zusammen: Private Monopole sind zu fördern, Mindestlöhne abzulehnen und die soziale Gestaltung der Globalisierung wird verschoben. Bis dahin gilt: Diese Bundesregierung ist weder marktwirtschaftlich, noch sozial."

Am 19-09-2007