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Walter, Everts und Tesch plädierten für Links-tolerierte Minderheitenregierung

"Wortbruch"

Der Generalsekretär der hessischen SPD, Norbert Schmitt, hat Belege dafür veröffentlicht, wonach die Ypsilanti-Verräter Carmen Everts, Jürgen Walter und Silke Tesch das Projekt einer von den Linken tolerierten Minderheitenregierung ausdrücklich unterstützt haben. Jürgen Walter hatte auf dem SPD-Parteitag in Rotenburg am 4. Oktober gesagt: "Lasst uns heute die Ampel auf grün stellen, damit wir die Chance haben, dass dieses Land wieder rot wird." Silke Tesch hatte im Deutschlandradio am 12. August gesagt: "Wir müssen doch mit allen Parteien reden und man muss auch mit den Linken reden, welche Vorstellungen sie haben, welche Vorstellungen die Grünen haben, das ist im Fluss und das macht Andrea Ypsilanti." Und hinter der Landesvorsitzenden stehe sie, betonte Tesch damals. Carmen Everts schrieb den Angaben zufolge in einer Email an Norbert Schmitt, Silke Tesch und andere am 29. Oktober: "Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich diesen Weg und die Wahl von Andrea am kommenden Dienstag will. Ich habe selbst diesen jetzigen Prozess – trotz meiner persönlichen Schwierigkeiten - mitinitiiert und vorangebracht."

In der Email von Everts vom 29. Oktober heißt es auch: "Ich habe nachdrücklich darauf hingewiesen, dass wir einen schwierigen Prozess breit und in Anerkennung der unterschiedlichen Sichtweisen und Bedenken geführt haben, dass wir diesen jetzt – trotz der Unzufriedenheiten auf den letzten Metern - zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollen und dass die Wahl am 04.11. keiner öffentlichen Aufforderung weder an mich noch an die ganze Fraktion bedarf, weil wir dies gemeinsam wollen und tun werden. Ich habe auch darauf verwiesen, dass diese KOA-Vereinbarung zwar an dem ein oder anderen Punkt vor verschiedener regionaler Betroffenheit diskutiert wird (und aus unserer Sicht der Flughafenpassus sicher in keiner Weise zu kritisieren ist- im Gegenteil), aber in den Kernthemen natürlich mehr als verdient hat, umgesetzt zu werden."

Gegenüber der "Frankfurter Rundschau" (30. Oktober) hatte Everts, die auch Vorsitzende des Unterbezirks Groß-Gerau ist, vorgebrachte Zweifel an ihrer Person zurückgewiesen und sprach von einem Affront: "Ich will den Regierungswechsel, da braucht es keine Aufforderung." Der Frankfurter Neuen Presse (30. Oktober) sagte sie: "Ich brauche keine Aufforderung, Andrea Ypsilanti zu wählen. Das ist unredlich und ärgert mich. Ich finde dies als einen persönlichen Affront."

Die Äußerungen belegen, dass Walter, Everts und Tesch eindeutig signalisierten, das von der Linken getragene rot-grüne Regierungsbündnis mitzutragen und Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen.

Generalsekretär Norbert Schmitt betonte am 6. November zudem, Ypsilanti habe mit allen Abgeordneten Vier-Augen-Gespräche geführt und alle hätten gesagt, dass sie hinter diesem Weg stünden. Bei der geheimen Probeabstimmung hätten 41 Abgeordnete erklärt, dass sie dem Willen eines Parteitages diesbezüglich folgen würden. "Darüber hinaus gab es entsprechende Äußerungen der drei auch gegenüber anderen in der Partei und auch gegenüber engen politischen Freunden. Vor allem dies macht die Erklärung von dreien der vier so unglaubwürdig", so Schmitt.

Das Verhalten der drei ist nach Auffassung Schmitts "unverantwortlich gegenüber der politischen Willensbildung und der gesamten SPD und hat das Vertrauen in politische Willensbildungsprozesse insgesamt beschädigt." Es widerspreche den Grundprinzipien der menschlichen Fairness, so Schmitt. "Der SPD-Landesvorstand und die Landtagsfraktion waren sich deshalb über alle Teile der Partei – von rechts bis links, von Nord bis Süd - hinweg einig, dass wir von den vier Teilnehmern der gestrigen Pressekonferenz Konsequenzen aus ihrem Entschluss erwarten, bevor über den weiteren Weg in Hessen entschieden werden kann."

Die hessische SPD und Andrea Ypsilanti hätten seit der Landtagswahl im Januar 2008 versucht, im Hessischen Landtag eine Regierungsmehrheit "für den versprochenen Politikwechsel in Hessen herzustellen – für Arbeitnehmerrechte, für ein besseres Bildungssystem, das kein Kind mehr zurücklässt, für eine nachhaltige Wende in der Energiepolitik im Interesse der nachfolgenden Generationen", so Schmitt.

Thierse übt heftige Kritik an hessischen Abweichlern

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die vier hessischen SPD-Abweichler, neben Walter, Everts und Tesch auch Dagmar Metzger, scharf kritisiert. "Die Abgeordneten haben einen Wortbruch abgelehnt und einen anderen Wortbruch begangen", sagte Thierse der Tageszeitung "Die Welt". Das Versprechen, Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zu unterstützen und eine Regierung unter Roland Koch (CDU) zu verhindern, hätten die vier Landtagsabgeordneten gebrochen.

Dafür müssten die Abweichler nun "individuell Konsequenzen bedenken", sagte Thierse weiter. Eine neue Kandidatur von Dagmar Metzger, Jürgen Walter, Silke Tesch und Carmen Everts könne er sich nicht vorstellen, da sie ihre Partei "in eine ausweglose Situation geführt" hätten.

Abgeordnete vermutet Bestechung der Ypsilanti-Verräter durch Energiewirtschaft

Die Energiewirtschaft sieht sich wegen der SPD-Abweichler einem schwerwiegenden, spekulativen Vorwurf ausgesetzt. Die hessische SPD-Bundestagabgeordnete Helga Lopez hatte in der "Wetzlarer Neuen Zeitung" eine Bestechung der Abweichler durch die Industrie vermutet. "Ich hätte nicht erwartet, dass die mächtige Energiewirtschaft doch noch siegt", so Lopez.

Es sei nicht normal, dass nach mehr als 95 Prozent Zustimmung auf dem Parteitag einige plötzlich ihr Gewissen entdeckten. "Vielleicht stimmten ja die Silberlinge", vermutete die Abgeordnete für den Lahn-Dill-Kreis. Die Abweichlerin Dagmar Metzger nahm sie dem Blatt zufolge von ihrer Kritik allerdings aus.