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Konzerninteressen vor Menschenrechtsschutz im Tschad?

Ölförderung

Seit Juli 2003 wird im Tschad Erdöl gefördert und über eine 1100 Kilometer langen Pipeline an die Küste Kameruns transportiert. Das von einem Konsortium der Ölkonzerne Exxon Mobile, Chevron-Texaco und Petronas mit Hilfe der Weltbank durchgeführte größte Investitionsprojekt in Afrika hatte heftige Kritik durch Umweltschutz- und entwicklungspolitischen Gruppen hervorgerufen. Nun hat amnesty international einen Bericht veröffentlicht, der die kontroverse Diskussion wieder entfachen könnte. Er kommt nach der Analyse der Investitionsvereinbarungen zwischen dem Konsortium und den Regierungen von Tschad und Kamerun zu dem Schluss, dass diese auf Jahrzehnte den Menschenrechtsschutz in den beiden Ländern beeinträchtigen könnten.

"Die Vereinbarungen können die Regierungen des Tschad und Kameruns hindern, die Menschenrechte zu schützen", erklärte Mathias John, ai-Experte für wirtschaftliche Beziehungen in einer Presseerklärung. "Dies ist eine Bedrohung für die ohnehin problematische Menschenrechtslage in beiden Ländern." amnesty ruft die Regierungen und die Unternehmen auf, die Investitionsvereinbarungen zu überarbeiten.

In den zum Teil bis 2074 gültigen Vereinbarungen sei festgelegt, dass der Vertragstext im Konfliktfall über nationalem Recht stehe. Bei "Zuwiderhandlung" seien die Staaten zu Schadenersatzzahlung verpflichtet - auch wenn die "Zuwiderhandlung" darin bestehe, Menschenrechte durchzusetzen oder Gesetze zu ihrem Schutz zu erlassen. Die Vereinbarungen stünden damit in beiden Staaten über geltendem wie zukünftigem nationalen Recht. "Das ist völkerrechtswidrig", sagte John. "Es muss ausgeschlossen werden, dass solche Vereinbarungen die Menschenrechtsverpflichtungen der Staaten oder der Unternehmen aufweichen.“

Nichtregierungsorganisationen der "Arbeitsgruppe Erdölprojekt-Tschad-Kamerun" haben das Projekt seit Jahren wegen Umweltschäden, der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung und Menschenrechtsverletzungen kritisiert. So hatte die Umweltschutzorganisation „Freunde der Erde“ bereits vor Beginn der Ölförderung 2003 in mehreren Studien darauf verwiesen, dass der Bau der Ölleitung durch Regenwald und Farmland zum Verlust von Land der dort lebenden Bevölkerung führte und durch die Bauarbeiter Aids, Prostitution und Alkoholmissbrauch in die bis dahin entlegenen Gebiete gekommen sei.

Andererseits wurde – etwa in dem von Brot für die Welt herausgegebenen Buch „Wem gehört das Schwarze Gold?“ – aufgezeigt, dass die Nicht-Regierungsorganisationen im Ringen mit den mächtigen Akteuren des Tschad-Kamerun-Öl- und Pipelineprojekts zwar das Projekt an sich nicht verhindern, aber doch substantielle Verbesserungen für die Bevölkerung erreichen konnten – etwa hinsichtlich der Verwendung und Kontrolle der Erdöleinnahmen, der Umwelt und der Entschädigungen.

Exxon Mobile bekannte sich in seinem „Corporate Citizenship Report 2003“ zu den Grundsätzen der „Allge-meinen Erklärung der Menschenrechte“, soweit sie Unternehmensbelange beträfen und beteilige sich an dem Dialog mit anderen Energieunternehmen, aber auch nicht-staatlichen Organisationen, um zu freiwilligen Grund-sätzen zu Sicherheit und Menschenrechten zu gelangen. Sie zitierte gar amnesty international, dass dem Unter-nehmen „Fortschritte bei der Umsetzung der freiwilligen Grundsätze zu Sicherheit und Menschenrechten bei der Sicherheit im Öl- und Bergbausektor“ attestiert habe.

Demgegenüber verweist amnesty international in seinem aktuellen Bericht auf die anhaltende staatliche Repressionen im Tschad gegenüber Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die sich kritisch über das Projekt und seine Umsetzung äußerten. Eine Investitionsvereinbarung, die festlege, dass der Staat keine Gesetzgebung erlassen solle, die „die Rechte und wirtschaftlichen Vorteile des Konsortiums oder seiner Aktionäre beeinträchtigen.“, nehme dem Staat jedoch Möglichkeiten, die Arbeit der Unternehmen im Hinblick auf die Gewährung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Rechte zu kontrollieren.