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Kabinett will einfachere Freisetzung genmanipulierter Organismen

"Formulierungshilfe"

Die Bundesregierung will offenbar die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen erleichtern. Dazu beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch eine so genannte "Formulierungshilfe für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes", die den Bundestags-Fraktionen "eine schnellere Gesetzeserarbeitung ermöglichen" solle. Die Bundesregierung macht für ihre Initiative die EU verantwortlich: Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, bei Nichtumsetzung der EU-Vorgaben drohe ein Zwangsgeld noch in diesem Jahr. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert, dass mit dem Gentechnik-Gesetz verhindert werden solle, "dass Gentechnik-Skandale publik gemacht werden können". Außerdem verstoße die Bundesregierung mit dem Gesetz gegen die EU-Richtlinie.

Ziel des Gesetzes ist nach Angaben der Bundesregierung, das Gentechnikgesetz möglichst schnell zu verabschieden. Dann könne die EU-Freisetzungsrichtlinie kurzfristig in nationales Recht umgesetzt werden.

Die EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 regele die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt zu Erprobungs- oder Forschungszwecken. Weiter gelte sie für das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen (GVO). Sie trat am 17. April 2001 in Kraft und sei "umgehend in nationales Recht umzusetzen", meint die Regierung.

Bisherige gesetzliche Regelungen

Das Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts vom 21. Dezember 2004 hat den Angaben zufolge bereits Teile der EU-Richtlinie umgesetzt. Eine vollständige Umsetzung stehe aber noch aus. Dies habe der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juli 2004 festgestellt. Die jetzt beschlossene Formulierungshilfe diene vor allem der Vermeidung eines von der EU-Kommission angedrohten Zwangsgeldes.

Der vorliegende Gesetzentwurf regele vor allem Form- und Verfahrensvorschriften, die die Antragstellung, Bearbeitungsfristen sowie Überwachungsmaßnahmen beträfen.

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Novelle des Gentechnikgesetzes befindet sich den Angaben zufolge noch in Vorbereitung. Sie wird nach Aussage von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer voraussichtlich Mitte des Jahres vorgelegt werden. Seehofer sagte diesbezüglich, "dass der Schutz von Mensch und Umwelt bei der geplanten Novelle oberste Priorität besitzt".

Greenpeace: Verstoß gegen die EU-Richtlinie

Nach Auffassung von Greenpeace soll der von Seehofer vorgelegte Entwurf zum Gentechnik-Gesetz "verhindern, dass Gentechnik-Skandale publik gemacht werden können". Der neue Paragraph 28a sehe zahlreiche Ausnahmeregelungen vor, "um die Öffentlichkeit nicht unterrichten zu müssen". Er verstößt damit nach Auffassung der Organisation gegen die europäische Gentechnik-Richtlinie 2001/18/EG, die Transparenz vorschreibe. Das gehe aus einer juristischen Stellungnahme im Auftrag von Greenpeace hervor.

"Mit dieser Geheimniskrämerei soll die kritische Diskussion um Gentechnik in der Landwirtschaft gestoppt werden", meint Henning Strodthoff von Greenpeace. "Gentechnik gerät immer wieder außer Kontrolle." Daher müsse die Öffentlichkeit schnell und umfassend informiert werden. Durch die Ausnahmeregelungen würden die Behörden in der Regel gezwungen, Skandale zu verheimlichen.

Nachdem die alte Bundesregierung im August 2005 gescheitert sei, die Umsetzung der Richtlinie 2001/18 im Bundesrat vollständig durchzusetzen, drohen Deutschland nach Auffassung von Greenpeace nun Strafzahlungen in Höhe von 800.000 Euro pro Tag - "wegen Vertragsbruch". Fieberhaft habe das Seehofer-Ministerium an den notwendigen Ergänzungen gearbeitet, die am Mittwoch im Kabinett präsentiert worden seien.

"Demokratie ohne Transparenz geht nicht", meint Strodthoff. Mit einer "Mittmach-Aktion Sags-dem-Horst" unter www.einkaufsnetz.org ruft Greenpeace zu Protesten auf. Hier könnten Verbraucher Fragen und Forderungen an Seehofer stellen, die anschließend an den Minister übergeben würden.