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verfassungsgericht

Alle Artikel zu diesem Thema

"Ausnahmslos verboten"

Verfassungsgerichts-Präsident Papier unterstreicht absolutes Folterverbot

In den vergangenen Jahren ist in Deutschland wiederholt über die Reichweite des Folterverbots diskutiert worden. Es ging darum, ob Folter durch staatliche Organe in Extremfällen gerechtfertigt sein könnte, um Leben zu retten. Befeuert wurde die Debatte zuletzt durch die gescheiterte Kandidatur des Würzburger Staatsrechtsprofessors Horst Dreier für das Amt des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Dreier vertrat zum Folterverbot eine zumindest unklare Auffassung. Jetzt hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, jeglichen relativierenden Ansichten eine deutliche Absage erteilt. Folter sei "ausnahmslos verboten", sagte Papier. Er äußerte sich beim eher akademisch geprägten "Hochschulgedankenaustausch des Erzbischofs von Freiburg" in Karlsruhe. In dem Vortrag, betonte Papier, dass das Folterverbot ein "grundlegender Aspekt der Menschenwürde" sei.

Bundesverfassungsgericht

Drastische Abtreibungs-Kritik kann verboten werden

Eine mehrdeutige drastische Kritik an Abtreibungen kann verboten werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschieden. Zugleich billigten die Karlsruher Richter die strafrechtliche Verurteilung zweier Abtreibungsgegner wegen Beleidigung eines Gynäkologen, dessen Tätigkeit sie als "Kinder-Mord" bezeichnet und mit dem Holocaust verglichen hatten. Dei beiden Abtreibungsgegner hatten im Oktober 1997 vor dem Klinikum Nürnberg gegen den auf Schwangerschaftsabbrüche spezialisierten Arzt Flugblätter verteilt.

Bundesverfassungsgericht

Kein Schadenersatz für Hinterbliebene des SS-Massakers in Distomo

Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht zu Schadenersatz verpflichtet wegen eines Massakers der Waffen-SS im griechischen Dorf Distomo im Jahre 1944. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte vier Hinterbliebenen der Opfer bereits einen individuellen Schadensersatzanspruch verwehrt. Eine daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde nahm des Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an, wie das Gericht am Freitag in Karlsruhe mitteilte.

Luftsicherheitsgesetz

Pau kritisiert Versuche der "Umgehung" des Verfassungsgerichtsurteils

Nach Auffassung der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion, Petra Pau, suchen SPD und CDU nach Wegen, die Bundeswehr gegen entführte Flugzeuge einzusetzen. Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum so genannten Luftsicherheitsgesetz sei eindeutig: Von Terroristen entführte Passagiermaschinen dürften nicht abgeschossen werden. Kein Staat habe das Recht, Leben gegen Leben abzuwägen. "Seither suchen CDU und SPD nach Wegen, das Urteil zu umgehen", kritisiert Pau. "Der CDU-Innenminister Schäuble will das Grundgesetz ändern. Der SPD-Innenexperte Wiefelspütz will Terror zum Krieg umdeuten."

"Kind braucht beide Eltern"

Verfassungsgericht stoppt Abschiebung eines ausländischen Vaters

Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag die drohende Abschiebung eines serbisch-montenegrinischen Vaters eines deutschen Kindes gestoppt. Die Ausländerbehörden hatten die Aufenthaltserlaubnis des seit 1999 in Deutschland lebenden Vaters einer Fünfjährigen nicht verlängert. Das Bundesverfassungsgericht hob jetzt die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs auf, die dem Mann Eilrechtsschutz verwehrt hatten. Die Gerichte hätten die familiären Bindungen des Vaters an seine Tochter nicht angemessen berücksichtigt und damit dessen Grundrecht auf Schutz der Familie verletzt. Das Verfassungsgericht betonte, der persönliche Kontakt des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil diene in aller Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Die gewachsene Einsicht in die Bedeutung des Rechts des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen habe Auswirkungen auf die Auslegung und Anwendung der ausländerrechtlichen Bestimmungen. Das Verwaltungsgericht muss nun neu entscheiden.

Menschenwürde

Verfassungsgericht stärkt Rechte von Gefangenen nach der Haft

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Strafgefangenen nach Ende der Haftzeit gestärkt. Sie könnten nachträglich die Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung feststellen lassen, wenn die Haftbedingungen möglicherweise die Menschenwürde verletzt hätten, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Werde eine solche Sachentscheidung durch Gerichte abgelehnt, verletze dies das Grundrecht der Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz.

Bundesverfassungsgericht

Heß-Kundgebung in Wunsiedel bleibt verboten

Die für den 20. August geplante Rudolf-Heß-Kundgebung im oberfränkischen Wunsiedel bleibt verboten. Das Bundesverfassungsgericht wies mit einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss einen Antrag des Veranstalters auf Eilrechtsschutz zurück. Damit bleibt das vom Landratsamt Wunsiedel ausgesprochene Verbot in Kraft. Im vergangenen Jahr hatten sich noch rund 4000 Neonazis an dem Aufmarsch zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter beteiligt.

Bundesverfassungsgericht

Kein adäquater Schadensersatz für 84 Wochenstunden Zwangsarbeit bei IG Farben

Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag die Verfassungsbeschwerde von vier ehemaligen NS-Zwangsarbeitern, die vor den Zivilgerichten erfolglos auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geklagt hatten, nicht zur Entscheidung angenommen. Die ehemaligen Zwangsarbeiter wurden nach der Besetzung Polens durch die Deutsche Armee gefangen genommen, weil sie Juden waren. Sie mussten als Häftlinge des KZ Auschwitz-Monowitz Zwangsarbeit in dem dortigen Betrieb der I.G. Farbenindustrie AG leisten. "Unter unmenschlichen Bedingungen und ohne ausreichende Ernährung mussten" die Zwangsarbeiter "etwa 84 Stunden in der Woche schwerste Arbeit verrichten", schreibt das Bundesverfassungsgericht in einer Pressemitteilung. "Sobald Zwangsarbeiter der I.G Farbenindustrie nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden sie der SS zur Ermordung im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau übergeben." Dennoch sah das Bundesverfassungsgericht die Eigentumsrechte der ehemaligen Zwangsarbeiter nicht verletzt. Die gesetzliche Regelung zur Entschädigung von früheren NS-Zwangsarbeitern wurde als "gerechter Interessenausgleich" gebilligt. Dies, obwohl nach Auffassung des Gerichts "die Belastung der deutschen Wirtschaft gemessen an dem den Zwangsarbeitern zugefügten Unrecht und an den den Unternehmen zugeflossenen Vorteilen gering" war.

Bundesverfassungsgericht

Europäischer Gerichtshof soll Gewalt im Straßenverkehr stoppen

Das Festhalten des Bundesverfassungsgerichts an der Auffassung, Gewalt sei im Verkehr "teils unvermeidlich, teils erforderlich", hat den Verein autofrei leben! dazu veranlasst, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde einzulegen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annahm, weil sie "keine Aussicht auf Erfolg" habe und die Verfassungsrichter weitere Begründungen unterließen, hat sich der Verein "autofrei leben!" nun an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt.

Bundesverfassungsgericht

Kopftuch kein Kündigungsgrund für Verkäuferinnen

Muslimischen Verkäuferinnen darf in Deutschland nicht gekündigt werden, nur weil sie mit Kopftuch hinter der Ladentheke bedienen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bestätigte in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss eine entsprechende Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt vom Oktober 2002. Die Karlsruher Richter verwarfen damit die Verfassungsbeschwerde eines Kaufhauses aus dem osthessischen Schlüchtern, das einer 32-jährigen Türkin gekündigt hatte, weil sie sich weigerte, ohne Kopftuch zu verkaufen.