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Verfassungsgericht stärkt Rechte von Gefangenen nach der Haft

Menschenwürde

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Strafgefangenen nach Ende der Haftzeit gestärkt. Sie könnten nachträglich die Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung feststellen lassen, wenn die Haftbedingungen möglicherweise die Menschenwürde verletzt hätten, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Werde eine solche Sachentscheidung durch Gerichte abgelehnt, verletze dies das Grundrecht der Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz.

Die Verfassungsrichter gaben einem Mann Recht, der 19 Monate lang mit einem anderen Gefangenen in einer Zelle von 7,78 Quadratmetern untergebracht war. Dabei war die Toilette nur durch einen Vorhang abgetrennt. Der Kläger sah dadurch sein Schamgefühl zutiefst verletzt. Eine Intim- und Privatsphäre habe es nicht mehr gegeben, betonte er in seiner Verfassungsbeschwerde.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hatte im August 2003 seine Beschwerde gegen die Haftbedingungen als unzulässig verworfen, weil er im Oktober 2002 aus der Haft ins Ausland abgeschoben worden war. Ein Interesse an nachträglicher Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner seit März 2001 bestehenden Unterbringung bestehe deshalb nicht mehr, befand das OLG. Es gebe weder eine Wiederholungsgefahr noch sei ein Rehabilitationsinteresse erkennbar.

Zuvor hatte das Landgericht Mannheim die Haftbedingungen zwar als "grenzwertig", aber zulässig bewertet. Die betroffene Justizvollzugsanstalt sei ein etwa 100 Jahre altes Gebäude mit außergewöhnlich großen Raumhöhen. Die Kubikmeterzahl des Haftraums gewährleiste daher "ausreichend Luft zum Atmen".

Das Bundesverfassungsgericht betonte, das Rechtsschutzinteresse von Gefangenen entfalle nicht mit dem Haftende, wenn eine Verletzung der Menschenwürde durch die Art der Unterbringung in Frage stehe. (AZ: 2 BvR 1514/03 - Beschluss vom 23. November 2005)