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Bundesgerichtshof hebt Anordnung von Beugehaft auf

Juristischer Sieg für Ex-RAF-Mitglieder

Die ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts dürfen im Zusammenhang mit neuen Ermittlungen zu RAF-Anschlägen nicht in Beugehaft genommen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab mit einem am Freitag (15. August) veröffentlichten Beschluss den Beschwerden der drei Ex-Terroristen gegen eine Beugehaftanordnung des BGH-Ermittlungsrichters statt, mit der sie zu Aussagen im Mordfall Siegfried Buback gezwungen werden sollten. Der Sohn des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts, Michael Buback, verlangt derweil die Herausgabe einer unter Verschluss gehaltenen Verfassungsschutzakte. Das Bundesinnenministerium verweigert die Herausgabe.

Mit der "Erzwingungshaft" sollten die Betroffenen dazu angehalten werden, zu dem Mordanschlag auf Buback und seine zwei Begleiter sowie zu einem Granatwerferanschlag auf die Bundesanwaltschaft im selben Jahr Angaben zu machen.

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen im Fall Buback im April 2007 wieder aufgenommen, weil durch neue Zeugenaussagen der Verdacht besteht, dass das ehemalige RAF-Mitglied Stefan Wisniewski der Todesschütze war. Wisniewski wurde nicht wegen des Buback-Mordes verurteilt, Klar, Mohnhaupt und Folkerts hingegen schon. Die Beugehaft hätte bis zu sechs Monate andauern können.

Der Vollzug der Beugehaft war angesichts der Beschwerden bereits ausgesetzt worden. Nun hat der Staatsschutzsenat des BGH in Karlsruhe die Anordnung aufgehoben. Er entschied, dass die drei Ex-Terroristen "mit Recht ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht geltend machen". Zwar könnten sie für die zwei Anschläge nicht mehr belangt werden. Allerdings sei "nicht mit der gebotenen Sicherheit" auszuschließen, dass sie sich hinsichtlich anderer Straftaten, für die sie nicht verurteilt wurden, durch Aussagen der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würden.

Der BGH verwies darauf, dass nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart von 1985 gegen Klar und Mohnhaupt konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zwei Anschläge Teil der "Offensive 77" der RAF waren. Das Urteil enthalte auch Hinweise, dass die Ex-Terroristen an Taten dieser Anschlagsserie beteiligt gewesen sein könnten, deretwegen bislang nicht gegen sie ermittelt wurde. Bei Folkerts geht es dabei um eine mögliche Mitwirkung an der Ausforschung der Lebensumstände des später ermordeten Bankiers Jürgen Ponto, bei Klar und Mohnhaupt um eine mögliche Beteiligung an einem Raubüberfall auf einem Waffenhändler.

Nach Auffassung der Karlsruher Richter ist vor diesem Hintergrund denkbar, dass aus Angaben der früheren Terroristen zum Buback-Mord und zum versuchten Anschlag auf die Bundesanwaltschaft Rückschlüsse auf eine Beteiligung an den beiden anderen Taten gezogen werden könnten. Nach dem in der Strafprozessordnung festgeschriebenen Auskunftsverweigerungsrecht dürfen Zeugen aber schweigen, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass sie sich selbst belasten.

Michael Buback verlangt die Herausgabe einer unter Verschluss gehaltenen Verfassungsschutzakte

Michael Buback wollte die BGH-Entscheidung gegen die Beugehaft nicht kommentieren. Er forderte stattdessen, zur Klärung des Mordes an seinem Vater eine unter Verschluss gehaltenen Verfassungsschutzakte heranzuziehen und sie der Bundesanwaltschaft zu übergeben.

Das Bundesinnenministerium hatte die Akte aus dem Jahr 1982 Anfang dieses Jahres mit einer Sperrerklärung versehen und der Bundesanwaltschaft damit die Einsicht verweigert.

Folkerts kam 1995 auf Bewährung frei, Mohnhaupt im Jahr 2007. Klar sitzt noch in Bruchsal bei Karlsruhe im Gefängnis. Er kann frühestens Anfang 2009 mit seiner Entlassung rechnen. Nach Auskunft eines Sprechers des baden-württembergischen Justizministeriums werden ihm derzeit im Durchschnitt zwei Mal pro Monat Tagesausgänge gewährt - seit April insgesamt zehn. Die Hafterleichterungen dienen der Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit.

(AZ: StB 9/08, StB 10/08, StB 11/08 - Beschluss vom 7. August)