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Bärenklau entwickelt sich zur Plage

Giftiger Urwald in Brandenburg

Die Haut an Armen und Beinen schlägt Blasen, es entstehen stark juckende Entzündungen und Wunden. Was angesichts der Symptome an schwere Verbrennungen erinnert, wird nicht durch Feuer, sondern durch Pflanzen hervorgerufen. Der aus dem Kaukasus eingeschleppte Riesen-Bärenklau hinterlässt schmerzhafte Verletzungen, sobald man bei Sonneneinstrahlung mit ihm in Berührung kommt. "Es ist wirklich eine Qual, je nach Verbrennungsgrad können auch böse Narben zurückbleiben", sagt Wolfgang Funke, Amtsdirektor der ostbrandenburgischen Gemeinde Steinhöfel/Heinersdorf.

Wer im Verbreitungsgebiet zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs ist, sollte lange Hosen und Hemden mit langen Ärmeln tragen. Sonst wird er schnell ein Opfer der bis zu vier Meter hohen Bärenklau-Pflanzen, die sich über Jahre ungehinderten Wachsens an manchen Stellen einen richtigen Urwald gebildet haben.

"Touristen kommen nach diesen Erfahrungen doch nie wieder, wenn sie sich bei hochsommerlichen Temperaturen anziehen müssen wie bei kaltem Wetter", grollt der Amtsdirektor. Er fühlt sich mit der Bärenklau-Invasion allein gelassen. "Die grüne Plage ist eine DDR-Altlast." Für die Beseitigung von Altlasten gebe es zwar Fördermittel, "doch mit dieser speziellen Art fallen wir durch jedes Raster", sagt Funke. In den 60er Jahren aus der Sowjetunion eingeführt, sollte der Riesen-Bärenklau am Institut für Acker- und Pflanzenbau im benachbarten Müncheberg als ertragreiches Futtermittel für Zuchtvieh kultiviert werden.

Doch die extra angelegten Versuchsflächen wurden nach anderthalb Jahren wieder umgepflügt - einerseits auf Grund der unrentablen Ergebnisse, andererseits auch wegen der schweren Verbrennungen, die Institutsmitarbeiter im Umgang mit der Pflanze erlitten. Die Folgen, die sich aus der Weiterverbreitung des Samens ergeben würden, hatte jedoch niemand bedacht. Vor allem nach der Wende, als Felder großflächig stillgelegt wurden, konnte der andere Pflanzen gnadenlos verdrängende Riesen-Bärenklau prächtig gedeihen. "Hier tickt eine Zeitbombe, die niemanden interessiert. Wer die giftige Wirkung nicht kennt, hat Pech", sagt der Amtsdirektor. Er hat festgestellt, dass sich der Bärenklau in südöstliche Richtung keilförmig ausdehnt. "Wenn wir dem nicht Einhalt gebieten, haben wir bald ein deutsch-polnisches Problem."

Acht ABM-Kräfte kämpfen seit drei Monaten mit Motorsägen und geschützt durch spezielle Anzüge, Handschuhe und Brillen gegen die Pflanzenplage. Auf Brachflächen, an Seeufern sowie Feld- und Wegesrändern gehen sie gegen den Bärenklau vor.

Nach Intervention des Amtsdirektors beim Arbeitsamt dürfen die Arbeiter jetzt auch auf private Grundstücke, sofern diese frei zugänglich sind. "Wir müssen flächendeckend ran, sonst nützt die ganze Bekämpfung nichts", sagt Projektleiterin Christel Fielauf. "Bleibt nur eine Pflanze stehen, produziert die Blüte bis zu 10 000 Samen, und das Dilemma beginnt von vorn." Abgeschnittene Blütendolden werden in Säcken gesammelt und später verbrannt. Kleingärten und eingezäunte Gehöfte sind weiter tabu.

Die ABM-Kräfte kommen gegen die teilweise armdicken Stiele nur mühsam voran, das liegt auch daran, weil sie nur bei bedecktem Himmel arbeiten dürfen. Bei Sonneneinstrahlung entwickelt der osteuropäische Import ein phototoxisches Gift, das die schweren Verbrennungen auf der menschlichen Haut hervorruft.

So sehr sich die Bärenklau-Bekämpfer auch ins Zeug legen, ausrotten werden sie den hartnäckigen Fremdling mit dieser Aktion nicht. "Wir hemmen nur das Wachstum, betreiben Schadensbegrenzung. Nur über Jahre ist der Monster-Pflanze wirkungsvoll beizukommen", weiß Projektleiterin Fielauf. Nun soll die Wirkung von Herbiziden an den Fremdlingen ausprobiert werden. Das Pflanzengift sei sehr effektiv, nach sechs Wochen welke der Bärenklau ab. Aber erst über Jahre "eingenebelt", würden die Pflanzen endgültig absterben, sagt Funke.