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Millionen Tierversuche pro Jahr

"Entwürdigt - entstellt - entsorgt"

Anlässlich des Internationalen Tags des Versuchstiers (24. April) weist der Deutsche Tierschutzbund auf die Qualen von Millionen Versuchstieren hin. Rund 2,6 Millionen Nager, Kaninchen, Hunde, Katzen und Affen werden pro Jahr in deutschen Labors bei Tierversuchen eingesetzt. "Ihr Erbgut wird manipuliert, sie werden aufgeschnitten, künstlich krank gemacht oder quälend langsam vergiftet", kritisiert der Tierschutzbund. "Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, landen die Tiere im Müll." Die Organisation wirft Bundesforschungsministerin Annette Schavan vor, sie wende sich "gegen jegliche Einschränkung von Tierversuchen".

Im Mittelpunkt der Proteste der Tierversuchsgegner steht eine Versuchstierrichtlinie der EU, die 2010 verabschiedet werden soll. Der derzeit diskutierte Kompromisstext der neuen EU-Versuchstierrichtlinie, der nach langen Verhandlungen im Dezember 2009 veröffentlicht wurde, bleibt weit hinter den Erwartungen der Tierschützer zurück.

Ausgerechnet Deutschland habe in den monatelangen Verhandlungen dringend notwendige Verbesserungen gekippt oder ihnen die Zustimmung verweigert, so der Tierschutzbund.

Verbandspräsident Wolfgang Apel fordert, dass dem Staatsziel Tierschutz endlich Rechnung getragen wird. "Wir erwarten von der Bundesregierung eine Kehrtwende im Umgang mit Tierversuchen: und zwar sowohl auf EU-Ebene, als dann auch bei der Umsetzung in nationales Recht".

Bundestag beschließt Staatsziel Tierschutz

Tierschützer wollen nach der Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz ein neues Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schächten herbeiführen. Der Bundestag beschloss am Freitag eine entsprechende Verfassungsänderung erwartungsgemäß mit breiter Mehrheit. In namentlicher Abstimmung votierten 543 Parlamentarier für einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen sowie von Union und FDP. Dagegen stimmten 19 Abgeordnete, 15 enthielten sich. Die Ausgangsposition sei damit eine völlig andere, sagte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Schächten Mitte Januar unter Auflagen zugelassen. Am Freitagvormittag wird im Bundestag über einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung abgestimmt. Eine breite Zustimmung gilt als gesichert. Doch ob damit das Schächt-Urteil anders ausfallen würde, darf bezweifelt werden.

Für den Tierschutz eröffne sich damit "eine neue Dimension", sagte Apel. Er verwies darauf, dass das Tierschutzgesetz bisher in der Realität immer dann versagt habe, wenn Grundrechte wie etwa die Freiheit von Forschung und Lehre oder auf Berufsausübung tangiert wurden. Das werde sich nun ändern, gab er sich optimistisch. Unter anderem wollen die Tierschützer die Umstellung auf eine artgerechte Haltung von Nutztieren stärker vorantreiben. Weiter dürften Tierversuche künftig nur dann erlaubt werden, wenn ihr Nutzen zuvor belegt wurde.

Als weiteren Vorteil einer Grundgesetzverankerung nannte Apel, dass Tierschutz auch in der Rechtsprechung einen anderen Stellenwert bekommen werde. Tierquälereien könnten nicht mehr nur mit "kleinen Geldstrafen" sanktioniert werden. Zudem werden deutsche Tierschützer auf internationaler Ebene gestärkt auftreten, sagte er. Denn ein nächstes Ziel sei, den Tierschutz in die Europäischen Verträge aufzunehmen, kündigte Apel an.

Die für Verfassungsänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde am Freitag klar erreicht. Vorgesehen ist, den Schutz der Tiere in Artikel 20a des Grundgesetzes neben dem bereits bestehenden Staatsziel des Schutzes des natürlichen Lebensgrundlagen festzuschreiben. Die Neuregelung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Die Länderkammer, die sich bereits in der Vergangenheit für die Aufnahme eines Staatsziels Tierschutz ausgesprochen hatte, wird sich voraussichtlich frühestens am 21. Juni mit der Vorlage befassen.

Viel Erfolg dürfte dem Ansinnen der Tierschützer, das Schächten zu verbieten, allerdings nicht beschert sein: Ein bloßes Staatsziel Tierschutz wird auch weiterhin gegenüber einem vorbehaltlos gewährten Grundrecht wie der Religionsfreiheit zurücktreten müssen.

Am 17. Mai. 2002

"Transgene Tiere"

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz veröffentlichte am 15. November die "Tierversuchszahlen" für das Jahr 2005. In der Pressemitteilung versucht das Ministerium aber vor allem auf Ersatzmethoden abzuheben: "Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, Ersatzmethoden zu Tierversuchen zügig weiterzuentwickeln. Dies ist auch in der Koalitionsvereinbarung vom 11.11.2005 aufgeführt", heißt es einführend. Erst im fünften Absatz lässt das Ministerium die Katze aus dem Sack: "Im Jahr 2005 wurden in Deutschland insgesamt 2.412.678 Tiere für Versuche und andere wissenschaft­liche Zwecke verwendet. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 147.189 Tieren beziehungsweise 6,5 Prozent." Postwendend folgt der Versuch, den Zahlen die Dramatik zu nehmen: "Dieser Trend ist auch in einigen europäischen Nachbarstaaten zu verzeichnen."

Wie in den Vorjahren stellen die Nager laut Ministerium mit 2.060.546 Tieren beziehungsweise mit 85,4 Prozent die größte Gruppe dar. Es sei hervorzuheben, dass ihr Anteil von 75,1 Prozent im Jahr 2001 bis zum Jahr 2005 "stets anstieg". Diese Steigerung werde nahezu komplett durch den vermehrten Einsatz von Mäusen verursacht.

Insgesamt wurden auch 361.261 "transgene Tiere" eingesetzt. Hier bilden die Mäuse den Angaben zufolge mit 96,4 Prozent den weitaus größten Anteil. "Desweiteren wurden transgene Ratten, Kaninchen, Schweine, Amphibien und Fische verwendet."

Die Zahl der Hunde mit 4.892 und Katzen mit 1.023 habe sich gegenüber dem Vorjahr um 586 beziehungsweise 395 Tiere erhöht. Die Anzahl der Affen und Halbaffen hat sich den Angaben zufolge gegenüber dem Vorjahr um 434 auf 2.105 Tiere erhöht. 72,1 Prozent der Affen würden für toxikologische Untersuchungen beziehungsweise andere Sicherheitsprüfungen eingesetzt. Menschenaffen werden offenbar seit 1991 nicht mehr in Versuchen eingesetzt.

Die Zahl der eingesetzten landwirtschaftlichen Nutztiere sei mit jährlich rund 20.000 Tieren konstant geblieben. Deutlich sei der Rückgang bei den eingesetzten Fischen um 65.684 beziehungsweise 39,3 Prozent. Hier seien insbesondere Reduzierungen innerhalb der Grundlagenforschung um 64.080 und der toxiko­logischen Prüfungen im Umweltbereich um 15.463 Fische zu verzeichnen.

Die Aktivitäten der Bundesregierung zur Vermeidung von Tierversuchen sind angesichts der steigenden Tierversuchszahlen offenkundig ohne Erfolg. So verpuffen scheinbar die Ausgaben des Bundes zur Förderung von "Ersatzmethoden zum Tierversuch". Das Ministerium hat hierfür seit seit 1980 knapp 90 Millionen Euro ausgegeben. Auch die jährliche Vergabe eines "Tierschutzforschungspreises" wirkt eher hilflos.

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte kündigte anlässlich der neuen Tierversuchszahlen ein - nach eigener Darstellung - "praktikables Konzept für tierversuchsfreie Forschung" an. Es werde am 20. November den Bundestagsfraktionen in einem Workshop vorgelegt.

Die seit Jahren ansteigenden Versuchstierzahlen sind nach Interpretation des Verbandes "vor allem auf den Bereich der Gentechnik zurückzuführen, wo allein bei den gentechnisch veränderten Mäusen eine Zunahme um etwa 50.000 Tiere zu verzeichnen ist".

"Während in vielen Forschungsbereichen, wie den Giftigkeitstests, tierversuchsfreie Methoden auf dem Vormarsch sind, hinkt die Gentechnik massiv hinterher", so Kurt Simons, Vorsitzender des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. Auch Prof. Dr. Marcel Leist, Inhaber des ersten Lehrstuhls für In-vitro-Methoden an der Universität Konstanz, sieht im Bereich der Gentechnik einen großen Nachholbedarf, tierversuchsfreie Methoden zu entwickeln.

Am 15. Nov. 2006