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Steinmeier will UN-Soldaten schnell in den Libanon schicken

"Deutschland kann nicht dulden"

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich für einen zügigen Beginn des geplanten Nahost-Einsatzes der Vereinten Nationen ausgesprochen. Die internationale "Friedenstruppe" müsse möglichst schnell im Libanon sein, sagte Steinmeier am Dienstag in den ARD-"Tagesthemen". Die Bundesregierung werde die Entscheidung über eine Beteiligung ohne zeitlichen Verzug fällen und dann so rechtzeitig dem Parlament zur Verfügung stellen, "dass unsere Hilfe für die Stabilisierung des fragilen Waffenstillstands gewährleistet bleibt", sagte der Außenminister.

Steinmeier sagte, dass er seinen geplanten Besuch in Syrien "nach einer israelfeindlichen Rede von Präsident Bashar al-Assad" habe absagen müssen. Es sei verabredet gewesen, gemeinsam nach Wegen aus der Krise zu suchen. Die Rede al-Assads habe jedoch "die Dinge auf den Kopf gestellt". "In einer Situation, in der sich die gesamte Weltgemeinschaft bemühe, den Libanon zu stabilisieren, können Deutschland nicht dulden, dass aus dem unmittelbaren Nachbarland ein Ton angeschlagen werde, der im Grunde genommen die arabische Welt zum Widerstand aufrufe.

Steinmeier betonte, er bleibe weiterhin dabei, dass zu einer nachhaltigen Stabilisierung auch eine konstruktive Rolle Syriens gehöre. Er bedaure, dass ein weiteres Ausloten dieser Rolle nun nicht möglich war.

"Truppenstellerkonferenz"

Am Donnerstagabend findet in New York eine "Truppenstellerkonferenz" für die Nahost-Friedensmission statt. Dort will die Bundesregierung nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg noch keine Zusagen, sondern zunächst einen "Hinweis" geben, "was Deutschland theoretisch leisten könnte". Die Regierung stelle "keinen Blankoscheck" aus und schicke Soldaten "nicht leichtfertig in Abenteuer", versicherte Steg.

Ein Einsatz deutscher Soldaten in der Pufferzone zwischen Israel und Libanon ist mit der Erklärung wenig wahrscheinlich. Mit der "seeseitigen" Sicherung könnte lediglich die deutsche Marine vor der Küste zum Einsatz kommen.

Jung fordert mehr Geld für die Bundeswehr Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat mit Blick auf den Haushalt 2007 mehr Geld für die Bundeswehr gefordert. Vor allem bei der Zahl der geschützten Fahrzeuge sei die Bundeswehr in einem "Grenzbereich" angekommen, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch bei einem Truppenbesuch in Trier. Deshalb seien künftig weitere Finanzmittel zum Schutz der Soldaten notwendig.

Gegenwärtig werden in Trier zehn neue Typen von geschützten Fahrzeugen geprüft, um die Soldaten im Auslandseinsatz besser absichern zu können. Zu den Typen, die eine Erprobung durchlaufen, gehören neben dem verbesserten Modell des traditionellen Bundeswehr-Jeeps "Wolf" auch eine militärische Variante des VW Touareg, der unter dem Codenamen "Frettchen" läuft. Ferner werden Weiterentwicklungen der Mannschaftstransporter "Duro" und "Dingo" getestet sowie ein gepanzerter Transportcontainer für bis zu 18 Soldaten.

Bundesausschuss Friedensratschlag: "Deutschland als omnipräsente Weltmacht" Der Bundesausschuss Friedensratschlag lehnt einen Bundeswehreinsatz im Nahen Osten kategorisch ab. Die Diskussion, die in der Regierungskoalition und zwischen den Oppositionsparteien FDP und Grünen geführt wird, geht nach Auffassung von Friedensratschlag-Sprecher Peter Strutynski "haarscharf an den wirklichen Problemen vorbei".

Die "UN-Mission" verlange Soldaten. Polizeikräfte, die Berlin ins Gespräch gebracht habe, seien in der aufzustellenden Blauhelmtruppe nicht vorgesehen. "Alles andere, nur keine Soldaten in den Nahen Osten zu schicken, bedeutet dabei sein zu wollen, ohne wirklich dabei zu sein. Deutschland als omnipräsente Weltmacht!?"

Strutynski: Tötung "minderwertiger" "Untermenschen" durch die Bundeswehr - kein Problem?

Das häufig vorgebrachte Argument, deutsche Soldaten dürften unter keinen Umständen in eine Lage gebracht werden, auf israelische Soldaten schießen zu müssen, sei aus mehreren Gründen aufschlussreich: So sei dies "ein unfreiwilliges Eingeständnis der mangelnden Neutralität Deutschlands im Nahostkonflikt". Solange Berlin "einseitig" die Position Israels und damit auch der USA einnehme, könne es weder Vermittler, "Makler" oder neutraler Akteur in einer multinationalen Blauhelmtruppe an einem so neuralgischen Punkt sein. Es käme schließlich auch niemand auf die Idee, US-Truppen für einen solchen Job anzufordern.

Außerdem verstecke sich hinter dem Argument ein latenter Rassismus. "Im Umkehrschluss heißt es doch nicht anders als: Auf alles andere, auf islamische Hisbollah-Kämpfer, auf libanesische Soldaten, auf Hamas-'Terroristen', auf irgendwelche anderen 'Araber' kann sehr wohl geschossen werden, nur Israelis sind 'Tabu'", kritisiert Strutynski. Das aber sei "eine nur sehr unvollständige Konsequenz" aus der deutschen Geschichte.

Aus der unheilvollen deutschen Geschichte der millionenfachen Judenvernichtung und der Behandlung anderer, insbesondere slawischer Völker als "Untermenschen" gebe es als wichtigste Lehre zu ziehen, dass Deutschland Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und Religion nie wieder als mehr oder weniger "minderwertig" klassifizieren dürfe. Deutschland müsse das Lebensrecht aller Menschen gleich hoch bewerten. Die Menschenrechte hätten universelle Gültigkeit.

Der Friedensforscher kritisiert auch, dass in Berlin so getan werde, als könne man dem zerstörten Libanon - mit materiellen Kriegsschäden in Milliardenhöhe - nun vor allem mit deutschen Soldaten helfen. Die Mittel, die von einer möglichen Bundeswehrmission in Anspruch genommen würden, seien viel besser in konkreter ziviler Aufbauhilfe aufgehoben. "Gerade weil die deutsche Bundesregierung nichts, aber auch gar nichts unternommen hat, um Israel vom Libanonfeldzug abzuhalten, ist sie moralisch und politisch in der Pflicht, wenigstens jetzt dem zerstörten Land zu helfen", meint der Sprecher des Friedensratschlags.

Die Umsetzung der UN-Resolution 1701 (2006) verlange von den teilnehmenden Blauhelmtruppen zur Sicherung der israelisch-libanesischen Grenze an der "Blauen Linie" strikte Neutralität. Die libanesische Armee, die nun in den Südlibanon einziehe, werde zum Teil aus eingegliederten Kräften der Hisbollah bestehen - "anders wird es keine funktionierende libanesische Armee geben", so Strutynski. Mit ihr gelte es zusammenzuarbeiten, was aber Neutralität voraussetze. Eine solche Neutralität sei im Fall der Bundeswehr nicht gegeben: Außenminister Steinmeier habe mit der Absage seines Syrienbesuchs "deutlich gemacht, dass Deutschland im Nahostkonflikt eindeutig auf der Seite Israels und der USA steht".

"Auch Frankreich und Italien sind nicht neutral"

Es sei natürlich festzustellen, dass auch andere Nationen wie Italien und Frankreich, die sich an der Blauhelmtruppe beteiligen wollten, ebenfalls nicht neutral seien. Für Strutynski stellt sich generell die Frage, ob eine UN-Truppe, auch wenn sie - wie die seit 1978 stationierte UNIFIL - von seither 2.000 auf 15.000 Mann aufgestockt werde, im Friedensprozess des Nahen Ostens hilfreich sein könne. Denn in dem Augenblick, in dem sich die verfeindeten Kriegsparteien nicht mehr an den Waffenstillstand hielten, helfe auch die UN-Truppe nicht.

Hier gälte es vielmehr, politisch auf die Parteien einzuwirken, in einen umfassenden Friedensprozess einzutreten. Genau dies verlangt laut Strutynski "im Grunde genommen auch die Resolution 1701". In Ziffer 18 heiße es unmissverständlich, dass der Waffenstillstand genutzt werden solle, um einen "umfassenden, gerechten und anhaltenden Frieden im Nahen Osten" auf der Grundlage aller "relevanten UN-Resolutionen" herbeizuführen. Aufgeführt würden namentlich die Resolutionen 242 (1967) und 338 (1973), in denen der Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten auf die Grenzen von 1967 verlangt und ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge anerkannt werde. "Und genau hierin liegt auch der Schlüssel für die Lösung so mancher Probleme im Nahen Osten", meint Strutynski.