Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Diagnose MS | Biografie einer Angst mit Multipler Sklerose zu leben

Kampf gegen die Panik

Biografie einer Frau mir MS.  Wie lebt man man der Angst. An multiple-sklerose erkrankt ohne Asusicht auf Gesundung Gegensätzlicher könnte ein Leben kaum sein. Kindheit und Jugend geprägt von Unbeständigkeit, die Lebensrealität im Alter von 33 Jahren von strikten Strukturen durchzogen. „Einblicke“ ist die bedrückende Geschichte der jungen Autorin Cornelia Nienhaus und alles andere als ein lapidare Biografie. Neben den vielen Eindrücken der frühen Jugend verarbeitet sie ihren Schicksalsschlag, der sie 2006 ereilte. Die Diagnose MS (Multiple Sklerose) ist nicht nur ein Befund, sondern katapultiert die lebensbejahende junge Frau in einen Ausnahmezustand der Gefühle. Dennoch charakterisiert sie ungebrochene Lebensfreude – trotz niederschmetternder Diagnosen.

Umzüge und Schulwechsel standen für Cornelia Nienhaus bis zum Teenageralter quasi auf der Tagesordnung. Als die Bocholterin 5 Jahre alt ist, zieht die Familie nach Namibia. Die Eltern haben Fernweh. Mit einem VW-Bully und einem VW-Käfer reisen sie durch Afrika – ein Zigeunerleben. Ihre Schulzeit erleben das junge Mädchen und ihre zwei Brüder in verschiedenen Internaten. Mit 16 kehrt sie zurück nach Deutschland, die Eltern trennen sich.

Bis Anfang 2005 läuft es mehr oder weniger normal: Realschulabschluss, Ausbildung zur Arzthelferin, Anstellung, Beziehungsleben. Dann schleichende Veränderungen: immer häufiger auftretende Angstanfälle verbunden mit Schweißausbrüchen und Atemnot, ein Taubheitsgefühl im linken Zeigefinger bis zur vollständigen Taubheit der Hand und eines Beines, Sehstörungen. Der Befund: Agoraphobie (Angststörungen) und MS.

Wie tückisch und vielgestaltig sich das Erscheinungsbild der Multiplen Sklerose darstellt, weiß sie zunächst nicht. Die Symptome, die davon abhängen, welche Areale von Gehirn und Rückenmark von den Krankheitsprozessen betroffen sind, reichen von Konzentrationsschwäche, Müdigkeit und Schwindel bis hin zu Koordinationsproblemen und schweren motorischen Störungen. Innovativen Therapien ist es zu verdanken, dass es mittlerweile möglich ist, den Verlauf der Autoimmunerkrankung positiv zu beeinflussen und den Alltag der Betroffenen zu erleichtern. Manche Patienten leiden nur vorübergehend, andere dauerhaft. Entzündungen im Rückenmark sind beispielsweise für Gefühls- und motorische Störungen in den Armen und Beinen verantwortlich. Durch Schädigung der Sehnerven kann es zu Sehstörungen und, wie es bei Cornelia Nienhaus zu erwarten ist, im schlimmsten Fall sogar zu beidseitiger Erblindung kommen. Dass die Diagnose dieser neurologischen Erkrankung teilweise aufgrund dessen, dass die Symptome nicht immer eindeutig zuordenbar sind, häufig erst nach längerer Zeit erfolgt und zu einer Odyssee unterschiedlicher Spezialisten werden kann, hat die junge Frau am eigenen Leib erfahren. Wann die totale Dunkelheit über sie hereinbricht und ihr Leben beherrscht, ist ungewiss. Es kann morgen passieren oder erst in 10 Jahren.

Im Gegensatz zu den unbeständigen Jahren in Afrika ist ihr Leben heute stark durchstrukturiert. Der „Panikteufel“ besetzt die Psyche, zwingt die Autorin in eine unerwünschte Isolation und in einen Ausnahmezustand der Gefühle. Ein halbes Jahr verbringt sie in einer MS-Klinik, mittlerweile lebt sie bei ihrem Bruder. Das familiäre Umfeld hilf ihr, den schwierigen Alltag zu meistern. Ein von ihrem Therapeuten ausgearbeiteter Stundenplan, der ein Höchstmaß an Disziplin erfordert, sichert ihr das Überleben: Frühstück um 8:00, Mittagessen um 12:00,... Die zwei Stunden davor bieten die einzige Möglichkeit des Tages, die junge Frau zu besuchen.

Ab und zu schaltet die Autorin den Computer-Bildschirm aus, um sich schon jetzt an das blinde Schreiben zu gewöhnen. Ihr nächstes Buch, eine Fantasy-Geschichte, ist in Arbeit. Das Verfassen ihrer, beim Design Pavoni® Verlag erschienenen Biografie „Einblicke“ hat Cornelia Nienhaus geholfen, ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Sie will Betroffenen Mut machen und zeigen, dass man trotz Krankheit und Angststörungen ein zufriedenes Leben führen kann, wenn man bereit ist, dafür zu kämpfen und hart an sich zu arbeiten. Trotz Panikattacken, zu erwartender Erblindung und der daraus resultierenden Frührente mit 30 gibt die lebensfrohe Frau nicht auf. Ihre Grundstimmung ist positiv, dennoch ist sie vorsichtig.

Ich ziehe den Hut.

Esther Soboll