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Kommunikation: Von der Causa Christian Wulff lernen

Bewusste Kommunikation im Alltag (1)

Christian Wulff und die Fehler der Kommunikation mit der Salami-TaktikGleich mehrere Paradebeispiele für misslungene Kommunikation hat der inzwischen ehemalige Bundespräsident geliefert. Dabei sollte man meinen, dass Politiker in diesen Dingen bestens geschult sind. Wulff hätte Ende letzten Jahres noch alle Chancen gehabt, sich und das Amt zu retten: Wenn er mutig der Wahrheit ins Auge geschaut, seine Fehler eingesehen und schon damals seinen Rücktritt angeboten hätte. Damals war die Mehrheit der Deutschen noch gewillt, ihm zu verzeihen. Fehler macht jeder und wir sind alle Menschen. Außerdem saß das Trauma vom unvermittelten Abgang Köhlers vor zwei Jahren den Menschen noch derart in den Knochen, dass die Mehrheit sich nicht schon wieder an einen neuen Namen gewöhnen wollte. Das hatten die Meinungsumfragen seinerzeit klar gezeigt.

Doch mittels seiner Salami-Taktik, scheibchenweise nur das zuzugeben was ihm bereits hieb- und stichfest nachgewiesen worden war, und solcherart das Volk für dumm zu verkaufen, hat Wulff selbst sein Ende als Bundespräsident herbeigeführt. Es war seine Unglaubwürdigkeit, die ihn das höchste Amt im Staat gekostet hat. Ganz abgesehen von dem gravierenden Fehler, die Presse zu nötigen. Ein Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Pressefreiheit durch den Bundespräsidenten! Wer meinte, solch ein Machtmissbrauch sei nur in Italien möglich, sah sich eines Besseren belehrt.

Wulffs Kommunikationsfehler - der Versuch einer Analyse

Fehler 1: Hinhalte-Taktik - Es dauerte zu lange, bis Wulff sich überhaupt äußerte. Wer jemals mit den Medien zu tun hatte weiß, dass diese die Fakten so lange wiederholen bis es noch interessantere gibt bzw. sehr erfinderisch werden wenn sie keine neuen Infos bekommen. So entstand der erste Imageschaden. Besser wäre es gewesen sich der Presse und der Öffentlichkeit sofort zu stellen.

Fehler 2: Salami-Taktik - Wulff gab schließlich scheibchenweise nur das zu, was man ihm sowieso schon nachweisen konnte. Der Versuch, auf diese Weise Ehrlichkeit und Einsichtigkeit zu demonstrieren, musste scheitern.

Besser wäre gewesen zu agieren statt zu reagieren.

Fehler 3: Nötigung der Presse - Der größte Fehler Wulffs, den er auch noch wiederholte. Er hinterließ mit der Warnung auf der Mailbox des Journalisten einen Beweis, den er hinterher nicht mehr wegdiskutieren konnte. Als ihm das klar wurde, nötigte er die Presse ein zweites Mal, in dem er versuchte, die Veröffentlichung des Anrufinhaltes zu unterbinden.

Besser wäre es gewesen, gar nicht erst zu versuchen Einfluss auf die Presse zu nehmen.

Fehler 4: Ablehnung eines Friedensangebotes - Die BILD-Zeitung ist nicht zimperlich wenn es um interessante Nachrichten geht. Dass sie Wulffs Telefonat zunächst nur mit seiner Zustimmung veröffentlichen wollte, muss man ihr hoch anrechnen. Wulff lehnte jedoch ab – was den Unehrlichkeitsverdacht gegen ihn endgültig besiegelte.

Besser wäre es gewesen, die ausgestreckte Hand zu ergreifen.

Fehler 5: Schauspiel - Das Interview, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen für Wulff arrangierte, war nochmals eine Chance, endlich Farbe zu bekennen. Doch die Reue wirkte nicht echt. Das gut einstudierte Schauspiel wurde als solches durchschaut und Wulffs Umfragewerte zeigten keinen Anstieg.

Besser wäre es gewesen, allen Stolz abzulegen und sich sozusagen dem Lauf des Schicksals zu ergeben, das er ja selbst verursacht hatte.

Fehler 6: Aussitzen - Wulff äußerte sich in den folgenden Wochen immer nur, wenn es gar nicht mehr anders ging. Er gab sich optimistisch und zuversichtlich. Offenbar entging ihm total, wie umstritten er inzwischen war.

Besser wäre es gewesen schnellstmöglich zurückzutreten.

Verpasste Chance

Bleibt die Frage, wo all die Kommunikationsexperten waren, über die doch auch die deutsche Bundesregierung verfügen muss. Der nächste Bundespräsident wäre jedenfalls gut beraten, sich seine Berater diesbezüglich gut auszusuchen. Die Autorin wagt zu behaupten, dass Wulff sich und das Amt hätte retten können - mit einer von Anfang an offensiven und schonungslos ehrlichen Kommunikation. Es hätte weh getan, aber es wäre vorüber gegangen. Wulff war beliebt. Über viele Wochen hinweg war die deutsche Bevölkerung uneins, ob er gehen oder bleiben soll.

Eine riesige Diskussion fand überall im Lande statt. Viele waren geneigt, ihm zu vergeben, nachsichtig zu sein, großherzig. Gute Argumente waren dafür zu lesen und zu hören. Die Stimmung im Land war lange Zeit noch günstig für Christian Wulff gewesen. Er hätte umkehren können. Dass er es nicht tat lässt vermuten, dass er wohl in einem Wolkenkuckucksheim gelebt hat, weit weg von jeglicher Realität. Jetzt hat er nicht nur das Amt beschädigt, sondern auch seinen Ruf - vermutlich dauerhaft.

Uta Pleißner