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EU-Importgenehmigung für Gen-Reis könnte Ernährungssicherheit gefährden

Keine Langzeitstudien über Wirkungen

Umweltverbände fordern die Europäische Union auf, keine Importgenehmigung für gentechnisch veränderten Reis zu erteilen. Die Mitgliedsstaaten der EU haben lediglich bis kommenden Sonntag Zeit, Einspruch gegen den Antrag der Firma Bayer CropScience einzulegen. Bayer hatte als erstes Unternehmen eine europäische Zulassung für genmanipulierten Reis beantragt. Die in Frage kommende Reissorte sei gegen das von Bayer hergestellte Herbizid Glufosinat resistent. Friends of the Earth Europe und die Coordination gegen BAYER-Gefahren befürchten, dass "das weltweit wichtigste Nahrungsmittel in die Hände multinationaler Unternehmen fällt". Dies hätte gefährliche Folgen für die Entwicklungsländer und würde langfristig die weltweite Ernährungssicherheit gefährden. Für rund 2,5 Milliarden Menschen ist Reis das Hauptnahrungsmittel.

Die Verbände geben außerdem zu bedenken, dass bislang keine Langzeitstudien zu möglichen Gesundheitsgefahren für Verbraucher durchgeführt wurden und dass von Bayer durchgeführte Fütterungsstudien an Hühnern von britischen Behörden als "begrenzt aussagefähig" bezeichnet wurden. Außerdem ergaben Untersuchungen an Schweinen eine veränderte Gewichtszunahme bei Fütterung mit Gen-Reis. Im Antrag von Bayer befindet sich keine Abschätzung der Risiken für die fünf EU-Staaten, in denen Reis angebaut wird (Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, Frankreich).

Geert Ritsema von Friends of the Earth sagt: "Genmodifizierter Reis stellt ein Gesundheitsrisiko für europäische Verbraucher dar und kann langfristig die Ernährung von Millionen Menschen außerhalb der EU gefährden. Bei der Beurteilung des Antrags der Firma Bayer hat die EU die moralische Verantwortung, diese Risiken mit zu berücksichtigen." "Eine Import-Genehmigung nach Europa gibt den multinationalen Konzernen grünes Licht, umweltfeindliche Anbaumethoden in Entwicklungsländer durchzusetzen. Das Hauptnahrungsmittel der Welt in die Hände von Unternehmen wie Bayer zu geben wäre ein gefährlicher Präzedenzfall", so Ritsema weiter.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: "Ungeachtet aller Risiken versucht der Bayer-Konzern, die grüne Gentechnik im Markt durchzusetzen. Auch haben sich die Ankündigungen der Konzerne, mittels Gentechnik das Welthunger-Problem zu lösen, als bloße Produkteinführungskampagnen erwiesen. Wir fordern Bayer auf, aus der Produktion von gentechnisch veränderten Pflanzen auszusteigen."

Gentechnik

Die Umweltverbände Friends of the Earth Europe, Coordination gegen Bayer-Gefahren und Gene Campaign (Indien) wenden sich heute in einem gemeinsamen Schreiben an die 25 EU-Mitgliedsländer. Die Initiativen sprechen sich in dem Brief gegen eine Import-Zulassung von gentechnisch verändertem Reis aus. Hintergrund ist der Antrag der Firma Bayer, die Einfuhr von herbizidresistentem Reis als Tierfutter zuzulassen.

Der Antrag sei im Frühjar 2004 schon einmal von der Mehrheit der damals 15 EU-Mitgliedsstaaten abgewiesen worden. Er werde nun in der kommenden Woche erneut von der EU-Kommision und den Regierungen diskutiert.

Suman Sahai, Genetikerin und Direktorin der indischen Initiative Gene Campaign, warnt vor den ökologischen Risiken für ihr Heimatland: Lokal angepasste Reissorten würden durch Hochertragssorten verdrängt, was zu erhöhtem Schädlingsaufkommen, verstärktem Einsatz gefährlicher Pestizide und einer Verringerung der Artenvielfalt führe. "Es wäre von einer bitteren Ironie, wenn asiatische Länder ihr wichtigstes Nahrungsmittel gefährden würden, um Tierfutter für die Fleischindustrie der Industrieländer herzustellen."

Peter Mimkes von der Coordination gegen Bayer-Gefahren fürchtet zudem den Existenzverlust für Millionen von Landwirten. Normalerweise hätten sie ihr Saatgut über Generationen hinweg durch Tausch und Eigenzüchtung herstellen können. Ihnen drohe nun die Abhängigkeit von multinationalen Konzernen, da die Ernte des Gen-Reises nach Patentschutzrichtlinien nicht mehr als Saatgut benutzt werden dürfe.

Am 16. Sep. 2004

"Bedenken von neun EU-Mitgliedsstaaten"

Die Coordination gegen Bayer-Gefahren hat am Mittwoch in einem Brief an die europäische Lebensmittelbehörde EFSA gefordert, keine Import-Genehmigung für gentechnisch veränderten Reis zu erteilen. Die Kritiker wenden sich gegen einen Antrag des BAYER-Konzerns bei der EU aus dem Jahr 2003 auf Zulassung von Importen für Reis der Sorte LL 62. Die Sorte sei resistent gegen das von BAYER produzierte Herbizid Liberty Link mit dem Wirkstoff Glufosinat. Insgesamt neun EU-Mitgliedsstaaten haben den Angaben zufolge Bedenken gegen Liberty Link-Reis geäußert, weswegen die EFSA bis heute keine Zulassung erteilt habe. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert jetzt auch die deutsche Bundesregierung auf, sich bei der EFSA gegen eine Importgenehmigung von LL 62-Reis stark zu machen.

Ende August war bekannt geworden, dass in den USA offenbar eine ebenfalls gegen Glufosinat resistente Reis-Sorte in den Handel gelangt war. Der Langkorn-Reis mit der Bezeichung LL 601 sei "nirgendwo auf der Welt zum Verzehr zugelassen, die gesundheitlichen Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher sind unbekannt", schreibt die Coordination gegen BAYER-Gefahren. Recherchen von Greenpeace deckten Anfang der Woche zudem auf, dass auch in Deutschland Kontaminationen mit LL 601-Reis auftraten, unter anderem in Produkten des Discounters Aldi Nord (ngo-online berichtete).

Für Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren "bestätigt der Fall alle Befürchtungen: eine gentechnisch veränderte Reis-Sorte landet im Handel, ohne dass die gesundheitlichen Risiken bekannt wären oder eine Genehmigung erteilt wäre." Dies müsse Konsequenzen für die Zulassung von Gen-Reis in der EU haben.

Neben den Risiken für die Konsumenten sehen die Bayer-Kritiker insbesondere auch wirtschaftliche Gefahren für die Anbau-Länder, vornehmlich in Asien. Millionen Bauern in den Ländern des Südens, die bislang durch Tausch und Eigenzüchtungen ihr Saatgut selbst produzierten, drohen nach Auffassung von Mimkes in Abhängigkeit von multinationalen Konzernen zu geraten: "Die Verwendung ihrer Ernte als Saatgut wäre wegen des Patentschutzes künftig verboten", kritisiert Mimkes.

Durch den bereits in der "grünen Revolution" beobachteten Konzentrationsprozess würden Millionen Landwirte ihre Existenz verlieren und in die Elendsgebiete rund um die Metropolen abwandern. Zudem würden durch Auskreuzungen einheimische Sorten verdrängt "mit dramatischen Konsequenzen für die Biodiversität und die weltweite Ernährungssicherheit", vermutet Mimkes.

Am 13. Sep. 2006