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Bayer-Kritiker stellen Strafanzeige gegen Manager des Chemiekonzerns

"Kartellbetrug"

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) stellte am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Köln Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden des Bayer-Konzerns, Werner Wenning, sowie den Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider. Der Verein wirft den Managern vor, "die andauernde Beteiligung des Unternehmens an illegalen Preisabsprachen geduldet oder angeordnet zu haben". Der Chemiekonzern sei in den vergangenen Jahren in einer Vielzahl von Fällen des Kartell-Betrugs überführt worden. Allein im abgelaufenen Geschäftsjahr habe das Unternehmen 275 Millionen Euro zur Begleichung von Kartellstrafen zurückstellen müssen. Die Wettbewerbskommissarin der EU, Neelie Kroes, begrüße private Klagen gegen Kartelle.

"Bei diesen Kartell-Absprachen geht es um Summen in dreistelliger Millionenhöhe. Es ist undenkbar, dass Entscheidungen in dieser Größenordnung ohne Wissen des Vorstands getroffen werden", meint Bayer-Kritiker Philipp Mimkes. Der Vorstandsvorsitzende und sein Vorgänger müssten daher persönlich in Haftung genommen werden. "Erst wenn die verantwortlichen Manager Gefängnisstrafen fürchten müssen, kann von einem abschreckenden Effekt ausgegangen werden", so Mimkes.

Illegale Preisabsprachen ziehen sich nach Darstellung der Coordination gegen BAYER-Gefahren "wie ein roter Faden durch die 140jährige Firmengeschichte". Nach Einschätzung des Verbandes bleibt die Mehrzahl illegaler Preisabsprachen unentdeckt. "Die Zeche zahlen Verbraucher und Steuerzahler", so Mimkes. Es sei "nicht einzusehen, dass die Verantwortlichen für Millionen-Betrügereien nicht strafrechtlich belangt werden".

"Der große Umfang derartiger Kartellabsprachen und die Vorsorge in der Bilanzierung belegen" nach Ansicht von Rechtsanwalt Eberhard Reinecke "ganz eindeutig, dass es sich hier nicht um einzelne Ausrutscher, sondern um eine systematische Geschäftspolitik handelt". Der Vorstand der Bayer AG mache sich daher der Veruntreuung schuldig. Für den Anwalt der Bayer-Kritiker ist es eine "gesetzgeberische Fehlleistung ersten Ranges", dass Kartell-Vergehen bislang nur mit Bußgeldern und zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen geahndet würden.

Auf politischer Ebene gebe es neuerdings Bestrebungen, die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes stufe private Klagen gegen Kartelle daher als "zentrales Mittel der Bekämpfung rechtswidriger Absprachen" ein. Nach der Verhängung einer Kartellstrafe von 58 Millionen Euro gegen Bayer kündigte die Wettbewerbskommissarin an: "Ich werde dafür sorgen, dass Kartelle weiterhin aufgedeckt, strafrechtlich verfolgt und bestraft werden. Mit der jüngsten Entscheidung gebe ich ein sehr starkes Signal an die Unternehmensvorstände, dass Kartelle nicht toleriert werden und an die Anteilseigner, dass sie sorgfältig darauf achten sollen, wie ihre Unternehmen geführt werden."

Aufgedeckte Bayer-Kartelle der jüngeren Vergangenheit

Nach Angaben der Coordination gegen BAYER-Gefahren war der Chemiekonzern in den vergangenen Jahren an zahlreichen Kartellen beteiligt. Von 1996 bis 2001 habe der Leverkusener Konzern mit den Konkurrenten Flexsys und Crompton die Preise für Kautschuk-Chemikalien abgesprochen. "Die EU-Kommission verhängte ein Bußgeld von 58,88 Millionen Euro, in den USA zahlte Bayer zusätzlich 66 Millionen Dollar". Im Herbst 2004 sei der Chemiekonzern in den USA zu einer Strafe von 33 Millionen Dollar verurteilt worden. Zwischen 1998 und 2002 habe sich der Konzern zudem an einem Kartell für Polyole beteiligt.

Ebenfalls im Herbst 2004 wurde Bayer den Angaben zufolge zu einer Strafe von 4,7 Millionen Dollar verurteilt. Hierbei sei es um Preisabsprachen beim Verkauf von Acrylonitril gegangen. "Im Oktober 2005 wurde Bayer in Portugal und Brasilien zu Kartellstrafen verurteilt. In beiden Fällen ging es um Pharmazeutika." Die Strafe in Portugal betrug offenbar rund 5 Millionen Euro.

In den USA soll Bayer "über Jahre hinweg" bei Lieferungen an die staatlichen Gesundheitsprogramme "Medicare" und "Medicaid" falsche Preise gemeldet haben. "Dem Staat waren durch die Preismanipulationen jährliche Schäden von rund einer Milliarde Dollar entstanden", schreibt die Coordination gegen BAYER-Gefahren. "Den US-Behörden fielen geheime Firmen-Dokumente zu, in denen die Manipulationen als bewährte 'Marketing-Instrumente' beschrieben wurden. Bayer zahlte die Rekord-Strafe von 257 Millionen Dollar."

In Italien habe der Chemieriese mit Konkurrenzfirmen die Preise für Diabetes-Tests abgesprochen. "Bayer und vier weitere Unternehmen wurden 2003 zu Strafen von insgesamt 30 Millionen verurteilt. Das Kartell lief von 1996 bis 2001." 1997 sei die damalige Bayer-Tochter Haarmann+Reimer zu 50 Millionen Dollar Strafe verurteilt worden, "hinzu kamen Klagen von geschädigten Firmen. H+R hatte von 1991 bis 1995 den Preis für Zitronensäure mit Konkurrenten abgestimmt." Bereits in den 1980er Jahren habe sich das Unternehmen an einem europaweiten Kartell für den Kunststoff Polyethylen beteiligt. "Preise und Quoten der Kartell-Teilnehmer wurden vorab exakt abgestimmt."