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Simonis bei Ministerpräsidentenwahl in Kiel ohne Mehrheit

Unanständige Wahl

Die "Dänen-Ampel" in Schleswig-Holstein steht völlig überraschend auf der Kippe. Bei der Ministerpräsidentenwahl in Kiel verfehlte Amtsinhaberin Heide Simonis (SPD) am Donnerstag in drei Wahlgängen die erforderliche Mehrheit. Im dritten Wahlgang, wo eine einfache Stimmenmehrheit im Landtag ausgereicht hätte, kam es zum politischen Patt. Auf Simonis wie auch auf ihren Gegenkandidaten, CDU-Landeschef Peter Harry Carstensen, entfielen jeweils 34 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit war kein Kandidat gewählt. Der Ältestenrat zog sich daraufhin zu Beratungen zurück und entschloss sich dazu, einen vierten Wahlgang anzusetzen.

SPD und Grüne hatten zu Wochenbeginn den Weg für die Neuauflage ihrer seit 1996 bestehenden Koalition freigemacht. Die Basis beider Parteien billigte auf außerordentlichen Parteitagen jeweils mit großer Mehrheit nicht nur den Koalitionsvertrag, sondern auch die Tolerierungsvereinbarung mit dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen Minderheit. Das Parteienbündnis hat im Landtag nur eine Stimme mehr als CDU und FDP. Die Mehrheit liegt bei 35 Stimmen.

Im ersten Wahlgang stimmten am Donnerstag 34 Abgeordnete für Simonis und 33 für Carstensen. Hier gab es zwei Enthaltungen. In den zwei folgenden Wahlgängen kam es zu einem Patt von jeweils 34 Stimmen bei einer Enthaltung. Nach dem dritten Wahlgang unterbrach Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) die Parlamentssitzung für eine Stunde und berief den Ältestenrat ein. Auch die Fraktionen zogen sich zu Beratungen zurück. Carstensen hatte im Vorfeld auf Abweichler in den Reihen des Regierungsbündnisses gesetzt.

Vertreter von SPD und SSW äußerten sich irritiert und schockiert über die unerwartete Regierungskrise in Kiel. Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) sagte über das Wahlergebnis: "Es ist unanständig gegenüber Heide Simonis, weil es vorher keine entsprechenden Signale gegeben hat." Sie sei sehr enttäuscht und habe überhaupt nicht mit einem solchen Verlauf gerechnet. SPD-Fraktionschef Lothar Hay sagte, er sei "menschlich tief enttäuscht". Er sei seiner Sache "absolut sicher" gewesen, "dass das in den eigenen Reihen nicht passiert". Es müsse in den eigenen Reihen "einen Abgeordneten geben, der gerne Geschichte spielen will".

Die Landtagsgruppenchefin des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Anke Spoorendonk, zeigte sich "wirklich wütend" über den Ausgang der Wahl. Man müsse sich fragen, ob alles, was auf den Parteitagen beschlossen worden sei, "nur Jux und Dollerei" gewesen sei.

Nach Angaben von Innenminister Klaus Buß (SPD) bietet die schleswig-holsteinische Landesverfassung mehrere Möglichkeiten. Im Falle eines Patts würde die amtierende Regierung geschäftsführend im Amt bleiben. Allerdings dürfte es in dem Fall keine personellen Veränderungen im Kabinett geben, sagte Buß. Das würde unter anderem bedeuten, dass Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD), der seinen Rückzug angekündigt hatte, vorerst Minister bliebe. Denkbar wären zudem ein Rücktritt von Simonis, die Bildung einer großen Koalition aus SPD und CDU sowie Neuwahlen.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki forderte Simonis zum Rückzug auf. "Wenn Simonis noch Selbstachtung hat", dann sollte sie für einen erneuten Wahlgang nicht mehr antreten, sagte er und fügte hinzu: "Das Land hat andere Probleme, als dass wir hier solange wählen, bis der weiße Rauch aufsteigt."