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"Anti-Terror-Krieg" soll illegal und erfolglos sein

"Faustdicke Lügen"

Nach Auffassung des Friedensforschers Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag ist der "Anti-Terror-Krieg", an dem sich die Bundeswehr seit vier Jahren beteiligt, illegal. Anlässlich der bevorstehenden Debatte im Bundestag am 8. November wendet sich der Friedensratschlag gegen eine Verlängerung des Kriegseinsatzes der Bundeswehr im Rahmen von "Enduring Freedom". Der derzeit noch amtierenden alten Bundesregierung wirft der Friedensforscher vor, sich zum wiederholten Mal "faustdicker Lügen" zu bemühen. Es sei eine Lüge, dass der Kriegseinsatz im Einklang mit Sicherheitsrats-Resolutionen stünde. Eine weitere Lüge bestünde darin, dass der Kriegseinsatz ein Akt "kollektiver Selbstverteidigung" sei. Die dritte Lüge sei das offizielle Verschweigen des Einsatzes des Kommando Spezialkräfte (KSK). Der gesamte "Anti-Terror-Krieg" sei - in Hinblick auf seine offizielle Begründung - ein einziges Desaster: So sei nicht ein mutmaßlicher Terrorist inhaftiert und einem ordnungsgemäßen Gerichtsverfahren zugeführt worden, kritisiert der Bundesausschuss Friedensratschlag.

Der Verlängerungsantrag der Bundesregierung gründet nach Auffassung des Bundesausschuss Friedensratschlag auf einer faustdicken Lüge, wenn es dort heiße: "Einen Tag nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 verurteilte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen diese als bewaffnete Angriffe auf die Vereinigten Staaten sowie als Bedrohung für den internationalen Frieden. Die Resolution bekräftigt das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung."

"Dieser Kriegseinsatz ist illegal"

In den entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrats (Resolution 1368 und 1373) ist nach Darstellung des Friedensratschlags an keiner Stelle von einem "bewaffneten Angriff" auf die USA die Rede, sondern von "grauenhaften Terroranschlägen". Und die Gegenmaßnahmen gegen den Terrorismus, zu denen der Sicherheitsrat auffordere, seien demnach auch nicht militärischer Art, sondern bezögen sich auf internationale Kooperation bei der strafrechtlichen Verfolgung von Terroristen sowie auf die Trockenlegung der Finanzen für mutmaßliche Terrornetzwerke.

"Der UN-Sicherheitsrat ruft die Staatengemeinschaft an keiner Stelle dazu auf, militärische Maßnahmen nach Artikel 42 UN-Charta zu ergreifen", so Peter Strutynski vom Friedensratschlag. Genau das aber hätten die USA, die NATO und mit ihnen eine Reihe weiterer Staaten im Rahmen des Kriegseinsatzes "Enduring Freedom" getan. Seit der Zustimmung des Bundestags zum US-geführten "Krieg gegen den Terror" im November 2001 befände sich die Bundesrepublik Deutschland "streng genommen im Kriegszustand". Dafür gebe es keinerlei völkerrechtliche Grundlage. "Dieser Kriegseinsatz ist illegal", so Strutynski.

"Die Antiterror-Maßnahmen müssen im eigenen Hoheitsgebiet stattfinden"

Die UN-Resolution 1373 vom 28. September 2001 spreche ausdrücklich davon, dass die Antiterror-Maßnahmen der Staaten in ihrem "eigenen Hoheitsgebiet" stattzufinden hätten. Von militärischen Aktionen in Drittländern sei an keiner Stelle die Rede.

Außerdem würden die Staaten verpflichtet, "terroristische Handlungen namentlich durch verstärkte Zusammenarbeit und durch die volle Durchführung der einschlägigen internationalen Übereinkünfte betreffend den Terrorismus zu verhüten und zu bekämpfen". Alle bis dato ratifizierten zwölf Antiterror-Konventionen beschränkten sich auf zivile Maßnahmen.

Auch wenn die NATO im Oktober 2001 den "Bündnisfall" ausgerufen und ihn seither nicht widerrufen habe, sei das kein Argument für die Rechtmäßigkeit des Kriegseinsatzes.

KSK-Einsatz wird verschwiegen

Der Friedensratschlag kritisiert weiterhin, dass die Bundesregierung auf ihrer Homepage zu "Enduring Freedom" den Kriegseinsatz als reinen Marineeinsatz darstellt: "Die Bundeswehr ist an der Operation Enduring Freedom mit der Marine beteiligt. Aufträge des deutschen Einsatzverbandes sind die Seeraumüberwachung und der Schutz der Seeverbindungslinien in den Gebieten um das Horn von Afrika."

Diese Darstellung sei richtig, aber nicht vollständig, so Strutynski. Sie werde somit auch zur Lüge. Die Bundesregierung verschweige nämlich, dass seit November 2001 auch eine nicht genau zu beziffernde Anzahl von KSK-Verbänden (Kommando Spezialkräfte) in Afghanistan im Kriegseinsatz an der Seite der US-Truppen sei. "Niemand weiß, was sie dort tun, wie viele Gefangene sie gemacht und - widerrechtlich - den US-Truppen überstellt haben, wie viele 'Feinde' bisher durch ihre Aktionen umgekommen sind und wie viele Todesopfer sie in den eigenen Reihen haben."

Bilanz: "Kein Terrorist wurde vor Gericht gestellt"

Die UN-Resolution 1368 vom 12. September 2001, einen Tag nach den Terroranschlägen von New York und Washington, "fordert alle Staaten dringend zur Zusammenarbeit auf, um die Täter, Organisatoren und Förderer dieser Terroranschläge vor Gericht zu stellen".

Weder der Einsatz der Elitekampftruppe KSK noch die Marinepräsenz am Horn von Afrika haben bisher auch nur einen einzigen Fall vorweisen können, wo mutmaßliche Terroristen inhaftiert und einem ordnungsgemäßen Gerichtsverfahren zugeführt worden wären, kritisiert der Friedensratschlag. "Der vierjährige Einsatz der Bundeswehr, der mehrere Milliarden Euro verschlang, war demnach ein völliger Fehlschlag."

Friedensratschlag findet zivile Maßnahmen effektiver

Der Krieg "Enduring Freedom" sei also nicht nur völkerrechtswidrig, sondern habe auch unter reinen Effektivitätsgesichtspunkten versagt. Die vielen zivilen, zum Beispiel strafrechtlichen, polizeilichen Instrumente zur Verfolgung terroristischer Straftäter haben sich nach Auffassung des Friedensratschlags "auch empirisch als erfolgreicher erwiesen als jeder Militäreinsatz".

Eine große Zahl von Staaten arbeiteten im Rahmen des vom UN-Sicherheitsrat mit Resolution 1373 (2001) ins Leben gerufenen "Counter-Terrorism-Committee" zusammen. Durch unilaterale, bilaterale und multilaterale Strafverfolgungsanstrengungen in Dutzenden von Ländern seien allein bis zum Jahr 2003 mehr als 4.000 Terrorverdächtige inklusive vieler hochrangiger Al-Kaida-Funktionäre in Gewahrsam genommen worden.

Die "Kriege gegen den Terror" von Afghanistan bis zum Irak dürften dagegen eine noch größere Zahl von Terroristen erst hervorgebracht haben.

Der Friedensratschlag, ein "Sprachrohr" der deutschen Friedensbewegung, appelliert daher an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, den Antrag der abgewählten, aber noch amtierenden Regierung auf Verlängerung des Kriegseinsatzes "Enduring Freedom" abzulehnen, die Truppen nach Deutschland zurückzurufen und die dadurch frei werdenden Mittel für zivile Bereiche umzuwidmen.