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Rezzo Schlauch war schon als Staatssekretär im Beirat des Atomkonzerns EnBW

Mit Kinkel & Waigel

Der frühere Wirtschaftsstaatssekretär Rezzo Schlauch (Grüne) stand offenbar bereits als Regierungsmitglied im Dienst des Atomkraftwerksbetreibers EnBW. Nach einem Bericht der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Focus" von Samstag abend geht aus dem aktuellen EnBW-Geschäftsbericht für 2005 hervor, dass der Grünen-Politiker zum 1. Oktober 2005 in den Beirat des Atomkonzerns berufen wurde. Als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium gehörte er zu diesem Zeitpunkt noch der Regierung an. Bisher hatte Schlauch behauptet, er sei erst nach seiner Entlassung in den Beirat berufen worden. In dem Konzernbeirat sind offenbar auch ehemalige Bundesminister wie Klaus Kinkel (FDP) und Theo Waigel (CSU) oder Manager wie Hartmut Mehdorn (Deutsche Bahn) und Klaus Mangold (Daimler Chrysler) vertreten.

Nach Darstellung des Focus war EnBW-Chef Utz Claasen 2004 "gern gesehener Gast bei der Klausurtagung der Grünen-Fraktion in Wörlitz". Schlauch verteidigt sich: Er wolle sich beim Atomstromerzeuger EnBW mit zwei Kernkraftwerken für die Förderung regenerativer Energien einsetzen.

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW hatte im Januar ein "umfassendes System der Einflussnahme der Energiekonzerne auf die Energiepolitik, die rationale Entscheidungen im Interesse des Allgemeinwohls behindern". Bereits seit über 30 Jahren würden beispielsweise Umweltschützer und Atomkraftgegner kritisieren, dass der Energieriese RWE mit seinen Regionalbeiräten Landräte und Bürgermeister korrumpiere. Transparenz sei hierbei nicht das Problem, da das System "grundsätzlich hinlänglich bekannt" sei.

Schon vor vielen Jahren sei auch kritisiert worden, dass neben Kommunalpolitikern auch Landesminister in Gremien des heutigen E.On-Konzerns förmlich eingebunden waren. Der Konzern nehme Einfluss auf die Strom- und Gaspreisaufsicht, vermutet die Organisation.

Vor gut einem Jahr sei zudem bekannt geworden, dass auch Bundespolitiker wie der damalige CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer oder die FDP-Technologiepolitikerin Ulrike Flach "von den an der Atomenergie interessierten Konzernen RWE beziehungsweise Siemens während ihrer aktiven Tätigkeit als Politiker bezahlt wurden".

In der rot-grünen Bundesregierung hat nach Einschätzung der IPPNW jahrelang E.On-Manager Werner Müller als Wirtschaftsminister "maßgeblich die Energiepolitik gestaltet". Er habe einen schnellen Atomausstieg ebenso torpediert wie eine stärkere Förderung erneuerbarer Energien. "Kurz vor seiner Rückkehr zu E.On sorgte er über seinen Staatssekretär noch für eine Ministererlaubnis für die Fusion von E.On und Ruhrgas."

Nachdem "der so genannte Atomkonsens zwischen der Bundesregierung und der Atomindustrie unter Dach und Fach" gewesen sei, habe auch die ehemalige Vorstandssprecherin der Grünen, Gunda Röstel, einen Managerposten bei der E.ON-Tochtergesellschaft Gelsenwasser bekommen.

"Korruption in Deutschland funktioniert so: Bezahlt wird hinterher"

Die Organisation kritisiert auch, dass zahlreiche Spitzenbeamte der Bundesatomaufsicht inzwischen "lukrative Managerposten" in der Atomwirtschaft bekommen hätten. "Das markanteste Beispiel ist sicherlich der Wechsel von Walter Hohlefelder vom Leiter der Atomaufsicht des Bundes zum leitenden Atommanager des E.On-Konzerns." Anlässlich derartiger Karrieren habe ein Bundestagsabgeordneter kommentiert: "Korruption in Deutschland funktioniert so: Bezahlt wird hinterher".

Nicht ohne Einfluss auf die Politik bleibt nach Einschätzung der Atomkritiker auch "die enge Verflechtung der Energiekonzerne mit der mächtigen Deutschen Bank und dem Versicherungsriesen Allianz". Die Organisation verweist beispielhaft auf "regelmäßige Parteispenden dieser beiden Konzerne".

"Dieser Filz zwischen der fossil-nuklearen Energiewirtschaft und der Politik blockiert die offenkundig notwendige Energiewende, obwohl seit über 30 Jahren bekannt ist, dass die Energierohstoffe Öl, Gas und Uran knapp sind und im Laufe der Zeit natürlich immens teuer werden", kritisierte die IPPNW. Der stetige Ruf nach mehr Transparenz und Aufklärung alleine helfe jedoch nicht weiter. Wenn man wolle, "dass die Politiker eine am Gemeinwohl orientierte Energiepolitik betreiben", dann müsse man "all diese Strukturen endlich gesetzlich unterbinden".