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Kritik an Verbänden wegen Teilnahme am Integrationsgipfel

"Menschenrechtswidrige Ausländer- und Asylpolitik"

Die Vereinigung deutsch-ausländische Solidarität (VDAS) Rüsselsheim wirft Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Migrantenverbänden ihre Teinahme am Integrationsgipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel vor. Sie hätten sich "vor den Karren derer haben spannen lassen, die seit Jahren eine restriktive, menschenrechtswidrige Ausländer- und Asylpolitik betreiben und gerade jetzt wieder eine weitere Verschärfung des sogenannten Zuwanderungsgesetzes planen", kritisieren Yeter Ayboga, Guido Casu, Otto Jaenisch und José Ramirez-Voltaire vom Solidaritätsverein aus Rüsselsheim. "Brutale Abschiebungen selbst bestens integrierter Menschen, das Auseinanderreißen von Familien, Verhinderung von Familienzusammenführung, Verhängung von Lagerhaft seien der Alltag in Deutschland." Die meisten der Politiker, die sich in Berlin getroffen hätten, seien dieselben, die alles daran setzten, Deutschland und Europa vor Flüchtlingen hermetisch abzuriegeln. Die Vereinigung verweist beispielhaft auf den in Deutschland wegen Folter in der Türkei anerkannten kurdischen Flüchtling Yusuf Karaca, dem nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt die Auslieferung in die Türkei drohe.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl sitzt Yusuf Karaca seit dem 3. Mai 2006 in Auslieferungshaft. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt habe am 23. Mai 2006 "die Auslieferungshaft mit einem skandalösen Beschluss bestätigt".

Karaca sei in Deutschland als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention rechtskräftig anerkannt worden. "Sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch das Verwaltungsgericht Frankfurt stellten fest, dass er in der Türkei politisch verfolgt worden ist", so Pro Asyl. Karaca habe 10 Jahre lang in der Türkei aufgrund eines erfolterten Geständnisses im Gefängnis gesessen. Karaca habe die erlebte Folter wie folgt beschrieben: "In der Zeit in meiner Haft in der Polizeiabteilung für politische Angelegenheiten wurde ich unzählige Male mit Elektroschocks (an Geschlechtsorganen, Zunge und Ohren) gefoltert. Mehrmals wurde ich am 'palästinensischen Haken' aufgehängt, mehrere Tage musste ich ohne Schlaf und nackt an kalten Stellen verbringen. Sie tauchten meinen Kopf ins Wasser, indem sie mir währenddessen die Nasenlöcher zustopften. Ich wurde zu einsamen Orten gebracht und mit dem Tode bedroht. Sie drohten mir damit, meine Familienangehörigen der Folter auszusetzen und sie umzubringen." Herr Karaca gibt laut Pro Asyl weiter an, dass er auch in der 10 Jahre dauernden Strafhaft immer wieder Angriffen und Folter ausgesetzt gewesen sei.

Erst als die Haft unterbrochen worden sei, weil er wegen dauerhafter Nahrungsverweigerung - dem so genannten "Todesfasten" - habe medizinisch behandelt werden müssen, sei ihm die Flucht gelungen. In Deutschland habe er am 28. September 2005 den Flüchtlingsstatus erhalten.

Die vom Oberlandesgericht Frankfurt getroffene Abschiebe-Entscheidung hat nach den Darstellung von Pro Asyl die Flüchtlingsanerkennung vollständig ignoriert. Die Vorwürfe des türkischen Staates gegenüber Yusuf Karaca seien "ungeprüft" übernommen und zur Grundlage der Auslieferungshaft gemacht worden. "Die Tatsache, dass Herr Karaca als Flüchtling anerkannt wurde, wird nicht erwähnt", behauptet Pro Asyl.

Als Haftgrund werde in dem Urteil ausgerechnet Fluchtgefahr angeführt. Hier argumentiere das Oberlandesgericht Frankfurt "mit kaum zu überbietendem Zynismus". Die Gefahr, erneut gefoltert zu werden, werde als Anreiz gewertet, sich dem Auslieferungsverfahren zu entziehen: "Hinzu kommt, dass gerade die von dem Verfolgten vorgetragenen Umstände, Herbeiführung des der Verurteilung zugrunde liegenden Geständnisses durch Folter und weiterhin drohende Folter, den Anreiz zur Flucht, um der Strafvollstreckung eines nach Auffassung des Verurteilten auf einem erpressten Geständnis beruhenden Urteils in der Türkei zu entgehen, deutlich werden lassen." (OLG Frankfurt, Beschluss v. 23.5.2006, Az. 2 Ausl A 36/06).

"Hier werden menschenrechtlichen Maßstäbe völlig ad absurdum geführt", so Pro Asyl. Das Oberlandesgericht verkenne, dass Herr Karaca wegen der drohenden Folter und aufgrund des unfairen Verfahrens nach der Europäischen Menschenrechtskonvention auf keinen Fall ausgeliefert werden dürfe. "Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt offenbart unglaubliche Gleichgültigkeit gegenüber Folteropfern", so Marei Pelzer von Pro Asyl.

In seinem Beschluss fordere das Gericht die Zusicherung von Seiten des türkischen Staates, dass Herr Karaca seine Haft in einem Gefängnis Typ F fortsetze und dass die deutsche Botschaft Gelegenheit erhalte, den Inhaftierten aufzusuchen und sich über die konkreten Haftbedingungen zu informieren. "In einem Typ F-Gefängnis war Herr Karaca aber bereits vor seiner Flucht inhaftiert - in solch einem Gefängnis hat er Misshandlungen erlitten. Welchen Sinn soll eine Zusicherung des türkischen Staates machen, ihn abermals in einem solchen Gefängnis zu inhaftieren?"

Die Organisation fordert, dass Karaca umgehend aus der Auslieferungshaft entlassen wird. "Als anerkannter Flüchtling ist er dem Schutz des deutschen Staates unterstellt." Das Bundesjustizministerium sei im Auslieferungsverfahren die letzte Instanz, die über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheide. Pro Asyl fordert Bundesjustizministerin Zypries auf, die Auslieferung zu verhindern.