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Siemens-Aktionäre mahnen Konzernführung ab

"Bock zum Gärtner"

Ein bisschen Selbstkritik, etwas Betroffenheit und viel Optimismus – das schien das Rezept der Siemens-Konzernführung zur Hauptversammlung am Donnerstag zu sein. Doch die Ehrlichkeits- und Charme-Offensive der Konzernoberen fruchtete wenig. Als es um die Entlastung des Aufsichtsratschefs und des Vorstandsvorsitzenden ging, bekamen Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld eine regelrechte Abmahnung: 34 Prozent des versammelten Kapitals verweigerten Pierer die Entlastung. Auch Konzern-Chef Kleinfeld kam lediglich auf eine Zustimmung von 71 Prozent. Üblicherweise werden auf Hauptversammlungen von großen Konzernen Quoten von 90 und mehr Prozent erreicht.

Pierer und Kleinfeld hatten zuvor versucht, die Krise bei Siemens klein zu reden. So stellte der Aufsichtsratsvorsitzende und langjährige Konzernlenker seine Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung heraus. Leider seien diese nicht ausreichend gewesen.

Den kritisierten Interessenskonflikt Pierers, der als Chefaufseher jetzt Probleme untersuchen soll, die in seine Zeit als Vorstandsvorsitzender fallen, will der Manager keinesfalls durch Rücktritt lösen. Er werde an den betreffenden Aufsichtsratssitzungen nicht teilnehmen, so Pierer.

Vorstandschef Kleinfeld sah zwei Gesichter beim Konzern: ein trübes, und ein freundliches. So seien die Geschäfte bestens gelaufen, und die Aussichten hervorragend. Unmittelbar vor der Hauptversammlung hatte der Vorstand bekannt gegeben, die Automobil-Zuliefersparte VDO an die Börse zu bringen und kräftig in den USA zu investieren. Beides sollten den Aktionären signalisieren, dass höhere Dividende lockt.

Korruption, schwarze Kassen, Pleite, Ärger mit Börsenaufsicht, EU-Strafe

Die wirklichen Probleme des Konzerns, Korruption, schwarze Kassen, Pleite der früheren Handy-Sparte, Ärger mit der US-Börsenaufsicht und EU-Strafe wegen erwiesener Kartellbildung, wurden eher mit Worthülsen abgehandelt. So verurteilten Pierer und Kleinfeld die schwarzen Kassen. Beide Spitzen-Manager erklärten aber nicht, wie mehr als 400 Millionen Euro aus dem Finanzkreislauf des Konzerns auf schwarze Konten gelangen konnten.

Auch die EU-Sanktionen wegen Preisabsprachen in Höhe von fast 400 Millionen Euro sorgten bei den Siemens-Spitzen nicht für Zerknirschung. Statt dessen wiesen sowohl Kleinfeld, als auch Pierer die Strafe als unverhältnismäßig zurück. Der Konzern gilt als überführt, mit anderen Anbietern im Kraftwerksgeschäft Preisabsprachen getroffen zu haben.

Worte des Bedauerns für Beschäftigte

Für die Mitarbeiter der früheren Mobilfunk-Sparte gab es von den Managern Worte des Bedauerns. Da sei etwas "ganz gewaltig schief gelaufen", sagte Kleinfeld. Ob das die Angestellten des insolventen Handy-Herstellers BenQ Mobile trösten kann?

Zufrieden mit der Hauptversammlung konnten die Interessenvertreter der Kleinaktionäre sein. So hatte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) maßgeblich dafür gesorgt, dass Pierer und Kleinfeld eine niedrige Zustimmungs-Quote beim Entlastungs-Antrag erhielten.

Konsequenzen aus der Siemens-Affäre forderte am Freitag Linkspartei-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Künftig müsse der Wechsel von Vorständen in den Aufsichtsrat wie im Fall Pierer rechtlich verboten werden. Nur so lasse sich wieder eine wirksame interne Kontrolle herstellen. "Im Interesse einer sauberen Unternehmenskultur darf der Bock nicht länger den Gärtner spielen", meint der frühere SPD-Vorsitzende.