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Vor 75 Jahren beschloss der Reichstag das Ermächtigungsgesetz

Krieg um "Einflusssphären, Rohstoffquellen und Absatzmärkte"

In einer Gedenkstunde erinnerte der Bundestag am 10. April an die "Zerstörung der Demokratie in Deutschland vor 75 Jahren". Das am 23. März 1933 vom Reichstag gebilligte sogenannte Ermächtigungsgesetz markiert das Ende der demokratischen Weimarer Verfassung. Mit dem "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" sicherte sich der damalige Reichskanzler und spätere "Führer" Adolf Hitler die uneingeschränkte politische Kontrolle. Der Reichstag als demokratische Institution schaffte sich damit quasi selbst ab. Hitler regierte fortan mit diktatorischen Vollmachten und führte Deutschland mit breiter Zustimmung in Wirtschaft, Politik und Bevölkerung in einen katastrophalen Krieg. Zu der Zeit, knapp zwei Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, waren schon zahlreiche Abgeordnete an der Abstimmung gehindert, so etwa die Kommunisten, die von den Nazis unbarmherzig verfolgt wurden. An diesem historischen Tag stimmten nur die 94 Sozialdemokraten gegen das Gesetz. Die anderen Parteien, darunter die oppositionelle katholische Zentrumspartei und die Bayerische Volkspartei (BVP), votierten mit Hitlers NSDAP dafür.

Das Ermächtigungsgesetz sah vor, dass die Reichsregierung allein Gesetze beschließen kann, ohne das Parlament damit zu befassen: Eine Verquickung von Exekutive und Legislative. Fortan regierten nur noch die Nazis. Andere Parteien wurden verboten, deren Repräsentanten ermordet, verhaftet, verfolgt oder kaltgestellt.

Der SPD-Abgeordnete Otto Wels hielt am 23. März 1933 in der Berliner Krolloper, die nach dem Reichstagsbrand als Parlamentssaal genutzt wurde, eine flammende Rede gegen das Gesetz und warnte vor den Folgen für das Land: "Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. (...) Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus." Wels rief den Abgeordenten zu: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht."

Den Aufstieg der NSDAP begünstigte die schlechte wirtschaftliche Lage mit Millionen von Arbeitslosen und hoher Inflation in den 1930er Jahren. Am 30. Januar 1933 schließlich berief der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg den von ihm nicht geschätzten Hitler zum neuen Reichskanzler. Zu diesem Zeitpunkt war Hitlers Partei, die NSDAP, bereits klar stärkste Kraft im Reichstag.

Die anderen maßgeblichen politischen Kräfte meinten damals, sie könnten den bekanntermaßen radikalen Hitler unter Kontrolle halten. Dies gelang von Anfang an nicht. Hitler hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die Demokratie und die damit verbundenen Institutionen so bald wie möglich abschaffen würde.

Den Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 nutzten die Nazis zur Durchsetzung einer Verordnung aus, mittels derer Grundrechte außer Kraft gesetzt und Regimekritiker, vor allem Kommunisten, verfolgt wurden. Bei Neuwahlen am 5. März 1933 verfehlte die NSDAP die absolute Mehrheit. Am 23. März 1933 setzte Hitler dann mit dem Ermächtigungsgesetz die demokratische Verfassung außer Kraft. Die SPD wurde am 22. Juni 1933 verboten.

Am 1. September 1939 überfiel Nazi-Deutschland Polen. Dies gilt als Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach anfänglichen Erfolgen kapitulierte am 8. Mai 1945 die deutsche Armee in militärisch völlig aussichtsloser Lage. Der "Führer" nahm sich im April 1945 in seinem Berliner Bunker das Leben. Damit entdete die zwölf Jahre währende Schreckensherrschaft der Nazis in Deutschland. Der Kalte Krieg führte später zur Teilung Deutschlands.

Brockhaus: Deutschland strebte eine Neuaufteilung der Macht und Einflusssphären, der Rohstoffquellen und Absatzmärkte an

In der Siebzehnten Auflage des Großen Brockhaus von 1974 (Zwanzigster Band) wird der Zweite Weltkrieg als Krieg um Einflusssphären, Energie-Ressourcen und Absatzmärkte beschrieben: "Vorgeschichte. Seit der Weltwirtschaftskrise (1929-33) wurde die 1919/20 geschaffene politische Ordnung Europas und O-Asiens, die auf dem ökonom. und machtpol. Übergewicht der Siegermächte des ersten Weltkrieges (bes. Frankreich, Großbritannien, Verein. Staaten) und der Isolierung der Sowjetunion beruhte, vor allem von den Großmächten Deutschland, Italien und Japan in Frage gestellt. (...) Dtl., Japan und Italien strebten daher eine Neuaufteilung der Macht und Einflusssphären, der Rohstoffquellen und Absatzmärkte an."

Den Ermittlungen der US-amerikanischen Militärregierung nach dem Zweiten Weltkrieg zufolge (O.M.G.U.S.-Berichte) war die Deutsche Bank sowohl in die Finanzierung Nazi-Deutschlands als auch in die wirtschaftliche Durchdringung der von der deutschen Wehrmacht überfallenen Länder maßgeblich engagiert. In dem Bericht über die deutsche Großbank heißt es: "Die Deutsche Bank spielte eine führende Rolle unter den Geschäftsbanken bei der Ausbeutung der wirtschaftlichen Reserven der annektierten, okkupierten und zu Satelliten gemachten Länder Europas. Seit dem 'Anschluß' im Jahre 1938 ging sie mit großer Aggressivität daran, ihr Bankimperium über die alten Grenzen Deutschlands hinaus auszudehnen. (...) Auch diente die Deutsche Bank der deutschen Regierung mehr als einmal als institutionelle Speerspitze bei der wirtschaftlichen Durchdringung der annektierten, okkupierten und völlig abhängig gemachten Länder Europas." Eine führende Rolle habe hierbei der damalige Leiter der Auslandsabteilung der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, gespielt. Abs war später als Vorstandssprecher der Deutschen Bank in der Bundesrepublik Deutschland "Berater" der Kanzler Adenauer, Kiesinger und Schmidt.

Verteidigungspolitische Richtlinien und Weißbuch der Bundeswehr

Nach Jahrzehnten der Abstinenz beteiligt sich die Bundeswehr heute an Kriegen und an der Kontrolle anderer Staaten. Eine der wesentlichen Grundlagen für die mehr oder weniger "robusten Auslandseinsätze" bildeten die vom damaligen Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) erlassenen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" von 1992. Darin wurden die Grundlagen für die neuen Aufgaben der Bundeswehr gelegt. Da ist die Rede von der Wahrung und Durchsetzung der "legitimen nationalen Interessen" Deutschlands (Absätze 2, 3 und 7). Hierzu zählt zum Beispiel die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" (Abs. 8, Nr. 8). Und: "Einflussnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Interessen und gegründet auf unsere Wirtschaftskraft" (Abs. 8, Nr. 10).

Am 25. Oktober 2006 veröffentlichte die deutsche Bundesregierung das "Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr 2006". Darin werden die Aufgaben der Bundeswehr definiert. Unter anderem heißt es in dem Weißbuch: "Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse (...) an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen." Es folgen Ausführung zur Sicherung von Rohstoffen und Warenströmen: Wie viele andere Länder sei Deutschland "in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab abhängig (...) Verwerfungen im internationalen Beziehungsgefüge, Störungen der Rohstoff- und Warenströme (...). Von strategischer Bedeutung für die Zukunft Deutschlands und Europas ist eine sichere (...) Energieversorgung. (...) Energiefragen werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen. Die steigende Importabhängigkeit Deutschlands und Europas von fossilen Energieträgern (...) Darüber hinaus muss die Sicherheit der Energieinfrastruktur gewährleistet werden." Die Bundeswehr soll dem Weißbuch zufolge offenbar zur "Sicherung" von Rohstoffen, Märkten und Handelswegen eingesetzt werden.

Politiker warnen vor einem großen Krieg

Vereinzelt sorgen sich in jüngerer Vergangenheit Politiker vor einem großen Krieg. In einer Pressemitteilung vom 9. Januar 2007 warnt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), vor bevorstehenden Ressourcenkriegen: "Angesichts der Knappheiten und Preissprünge werden Ressourcenkriege zur größten Gefahr des 21. Jahrhunderts. Die Entwicklung der Golfstaaten zeigt, dass diese Gefahr ernst zu nehmen ist."

Müller verweist hierbei auf den früheren US-Verteidigungs- und Energieminister James Schlesinger, der sagte: "Wenn es einen dritten Weltkrieg gibt, dann wird er um Energie und Rohstoffe gehen." Auch Henry Kissinger habe festgestellt: "Der Kampf um Ressourcen ist eine Schlüsselfrage der Zukunft." Und in einer Bewertung des amerikanischen Pentagon heiße es: "Die Welt ist bei Titan, Niob, Zinn, Beryllium, Germanium oder Platin ebenso verwundbar wie bei Öl".

Der ehemalige deutsche Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Willy Wimmer (CDU), derzeit im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, warnte in der Wochenzeitung "Freitag" vom 17. November 2006 eindringlich vor einem "großen Krieg". "Ich denke", so Wimmer, "wir wissen doch durch die Ereignisse vor dem 1.September 1939 und während des Zweiten Weltkrieges zur Genüge: Das internationale Recht ist die letzte Chance, uns vor einem großen Krieg zu bewahren. Wenn ihn niemand will, muss das auch so deutlich ausgesprochen werden."

Der ehemalige Verteidigungs-Staatssekretär hält - abgesehen vom Afghanistan-Krieg - einen verstärkten Einsatz der Bundeswehr in Asien für möglich, beispielsweise in Korea oder an der Straße von Taiwan. Das müsse man wissen, um zu erkennen, "in Konflikte welcher Dimensionen man damit geraten kann". Für den Fall einer stärkeren Verknüpfung der NATO mit den amerikanischen Militärstrukturen im Pazifik plädierte Wimmer im November 2006 für einen Austritt Deutschlands aus der NATO.

Die Bundesregierung scheint das anders zu sehen. So wurde im Weißbuch auch der asiatisch-pazifische Raum zum möglichen Aufgabengebiet für die Bundeswehr definiert: "Auch sicherheitspolitisch ist der asiatisch-pazifische Raum für Deutschland von zunehmender Bedeutung."