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Größtes Finanzpaket in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen

80 Milliarden Euro

Die große Koalition hat das größte Maßnahmenpaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei der Vorstellung des zweiten Konjunkturpakets am Dienstag (13. Januar), die Regierung tue alles, damit Deutschland die Krise nicht nur überwinde, sondern aus ihr gestärkt hervorgehe. Das Programm sieht Maßnahmen in einem Umfang von rund 50 Milliarden Euro für zwei Jahre vor. Zusammen mit dem ersten Paket sind es rund 80 Milliarden Euro. Die Koalitionsspitzen hatten sich am Montagabend getroffen und bis tief in die Nacht an dem Paket gefeilt. Geplant sind unter anderem 18 Milliarden Euro Investitionen in die kommunale Infrastruktur und eine gleichhohe Summe für Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Für notleidende Unternehmen soll ein "Kredit- und Bürgschaftsprogramm" aufgesetzt werden.

Im Super-Wahljahr 2009 wurde weiterhin beschlossen, den Eingangssteuersatz von 15 auf 14 Prozent zu senken und die sogenannte kalte Progression zu verringern. Der Grundfreibetrag soll auf 8004 Euro steigen. Der Beitrag zur Krankenversicherung wird um 0,6 Prozentpunkte auf dann 14,9 Prozent reduziert.

Merkel sagte, die Größe des Pakets mache die Dimension der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, aber auch die Entschlossenheit der Regierung deutlich, diese Krise zu überwinden. Das Konjunkturpaket stärke dabei die soziale Marktwirtschaft. Es sei ein Konzept gegen "sozialistische Experimente" und "Exzesse der Märkte".

Die Kanzlerin stellte die vom Koalitionsausschuss beschlossenen Maßnahmen zusammen mit Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer vor. Die Koalition habe gut daran getan, "nicht dem atemlosen Wettbewerb" nach immer schnelleren und sich zum Teil widersprechenden Maßnahmen anzuschließen, so Merkel. Die Regierung habe sich vielmehr leiten lassen von einer nüchternen Analyse der Lage. Die Maßnahmen sollen nach den Worten der Kanzlerin Kräfte für Wachstum und Beschäftigung freisetzen.

Steinmeier lobte das Konjunkturpaket als "gelungenen Mix" von Maßnahmen. Investitionen, Beschäftigungs- und Innovationsförderung sowie die Stärkung der Nachfrage wirkten besonders in Kombination miteinander, sagte er. Die Bundesregierung liefere damit einen Kompass, der die Republik durch diese Krise bringen könne. Wenn er sich in Europa umschaue, sehe er "nicht so richtig" wer mehr und geeigneteres tue.

Seehofer: Zufrieden und fröhlich

Die CSU begrüßte die Maßnahmen ebenfalls. Seehofer sagte: "Auch der CSU-Vorsitzende ist zufrieden und fröhlich." Der bayerische Ministerpräsident hob vor allem die geplante Entlastung der Bürger hervor. Die Menschen bleibe mehr Kaufkraft und mehr Netto vom Brutto. Das erwarteten die Bürger auch, wenn sie sehen, dass mit großen Beträgen beispielsweise Banken geholfen werde.

Seehofer verwies auf Berechnungen des bayerischen Finanzministeriums, wonach allein die beschlossenen Maßnahmen im Steuerrecht und in der Krankenversicherung einem Ledigen mit 30.000 Euro Bruttoeinkommen 269 Euro mehr im nächsten Jahr in der Tasche ließen. Bei einem Einkommen von 45.000 Euro steige der Vorteil auf 363 Euro und bei 70.000 Euro Einkommen auf 404 Euro. Bei einem verheirateten Paar mit zwei Kindern blieben 2010 bei einem Einkommen von 30.000 Euro 314 Euro mehr übrig. Der Vorteil wachse bei 45.000 Euro Einkommen auf 479 Euro und bei 70.000 Euro Einkommen auf 527 Euro.

Gysi: Keine Korrektur an Umverteilung von unten nach oben

Heftige Kritik kam von der Opposition. "Das Konjunkturprogramm der Koalition verdient den Namen nicht. Die Koalition ergeht sich in Kleinkram und wird den Herausforderungen der Krise nicht gerecht", sagte Links-Fraktionschef Gregor Gysi. "Das Hauptproblem ist und bleibt, dass die Finanzkrise auch von einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben, von arm zu reich verursacht wurde und nicht eine einzige Korrektur vorgenommen wird. Kein Mega-Reicher, der Nutznießer der Krise ist, muss auch nur einen Euro zu ihrer Bewältigung zahlen."

Das Programm der Koalition habe eine schwere soziale Schieflage, meint Gysi. "Unternehmen, Reiche und Vermögende werden weiter entlastet, Normalverdienende nur lächerlich entlastet, Geringverdiener, Rentnerinnen und Rentner und Bezieher von Sozialleistungen gehen weitgehend leer aus." Sie würden am Ende die Zeche zu zahlen haben.

Jeweils sieben Milliarden Euro 2009 und 2010 aus Bundesmitteln für zusätzliche öffentliche Investitionen reichen nach Auffassung von Gysi "hinten und vorne nicht. Das ist Kleckerkram – Deutschland hat gegenüber den anderen Industriestaaten bei öffentlichen Investitionen in Bildung und Infrastruktur einen jährlichen Nachholbedarf von 50 Milliarden Euro."

Mit dem Bürgschaftsprogramm versuche die Koalition, eigene Fehler beim Rettungsschirm für Banken mit weiterem Steuergeld zu kompensieren, so Gysi. "Letztlich werden die Banken von jeder Risikoübernahme freigestellt." Wenn Steuergeld fließe, müsse aber der Staat Einfluss nehmen können, "damit die Steuerzahlerinnen und –zahler endlich nicht nur an Schulden, sondern auch an Gewinnen beteiligt werden".

Das Konjunkturprogramm trage den Stempel von CDU und CSU. "Alle Kompromisse wurden zu Lasten der SPD geschlossen, was die SPD schon vorauseilend akzeptiert hat", so Gysi. "Wahlkampf und Konjunkturprogramm passen nicht zusammen."

Die Linke will dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung ihren Vorschlag für einen "neuen Gesellschaftsvertrag für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Ökologie zur Bewältigung der Krise" entgegen stellen. Um die Wirtschaftskrise abzufedern und Arbeitsplätze zu sichern brauche Deutschland ein Programm für Investitionen in Bildung, Gesundheitswesen, Energiewende und Infrastruktur und zur Stärkung der Binnennachfrage. Darunter versteht die Linke eine Erhöhung der Renten, der Hartz IV-Sätze und die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von mindestens 50 Milliarden Euro jährlich ab 2009.