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Statt chemischer Keule: Viren gegen Insekten und Pilze gegen Pilze

Biologischer Pflanzenschutz

Der biologische Pflanzenschutz ist eine der großen Erfolgsgeschichten in der Landwirtschaft der letzten beiden Jahrzehnte. Im Gewächshaus wie im Freiland werden heute auf großen Flächen Millionen von Insekten und Raubmilben ausgebracht, um schädliche Insekten zu fressen oder zu parasitieren. Virus- und Pilzkrankheiten, die ganz spezifisch wirken und für den Menschen völlig ungefährlich sind, werden gegen die Obstmade oder gegen eine Krankheit beim Raps eingesetzt. Wie die Biologische Bundesanstalt jetzt mitteilte, werden in Deutschland auf mehr als 40.000 Hektar Krankheiten und Schädlinge biologisch bekämpft.

Verglichen mit den insgesamt 17 Millionen Hektar Nutzfläche klingt dies zwar wenig, aber Steigerungen um fast das Dreifache gegenüber vor zehn Jahren lassen große Hoffnungen für diesen umweltschonenden Weg der Landwirtschaft aufkommen. Dies wird sich allerdings erst in ferner Zukunft herausstellen, wie Georg Backhaus, der Präsident der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, auf einer Pressekonferenz in Frankfurt relativierte. Dazu sei noch sehr viel Forschung notwendig. Aber er ist zuversichtlich.

Im Gewächshaus fing die Erfolgsgeschichte aus Holland kommend vor fast 30 Jahren an. Heute werden 90 Prozent des Tomatenanbaus mit Nützlingen behandelt. Dabei gehen die Gärtner teilweise sehr raffiniert vor. So werden Blattläuse mit ihren Parasiten, kleinen Schlupfwespen, gemeinsam ausgebracht, allerdings mit Getreideblattläusen, die nicht an Tomaten oder Gurken saugen. Die Schlupfwespen fliegen im Gewächshaus umher, ernähren sich von den Getreideblattläusen. Sie können dadurch die ersten Tomatenblattläuse, die durch Lüftungsöffnungen von draußen eindringen, parasitieren. Diese Methode nennt sich "offene Zucht".

Große Veränderungen hat es auch im Freiland mit neuen Mikroorganismen gegeben. So wurde ein bereits seit 40 Jahren bekanntes Virus vor zehn Jahren nur auf 70 Hektar eingesetzt, heute jedoch auf 13.000 Hektar. Das ist knapp die Hälfte der gesamten deutschen Apfelplantagen. Gespritzt wird das Apfelwickler-Granulosevirus, eine Krankheit, die die Obstmade im Apfel, die Larve eines Schmetterlings, abtötet. Auch hier besteht keine Gefahr für den Menschen ebenso wenig wie für die Umwelt.

Ein Pilz mit dem wundersamen Namen Coniothyrium minitans war vor zehn Jahren noch so gut wie unbekannt. Heute wird er auf 7.800 Hektar im Raps und Salat gegen eine Welkekrankheit eingesetzt, die von dem Pilz Sclerotinia verursacht wird. Engerlinge des Maikäfers werden auf mehreren hundert Hektar mit dem Pilz Beauveria bekämpft. Mit Bacillus thuringiensis wird gegen Traubenwickler im Weinbau auf 7.200 ha angegangen. Eine Unterart des gleichen Krankheitserregers wird auch gegen den Kartoffelkäfer gespritzt.

Im Darmstädter Institut der Biologischen Bundesanstalt wird ausprobiert, ob die nur zwei Millimeter großen Fransenflügler, landläufig auch Gewitterfliegen genannt, mit zwei biologischen Methoden im Porreeanbau kombiniert bekämpft werden können. Erste Ergebnisse sind erfolgversprechend. In Braunschweig bemüht sich Ellen Richter um Rosen. Der Verbraucher würde Schnittrosen mit Blattlaus- oder Fransenflüglerbefall nicht akzeptieren. Auch hier müssen verschiedene Nützlinge und Verfahren kombiniert werden, zumal auch Mehltau auftreten kann. " Die Verfahren werden komplizierter, aber sie funktionieren in den Gewächshäusern der Biologischen Bundesanstalt und weiteren Versuchsbetrieben gut." sagt Ellen Richter.

Zur Zeit läuft ein Forschungsprojekt des Bundesverbraucherschutzministeriums, von dem auch die Versuche mit Rosen und Porree finanziert werden. Damit sollen vor allem Ergebnisse geliefert werden, die schnell von der Praxis übernommen werden können.