NGO DIE Internet-Zeitung

Oktober 2004

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Europäischer Traum kontra Aufrüstung

Kritik zur Unterzeichnung der EU-Verfassung

Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedsländer haben heute in Rom die Europäische Verfassung unterzeichnet. Nach bisherigen Planungen soll die EU-Verfassung zum 1. November 2006 in Kraft treten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach von einem "historischen Tag", an dem ein europäischer Traum in Erfüllung gegangen sei. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat dagegen scharfe Kritik an den Inhalten der Verfassung geübt. "Der Vertragstext stattet den Neoliberalismus mit den Weihen einer Verfassung aus und enthält dem Europäischen Parlament wichtige demokratische Grundrechte vor", sagte Stephan Lindner, Mitglied der bundesweiten EU-AG von Attac.

Umfrage

Schwarz-Gelb derzeit ohne Mehrheit

Die Union fällt in der politischen Stimmung weiter zurück. Mit einem Verlust von drei Prozentpunkten auf 38 Prozent erhält sie in dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer den schlechtesten Wert in den vergangenen zwei Jahren. Die SPD legt dagegen mit 33 Prozent noch einmal drei Punkte zu. Leichte Veränderungen gibt es in der Umfrage bei den anderen Parteien. Die Grünen und die FDP verbessern sich um je einen Punkt auf 13 beziehungsweise 7 Prozent, die PDS verliert einen Punkt auf fünf Prozent. Bei der politischen Stimmung bleiben längerfristige Parteibindungen und taktische Überlegungen unberücksichtigt.

Teilerfolg

Greenpeace darf Müller-Produkte "Genmilch" nennen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat im Rechtsstreit mit der Molkerei Müller einen Teilerfolg erzielt. So darf Greenpeace auch weiterhin im Zusammenhang mit Produkten des Unternehmens den Begriff "Genmilch" verwenden, wie das Oberlandesgericht Köln am Donnerstag entschied. Die Formulierung sei durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Rinderwahn

BSE-Verdacht jetzt auch bei Ziegen

Die Rinderseuche BSE kann weitaus größere Folgen haben als bislang befürchtet. Erstmals wurde jetzt bei einer Ziege der Möglichkeit von BSE festgestellt, wie die Nachrichtenagentur ddp am Donnerstag in Brüssel erfuhr. Die umfangreichen Tests einer britischen Analysefirma hätten "einen starken Verdacht" auf BSE bei dem betroffenen Tier ergeben, hieß es. Die Ziege war bereits 2002 in Frankreich geschlachtet worden.

Meeresschutz

Lotsen und Doppelhüllentanker sollen Ostsee vor Öllecks schützen

Lange vor Inkrafttreten der ab 2010 geltenden gesetzlichen Vorgaben verbessert BP die Sicherheitsmaßnahmen im Öltransport in der Ostsee erheblich: Schon seit dem Frühjahr 2004 setzt BP dort Lotsen ein. Diese gewährleisten, dass in den engen Fahrwassern der Ostsee das Risiko eines Tankerunfalles minimiert wird. Damit kommt Das Unternehmen Forderungen nach, die Umweltorganisationen wie Greenpeace schon seit Jahren erheben. Außerdem werden in der BP eigenen Flotte weltweit ab Anfang 2005 nur noch Tanker mit Doppelhüllen eingesetzt. Im Falle einer Beschädigung der äußeren Hülle verhindert die innere ein Auslaufen des transportierten Produktes.

Umweltschutz

Altbatterien und Akkus abgeben fürs Recycling

Erst wenn sie ihren Dienst verweigern, merkt man wie unentbehrlich Batterien und Akkus heute im Haushalt sind. Vom Wecker und dem Rasierapparat bis zur Küchenwaage, dem Milch-Aufschäumer und einer Fülle an Fernbedienungen: Ohne die energievollen kleinen Haushaltshelfer geht heute fast nichts mehr. Da wundert es kaum, wie schnell sich im Haushalt Altbatterien ansammeln. Statt die leeren Energiespender lange zu horten oder gar in die Mülltonne zu werfen, sollte man sie gleich beim nächsten Einkauf mitnehmen und zu einer der vielen Batterierückgabestellen im Handel bringen. Denn dann können sie recycelt werden!

Asylrecht

Geduldeten ist auch mit dem neuen Zuwanderungsgesetz nicht geholfen

Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz bleibt die rechtliche und soziale Situation von jederzeit abschiebbaren Asylbewerber weiterhin unklar. Für diese so genannten Geduldeten sei ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht notwendig, fordert ein breites Bündnis aus verschiedensten Organisationen. Das betrifft vor allem Menschen, die schon seit fünf Jahren als Geduldete leben. Für sie seien unbürokratische Bleiberechtsregelungen nötig. Es ginge nicht, dass Kinder, die hier aufwachsen, in eine fremde Heimat abgeschoben würden, kritisiert Pro Asyl, einer der Bündnispartner.

Gegen Industrielobbyismus

Offener Brief industriekritischer Verbände an den designierten EU-Präsidenten

ngo-online dokumentiert den Offenen Brief "European Commission Must Act to Curb Excessive Corporate Lobbying Power" zahlreicher industriekritischer Verbände an den designierten EU-Präsidenten José Manuel Durão Barroso vom 25. Oktober 2004 im Wortlaut:

Lob und Detail-Kritik

Rot-Grün macht neuen Anlauf für Volksentscheide

Die rot-grüne Koalition will mit einer Verfassungsänderung Volksentscheide ermöglichen. Dazu würde dann auch ein Volksentscheid über die EU-Verfassung gehören. Man habe sich nun auf ein Konzept geeinigt, erläuterten die Vorsitzenden von SPD und Grünen, Franz Müntefering und Reinhard Bütikofer, am Montag nach einer Koalitionsrunde in Berlin. Ein bereits in der vergangenen Legislaturperiode abgelehntes Gesetzesvorhaben zu Volksinitiativen, -begehren und -entscheiden soll laut Müntefering ergänzt um "Referenden von oben" erneut eingebracht werden. Die Bürgeraktion Mehr Demokratie begrüßte die Einigung, sieht aber noch Nachbesserungsbedarf. Insbesondere müsse ein Volksentscheid bei der Abgabe von Souveränität zwingend sein. Die von Rot-Grün beschlossene Ergänzung sieht vor, dass bei einer Entscheidung des Bundestages mit Zwei-Drittel-Mehrheit ein Volksentscheid herbeigeführt werden kann.

Sitzblockade als "mildestes Mittel"

Bußgelder wegen Castor-Blockade halbiert

Bei den Bußgeldprozessen um eine Sitzblockade auf den Schienen beim Castor-Transport im November 2003 haben zwei AtomkraftgegnerInnen vor dem Amtsgericht Hannover einen weiteren gerichtlichen Teilerfolg erzielt: Wie die Anti-Atom-Kampagne "X-tausendmal quer" mitteilte, reduzierte das Gericht die ursprünglich verhängten Bußgeldbescheide vom 150 Euro auf 70 Euro. Begründet wurde die Entscheidung mit der Wahl des "mildesten Mittels" der gewaltfreien Sitzblockade. Die Anti-Atom-Aktivisten kündigten noch im Gerichtssaal an, sich beim bevorstehenden Castortransport wieder an gewaltfreien Blockadeaktionen zu beteiligen.

Energiepolitik

Streit um Studie zu indirekten Subventionen für Braunkohle

Während Wirtschaftsminister Wolfgang Clement nicht müde wird zu betonen, dass Braunkohle ein subventionsfreier preiswerter Energieträger sei, belegt eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) das Gegenteil. Die Studie, die Greenpeace vorab vorlag, beziffert die Begünstigungen von Braunkohle auf knapp eine Milliarde Euro jährlich. Braunkohle ist kein Empfänger von Subventionen, hält der Bundesverband Braunkohle (DEBRIV) in einer ersten Reaktion dagegen und erklärt, dass die Aussagen der UBA-Studie unzutreffend und haltlos seien. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und nicht zuletzt auch der Subventionsbericht der Bundesregierung belegten dies.

Water safety plan der WHO

Weltweiter Schutz der Quellen und Ressourcen für gesundes Trinkwasser

Alle Menschen mit gesundheitlich einwandfreiem Wasser zur versorgen, ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine dauerhafte Herausforderung. Dies gilt gleichermaßen sowohl für zentrale Versorgungen als auch für Hausbrunnen, Kleinanlagen und die Notwasserversorgung im Katastrophenfall. Zu oft würden Trinkwasserverunreinigungen erst festgestellt, wenn Menschen bereits an ihnen erkrankt oder gar gestorben seien.

Elektrogeräte

Anreize für Wiederverwendung und Recycling im Elektrogerätegesetz gefordert

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) kritisiert das von der Bundesregierung vorgelegte neue "Elektro- und Elektronikgesetz" als halbherzig. Das Gesetz zu Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling von Elektro-Altgeräten wird an diesem Freitag in erster Lesung in den Bundestag eingebracht. Der vorgelegte Entwurf erfüllt die Anforderungen einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Elektronikgeräte bisher nur unzureichend. Er muss nach Überzeugung der Deutschen Umwelthilfe im parlamentarischen Verfahren nachgebessert werden. Die Anreize zur Konstruktion langlebiger Produkte, zur Wiederverwendung oder zu ressourcenschonenden Bauweisen kommen in dem Entwurf zu kurz.

Ein-Euro-Jobs

Selbstverpflichtung des Kreises Marburg gegen Zwangsarbeit verlangt

Zur Übernahme des Beschlusses der Marburger Stadtverordnetenversammlung bezüglich besonderer Qualitätsanforderungen an "Ein-Euro-Jobs" fordert die Humanistische Union (HU) den Landkreis Marburg-Biedenkopf auf. Das hat der HU-Arbeitskreis "Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte" (ESBR) am 20. Oktober einstimmig beschlossen. Vor allem den Zwang zur Annahme derartiger "Arbeitsgelegenheiten" hält die HU für unvereinbar mit dem Grundgesetz und dem Internationalen Völkerrecht.

7,5 oder 45 Millionen Tiere

Ohne Alternativen droht massive Zunahme von Tierversuchen

Alle 15 Sekunden stirbt ein Tier in deutschen Versuchslabors. Es waren zwar 2003 mit 2,1 Millionen deutlich weniger Tiere als im Vorjahr, allerdings gab es damals einen fast ebenso großen Anstieg. Damit befinden sich die Zahlen ziemlich genau auf dem Stand von 2001. Dabei zeigt Deutschland innerhalb der EU noch am meisten Engagement, alternative Forschungsmethoden zu finden. Doch in den nächsten Jahren könnten die Tierversuchs-Zahlen explodieren.

"Weiterhin erforderlich"

Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe ist verfassungsgemäß

Unternehmer müssen weiterhin eine Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie keine ausreichende Anzahl von Schwerbehinderten beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf jetzt die Verfassungsbeschwerde eines badischen Transportunternehmers, der zur Zahlung der Abgabe für unbesetzte Pflichtarbeitsplätze herangezogen worden war.

Menschenwürde

Klage gegen Klon-Patent eingereicht

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat am Mittwoch beim Deutschen Patentgericht in München Klage gegen ein Patent des Bonner Klonforschers Oliver Brüstle eingereicht. Das in Deutschland seit 1999 gültige Patent (DE 19756864) umfasst die Nutzung von Zellen aus menschlichen Embryonen und verstößt nach Auffassung von Greenpeace unter anderem gegen das Verbot der kommerziellen Verwertung des menschlichen Körpers. Christoph Then von Greenpeace, Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Marburger Bundes, und Rainer Beckmann, Sachverständiger in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", forderten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin den Widerruf des Patentes.

Oxfam-Bericht

Fakten über die US-Baumwollsubventionen

Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisiert in ihrem Bericht "Finding the Moral Fiber: Reform Needed for Fair Cotton Trade" die US-Subventionen für Baumwolle. Einige Fakten aus dem Bericht:

Nutznießer wenige Großfarmer

Oxfam besorgt über Festhalten der USA an Baumwollsubventionen

Die Entwicklungsorganisation Oxfam zeigt sich besorgt über die Absicht der Vereinigten Staaten, ihr massives Baumwollsubventionsprogramm zu verteidigen. Die USA haben am Montag Berufung gegen ein WTO-Schiedsgerichtsurteil eingelegt, das die Mehrheit der US-Baumwollsubventionen für unrechtmäßig erklärt. Doch diese Subventionen seien wesentlich für soziale Not von Millionen afrikanischer Baumwollbauern verantwortlich.

Getestet

Gifte auch im Blut von Ministern

Blut von 14 europäischen Ministern ist mit bedenklichen Chemikalien belastet Umwelt- und Gesundheitsminister aus 13 EU-Staaten sind mit Dutzenden von Industriechemikalien belastet. Das berichtet die Umweltorganisation WWF unter Berufung auf eine eigene Studie. 14 Minister waren demnach im Juni dieses Jahres getesteten worden. Das Ergebnis: Die Minister hätten insgesamt 55 der untersuchten Chemikalien in ihrem Blut. Darunter seien Stoffe wie bromierte Flammschutzmittel, polychlorierte Biphenyle (PCB) und Organochlorpestizide, von denen einige schon vor 20 Jahren EU-weit verboten wurden, wie beispielsweise DDT. Viele der Substanzen würden jedoch nach wie vor in Alltagsprodukten wie Sofas oder PCs eingesetzt.

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