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ADHS kritisch betrachtet

Ganzheitlich therapieren

Pippilotta Viktualia Rollgardina, Tochter des Kapitäns Ephraim Langstrumpf – ein aufmümpfiges Mädchen, individuell, eigensinnig, skeptisch gegenüber Autoritäten, manchmal zornig, manchmal weise und meistens mit einem Schalk im Nacken. Für ihr Werk über die Abenteuer des rothaarigen Mädchens bekam Astrid Lindgren den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den Alternativen Nobelpreis, den Internationalen Jugendbuchpreis, die Hans-Christian-Andersen-Medaille, die Große Goldmedaille der Schwedischen Akademie, den Schwedischen Staatspreis für Literatur und die Deutsche Jugendliteraturpreis-Prämie. Und neben all diesen Auszeichnungen gewann die schwedische Kinderbuchautorin unzählige Kinderherzen mit ihren Geschichten, die auch heute noch in Zeiten von Playstation und durchorganisierten Tagesabläufen gerne und oft (vor-)gelesen werden.

Pippi Langstrumpf – ein Fall für Ritalin?

Ein Kind wie Pippi Langstrumpf ist anders als viele Gleichaltrige. Wegen ihres Andersseins liefe Pippi heute Gefahr, unter Generalverdacht gestellt und mittels Ritalin in Schach gehalten zu werden. Ritalin ist ein Methylphenidat, ein Arzneistoff mit stimulierender Wirkung. Es gehört zu den Amphetamin-ähnlichen Substanzen, die seit Jahrzehnten hauptsächlich bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ADHS, eingesetzt werden.

Daneben findet Methylphenidat Anwendung bei der Narkolepsie und zur Steigerung der Wirksamkeit von Antidepressiva bei therapieresistenten Depressionen. Methylphenidat ist in der Anlage 3 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) aufgelistet und unterliegt einer gesonderten Verschreibungspflicht.

Während insbesondere in den 1990er Jahren ein wahrer Verschreibungsboom einsetzte und Ritalin häufig zu schnell und zu undifferenziert verordnet wurde, mehren sich seit längerem die Stimmen der Kritiker. Inzwischen geht die Tendenz in der öffentlichen Diskussion vermehrt in die Richtung ganzheitlicher Therapieeinsätze. Neben AD(H)S häufen sich in den letzten Jahren zudem Diagnosen wie »Autismus« oder »Asperger Syndrom«; gemeinsam ist betroffenen Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen, dass sie »irgendwie anders ticken« und oftmals schon im Kindergarten, spätestens aber in der Schule, wegen ihres Verhaltens anecken. Dabei sind AD(H)S und Symptome aus dem autistischen Formenkreis nur die Spitze des Eisbergs, denn Angst- und Ess- sowie Borderlinestörungen, Suchtverhalten, Autoimmunerkrankungen und verschiedene zusätzliche neurologische Auffälligkeiten erwecken den Eindruck, dass es einen hohen Therapiebedarf bei den Heranwachsenden gibt – oder vielleicht bei deren Erziehungsberechtigten?

Sichtweisen

Als Ursachen für das offenbar expandierende Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten und neurologischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen werden in der Fachpresse verschiedene Faktoren in Betracht gezogen: genetische Disposition, Reizüberflutung, dysfunktionale Familien, defizitäre und einseitige Ernährung, Impfungen, traumatische Erlebnisse, Elektrosmog, Umweltgifte. Ritalin oder andere Pharmazeutika mögen fallweise, nach differenzierter Diagnostik und nach Abwägen aller anderen möglichen Therapieoptionen, gelegentlich das Mittel der Wahl sein, um die Situation der Kinder und die ihres Umfeldes zu deeskalieren; ein Zaubermittel sind sie hingegen sicher nicht.

Stoffwechseldefekt?

In alternativmedizinischen Kreisen kursiert die Annahme, dass manche neurologisch begründete Verhaltensauffälligkeiten – wie auch einige andere Symptome - auf der so genannten »Kryptopyrrolurie«, kurz KPU, beruhen, einem chronischen Defizit an Vitamin B6 und Zink sowie an weiteren Nährstoffen in der Zelle. In der Fachwelt gehen die Ansichten in Bezug auf diesen Ansatz auseinander. Während die einen meinen, das menschliche Stoffwechselsystem sei so robust, dass es mit der Vielzahl an Umweltgiften und Strahlungen ohne weiteres fertig würde und die KPU-Theorie für ein Konstrukt halten, sehen andere in den vielfach auftretenden Symptomen des Nachwuchses das Ergebnis der »Geister, die wir riefen«, darunter die Kontamination durch toxisch wirkende Substanzen plus Elektrosmogbelastung und die nachlassende Trinkwasserqualität. Daher ist zunächst einmal wichtig, anhand einer Laboruntersuchung festzustellen, ob überhaupt ein Zink- oder Vitamin-B6-Mangel vorliegt und wie es dazu kommen konnte, beispielsweise durch Schwermetallbelastungen und/oder Weichmacher aus Kunststoffprodukten oder aus anderen Quellen.

Erste Forschungen zur Kryptopyrrolurie stammen aus den USA und gehen auf das Jahr 1960 zurück. Diese Erfahrungswerte konnten in den letzten Jahren auch von deutschen Wissenschaftlern bestätigt werden. Bei Verdacht auf AD(H)S, Autoimmunerkrankungen oder Autismus/Asperger Syndrom, wird ein mit der Kryptopyrrolurie erfahrener Arzt oder Heilpraktiker mittels eines Labortests ermitteln lassen, ob sich der Verdacht bestätigen lässt. Die Therapie stützt sich - je nach Laborbefund, Anamnese, vorhandenen Begleiterkrankungen und der Unterscheidung »erworben oder familiär gehäuft vorkommender KPU« - auf die Substitution bestimmter Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, auf Entgiftung, auf Überprüfung und gegebenenfalls die Eliminierung von Belastungen durch Elektrosmog, auf die Regulierung des Darmmilieus und fallweise auf ernährungsphysiologische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Die Therapeuten arbeiten in der Regel mit erfahrenen Laboren zusammen. Eine alleinige Therapie der KPU ist allerdings oft unmöglich, da zumeist weitere, mit der KPU einhergehende, Erkrankungserscheinungen berücksichtigt werden müssen. Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, findet in folgenden Literaturempfehlungen möglicherweise eine Hilfe: »Leben mit KPU – Kryptopyrrolurie« von Joachim Strienz für 19,95 Euro erschienen im Zuckschwerdt-Verlag München sowie »Wenn Gifte auf die Nerven gehen« von Umweltmediziner Klaus-Dietrich Runow mit einem Vorwort von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, für 12,95 Euro erschienen im Südwestverlag.

Komplexes Krankheitsbild

Erste Forschungen zur Kryptopyrrolurie stammen aus den USA und gehen auf das Jahr 1960 zurück. Diese Erfahrungswerte konnten in den letzten Jahren auch von deutschen Wissenschaftlern bestätigt werden. Bei Verdacht auf AD(H)S, Autoimmunerkrankungen oder Autismus/Asperger Syndrom, wird ein mit der Kryptopyrrolurie erfahrener Arzt oder Heilpraktiker mittels eines Labortests ermitteln lassen, ob sich der Verdacht bestätigen lässt. Die Therapie stützt sich - je nach Laborbefund, Anamnese, vorhandenen Begleiterkrankungen und der Unterscheidung »erworben oder familiär gehäuft vorkommender KPU« - auf die Substitution bestimmter Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, auf Entgiftung, auf Überprüfung und gegebenenfalls die Eliminierung von Belastungen durch Elektrosmog, auf die Regulierung des Darmmilieus und fallweise auf ernährungsphysiologische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Die Therapeuten arbeiten in der Regel mit erfahrenen Laboren zusammen. Eine alleinige Therapie der KPU ist allerdings oft unmöglich, da zumeist weitere, mit der KPU einhergehende, Erkrankungserscheinungen berücksichtigt werden müssen. Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, findet in folgenden Literaturempfehlungen möglicherweise eine Hilfe: »Leben mit KPU – Kryptopyrrolurie« von Joachim Strienz für 19,95 Euro erschienen im Zuckschwerdt-Verlag München sowie »Wenn Gifte auf die Nerven gehen« von Umweltmediziner Klaus-Dietrich Runow mit einem Vorwort von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, für 12,95 Euro erschienen im Südwestverlag.

Ursachen und Auswege

Die schlechte Nachricht ist also, dass viele Forschungsteams eine wesentliche Ursache für das Entstehen von Hyperaktivität und anderen neurologischen Symptomen in der wachsenden Belastung durch Gifte in der Umwelt sehen, darunter Holzschutzmittel, Autoabgase, Pestizide, Insektizide, Düngemittel, chemische Rückstände verschiedener Art und die schon erwähnten Weichmacher. Insbesondere sind Schwermetalle als große toxische Belastung im Organismus anzusehen. Sie können aus dem Trinkwasser stammen, aus Zahnmetallen, auch über die Muttermilch, wenn die Mutter zum Zeitpunkt des Stillens Amalgamfüllungen im Gebiss hatte, sowie aus Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln. Dieser Cocktail führt zu Abweichungen im zellulären Stoffwechsel und in der körperlichen Immunreaktion. Die gute Nachricht ist, dass über die Identifizierung der toxischen Belastungen und die anschließende Ausleitung sowie differenzierte Substitution von Vitaminen, essentiellen Fettsäuren, Mineralien und Spurenelementen teilweise oder völlige Heilung möglich ist und sich letzteres in der Regel sogar sehr viel preiswerter für das Gesundheitssystem gestalten lässt, als eine an den Ursachen vorbeigehende Therapie mittels Psychopharmaka, die letztendlich nicht zur Heilung führt, schlimmstenfalls sogar weitere Symptome nach sich zieht.

Noch haben sich wenige Institute und Kliniken auf Umweltmedizin spezialisiert, doch der Bedarf nimmt zu. Ein Schwerpunkt des Diagnose- und Therapieprogramms der Spezialklinik in Neukirchen unter der Leitung von Prof. Dr. Ionescu ist die Problematik der Nahrungsmittelunverträglichkeiten und ebenfalls die mögliche Belastung durch Gifte. Anhand modernster Labortechniken und speziellen Diätverfahren lässt sich ermitteln, welche Faktoren die Symptome konkret verursachen. Bei Hyperkinetikern ist die Konzentration wichtiger Neurohormone, Katecholamine genannt, allerdings im Vorfeld zu untersuchen, wodurch sich nachweisen lässt, ob es sich um einen »wahren Hyperkinetiker« handelt aufgrund der Katecholaminwerte oder um einen »falschen«, dessen Verhalten eher auf die häusliche Situation zurückgeführt werden kann.

Eine der Möglichkeiten, Gifte auszuleiten, ist die so genannte Chelattherapie. Die vorherige Identifizierung giftiger Belastungen ist hier jedoch nötig und die Begleitung durch einen erfahrenen umweltmedizinisch ausgerichteten Heilpraktiker oder Arzt unerlässlich. Auch mittels verschiedener Naturheilmittel kann das Ausleiten von Giften unterstützt werden. Bewegung an der frischen Luft, Saunabesuche, vollwertige Ernährung – das alles stärkt den Organismus zusätzlich während der oft langwierigen Prozesse der Entgiftung. So genannte psychogene Faktoren, wie Konfliktsituationen, Angstzustände und seelischer Stress hängen darüber hinaus zumeist mit der Symptomausprägung zusammen. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Yoga, Verhaltenstherapie, Autogenes Training; konkrete Familienbratung gekoppelt an Mediation und Konfliktmanagement können hier hilfreich sein.

Die auf DVD erhältlichen Vorträge des Neurobiologen Dr. Dietrich Klinghardt mit dem Titel »Die sanfte Heilung von neurologischen Erkrankungen und Lernstörungen bei Kindern«, zu beziehen unter www.ink.ag im Internet, kann Interessierten zusätzliche Impulse für die Therapie geben.

Reflexe korrigieren

INPP steht für »The Institute of Neuro-Physiological Psychology«, ansässig in Chester, England. Seit den 1970er Jahren werden dort die Auswirkungen frühester Störungen in der Entwicklung des Zentralen Nervensystems auf die weitere kindliche Entwicklung in Bezug auf Bewegung, Wahrnehmung, Verhalten und Lernen erforscht. Erkenntnis daraus ist, dass Restreaktionen frühkindlicher Reflexe, die entgegen ihrer eigentlichen physiologischen Bedeutung über die ersten Lebensmonate hinaus noch fortbestehen, als mitverantwortlich an Entwicklungsauffälligkeiten ausgemacht werden. Die Forschungslage zur kindlichen Entwicklung weist heute eindeutig darauf hin, dass die Anfänge für Störungen der Wahrnehmung, der Motorik, des Verhaltens und des Lernens bei einem Individuum schon in seiner frühen Entwicklung zu suchen sind. Der Begriff »fötale Programmierung« besagt, dass neben der genetischen Veranlagung auch die Umstände, unter denen ein Kind die Zeit im Mutterleib verbrachte und die Art und Weise, wie es auf die Welt kam, die weitere Entwicklung entscheidend mitprägen können. Ist die Mutter beispielsweise während der Schwangerschaft großem Stress ausgesetzt, kann das die kindliche Entwicklung und spätere Wahrnehmung nachhaltig beeinflussen. Denn ein großer Teil der vorgeburtlichen Gehirnentwicklung wird von der auf Hirnstamm- und Rückenmarksebene durch Reflexe gesteuerten Motorik bestimmt.

Auf den Forschungsergebnissen basierend entwickelte das INPP ein diagnostisches Instrumentarium, das es ermöglicht, auch noch bei älteren Kindern und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen, diese »unreifen neuromuskulären Muster« im jeweiligen Ausprägungsgrad zu identifizieren. Für die Therapie wurden zur nachträglichen Ausreifung und Hemmung noch fortbestehender Restreaktionen spezifische Bewegungsübungen konzipiert. Diese Übungen sind etwa ein bis eineinhalb Jahre lang täglich - nach qualifizierter Anleitung und regelmäßiger Supervision - zu Hause durchzuführen. Die Therapie nach INPP hat sich bereits vielfach bewährt bei spezifischen oder unspezifischen Lernstörungen, Aufmerksamkeitsproblemen, Ängstlichkeit, bei Haltungsfehlern, psychosomatischen Beschwerden, großer emotionaler Unsicherheit und anderen Symptomen.

Hinsehen und hinspüren

In ihrem legendären Buch »Am Anfang war Erziehung« schreibt Alice Miller: »Für seine Entfaltung braucht ein Kind den Respekt seiner Bezugspersonen, Toleranz für seine Gefühle, Sensibilität für seine Bedürfnisse und Kränkungen, die Echtheit seiner Eltern, deren eigene Freiheit – und nicht deren erzieherische Überlegungen – dem Kind natürliche Grenzen zu setzen vermag.« Kinder sind Symptomträger der Familie; im weiteren Sinne auch der Gesellschaft. Erwachsene, wie Eltern, Erzieher, Lehrer und Therapeuten glauben oft zu wissen, was richtig für die Kinder ist. Der Blick zum Kind kann dabei jedoch getrübt sein. Egal, welche Therapie angestrebt wird – Kinder und Jugendliche wissen oft selbst recht gut, was sie brauchen. Ein Kind muss wissen, ob jemand zu ihm steht, damit es sich in der Welt orientieren kann. Durch aufmerksames Nachfragen »Was brauchst du?« kann und muss ihm vermittelt werden, dass es nicht nur als Problemfall angesehen wird, sondern ein aufrichtiges Interesse an ihm besteht.

Gefühle zulassen

Kinder werden auch heute noch oft so erzogen, dass ihre Urreflexe der Selbsterhaltung wie ‚Flucht- und Kampf’ unterdrückt werden, was in der Konsequenz Anpassung zur Folge hat. Wer schreit, quengelt oder gar wütend um sich schlägt als Kind, polarisiert und wird von der Umgebung als störend empfunden, wohl auch, weil damit die eigenen emotionalen wunden Punkte der Erwachsenen berührt werden.

Unterwerfung, Resignation und unkontrollierte (Auto-) Aggression sind schließlich das Ergebnis des Blockierens vieler natürlicher Bewegungsimpulse und das nicht nur bei Kindern, sondern später auch als Grundhaltung im Erwachsenenleben vieler. Impulsunterdrückung heißt konkret im Schulalltag: stundenlanges Sitzen, Zuhören und Interessiertseinmüssen, Freispiel in der Pause auf wenig einladenden Pausenhöfen, reglementierter Sportunterricht, überforderte Pädagogen, die sich mit immer mehr Bürokratie befassen müssen, oft nur noch den Lernstoff durchziehen und dabei vergessen, dass sie nicht von den Kindern selbst beauftragt wurden, sie zu unterrichten. Auf der anderen Seite hilflose Eltern, die alles richtig machen wollen, oft aber nicht wissen, wie, und last but not least die Kinder mit allerlei Symptomen und Syndromen. Hirnforscher sind sich einig: Erziehung zu Hause und in der Schule kann nur im Wechselspiel zwischen Anforderung und Spaß gelingen; und insbesondere der Spaß am Lernen sollte genügend Raum haben, damit ein bisschen mehr »Pippi Langstrumpf-Leichtigkeit« in der Welt eines jeden Kindes möglich ist.

BEATE WIEMERS