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Arbeiterkinder an Hochschulen sind aussterbende Spezies

Hochschulen

An Deutschlands Hochschulen sind nach Einschätzung von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) zu wenige Studenten aus Arbeiterfamilien. Nur zwölf Prozent der Arbeiterkinder gelangten an eine Hochschule, sagte Bulmahn am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der jüngsten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW). Dagegen studierten Kinder von Selbstständigen oder Freiberuflern zu 60 Prozent. Von den Kindern, deren Vater Beamter ist, nähmen sogar fast drei Viertel ein Studium auf.

Bulmahn verwies darauf, dass der Anteil der Kinder aus Arbeiterfamilien unter den Studenten seit Anfang der 80er Jahre nicht mehr zunehme. Dies könne nicht akzeptiert werden. Es müsse vielmehr gelingen, das Bildungspotenzial gerade dieser Bevölkerungsgruppe erheblich besser zu mobilisieren. Auch angesichts des Fachkräftemangels in wichtigen Branchen wie der Informationstechnologie könne Deutschland es sich nicht leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten.

DSW-Präsident Hans-Dieter Rinkens kritisierte, in Deutschland gebe es auf dem Weg ins Studium eine "soziale Selektion". Notwendig sei, "Zugangsschwellen" zum Studium abzubauen. Dazu gehöre eine ausreichende und verlässliche Studienfinanzierung sowie eine bessere Beratung von Schülern und Eltern.

Die PDS wertete die Sozialerhebung des Studentenwerks als "schallende Ohrfeige für die Bildungspolitik der Bundesregierung". Auch unter Rot-Grün sei der Zugang zum Hochschulstudium für Kinder aus einkommensschwachen Familien erschwert und nicht erleichtert worden, betonte die PDS-Bildungsexpertin Maritta Böttcher. Man könne es sich aber nicht leisten, künftig "nur noch Kinder von Besserverdienenden an die Hochschulen zu lassen".

Die Juso-Hochschulgruppen forderten einen erleichterten Zugang zu den Universitäten. Da ein großer Teil der jungen Menschen nicht die allgemeine Hochschulreife erreiche, müssten weitere Möglichkeiten geschaffen werden, die neben dem Abitur den Zugang zu Hochschulen eröffnen, sagte der Bundesgeschäftsführer der Juso-Hochschulgruppen, Christian Hingst.

Bulmahn verwies darauf, dass mit der BAföG-Reform, die seit April dieses Jahres in Kraft ist, jährlich rund 1,3 Milliarden Mark mehr für Jugendliche aus Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen zur Verfügung stünden. Der "freie zusammenschluß von studentinnenschaften" fzs, der Dachverband von 63 deutschen Studierendenvertretungen, hatte die Reform als "völlig unzureichend" kritisiert. Als erfreulich bezeichnete es die Ministerin, dass der Studie zufolge die Studierendenzahl vom Wintersemester 1999/2000 bis zum Wintersemester 2000/2001 erstmals wieder gestiegen ist. Auch bei der studentischen Erwerbstätigkeit - dem Jobben neben dem Studium - gebe es ein positives Signal. So sei der Trend einer jährlich um zwei Prozent zunehmenden Erwerbstätigkeit gebremst worden. Sie hoffe, dass sich mit der "vollen Wirksamkeit" der BAföG-Reform weitere Verbesserungen für die Studierenden ergeben, sagte die Ministerin.