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In Europa wieder mehr Geschlechtskrankheiten

Vorbeugung nötig

Geschlechtskrankheiten sind in Europa wieder auf dem Vormarsch. In Deutschland sind vor allem die ungenügende Prävention und die nachlassende Wirkung des "Aids-Schocks" der achtziger Jahre für diese Entwicklung verantwortlich, wie Ulrich Marcus vom Robert-Koch-Institut am Montag in Berlin sagte. So sei die Tendenz bei Gonorrhoe- und Syphilis-Fällen in der Bundeshauptstadt und in Hamburg seit wieder 1999 steigend. Die Situation hinsichtlich Aids und HIV-Infektionen sei aber relativ stabil. Marcus ist einer von 1.000 Experten aus 35 Ländern, die seit Sonntag am viertägigen Weltkongress für Sexuell Übertragbare Krankheiten (International Congress of Sexually Transmitted Infections) in Berlin teilnehmen.

Jährlich erkranken bundesweit rund 500 Menschen an Aids, sagte Marcus. Rund 600 sterben an der Immunschwäche-Krankheit. Durch die besseren Behandlungsmethoden habe seit 1995 ein deutlicher Rückgang von Aids-Erkrankungen und Todesfällen verbucht werden können. Vor allem die Kombination von so genannten antiretroviralen Präparaten habe sich bewährt. Sie hemmen speziell die Vermehrung des Virus. Seit Beginn der Epidemie Anfang der achtziger Jahre infizierten sich insgesamt 60.000 Deutsche, ein Drittel davon starb an Aids.

Um der steigenden Zahl von Geschlechtskrankheiten entgegenzuwirken, müsse verstärkt vorgebeugt werden, forderte Peter Kohl vom Klinikum Neukölln in Berlin. Vor allem Jugendliche schützten sich nicht ausreichend vor einer Infektion. Laut einer schwedischen Studie nehmen in Westeuropa 20 Prozent der Jungen und Mädchen bereits unter 15 Jahren sexuelle Kontakte auf. Jeder fünfte von ihnen erwarb wegen ungeschützten Verkehrs bis zum 17. Lebensjahr eine sexuell übertragbare Krankheit, 14 Prozent der Mädchen wurden schwanger. Gefährlich sei vor allem, dass Infektionen wie etwa mit Chlamydien unentdeckt blieben. Sie können laut Kohl jedoch unbehandelt schwerwiegende Spätfolgen haben: In den USA habe jeder zweite, der unfruchtbar ist, eine Chlamydieninfektion durchgemacht.

In Osteuropa sei die Lage allerdings viel dramatischer, betonte Marcus. So sei seit Anfang der neunziger Jahre die Quote der Geschlechtskrankheiten um das Hundertfache gestiegen. Neben der ökonomischen und sozialen Unsicherheit in Russland und den Baltischen Republiken fördere besonders die meist ungeschützte Prostitution die Ausbreitung sexuell übertragbarer Erkrankungen. Rund 700.000 Menschen seien derzeit in diesen Ländern HIV-infiziert. Pro Jahr würden es 150.000 bis 200.000 mehr. 90 Prozent der Betroffenen sind Drogenkonsumenten. Die notwendigen Medikamentenkombinationen stünden in Osteuropa nur in begrenztem Maß zur Verfügung.