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Kündigung per sofort

Massen-Entlassungen

Geradezu blitzartige Massenkündigungen in der IT-Branche werden - nach amerikanischem Vorbild - auch im deutschsprachigen Raum immer häufiger. Vergangenen Donnerstag betraf dies 50 Mitarbeiter des schwedischen E-Business-Dienstleisters Adcore in Düsseldorf und Hannover. Die Vorgangsweise sei unter anderem eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, um Datenmissbrauch - Datendiebstahl, Freisetzen von Viren - zu verhindern, erklärte Adcore-Deutschland-CEO Holger Lüke am heutigen Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur pte.

Nachdem alle Beschäftigten von einer außerordentlichen Betriebsversammlung informiert worden waren, versammelte sich die Belegschaft in einem großen Seminarraum eines Hotels. Hier konfrontierte sie Lüke mit Entlassungen aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen. Dann wurden die Mitarbeiter auf verschiedene Räume aufgeteilt. Alle zu kündigenden Mitarbeiter wurden in einen Raum zitiert, wo ihnen die Entlassung mitgeteilt wurde. Diese durften danach nur noch unter Aufsicht ihre privaten Sachen abholen. "Bereits vor vier Wochen wurde ein Laptop gestohlen, die moralische Hürde war noch in guten Zeiten nicht gegeben", begründete Lüke die "Vorsichtsmaßnahme".

"Wir wollten mit diesem Weg so schnell wie möglich Klarheit schaffen, denn wenn 50 Mitarbeiter in Einzelgesprächen gekündigt werden, müssen alle Beschäftigten tagelang zittern", so Lüke. Der Effekt, dass sich Ungewissheit breit macht, sei dementsprechend auch nicht eingetreten. Keiner der Mitarbeiter bestreite die Notwendigkeit, jedoch hätte das Prozedere für Aufsehen gesorgt. "Jeder Weg ist ein schlechter Weg, aber die Entscheidung war im Grundsatz richtig", meinte Lüke weiter. Adcore biete allen Betroffenen Hilfestellungen an, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Erst vor wenigen Wochen stürmte eine Delegation des US-Telekommunikationskonzerns Dynegy, flankiert von Bodyguards, die österreichische Zweigstelle im Wiener Millennium Tower. Die Delegation nahm Computer, Laptops und Handys der Bediensteten in Beschlag und teilte den überraschten Mitarbeitern ihre Kündigung mit. Diesen blieb nichts anderes übrig, als ihre Sachen zu packen. Die Konzernführung rechtfertigte das Vorgehen damit, dass man sich nur so vor Datendiebstahl und -zerstörung schützen könne.

Weder bei Adcore-Deutschland noch bei Dynegy gibt es einen Betriebsrat. Insbesondere in den betriebsrat-freien Firmen der neuen Medien kommen solche Kündigungsaktionen immer häufiger vor. So waren etwa beim Berliner Call Center adm auf einen Schlag hundert MitarbeiterInnen gekündigt worden - zuvor hatten etliche von ihnen den ihnen gesetzlich zustehenden Urlaub beantragt. Auch Versuche, einen Betriebsrat zu gründen, enden oft mit fristlosen Kündigungen, so beim Call Center Hotline.

Am 05-06-2001

Kündigungsschutz

Das Kündigungsschutzgesetz gibt es bereits seit 1951. Es soll sozial ungerechtfertigte Kündigungen verhindern. Seit dem 1. Januar 1999 gilt es wieder für alle Arbeitnehmer in privaten oder öffentlichen Betrieben und Verwaltungen, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigen. Von 1996 bis 1998 lag der Schwellenwert bei zehn Beschäftigten. Die Unions-geführte Bundesregierung hatte den Wert damals angehoben. Nach dem Regierungswechsel 1998 machte Rot-Grün diese Regelung rückgängig. Als gerechtfertigt gilt eine Kündigung laut Gesetz etwa bei einem Fehlverhalten des Angestellten - etwa einer Verletzung des Arbeitsvertrags, bei Diebstahl oder einer dauerhaften Vernachlässigung der Arbeitsaufgaben. In der Regel muss dieser Kündigung eine Abmahnung vorausgehen. Weitere Gründe für Kündigungen können in der Person des Arbeitnehmers liegen - etwa eine mangelhafte Eignung oder anhaltende Krankheit. Allerdings müssen strenge Auflagen erfüllt werden, um einen Beschäftigten wegen Krankheit zu kündigen. Ebenfalls als gerechtfertigt gelten Entlassungen bei dringenden betrieblichen Erfordernissen wie Auftragsrückgängen, Rationalisierungen oder Stilllegungen. Dabei muss der Arbeitgeber eine Auswahl unter sozialen Gesichtspunkten treffen.

Kann eine Kündigung sich auf keinen dieser Gründe stützen, dann ist sie nach dem Gesetz sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam. Sie ist ebenfalls ungerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigt werden könnte, eventuell nach einer Umschulung beziehungsweise einer Fortbildung oder unter veränderten Vertragsbedingungen.

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es einen besonderen Kündigungsschutz. Dazu gehören Mitglieder von Betriebsräten, Wehr- und Zivildienstleistende, Schwerbehinderte, Schwangere und Auszubildende.

Am 17-01-2003

Job-Effekte nicht messbar

Eine Lockerung des Kündigungsschutzes würde nach einer Übersicht der Hans-Böckler-Stiftung jeden dritten Arbeitnehmer in Deutschland betreffen. Bis zu neun Millionen Arbeitnehmer wären danach bei einer Beschränkung des Kündigungsschutzes auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten ohne Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen, so die Übersicht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Falls eine Verschärfung lediglich für Neueinstellungen eingeführt werden sollte, seien nicht alle neun Millionen Beschäftigten sofort betroffen. Doch wegen der starken Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt würde sie sich zunehmend bemerkbar machen, so die Wissenschaftler: Nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) beginnen jährlich zwischen 7,3 und 8,9 Millionen Menschen ein neues Arbeitsverhältnis.

Bei einer Ausweitung der Wartezeit - die Zeit, die ein Beschäftigungsverhältnis bestanden haben muss, um unter den Kündigungsschutz zu fallen - würden darüber hinaus auch immer mehr Mitarbeiter von größeren Firmen ihren Kündigungsschutz verlieren, so das WSI. Schon heute treffe jede fünfte Entlassung in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten Arbeitnehmer, die noch kein halbes Jahr im Betrieb arbeiteten - und deshalb noch keinen Kündigungsschutz genießen. Bei einer Verlängerung der Wartefrist von heute sechs Monaten auf zwei Jahre würde nach WSI-Berechnungen bei 48 Prozent aller Kündigungen der Kündigungsschutz nicht mehr gelten.

Das WSI wies angesichts entsprechender Diskussionen darauf hin, dass Untersuchungen verschiedener Forschungsinstitute keinen empirischen Beleg dafür erbringen konnten, dass unterschiedliche Schwellenwerte für den Kündigungsschutz zu mehr Beschäftigung führen.

Am 03-08-2005

Geschäftsführer beleidigt

Ein Mitarbeiter einer Oberhausener Buchhandlung, der sich unflätig gegenüber seinen Kollegen geäußert hatte, darf nicht fristlos entlassen werden. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem am Freitag bekannt gewordenen Urteil. Nach Ansicht des Gerichts wäre höchstens eine Abmahnung des Mannes zulässig gewesen.

Der Mann hatte gegenüber einer Mitarbeiterin von einer "Scheiß Stasi-Mentalität" gesprochen und sich darauf bezogen, dass die Leitung der Oberhausener Filiale in Dresden ihren Sitz hat. Daraufhin war dem Mann fristlos gekündigt worden, weil er nach Ansicht des Unternehmens mit der Aussage die Geschäftsführer beleidigt hatte.

Dieser Ansicht folgte das Landesarbeitsgericht nicht und erklärte ebenso wie das Arbeitsgericht Oberhausen die fristlose Kündigung für unwirksam. Den Düsseldorfer Richtern zufolge sei "kein eindeutiger Bezug" zu den Geschäftsführern des Mitarbeiters festzustellen gewesen. Zwar sei die Aussage des Mannes unverzeihlich, die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung damit aber noch nicht erfüllt. (Az: 10 Sa 1321/06)

Am 13. Apr. 2007

Kolpingwerk

Nach Angaben des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) hat das Arbeitsgericht Frankfurt am 18. April entschieden, dass sexuelles Verhalten kein Kündigungsgrund sein darf. Das Gericht habe die Kündigung eines schwulen Mitarbeiters durch das Kolpingwerk für unwirksam erklärt. "Das Urteil des Arbeitsgerichtes hat deutlich gemacht, dass die sexuelle Orientierung und sexuelle Vorlieben Privatangelegenheiten der Arbeitnehmer sind", kommentierte Manfred Bruns, Sprecher des Verbandes. Es gelte der Grundsatz, "außerdienstliches Verhalten" könne kein Anlass für eine Kündigung sein. Niemandem dürfe gekündigt werden, weil er homosexuell sei und dazu stehe.

Diesen nach Auffassung des Lesben- und Schwulenverbandes "selbstverständlichen Grundsatz" wolle die römisch-katholische Kirche nicht anerkennen. So hätten die Verantwortlichen vom Diözeseverband Limburg ihre Kündigung damit begründet, dass der Mitarbeiter in einem Chatprofil nach Kontakten zu anderen Homosexuellen gesucht habe. Nach Darstellung des Lesben- und Schwulenverbandes hätte es dem Mitarbeiter auch nichts geholfen, wenn er sich fest gebunden hätte und eine Lebenspartnerschaft eingegangen wäre. "Dann wäre ihm erst recht gekündigt worden", so die Vermutung.

"Wir sind sehr froh, dass der römisch-katholischen Kirche durch dieses Urteil bescheinigt wurde, dass ihre diskriminierende Praxis gegenüber ihren lesbischen und schwulen Mitarbeitern rechtswidrig ist", heißt es in einer Stellungnahme weiter.

"Dem Betroffenen wünschen wir, dass das Kolpingwerk das Urteil des Gerichtes anerkennt und den erfahrenen Sozialarbeiter umgehend wieder an seine Arbeit lässt." Es gebe in der Jugendarbeit wichtigere Dinge zu erledigen, als gerichtlich über die sexuellen Vorlieben von Mitarbeitern zu diskutieren.

Am 19-04-2007

"Betriebsbedingte Kündigungen ausschließen"

Angesichts der drohenden wirtschaftlichen Krise im kommenden Jahr hat die IG Metall am Donnerstag (11. Dezember) ein 7-Punkte-Programm zur Sicherung von Arbeitsplätzen, der kurzfristigen Stabilisierung der Konjunktur sowie für langfristige Zukunftsinvestitionen vorgelegt. "Wir müssen schnell, gezielt und mutig gegen die Krise ansteuern", sagte der IG Metall-Vorsitzende, Berthold Huber, in Frankfurt bei der Vorstellung des Programms. Die Politik müsse dokumentieren, dass sie verantwortlich handele und nicht unverantwortlich abwarte. "Unser aller Ziel muss es sein: In 2009 darf es keine Entlassungen geben", betonte Huber. "Niemand darf sich verstecken, es ist möglich dieses Ziel zu erreichen." Er forderte die Arbeitgeber auf, die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik und der Tarifverträge anzuwenden, um betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Als zweiten Punkt schlägt die IG Metall vor, die Leiharbeiter besonders zu schützen und beispielsweise Kurzarbeit auch in dieser Branche zuzulassen. Der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Detlef Wetzel, wandte sich allerdings gegen Leiharbeit und forderte reguläre Arbeitsplätze: "Die Blase der Leiharbeit ist geplatzt. Die Politik ist verpflichtet, die Bildung einer industriellen Reservearmee nicht mehr aktiv zu unterstützen. Wären die Arbeitsplätze auch arbeitsrechtlich dort angesiedelt worden, wo sie entstanden sind, nämlich in den produzierenden Unternehmen und nicht in der Leihfirma, dann würden auch für diese Arbeitnehmer andere Schutzmechanismen gelten."

Bundesregierung soll Banken zur Kreditversorgung der Realwirtschaft verpflichten

Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft die Bundesregierung auf, die Banken dazu zu verpflichten, die Kreditversorgung der Realwirtschaft zu gewährleisten. "Die Banken und Finanzmarktakteure haben mit ihren Geschäften die Krise herbeigeführt, mit ihrem jetzigen Gebaren treiben sie die Realwirtschaft tiefer in die Krise - das ist ein Skandal", meint Huber.

Umweltprämie für Alt-Autos

Um die Konjunktur zur stabilisieren, schlägt die IG Metall eine Umweltprämie für Alt-Autos vor: Jeder private Fahrzeughalter, dessen PKW älter als zehn Jahre ist und der sein Auto verschrotten lässt, erhält gegen Vorlage eines Zertifikats eine staatliche Förderung in Höhe von 3000 Euro. Wenn damit der Kauf eines Neuwagens verbunden ist, soll der Hersteller diese Förderung um 50 Prozent, also insgesamt auf 4500 Euro aufstocken. "Eine solche Maßnahme hätte positive Auswirkungen für die Beschäftigung vom Endhersteller von Autos, über den Zulieferer bis zum Händler und natürlich für die Umwelt", sagte Huber. Die IG Metall geht davon aus, dass über diesen Weg 750.000 Neufahrzeuge gekauft werden und eine Nachfrage in Höhe von 13,5 Milliarden Euro generiert wird.

Um kurzfristig Nachfrage zu erzeugen, spricht sich auch die IG Metall für die Ausgabe von Konsumschecks in Höhe von 250 Euro für Personen aus, deren Einkommen 3675 Euro nicht überschreitet. Darüber hinaus sollen nach Auffassung der Gewerkschaft die Regelsätze für Hartz-IV-Bezieher erhöht werden.

Um langfristig notwendige Investitionen in Angriff nehmen zu können, schlägt die IG Metall einen Zukunftsinvestitionsfonds im Umfang von 100 Milliarden Euro für die Dauer von drei bis vier Jahren vor. Finanziert werden soll der Fonds durch eine jährliche Zukunftsanleihe in Höhe von zwei Prozent auf alle Geld- und Immobilienvermögen der privaten Haushalte über 750.000 Euro. Bund, Länder und Gemeinden sollen aus diesem Fonds Investitionen in Bildung, Forschung, Umwelt und Infrastruktur finanzieren. Auch Unternehmen sollen davon profitieren, wenn sie die Energie- und Ressourceneffizienz nachhaltig steigern und in Umweltmaßnahmen investieren.

"Die eingeschlagenen Wege des Turbokapitalismus waren falsch"

Als weiteren Punkt fordert die IG Metall eine Ausweitung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Betrieben. "Die aktuelle Krise ist der erschütternde Beweis dafür, dass die eingeschlagenen Wege des Turbokapitalismus falsch waren", sagte Huber. "Die kapitalistische Entwicklung muss in eine demokratische Entwicklung geführt werden."

So soll nach dem Willen der IG Metall in Zukunft die Verlagerung oder Schließung von Betrieben nur noch mit einer Mehrheit von Zweidritteln der Mitglieder des Aufsichtsrates möglich sein. Die Betriebsräte sollen nach Vorstellung der IG Metall ein Vetorecht erhalten bei Stilllegung, Verlegung oder Einschränkung von Betriebsteilen.

Gewerkschaft fordert Änderung des Aktiengesetzes

Schließlich fordert die IG Metall eine Erweiterung der Definition des Begriffes des "Unternehmensinteresses" nach Paragraph 76 Absatz 1 des Aktiengesetzes. Bisher heißt es dort: "Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten." Die Gewerkschaft will eine Erweiterung um den Zusatz "wie das Wohl des Unternehmens, seine Arbeitnehmer und die Aktionäre sowie das Wohl der Allgemeinheit es fordern."

Detlef Wetzel kündigt an, dass sich die IG Metall organisatorisch darauf vorbereiten wird die Auswirkungen der Konjunkturkrise zu begegnen. Dazu gehöre die Entwicklung betrieblicher Offensivstrategien zum Erhalt von Beschäftigung, die Einrichtung von Task Force "Krisenintervention" auf bezirklicher Ebene und auf Ebene der Vorstandverwaltung, um gegebenenfalls in Not geratenen Betrieben zu helfen und ein Dienstleistungsangebot für Beschäftigte.

Am 11-12-2008

Chinesische Ehefrau ein Sicherheitsrisiko?

Eine chinesische Ehefrau ist kein Sicherheitsrisiko. Sie rechtfertigt insbesondere dann keine Kündigung, wenn der Arbeitgeber schon vor der Einstellung von der Beziehung wusste, heißt es in einem am Donnerstag, 11.08.2011, bekanntgegebenen Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein in Kiel (AZ: 3 Sa 95/11). Selbst in der Probezeit verstoße eine solche Kündigung gegen „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“. LAG Schleswig-Holstein: Probezeitkündigung eines Ingenieurs ist sittenwidrig ===============================================================================================================

Der heute 47-Jährige Kläger ist Ingenieur und arbeitete seit 2006 zunächst als Leiharbeitnehmer bei einem Unternehmen, das auch die Bundeswehr beliefert. 2007 lernte er seine heutige Ehefrau kennen, eine Chinesin, die er mit Zustimmung der Sicherheitsbeauftragten des Unternehmens mehrfach besuchte.

Ende 2009 heiratete das Paar. In Kenntnis der Hochzeit bot das Unternehmen dem Ingenieur eine Festanstellung ab Februar 2010 an. Schon im März 2010 wurde er dann jedoch von seiner Arbeit freigestellt: Seine familiären Beziehungen nach China seien ein Sicherheitsrisiko. Im Juni 2010, noch während der Probezeit, kam die Kündigung – angeblich aus „betrieblichen Gründen“.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Es lägen keine Gesetzesverstöße vor. Die Arbeitgeberin habe subjektiv an Befürchtungen einer möglichen Industriespionage angeknüpft. Das reiche als Rechtfertigung für diese Kündigung aus.

Doch nach allen Unterlagen und den Auskünften auch des Betriebsrats war das nur vorgeschoben, zeigte sich das LAG überzeugt. In Kenntnis seiner Beziehung zu einer Chinesin habe die Arbeitgeberin den Ingenieur von seinem bisherigen Leiharbeitgeber abgeworben und „willkürlich zu ihrem Spielball gemacht“. Die Kündigung sei daher „treu- und sittenwidrig“. Die Arbeitgeberin habe unter Verletzung des Grundrechtes der Eheschließungsfreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG) ihr Kündigungsrecht für eine willkürliche Vorgehensweise missbraucht.

Das am 22.06.2011 verkündete und jetzt veröffentlichte Kieler Urteil ist besonders bemerkenswert, weil Arbeitgeber eine Kündigung während der Probezeit nicht begründen müssen. Klagen gegen eine Probezeitkündigung haben daher nur in den seltensten Fällen Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis ist schließlich vor dem LAG auf Antrag des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung von sieben Monatsgehältern aufgelöst worden. Einen solchen Auflösungsantrag nach § 9 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hat das Gericht zu entsprechen, wenn dem Arbeitnehmer beim Vorliegen einer sittenwidrigen Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Diese Voraussetzung hat das LAG in diesem Fall bejaht.

Das Urteil ist noch nicht rechtkräftig. Allerdings hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zugelassen.

Der vorliegende Rechtsstreit zeigt sehr deutlich, dass der von Arbeitgebern genannte und behauptete Kündigungsgrund oft nicht der wahre Grund ist. Im Gegensatz zum Àrbeitsgericht hat sich das LAG nicht blenden lassen.

RA Thorsten Blaufelder

Am 12-08-2011

Katholische Kirche macht Rückzieher

Der für morgen, den 9. Oktober 2012, angesetzte Gerichtstermin zum Fall der Kündigung einer lesbischen Erzieherin durch die römisch-katholische Kirche vor dem Arbeitsgericht Neu-Ulm ist kurzfristig abgesagt worden, weil die Parteien sich geeinigt haben. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die katholische Kirche scheut die öffentliche Diskussion über die Kündigungspraxis gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern. Deshalb hat sie jetzt den Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichtes akzeptiert.

Das Arbeitsgericht hatte die Parteien „auf die Vielzahl der Presseanfragen“ hingewiesen und vorgeschlagen, dass die Erzieherin die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zum Ende der Elternzeit akzeptieren und ihr die katholische Kirche dafür im Gegenzug die übliche Regelabfindung zahlen soll. Diese ist sehr hoch, weil die Mitarbeiterin 14 Jahre bei der katholischen Kirche beschäftigt war. Das haben die Parteien akzeptiert. Katholische Kirche macht Rückzieher - Lesbische Erzieherin erhält hohe Abfindung ===================================================================================================================================

Für die Erzieherin ist das ein voller Erfolg, weil sie mit ihrer Kündigungsschutzklage ohnehin nicht mehr hätte erreichen können (vgl. § 9 ff Kündigungsschutzgesetz). Für die katholischen Arbeitgeber ist das ein erneuter Rückschlag, der zeigt, dass sie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts akzeptieren müssen.

Hintergrund: Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begleitet zur Zeit vier lesbische Lebenspartnerinnen als Beistand, die als Kindergärtnerinnen bei der katholischen Kirche beschäftigt sind und entlassen werden sollen, weil sie ein Kind geboren haben und deshalb eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft eingegangen sind. Die katholische Kirche würde die Frauen weiter beschäftigen, wenn sie sich bereit erklären würden, sich von ihrer Frau scheiden zu lassen und ihr Kind als Alleinerziehende großzuziehen.

Nachprüfungen haben ergeben, dass die Kirche in den betreffenden Einrichtungen nicht einschreitet, wenn Beschäftigte nichtehelich zusammenleben, nach einer Scheidung wieder geheiratet haben oder ihre Kinder nicht haben taufen lassen. Die katholische Kirche diszipliniert lediglich Lesben und Schwule, wenn sie eine Lebenspartnerschaft eingehen.

Allen Betroffenen raten wir dringend, sich an den LSVD zu wenden, wenn sie Probleme mit ihrem katholischen Arbeitgeber haben.

Am 08-10-2012