Zu den Aufgaben, die die schwarz-gelbe Landesregierung verlagern will, gehören unter anderem die Beratung und Kontrolle der gewerblichen Betriebe über die Einhaltung des Datenschutzrechts, etwa Arbeitnehmerdatenschutz einschließlich möglicher Vorortprüfungen und Beanstandungen. Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und Festsetzung von Bußgeldern sowie die Bearbeitung von Bürgeranfragen sind Teil des Aufgabenkataloges. Die Führung eines öffentlichen Registers, in dem alle nach dem Bun-desdatenschutzgesetz meldepflichtigen automatisierten Datenverar-beitungen einzutragen sind, soll von 2006 an ebenso in die Zuständigkeit des Ministeriums übergehen wie der alle zwei Jahre herauszugebende Tätigkeitsbericht über die Situation des Datenschutzes im gewerblichen Bereich.
"Eine Aufsichts- und Bürokratieebene wird damit wegfallen", sagte Innenminister Schünemann. Dies bedeute eine "Aufgabenwahrnehmung aus einer Hand". Durch die Zusammenführung der Aufgaben würden Reibungsverluste vermieden. Niedersachsen folge damit dem Beispiel anderer Länder wie Baden-Württemberg oder Brandenburg, in denen ebenfalls die Datenschutzaufsicht über nichtöffentliche Unternehmen im Ministerium konzentriert sei. Sönke Hilbrans, Vorstandsvorsitzender der DVD, betonte allerdings, das Bundesland Niedersachsen sei gar nicht im Bereich des gewerblichen Datenschutzes oder des Arbeitnehmerdatenschutzes zur Gesetzgebung befugt. Die zur Begründung angeführten Reibungsverluste könnten daher gar nicht entstehen. zudem müßte beim Innenministerium erst eine neue Dienststelle eingerichter werden.
"Die niedersächsische Landesregierung entscheidet sich gegen eine unabhängige Datenschutzkontrolle und kehrt zurück zu einem veralteten Aufsichtsmodell", kritisierte DVD-Chef Hilbrans. Nur eine Institution, die von politischer Einflussnahme unabhängig ist, könne effektiv die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen. Eine Regierungszuständigkeit für die Datenschutzkontrolle kehre zu einem veralteten Aufsichtsmodell zurück und setze sich damit auch in Widerspruch zu EU-Recht, denn eine Dienststelle des Innenministeriums sei keine von politischer Einflussnahme unabhängige Stelle, wie es die EU-Datenschutzrichtlinie forderte.
"Tatsächlich drängt sich der Eindruck auf, dass im nicht-öffentlichen Bereich die Datenschutzkontrolle durch den unabhängigen Landesbeauftragten zugunsten einer an wirtschaftspolitischen Zielen orientierten Aufsichtspraxis abgeschafft werden soll", befürchtet Hilbrans. Auch die öffentliche Aufklärungsarbeit, die der niedersächsische Landesbeauftragten für den Datenschutz geleistet habe, werde in der Zuständigkeit des Innenministeriums in Zukunft auf die Standortsicherung Rücksicht zu nehmen und nicht allein den Interessen der Einzelnen an einem effektiven Schutz ihrer personenbezogenen Daten zu dienen haben. "Das Modell der unabhängigen Datenschutzbeauftragten hat sich im öffentlichen Bereich seit Jahrzehnten bewährt und seine Leistungsfähigkeit in mehreren Bundesländern auch für den nicht- öffentlichen Bereich bewiesen", sagte Hilbrans. Für eine Verbesserung des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich gebe es daher nur eine wirksame Strategie: "Die unabhängigen Datenschutzbeauftragten sind besser auszustatten, nicht in ihren Kompetenzen zu beschneiden."