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Internationales Bündnis fordert strengere Regeln für multinationale Konzerne

"OECD-Leitsätze unzureichend"

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind nach Ansicht des Netzwerkes OECD-Watch kein ausreichendes Instrument, um unternehmerisches Fehlverhalten zu ahnden. Dies folgert das Bündnis von 47 Organisationen aus 28 Ländern in seinem Bericht "Fünf Jahre danach: Eine Bilanz der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der Nationalen Kontaktstellen", den OECD-Watch am Donnerstag während der Sitzung des Investment Komitees der OECD in Paris veröffentlicht hat. Das Netzwerk fordert verbindliche internationale Sozial- und Umweltstandards für Unternehmen, um Vergehen insbesondere in Entwicklungsländern zu unterbinden. Kurzfristig fordert OECD-Watch von den OECD-Regierungen konkrete Maßnahmen für eine effektive Umsetzung der bestehenden Leitsätze.

Weitestreichendes Instrument, aber unverbindlich Die OECD-Leitsätze sind das derzeit weitestreichende Instrument zur globalen Unternehmensverantwortung, für Unternehmen sind sie jedoch nur freiwillig. Viele multinationale Unternehmen halten sich nach Beobachtungen von OECD-Watch nicht an die dort definierten Prinzipien und Standards für verantwortliches Verhalten. "Die Fünf-Jahres-Bilanz von OECD-Watch und unsere Erfahrungen in Deutschland zeigen, dass freiwillige Instrumente zur Unternehmensverantwortung wie die OECD-Leitsätze nicht ausreichen", sagt Cornelia Heydenreich von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, gemeinsam mit SÜDWIND Mitglied bei OECD-Watch. Sie forderte international verbindliche Sozial- und Umweltstandards, um unternehmerisches Fehlverhalten zu verhindern. Eine Möglichkeit wären, so Heydenreich, verbindliche UN-Normen für Unternehmen, die derzeit bei der UN diskutiert würden. "Die OECD-Regierungen müssen zudem viel mehr tun, um die Leitsätze zu fördern und die Umsetzung zu verbessern." Nur so könnten die OECD-Leitsätze zu einem wirksamen Instrument werden, das den Betroffenen bei Konflikten mit Unternehmen wirklich helfen könne.

Vor fünf Jahren verabschiedeten die OECD-Länder die überarbeiteten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die seitdem neben den Gewerkschaften auch einen Beschwerdemechanismus für betroffene Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen enthalten. Diese wurden inzwischen von weiteren neun Ländern unterzeichnet.

OECD-Watch kritisiert in dem Bericht "eine Reihe von grundlegenden Schwächen" der Leitsätze wie vor allem ihren freiwilligen Charakter und die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten. Ohne die Androhung von wirksamen Sanktionen gebe es für Unternehmen nur einen geringen Anreiz die Leitsätze einzuhalten. Die Regierungen der Unterzeichnerstaaten haben dagegen eine eindeutige Verpflichtung zur Umsetzung der Leitsätze: Sie müssen beispielsweise eine Nationale Kontaktstelle einrichten, die Beschwerdefälle bei unternehmerischem Fehlverhalten bearbeitet.

"Nationale Kontaktstellen tragen kaum zur Lösung von Konflikten bei"

OECD-Watch hat nach eigenen Angaben 45 Beschwerden untersucht, die in den vergangenen fünf Jahren von NGOs und betroffenen Kommunen vorgebracht wurden. Neben einem Überblick über die Einzelfälle analysiert der Bericht die Art und Weise, in der die Nationalen Kontaktstellen die Fälle behandeln. Die Organisation untersuchte 22 der insgesamt 39 Länder, die die OECD-Leitsätze unterzeichnet haben. Außerdem sind Ansichten von NGOs aus einigen Nicht-Mitgliedsstaaten in den Bericht eingeflossen.

In Fällen, in denen eine Beschwerde eingereicht wurde, trugen die Nationalen Kontaktstellen danach kaum zur Lösung von Konflikten bei. Die meisten Nationalen Kontaktstellen hätten die Leitsätze nicht ausreichend bekannt gemacht und den Unternehmen nicht vermittelt, wie wichtig die Einhaltung der Leitsätze sei. Die wenigsten Kontaktstellen hätten eigene Recherchen zu Beschwerdefällen betrieben. "Es kam sogar vor, dass Kontaktstellen Fälle blockierten - selbst in schwerwiegenden Fällen wie denen zur Republik Kongo", sagt die Autorin des Berichtes, Patricia Feeney von RAID-UK. In Deutschland stand im Fall gegen Adidas die Aussage des Unternehmens gegen die der beschwerdeführenden Kampagne für Saubere Kleidung. "In dieser Situation ist es den Kontaktstellen derzeit schwer möglich, das Verfahren fortzusetzen", berichtet Ingeborg Wick von SÜDWIND.

In Deutschland ist die Nationale Kontaktstelle im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt. Dort wurden laut Südwind bislang insgesamt acht Beschwerdefälle vorgetragen: jeweils einer gegen Continental, TotalFinaElf, die WestLB, Adidas und BP, H.C.Starck und zwei gegen Bayer. Von den acht Fällen sind drei noch offen, zwei wurden von der Kontaktstelle abgelehnt und einer an eine andere Kontaktstelle verwiesen. Zwei Fälle konnten außerhalb des OECD-Verfahrens gelöst werden.

Forderungen für besseres Verfahren

Zur besseren Umsetzung der OECD-Leitsätze hat OECD-Watch Forderungen an die Regierungen gestellt. Danach müsse die Arbeit der Kontaktstellen unter anderem transparenter und neutraler werden. Bei gescheiterter Vermittlung müssten die Kontaktstellen die Verletzung der Leitsätze benennen und Unternehmen verurteilen. Die Leitsätze müssten zudem für die gesamte Zulieferkette eines Unternehmens Anwendung finden und nicht auf Investitionen beschränkt werden.

Wenn sich aussagen widersprechen, müssen die Kontaktstellen nach den Forderungen von OECD-Wacth eine unabhängige Recherche sicherstellen können. Im Falle von kontroversen Verfahren sei zudem ein Revisionsmechanismus erforderlich. Um die Arbeit der Kontaktstellen besser zu überwachen, fordert das Bündnis einen stärkeren Monitoring-Mechanismus, zum Beispiel über einen sogenannten Peer-Review auf OECD-Ebene. Wichtig sei, Beschwerdefälle unabhängig von den Regierungen zu bearbeiten, z.B. durch die Einrichtung einer Ombudsstelle, die auch Sanktionen auferlegen kann.