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"Herzlich Willkommen, Mr. President!"

Potemkinsche Dörfer

Die Antwort der deutschen Bundesregierung auf das Motto der deutschen Friedensbewegung "Not Welcome, Mr. President" lautet auf ihrer Website: "Herzlich Willkommen, Mr. President!" In Stralsund sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident George W. Bush zu Gesprächen zusammengetroffen. Vor dem G8-Gipfel stehen laut Bundesregierung wichtige Themen an: die Entwicklung im Irak, im Nahen Osten und in Afghanistan sowie der iranische Atomstreit. Nach der Begrüßung vor dem Rathaus gab es zunächst ein kurzes "Bad in der Menge". Kanzlerin Merkel und Präsident Bush begrüßten - ausgewählte - Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Demonstrativ hieß Merkel Präsident Bush, "auch im Namen der Stadt und des Landes Mecklenburg-Vorpommern", herzlich willkommen. Hintergrund war die Teilnahme von Landesministern aus Mecklenburg-Vorpommern an den Anti-Kriegs-Demonstrationen gegen Bush. Auch die SPD in Stralsund hatte Bush "nicht willkommen" geheißen.

Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen ist es Greenpeace während des Besuchs von US-Präsident George W. Bush mehrfach gelungen, gegen die Verbreitung von Atomwaffen zu protestieren. An insgesamt sechs Orten der abgeriegelten Hansestadt waren Banner mit der Aufschrift "No Nukes - No War - No Bush" zu sehen. "Nukes" sind Atomwaffen. Sogar während der Rede von Bundeskanzlerin Merkel auf dem Alten Markt hängten zwei Kletterer unter der Kirchenuhr der Nikolaikirche oberhalb des Alten Marktes ein entsprechendes Transparent auf.

Merkel erinnerte in ihrer Rede an die weltoffene Geschichte der Hansestadt Stralsund. 1989 habe man auch hier für die Freiheit gekämpft: "Die Stadt ist heute froh, mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern zur Bundesrepublik Deutschland zu gehören."

"Sie dankte, unter dem Applaus der Bevölkerung, dem amerikanischen Volk und der Regierung für deren Beitrag an der deutschen Wiedervereinigung", schreibt die Bundesregierung auf ihrer Website. Im Agenturtext heißt es hingegen mit kritischem Unterton: "Brav schwenkten die 1000 handverlesenen Bürger ihre Fähnchen, die vorher verteilt worden waren. Verhaltener Applaus kam auf, als Bush von Merkel und Ehemann Joachim Sauer begrüßt wurde. Zielstrebig stürmte Bush auf Menschen hinter der Absperrung zu - zum obligatorischen 'Handshake'. Merkels Jackett leuchtete golden in der Sonne, das Gesicht der Kanzlerin strahlte."

"Wir wissen, dass wir den Vereinigten Staaten von Amerika viel zu verdanken haben, dass wir in Frieden und Freiheit heute in einem Land, in Deutschland, leben können", so Merkel in ihrer Ansprache. Sie erinnerte an die Montagsdemonstrationen, die 1989 auch in Stralsund stattgefunden hätten. Merkel sprach auch davon, was seit der Wiedervereinigung "bereits" erreicht worden sei. Sie nannte aber auch Probleme wie die Arbeitslosigkeit: "Wir brauchen mehr wirtschaftlichen Aufschwung." Am Beispiel ihres Wahlkreises wollte sie Bush zeigen, "wie die Menschen ihr Schicksal in die Hand genommen haben und wie sie für die Zukunft ihrer Heimat arbeiten".

Bush: Amerika ist stolz auf die Freundschaft zu Deutschland

Bush dankte für den herzlichen Empfang. Er erinnerte an die Tyrannei, unter der Ostdeutschland lange gelitten habe. Jetzt sei die deutsche Nation wiedervereint, in einem freien Europa.

Er sagte, er sei stolz, Kanzlerin Merkel einen "Freund" nennen zu können. Er rühmte die Entscheidungsfreunde und das Urteilsvermögen der Bundeskanzlerin und behauptete, er lege Wert auf ihre Meinung.

Im Namen des amerikanschen Volkes sagte er: "Es ist für uns eine große Ehre, die Deutschen als Freunde und Verbündete bezeichnen zu können. Wir haben gemeinsame Werte und gemeinsame Interessen." Deutschland und Amerika könnten zusammen viel erreichen, wenn Amerikaner und Deutsche Seite an Seite stehen.

Wenig Informationen über die politischen Inhalte

Was das bedeuten könnte, haben Bush und Merkel rund zwei Stunden lang im Amtszimmer von Stralsunds Oberbürgermeister Harald Lastovka unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen. Bei dem Gespräch soll "der Atomstreit mit Iran" im Vordergrund gestanden haben. Wenn Iran auf das Angebot der internationalen Staatengemeinschaft nicht eingehe, müsse man "leider andere Wege einschlagen", verkündete Merkel nach dem Gespräch mit ernster Miene. "Die Tür für Verhandlungen ist nicht zu", so Merkel. Aber der Iran müsse wissen, dass die E3 sowie Russland, China und die USA entschlossen seien, gemeinsam zu agieren. Dies werde sich auch in einer Resolutionsentscheidung zeigen.

"Es ist wichtig, dass wir hier mit einer Stimme sprechen - wir machen hier keinen Spaß", so Bush zu. Er habe dem Iran klar gemacht, dass das Atomprogramm eingestellt werden müsse. Der US-Präsident wiederholte die Androhung von Sanktionen, falls "das Mullah-Regime" nicht "wie gefordert" die Uranreicherung stoppe.

Merkel sprach auch über die "bedrückende Situation im Nahen Osten" an, wo man alles unternehmen werde, um den Frieden wiederherzustellen. Man dürfe hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Sie erinnerte an den Beschuss Israels und die Verschleppung israelischer Soldaten. Beides müsse sofort eingestellt werden. Die Situation dort sei "traurig", so Bush. Israel habe aber das Recht zur Selbstverteidigung, nachdem mehrere israelische Soldaten von Terroristen entführt worden seien. Der amerikanische Präsident appellierte an die friedensbejahenden Kräfte in der krisengeschüttelten Region, wie Palästinenserpräsident Abbas. Er forderte sie auf, gemeinsam den Friedensprozess gegen die Hisbollah oder radikalisierte Hamas-Anhänger voranzutreiben. Die zerbrechliche Demokatie im Libanon dürfe nicht geschwächt werden.

Auch der G8-Gipfel, der an diesem Wochenende stattfindet, habe eine wichtige Rolle bei dem Treffen gespielt. Merkel unterstrich nachdrücklich die Bedeutung der Energiepolitik. In der Vergangenheit sei Russland immer ein verlässlicher Energielieferant gewesen, so Merkel. Dennoch wünschte sie sich, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin zur Europäischen Energiecharta bekennen würde: "Dann hätten wir eine größere Sicherheit, dass wir ein gemeinsames Verständnis von gegenseitigen Verpflichtungen haben."Die Kanzlerin sprach mit Bush offenbar auch über die EU-geführte Operation im Kongo. Auch die bedrohliche Situation im sudanesischen Darfur sei Gesprächsthema gewesen.

Eine 30 Kilo schwere Wildsau für den US-Präsidenten

Ausführlichere Informationen für die Öffentlichkeit gab es wiederum zum geplanten Fest am Abend. Er freue sich auf das Fest am Abend, insbesondere auf das Schwein, verkündete George W. Bush am Donnerstag in Stralsund. Gemeint war die 30 Kilo schwere Wildsau, die im benachbarten Trinwillershagen von 60 geladenen Gästen verspeist werden sollte. Das Schwein müsse doch schon über dem Grill hängen, vermutete Merkel, die sich ebenso wie Bush auf das gemeinsame Grillfest sehr zu freuen schien.

Frühere DDR-Bürgerrechtler verurteilten unterdessen die Anti-Kriegs-Proteste gegen den Bush-Besuch. Der ehemalige DDR-Oppositionelle Günter Nooke (CDU) sagte, die Proteste schadeten dem Ansehen Deutschlands. "Die Welt zu Gast bei Freunden - es wäre schön, wenn das Motto drei Tage nach der WM auch für den US-Präsidenten gelten würde", sagte Nooke. Unterschiedliche Meinungen könne man auch anders äußern. "Aber was da gezeigt wird, ist purer Anti-Amerikanismus, einfach nur dumpf und blöd", so Nooke.

Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (bis Dezember 1996 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, seitdem Mitglied der CDU), warf den Demonstranten einen Rückfall in Bunker-Mentalität vor. "Diese Menschen sollten einmal darüber nachdenken, dass es zum großen Teil Amerika zu verdanken ist, dass man im Osten jetzt überhaupt seine Meinung sagen darf", sagte sie. Schließlich sei US-Präsident George Bush senior der einzige große Staatsmann gewesen, der der Wiedervereinigung von Anfang an hundertprozentig positiv gegenübergestanden und seine ganze Autorität dafür eingesetzt habe.