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Tiefensee will Bahn-Preiserhöhung offenbar nicht verhindern

"Genaue Gründe"

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee will die von der Deutschen Bahn AG angekündigte Preiserhöhungen offenbar nicht verhindern. Im Fernverkehr sollen die Preise um 5,6 Prozent und im Regionalverkehr um 3,9 Prozent steigen. Darin enthalten sei die Mehrwertsteuererhöhung am 1. Januar. Die Bahn hatte die Preiserhöhung mit höheren Kosten für Strom und Dieseltreibstoff begründet. Der Anstieg betrage bis zu 40 Prozent. Allerdings machen die Ausgaben für Energie laut Bahnsprecher Gunnar Meyer nur etwa zehn Prozent der Gesamtkosten aus. Zudem habe die Bahn Strecken ausgebaut und neue Fahrzeuge gekauft. Im Zeitraum 2005 bis 2008 werde rund eine Milliarde Euro in Züge investiert. Tiefensee sagte jetzt, ihm reiche diese Begründung nicht aus.

Auch die Zusatzangebote der Bahn sollen teurer werden. Das bisher 30 Euro teure Schöne-Wochenende-Ticket soll von Januar an 40 Euro kosten. Der Sprinterzuschlag soll um jeweils einen Euro auf je nach Klasse 11 beziehungsweise 16 Euro angehoben werden. Bei den Bahncards wird die Mehrwertsteuererhöhung voll weitergegeben.

"Ich erwarte, dass die Bahn die mittlerweile dritte Preisanhebung besser und ausführlicher begründet", so Tiefensee. Die Kunden hätten einen Anspruch darauf, die genauen Gründe für die Preiserhöhung zu erfahren. "Erst dann kann sich die Öffentlichkeit eine Meinung zur Notwendigkeit und Angemessenheit der Preissteigerung bilden." Der Minister beabsichtigt aber offenbar nicht, die Preissteigerungen zu verhindern.

Die Bahn müsse alles tun, "um einen Zusammenhang zwischen Teilprivatisierung und zusätzlicher Belastung der Kunden zu widerlegen", fordert der Verkehrsminister. Gerade weil die Bahn in ihrer privaten Rechtsform als Aktiengesellschaft ein hohes Maß an unternehmerischer Eigenverantwortung trage, sei größtmögliche Transparenz unverzichtbar.

Die Bahn habe in der vergangenen Zeit "erfreulicherweise ausgezeichnete Ergebnisse erreicht und gute Zuwächse bei den Fahrgastzahlen erzielt". Dies mache eine Begründung der Preisanhebung noch notwendiger. "Es mag unternehmerische Gründe für diese Anhebung geben. Ich gehe davon aus, dass der Bahn-Chef auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz ausführlich diese Gründe für die höheren Ticketpreise erläutern und darstellen wird. Die Landesverkehrsminister, die die Preiserhöhungen im Regionalverkehr genehmigen müssen, sollten deshalb von Herrn Mehdorn ausführlich informiert werden."

VCD: Fast 6 Prozent teurer

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte die angekündigten Preiserhöhungen. Die durchschnittliche Anhebung der Preise um fast drei Prozent sei "falsch und unbegründet". Zudem summiere sie sich mit der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung, die zusätzlich in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werde, auf annähernd sechs Prozent.

"Zur Zeit feiert die Deutsche Bahn AG in jeder Zwischenbilanz Rekorde bei Umsatz und Ergebnis sowie bei der Zahl der beförderten Fahrgäste. Wie passt das mit der angeblichen Notwendigkeit zusammen, die Kundinnen und Kunden zum neuen Jahr mit erheblichen Preisaufschlägen zu belasten?" fragt der VCD-Vorsitzende Michael Gehrmann. Die Schlussfolgerung aus dieser Frage könne nur lauten, dass der Konzern vor allem den geplanten Börsengang im Auge habe und seine Bilanz um jeden Preis verbessern wolle.

Auch in Richtung Bundespolitik erhebt der VCD schwere Vorwürfe. Die große Koalition hätte spätestens mit der Anhebung der Mehrwertsteuer die längst versprochene Absenkung der Mehrwertsteuer für den Schienenfernverkehr auf den reduzierten Satz von sieben Prozent, der beispielsweise auch für Lebensmittel gelte, beschließen müssen. "Der VCD fordert schon seit Jahren den reduzierten Mehrwertsteuersatz für den Schienenfernverkehr. Diese Maßnahme ist wegen der Umweltfreundlichkeit der Bahn geboten", meint Gehrmann. Außerdem sei dies ein Beitrag, um bestehende Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Flugverkehr zu reduzieren.

Die Bundesregierung habe es "versäumt, diese wichtige ökologische Lenkungsmaßnahme im Verkehrsbereich zu ergreifen und damit den Standard europäischer Nachbarländer zu übernehmen. Jetzt nutzt die Bahn die Mehrwertsteuererhöhung, um gleich noch eine saftige hausgemachte Preissteigerung an die Kunden und Kundinnen draufzusatteln."

Nach Auffassung des VCD vergibt die DB AG mit der neuerlichen Fahrpreisanhebung die Chance, die vielen im letzten Halbjahr neu gewonnenen Kunden dauerhaft zu binden "und nicht zuletzt von den ökonomischen Vorteilen der Bahn gegenüber ihrem Hauptkonkurrent Auto zu überzeugen. Da die Spritpreise zur Zeit eher sinken, werden viele Menschen wieder aufs Auto umsteigen. Die Bahn verliert damit ebenso wie die Umwelt", so Gehrmann.