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Bundestag beschließt Regeln für künftigen Emissionshandel

Knatsch um Kohle

Energieversorger und Industrieunternehmen müssen ihren CO2-Ausstoß künftig möglicherweise stärker reduzieren. Dies beschloss der Bundestag am 22. Juni in Berlin mit dem Gesetz zum Emissionshandel in den Jahren 2008 bis 2012. In namentlicher Abstimmung votierten 360 Abgeordnete für den Koalitionsentwurf. 180 Parlamentarier stimmten dagegen, darunter auch 29 Unions- und 15 SPD-Abgeordnete. 5 Unions- und 1 SPD-Parlamentarier enthielten sich. Dem Gesetz zufolge beträgt die zulässige Gesamtemissionsmenge von 2008 an 453,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr - rund 57 Millionen Tonnen pro Jahr weniger als in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007.

Knapp neun Prozent der Zertifikate sollen zudem nicht mehr kostenlos zugeteilt, sondern an die Stromerzeuger verkauft oder versteigert werden.

Gabriel gegen Bevorzugung eines Energiekonzerns gegenüber den anderen

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in der Debatte, mit dem Gesetz werde sicher gestellt, dass Deutschland bis 2012 seine Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll zur Senkung von 21 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 erfülle. Die Forderung des Bundesrates nach einer Besserstellung der Braunkohle sei in dem Gesetz nicht berücksichtigt worden.

Man brauche weiter "preiswerten Grundlaststrom" aus der Stein- und der Braunkohle in Deutschland, meint der SPD-Umweltminister. Das vom Bundesrat geforderte Vorgehen würde jedoch eine einseitige Umverteilung zugunsten eines Energieversorgers zu Lasten aller anderen bedeuten.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) beklagte behauptete, durch das Gesetz würden Stein- und Braunkohle "massiv benachteiligt". Die Neuregelungen führten zu finanziellen Umverteilungen, so dass für Investitionen in "moderne Kraftwerke" dann Gelder fehlten, so Rüttgers. Seine Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) hatte bereits angekündigt, im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen.

Die Länderkammer wird sich am 6. Juli mit dem Gesetz befassen, das jedoch nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Ein Vermittlungsverfahren könnte das Inkrafttreten des Gesetzes allerdings um mehrere Monate verzögern.

Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche (CDU) sagte in der Debatte, dass die Braunkohle als einheimischer Energieträger einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leiste. Diese Auffassung ihrer Fraktion finde sich jedoch nicht in dem Gesetz wieder, weshalb es bei einigen CDU-Abgeordneten auf Bedenken stoße. Gleichwohl sei das Gesetz ein "tragbarer Kompromiss".

Der FDP-Abgeordnete Michael Kauch wandte sich gegen Grünen-Forderungen, parallel zum Atomausstieg auch aus der Kohle-Nutzung auszusteigen. Damit würde Deutschland noch abhängiger von russischem Erdgas, warnte er. Man müsse aber auf Kohlekraftwerke umsteigen, "die CO2 abscheiden und einlagern und nicht mehr in die Luft abgeben".

"Alle Weichen in Richtung klimaschädlicher Kohle"

Für die Links-Fraktion kritisierte ihre Abgeordnete Eva Bulling-Schröter, dass beim Kraftwerksneubau "alle Weichen in Richtung klimaschädlicher Kohle gestellt" seien. Dies sei ein "Skandal".

Der Grünen-Parlamentarier Reinhard Loske sagte, das Gesetz sei "eindeutig zu kohlefreundlich". Die große Koalition gebe damit ausgerechnet der besonders klimaschädlichen Kohle doppelt so viel Emissionsrechte wie dem Erdgas. "Das ist klimapolitisch nicht zu verantworten", meint der designierte Bremer Umweltsenator.

WWF: Gesetz zum Emissionshandel privilegiert Klimakiller Kohle Die Umweltstiftung WWF kritisiert, dass das so genannte Zuteilungsgesetz "Sonderregelungen für klimaschädliche Kohlekraftwerke" zementiere. "Leider hat sich auch das Parlament nicht getraut, die Kohleschutzklauseln zu kippen", sagte Regine Günther vom WWF Deutschland.

Immerhin aber hätten Bundestag und EU-Kommission verhindert, dass eines der wichtigsten Klimaschutzinstrumente vollends zum zahnlosen Tiger verkomme. Für einen effektiven Klimaschutz sei das Gesetz aber noch zu wenig. Es bestehe die Gefahr, dass durch das Gesetz ein Boom für neue Kohlekraftwerke entstehe.

Nach der Entscheidung des Bundestages dürfen Kohlekraftwerke mit 750 Gramm pro Kilowattstunde fast doppelt so viel CO2 ausstoßen wie neue Gaskraftwerke (365 Gramm). Anlagen die Braunkohle verfeuerten, würden "nochmals besser ausgestattet mit dem Trick, die Standardauslastung statt mit 7500 Betriebsstunden pro Jahr zu veranschlagen, auf 8250 hoch zu setzen. Dadurch werde im Zuteilungsgesetz für Neuanlagen das Preissignal eliminiert und ein Umfeld geschaffen, als gäbe es keinen Emissionshandel."