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Studie sieht politisches Denken im Kindesalter

"Auch Kinder verstehen Politik"

Das politische Denken beginnt bei Kindern offenbar früher als bislang angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Donnerstag (11. Dezember) vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) vorgestellt wurde. Demnach verfügen schon die meisten Kinder im Grundschulalter über politische Basiskenntnisse. Auch zeigten sie Interesse an gesellschaftlichen Fragen. Allerdings hänge das politische Bewusstsein von der Herkunft und dem sozialen Umfeld ab.

Die Studie ist Teil des Projekts "Demokratie Leben Lernen", das seit mehreren Jahren an dem Mannheimer Institut läuft. Befragt wurden rund 750 Kinder an 19 Mannheimer Grundschulen. Dabei ging es beispielsweise um die Frage, welche Vorstellungen von Demokratie sie haben und welche politischen Felder ihnen bekannt sind. Die Schüler wurden dazu zum Zeitpunkt ihrer Einschulung befragt und nochmals gegen Ende der vierten Klasse im Jahr 2008.

Die Ergebnisse zeigen nach Angaben des Politologe Jan W. van Deth, dass schon Erstklässler über ein politisches Grundverständnis verfügen, das sich in den ersten vier Schuljahren deutlich weiterentwickelt. So kennen laut Studie über 80 Prozent der befragten Viertklässler das Problem der Arbeitslosigkeit. 64 Prozent kennen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und 45 Prozent wissen, dass das politische System Deutschlands demokratisch ist. Dass Günther Oettinger (CDU) Ministerpräsident von Baden-Württemberg ist, wissen immerhin noch 16 Prozent.

Laut Deth gibt es allerdings deutliche Unterschiede. "Nicht alle Kinder haben die gleichen Möglichkeiten, sich mit Politik auseinanderzusetzen und sich entsprechendes Wissen anzueignen", sagte der Politikwissenschaftler. Daher täten sich Kinder von Einwanderern, die außerdem in sozial schwächeren Stadtteilen lebten, schwerer, wenn es etwa um die Nennung von Parteien oder politischen Problemen gehe.

Der Politologe sagte, dass neben dem Thema Arbeitslosigkeit auch Nachrichten über Umweltverschmutzung, Hunger und Krieg eine Rolle im politischen Bewusstsein der Kinder spielen. Der ebenfalls an der Studie beteiligte Sozialwissenschaftler Markus Tausendpfund ergänzte: "Überraschenderweise haben sich Mädchen stärker mit den politischen Bereichen Umweltschutz, Migration und Hunger auseinandergesetzt, während bei den Jungen vor allem die Themen Krieg und Terrorismus auf Interesse stießen."

Nach Auffassung der Mannheimer Sozialwissenschaftler widerlegt die Studie die Vorstellung, dass sich politisches Denken erst bei Jugendlichen einstellt. "Schon in der Grundschule findet eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft und damit auch für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen und politischen Leben statt", sagte Deth. Dies werde bisher zu wenig beachtet. Das Politikverständnis von Kindern sei - von wenigen Ausnahmen abgesehen - in Deutschland noch weitgehend unerforscht.