DIE Internet-Zeitung
Love Parade

Offener Brief vom Berliner Landesverband des Naturschutzbundes NABU

Am

Zur Love Parade hat sich auch der Berliner Landesverband des Naturschutzbundes NABU zu Wort gemeldet.


Offener Brief

An den Senator für Stadtentwicklung, Herrn Peter Strieder

Senator für Wirtschaft, Herrn Wolfgang Branoner

Senator für Jugend, Herrn Klaus Böger

Sehr geehrter Herr Senator,

wir wenden uns an Sie mit der dringenden Bitte, sich in der aktuellen Diskussion um die Route der Love Parade für eine Alternativstrecke und die Aberkennung des Status „politische Demonstration“ einzusetzen.

Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Großen Tiergartens als gartenbauliches Denkmal, seiner ökologischen und Erholungsfunktionen sehen wir mit großer Sorge die Gefahr, dass sich die Love Parade im Tiergarten etabliert. Den Vorschlag von Jugendsenator Böger, die Love Parade in „den Veranstaltungskalender der Stadt“ aufzunehmen und alljährlich im Tiergarten stattfinden zu lassen, sehen wir äußerst skeptisch. Von einem begleitenden Sanierungskonzept für den Tiergarten war die Rede, doch der Tiergarten kann sich nur dann regenerieren, wenn eine andere Route gefunden wird.

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, sind die Schäden am Großen Tiergarten mittlerweile unübersehbar. Sie beliefen sich allein im letzten Jahr auf 388.341,- DM (Schadensbericht des Bezirksamtes Tiergarten).

Entlang der Straße des 17. Juni ist laut Schadensbericht ein Randbereich von ca. 30 Metern nicht mehr durch Vegetation geschützt. Zertrampelte bodendeckende Pflanzen werden nicht nachgepflanzt, da das nur Sinn macht, wenn die Veranstaltung künftig nicht mehr dort stattfindet. Staubwolken entlang der Straße zeigten bei der letzten Love Parade die beginnende Erosion. Zahlreiche Sträucher sind zerstört worden, die nicht oder nur sehr schwierig nachzupflanzen sind. Den Bodenbrütern unter den Vögeln des Tiergartens, beispielsweise der Nachtigall, gehen somit Nistplätze verloren.

Rund 300 Tonnen Müll, der v.a. aus den Gewässer nur schwierig zu entfernen ist und laut Berliner Zeitung schätzungsweise 100.000 Liter Urin, deren Auswirkung auf das Grundwasser dringend untersucht werden muss, taten das ihrige.

Hier ein Zitat aus dem Schadensbericht des Bezirksamtes Tiergarten aus dem Jahr 2000: “Die schon bestehenden großen, lichten und kahlen Einblicke in den Park, wobei nur große Partien eines nackten, staubigen Bodens zu sehen sind, geben jetzt schon das Bild für den zukünftig aussehenden Tiergarten (...)“.

Wir begrüßen es daher sehr, dass der Status der politischen Demonstration für die Love Parade endlich ins Wanken gerät. Hier nur ein Beispiel zu der Unhaltbarkeit dieser Bezeichnung: 1999 boten die Love Parade Veranstalter der Deutschen Bahn eine „Kooperation“ an. Für 500.000 DM (!) wollten sie ihr Logo für die Züge, die zum Love Parade Termin nach Berlin fuhren, verkaufen - was nicht gelang, aber trotzdem Schlagzeilen machte. Unter der Hand dürfte den Verantwortlichen schon lange klar gewesen sein, dass es sich bei Planetcom um Leute handelt, die etwas von Geschäften verstehen. Setzen Sie sich also bitte dafür ein, dass die Veranstalter auch für die von ihnen verursachten Schäden aufkommen müssen und nicht der Steuerzahler!

Übrigens: die momentane Berichterstattung der Medien zeichnet leider wieder gerne das Bild des ewig gestrigen Umweltschützers, welcher mit dem moralinsauren Zeigefinger drohend der Jugend den Spaß verderben will. Der Stadt handelt er zudem ein Imageproblem ein.

Dieser Eindruck ist falsch! Im Gegenteil spricht es nicht für das Selbstbewusstsein einer Stadt die, nur weil Techno gerade „trendy“ ist und viele junge Menschen mobilisiert, die irreparablen Schäden am denkmalgeschützten Veranstaltungsort ignoriert, um bloß nicht „rückständig“ zu wirken. Wie ein Journalist des Tagesspiegel kürzlich sagte: Die Münchener feiern ihr Oktoberfest schließlich auch nicht im Englischen Garten!

Rainer Altenkamp,

  1. Vorsitzender NABU Berlin

Dr. Matthias Baeseler,

Geschäftsführer

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