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Grüne feiern, Umweltverbände üben massive Kritik

Atomkonsens

Während der Parteivorstand der Grünen am Dienstag in Berlin mit Sekt auf den am Vortag unterzeichneten Atomkonsens anstieß, gab es von Umwelt- und Ärzteorganisationen massive Kritik. Die Bundesregierung habe den Konzernen eine langfristige Bestandsgarantie für ihre Meiler gegeben. Die Reaktoren müssten künftig nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen und stellten damit ein unkalkulierbares Risiko für Leben und Gesundheit der Bevölkerung dar. Es wäre zudem an der Zeit gewesen, den Atomstrom endlich mit seinen wahren Kosten zu belasten und seine Subventionierung zu beenden.

Renate Backhaus vom BUND verwies darauf, dass während der vereinbarten Restlaufzeit der deutschen Atomkraftwerke noch einmal fast genauso viel strahlender Abfall produziert werde wie bisher - obwohl der Atommüll über Millionen von Jahren sicher von jedem Leben ferngehalten werden muss und es weltweit kein Endlager gibt. Jürgen Sattari von Robin Wood kritisierte, dass die vereinbarte noch zu produzierende Atomstrommenge von mehr als 2.600 Terrawattstunden in Wirklichkeit Laufzeiten von 34 bis 35 Betriebsjahren ergebe. Das sähen auch Atomkraftbefürworter so.

Ellis Huber, Vorstandmitglied der Ärzteorganisation IPPNW betonte, die Wiederaufarbeitung des deutschen Atommülls sei nicht die vom deutschen Atomgesetz vorgeschriebene schadlose Verwertung, sondern verseuche die Umwelt. Gleichzeitig werde die Menge des Atommülls um das 15fache vergrößert. Die Regierung habe nach Unterzeichnung der Vereinbarung nicht mehr die Möglichkeit, die Stilllegung von Atomkraftwerken aufgrund der neuesten Erkenntnisse über Kernschmelzunfälle und ihre Folgen durchzusetzen, kritisierte der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Die Atomwirtschaft habe endlich erreicht, was sie seit Jahren angestrebt habe.

Der Nabu-Energieexperte Frank Musiol kritisiert, dass eine Reihe von steuerlichen Festlegungen, die derzeit zu Gunsten der Stromkonzerne zu Buche schlagen, nicht verändert wurden. Es sei nicht einzusehen, warum Kernbrennstoffe nicht besteuert werden, während für das umweltfreundliche Erdgas Abgaben gezahlt werden müssen. Auch die seit Jahren angehäuften Rückstellungen der Stromkonzerne für die spätere Entsorgung der Kernkraftwerke werden nur zum Teil besteuert. Die Höhe dieser Rückstellungen werden von Experten auf rund 70 Milliarden Mark veranschlagt.

Die Praxis erlaube es den Energiekonzernen, unversteuertes Geld in andere Bereiche zu investieren und damit Umsatz und Gewinn zu erwirtschaften. Der Nabu plädiert dafür, die Rückstellungen aufzulösen und in einen Fonds zu überführen, aus dem die Entsorgung der Kernkraftwerke finanziert wird. Notwendig sei auch, die Finanzierung der Kernforschung aus öffentlichen Mittel ganz zu beenden. Für die Kernfusionsförderung würden jährlich dreistellige Millionenbeträge aufgewendet. Forschungsleistungen, die noch für die Entsorgung zu leisten sind, könnten aus den Rückstellungen finanziert werden.

Die Anhebung der Versicherungssumme bei Atomkatastrophen von 500 Millionen Mark auf 2,5 Milliarden Euro (4,89 Milliarden Mark) sei inakzeptabel. Sie müsse "sehr viel höher" veranschlagt werden, weil der Betrag eine ungenügende Deckung für Schadensfälle bedeute. Würde die Summe auf dem Versicherungsmarkt festgelegt, wäre Atomstrom wohl nicht mehr konkurrenzfähig, sagte Musiol.

Die Atompolitische Opposition bei den Grünen appellierte an alle Abgeordneten, die Atomgesetznovelle so zu verändern, dass ein umgehender Atomausstieg dabei herauskomme.